T 0910/15 06-09-2018
Download and more information:
ZUBEREITUNG ZUR INITIIERUNG VON RADIKALISCHEN REAKTIONEN
Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Alternative
(alle Anträge)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden und der Patentinhaberin richten sich gegen die am 20. Februar 2015 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents 2 288 652 in geänderter Fassung auf Grundlage des 2. Hilfsantrags, eingereicht mit Schreiben vom 15. November 2013, und einer geänderten Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2014. Die Entscheidung basierte ebenfalls auf einem Hauptantrag und einem 1. Hilfsantrag, die ebenfalls mit Schreiben vom 15. November 2013 eingereicht wurden.
II. Die Ansprüche 1 dieser Anträge lauteten wie folgt:
Hauptantrag
"1. Zubereitung zur Initiierung von radikalischen Reaktionen, umfassend eine Mischung von Dibenzoylperoxiden, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischung von Dibenzoylperoxiden von 80 bis 99,7 mol-% an einem symmetrischen Dibenzoylperoxid und 0,3 bis 20 mol-% unsymmetrische Dibenzoylperoxide enthält, wobei
(i) das symmetrische Dibenzoylperoxid Bis(2,4-dichlorbenzoyl)-peroxid ist oder wobei
(ii) das symmetrische Dibenzoylperoxid Di-(4-methylbenzoyl)-peroxid ist und das unsymmetrische Dibenzoylperoxid einen 4-Methylbenzoylrest und einen substituierten Rest ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Benzoyl, 3-Methylbenzoyl, 2,3-Dimethylbenzoyl, 2,4-Dimethylbenzoyl, 2,5-Dimethylbenzoyl, 2,6-Dimethyl-benzoyl, 3,4-Dimethylbenzoyl, 3,5-Dimethylbenzoyl, 2,3,4-Trimethylbenzoyl, 2,3,5-Trimethylbenzoyl, 2,3,6-Trimethylbenzoyl, 2,4,5-Trimethylbenzoyl, 2,4,6-Trimethylbenzoyl, 3,4,5-Trimethylbenzoyl, 2,3,4,5-Tetramethylbenzoyl, 2,3,4,6-Tetramethylbenzoyl, 2,3,5,6-Tetramethylbenzoyl und Pentamethylbenzoyl enthält."
Hilfsantrag 1
"1. Zubereitung zur Initiierung von radikalischen Reaktionen, umfassend eine Mischung von Dibenzoylperoxiden, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischung von Dibenzoylperoxiden von 80 bis 99,7 mol-% an einem symmetrischen Dibenzoylperoxid und 0,3 bis 20 mol-% unsymmetrische Dibenzoylperoxide enthält, wobei das symmetrische Dibenzoylperoxid Bis-(2,4-dichlorbenzoyl)-peroxid ist."
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 war identisch mit dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.
III. Vor der Einspruchsabteilung wurde unter anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1: JP H10-139890 und dessen Übersetzung in English D1a
D3: CS 224 167 B1 und dessen Übersetzung in English D3a.
IV. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung, die für die vorliegende Beschwerde von Relevanz sind, können folgendermaßen zusammengefasst werden. Die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ und der Artikel 84, 123 und 54 EPÜ seien nach dem Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2 erfüllt. Der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 seien aber nicht gewährbar, weil das Verfahren nach deren Ansprüchen 6 nicht ausführbar sei. Der Gegenstand des Hilfsantrags 2, der keinen Verfahrensanspruch mehr enthielt, sei ausführbar. Ausgehend von D1a als nächstliegendem Stand der Technik gelte demgegenüber als durch die beanspruchte Zubereitung gelöste Aufgabe die Bereitstellung von alternativen Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen. Die Lösung dieser Aufgabe durch die Zubereitungen gemäß der Ansprüche 1-5 des Hilfsantrags 2 sei nicht naheliegend, weil D1 die Verwendung von chlorierten Dibenzoylperoxidverbindungen nicht offenbare und D3, welches zwar mit Beispiel 6 Mischungen von Bis-(2,4 dichlorbenzoyl)peroxid offenbare, sich in seiner Lehre nicht mit D1a kombinieren lasse, da D3 nicht die Heißvernetzung von Silikongummis betreffe. Auch ausgehend von D3 als nächstliegendem Stand der Technik sei eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen, da es keine Veranlassung für den Fachmann gebe, das Verhältnis der Benzoylperoxide im Beispiel 6 von D3 zu variieren, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Der Gegenstand der Ansprüche 1-5 sei somit erfinderisch.
V. Gegen diese Entscheidung erhoben sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende Beschwerde.
VI. Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde eine Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK erlassen, in der unter anderem die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf den Offenbarungsgehalt von D1 und D3 analysiert wurde.
VII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Patentinhaberin können wie folgt zusammengefasst werden:
a) D1 betreffe ein Vernetzungsmittel für Silikongummis und ein dazugehöriges Vernetzungsverfahren. In D1 sei nur eine einzige Zubereitung offenbart, die eine Mischung aus Dibenzoylperoxiden enthalte. Diese in Abschnitt [0008] beschriebene Mischung bestehe aus 2-Methylbenzoyl-4'-Methylbenzoylperoxid als asymmetrischem Benzoylperoxid und Bis(2-Methylbenzoyl)peroxid sowie Bis(4-Methylbenzoyl)-peroxid als symmetrischen Benzoylperoxiden. Sie unterscheide sich somit von den beanspruchten Zubereitungen.
b) In Abschnitt [0008] von D1 sei des Weiteren klar gemacht, dass nur die in D1 beschriebene Benzoylperoxidmischung, die erst aufgrund sorgfältiger Nachforschungen gefunden worden sei, die in D1 beanspruchten Effekte zeige. Einen Hinweis, dass strukturell ähnliche Mischungen den gleichen Effekt haben könnten, gebe es nicht. Darüber hinaus lehre D1 in Abschnitt [0004], keine chlorierten Dibenzoylperoxid-Verbindungen zu verwenden, da solche nachteilig seien. Daher führe D1 nicht zum beanspruchten Gegenstand.
c) Eine Kombination mit D3 würde der Fachmann ebenfalls nicht erwägen, weil dieses Dokument keine Heißvernetzungsreaktionen von Silikongummis beschreibe. Darüber hinaus lehre D3 lediglich Mischungen von Dibenzoylperoxiden, die chlorierte Benzoylperoxide umfassen würden. Damit ergebe sich, dass der beanspruchte Gegenstand erfinderisch sei.
VIII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Einsprechende können wie folgt zusammengefasst werden:
a) D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar, von dem sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags gemäß der Alternative (i) dadurch unterscheide, dass das symmetrische Dibenzoylperoxid Bis-(2,4-dichlorbenzoyl)peroxid sei.
b) In Ermangelung eines Nachweis, dass die beanspruchten Zubereitungen zu einer effizienteren Vernetzung von Silikonkautschuken führen würden, sei als Aufgabe, die gegenüber D1 durch die beanspruchten Zubereitungen gelöst sei, die Bereitstellung von weiteren Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen.
c) Absatz [0004] von D1 lehre, dass Bis-(2,4-dichlorbenzoyl)peroxid der einzige verwendete Vernetzter für Heißluftvernetzung sei. Der Hinweis in D1 auf Nachteile, die mit der Verwendung von Bis-(2,4-dichlorbenzoyl)-peroxid verbunden seien, wofür D1 eine Lösung anbiete, führe nicht von der vorliegenden Erfindung weg, sondern gebe dem Fachmann den Anreiz, eine Alternativlösung zu suchen. D3 beschreibe die Initiierung von Radikalreaktionen. Der Fachmann, der auf der Suche von weiteren Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen sei, habe daher die Motivation gehabt, D3 zu berücksichtigen und seine Lehre mit der aus D1 zu kombinieren. Es sei daher irrelevant, dass D3 die Heißvernetzung von Silikongummis nicht betreffe. Somit komme der Fachmann in naheliegender Weise zu den beanspruchten Zubereitungen. Der beanspruchte Gegenstand sei daher nicht erfinderisch.
IX. Trotz ordnungsgemäßer Ladung nahmen die Patentinhaberin und die Einsprechende, wie angekündigt mit Schreiben vom 4. Mai 2018, bzw. vom 9. August 2018, nicht an der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 6. September 2018 teil. Gemäß Regel 115(2) EPÜ und Artikel 15(3) VOBK wurde das Verfahren ohne die Beteiligten fortgesetzt.
X. Die Einsprechende beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäisches Patents 2 288 652.
XI. Die Patentinhaberin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents 2 288 652 auf der Grundlage des Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage des 1. Hilfsantrags, beide eingereicht mit Schreiben vom 15. November 2013, hilfsweise die Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Grundlage des 2. Hilfsantrags, ebenfalls eingereicht mit Schreiben vom 15. November 2013.
Entscheidungsgründe
Erfinderische Tätigkeit
Nächstliegender Stand der Technik
1. Das Streitpatent betrifft Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen, die sich insbesondere zur Heißvernetzung von Silikonkautschuken eignen (siehe Absatz [0001]). Im Einklang mit der Einspruchsabteilung sind beide Verfahrensbeteiligten der Auffassung, dass D1, das solche Zubereitungen offenbart, einen geeigneten Ausgangspunkt für die Analyse der erfinderischen Tätigkeit bildet.
1.1 Insbesondere beschreibt D1 mit dem Beispiel "Synthesis Example 1" eine Mischung aus den zwei symmetrischen Dibenzoylperoxiden und dem unsymmetrischen Dibenzoylperoxid, die durch Umsetzung von 2-Methylbenzoylchlorid und 4-Methylbenzoylchlorid in einem Ratio von 10:90 in Anwesenheit von Wasserstoffperoxid und Natronlauge erhalten wird. Im Hinblick auf die Ausbeute von 91% für diese Reaktion, den angegebenen Reinheitsgrad in Bezug auf Peroxide von 99.3 Gew.-% und das verwendete Ratio der Ausgangsprodukte folgt, dass die erhaltene Mischung hauptsächlich Di-(4-methylbenzoyl)peroxid enthält. Diese Peroxidmischung wird in den Beispielen 3 und 4 von D1 zur Heißvernetzung eines Siliconkautschuks verwendet.
1.2 D1 beschreibt ebenfalls in den Absätzen [0003] und [0004] und mit den Vergleichsbeispielen 1 und 2 die Verwendung des symmetrischen Bis(2,4-dichlorbenzoyl)-peroxids als Initiator für die Heißvernetzung eines Siliconkautschuks. Dies entspricht dem im Absatz [0004] des Streitpatents dargestellten Stand der Technik.
1.3 Folglich stellt die in dem obigen Punkt 1.1 (bzw. 1.2) beschriebene Initiatorzubereitung einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Alternative (ii) (bzw. (i)) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags dar.
Aufgabe und Lösung
2. Entsprechend den Ausführungen der Einsprechenden, den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgend, liegt dem Streitpatent gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik die objektive Aufgabe zugrunde, weitere Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen bereitzustellen. Diese Formulierung der objektiven Aufgabe wird von der Patentinhaberin nicht in Frage gestellt, und die Kammer sieht keinen Anlass, eine andere Meinung zu vertreten.
Naheliegend
3. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregung bot, die unter Punkt 2 oben genannte Aufgabe durch die Bereitstellung der anspruchsgemäßen Zubereitungen zu lösen.
3.1 D3 betrifft die Herstellung von Mischperoxiden, die zur Initiierung von radikalischen Reaktionen wie Polymerisationsreaktionen angewendet werden können (Seite 1, erster Absatz). Diese Mischperoxide können durch Umsetzung von Carbonsäurehalogeniden mit Wasserstoffperoxid in alkalischen Medium, d.h. nach dem gleichen Prinzip wie in D1 (siehe Punkt 1.1, oben), hergestellt werden (D3, Anspruch 1, Beispiel 6). Das Beispiel 6 von D3 beschreibt eine Peroxidmischung, die durch Umsetzung einer equimolaren Menge an 2,4-Dichlorbenzoylchlorid und Benzoylchlorid mit der Reaktionsprodukt von Wasserstoffperoxid und Natronlauge hergestellt wird.
3.2 Wie im Absatz [0002] des Streitpatents angegeben, ist dem Fachmann bekannt, dass Dibenzoylperoxid und symmetrisch substituierte Dibenzoylperoxide als Initiatoren für radikalische Reaktionen wirken und die Initiatorwirkung durch Erhitzen erzielt wird, was zum radikalischen Zerfall des Dibenzoylperoxids unter Bildung von Phenylradikalen bzw. substituierten Phenylradikalen führt. Dies gilt daher sowohl für Dibenzoylperoxid, als auch für Bis(2,4-dichlorbenzoyl)-peroxid und Di-(4-methylbenzoyl)peroxid, deren Verwendung für die Vernetzung von Siliconkautschuken im Stand der Technik bekannt ist, wie es in D1 (sie z.B. Absatz [0003], Seite 3, zwei erste Zeilen und Seiten 6 und 7, Vergleichsbeispiele 1 und 2) oder im Absatz [0004] des Streitpatents angegeben wird.
3.3 Neben den symmetrisch substituierten Bis(2,4-dichlorbenzoyl)peroxid und Dibenzoylperoxid, deren Verwendung für die Vernetzung von Siliconkautschuken bekannt ist (siehe obigen punkt 3.2), enthält das Mischperoxid aus dem Beispiel 6 von D3 ebenfalls das unsymmetrische Benzoyl-2,4-dichlorbenzoylperoxid. Für den Fachmann ist es implizit, dass das unsymmetrische Benzoyl-2,4-dichlorbenzoylperoxid durch thermische Dissoziation zu den gleichen Benzoyloxy-Radikalen führt, die bei der Dissoziation der symmetrischen Bis(2,4-dichlorbenzoyl)-peroxid und Dibenzoylperoxid entstehen, so dass sich dieses unsymmetrische Peroxid zur Initiierung von radikalischen Reaktionen eignet und für die Vernetzung von Siliconkautschuken ebenfalls in Frage kommt.
3.4 Ausgehend von der bekannten Verwendung von Bis(2,4-dichlorbenzoyl)peroxid als nächstliegendem Stand der Technik, wie es in D1 oder im Streitpatent dargestellt wird, war es daher für den Fachmann, der lediglich weitere Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen bereitstellen wollte, die zum Beispiel für die Heißvernetzung von Siliconkautschuken geeignet sind, naheliegend, im Hinblick auf D3 Mischperoxide auszuprobieren, die durch die Umsetzung von 2,4-Dichlorbenzoylchlorid und dem unsubstituierten Benzoylchlorid erhalten werden. Die Auswahl einer geringfügigen Menge an dem unsymmetrischen Benzoyl-2,4-dichlorbenzoyl-peroxid, die lediglich durch Umsetzung von 2,4-Dichlorbenzoylchlorid mit einer entsprechenden geringfügigen Menge an Benzoylchlorid erhalten wird, stellt eine willkürliche Auswahl im Rahmen der Lehre von D3 dar, die keines erfinderischen Zutuns bedarf.
3.5 Das Argument der Patentinhaberin, dass chlorierte Dibenzoylperoxide in D1 als nachteilig beschrieben seien, was den Fachmann davon abgehalten hätte diese zu verwenden, vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Im vorliegenden Fall, wurde es nicht mal gezeigt, dass die in D1 dargestellten Nachteile bezüglich der Verwendung des Bis(2,4-dichlorbenzoyl)peroxids (nämlich die Ausblühung von Vernetzternebenprodukten und ähnliche Produkten, die das Weiß-Werden der Oberfläche der vernetzten Kautschuken allmählich verursachen wie im Absatz [0004] von D1 beschrieben) mit den beanspruchten Zubereitungen, die bis zu 99,7 mol-% desselben Vernetzers enthalten können, nicht eintreten. Die Antwort auf die Frage, was ein Fachmann im Lichte des Stands der Technik getan hätte, hängt in hohem Maße davon ab, welches technische Ergebnis er sich zum Ziel gesetzt hatte (T 0939/92, ABl. EPA 1996, 309, Punkt 2.4.2 der Entscheidungsgründe). Im vorliegenden Fall besteht die technische Aufgabe, die durch die beanspruchten Zubereitungen gelöst wird, lediglich darin, weitere Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen bereitzustellen, unabhängig davon, ob die in D1 dargestellten Nachteile eintreten.
3.6 Somit führt der Stand der Technik den Fachmann in einer naheliegenden Weise zu Zubereitungen gemäß Alternative (i) des vorliegenden Anspruchs 1.
3.7 Hinsichtlich der Alternative (ii) von Anspruch 1 des Hauptantrags kommt die Kammer aus den folgenden Gründen zur der gleichen Schlussfolgerung. Wie oben gezeigt, beschreibt D3 das Prinzip der Herstellung von Mischperoxiden, die zur Initiierung von radikalischen Reaktionen verwendet werden. Ferner werden in D1 neben der Peroxidmischung, die im Beispiel 1 durch die Umsetzung von 2-Methylbenzoyl-chlorid und 4-Methyl-benzoylchlorid in einem Ratio von 10:90 erhalten wird, ebenfalls Di-benzoylperoxid und Bis-4-Methylbenzoyl-peroxid als bekannte Initiatoren für die Heißvernetzung von Siliconkautschuken beschrieben (siehe Absätze [0003], [0005], [0019] und [0021]). Folglich, ausgehend von dem Mischperoxid des Beispiels 1 von D1, war es für den Fachmann, der lediglich vor dem Problem stand, weitere Zubereitungen zur Initiierung von radikalischen Reaktionen bereitzustellen, naheliegend, in Anbetracht zum einen der bekannten thermischen Dissoziation der Peroxidinitiatoren und zum anderen der in D1 weiteren genannten Di-benzoylperoxid Initiatoren, die in dem Mischperoxid aus dem Beispiel 1 verwendeten 2-Methylbenzoyloxygruppe durch eine andere Gruppe, die die gleiche Funktion hat, nämlich ein Benzoyloxygruppe, zu ersetzen. In dieser Weise erhält der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit Zubereitungen gemäß der Alternative (ii) des vorliegenden Anspruchs 1.
4. Die Kammer kommt daher aus den oben angeführten Gründen zu dem Schluss, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sowohl für Alternative (i) als auch für Alternative (ii) naheliegende Ausführungsformen einschließt, mit der Folge, dass keine erfinderische Tätigkeit für den beanspruchten Gegenstand anerkannt werden kann. Der Hauptantrag ist folglich wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 52(1) und 56 EPÜ nicht gewährbar.
Hilfsanträge 1 und 2
5. Anspruch 1 gemäß dem ersten und zweiten Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der beanspruchte Gegenstand auf die Alternative (i) eingeschränkt wurde. Da der Hauptantrag auf Grund einer mangelnden erfinderischen Tätigkeit unter anderem der Alternative (i) des Anspruchs 1 nicht gewährbar ist (siehe Punkt 3.6 oben), gilt demzufolge die gleiche Schlussfolgerung für die Hilfsanträge.
Schlussfolgerung
6. Da alle Anträge die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllen, ist das Patent zu widerrufen und die Kammer braucht über weitere Einwände nicht zu entscheiden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent Nr. 2 288 652 wird widerrufen.