T 0106/19 11-12-2020
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EINSTECKVORRICHTUNG FÜR EIN REGALSYSTEM ZUR WARENPRÄSENTATION
Änderungen - Zwischenverallgemeinerung
Zurückverweisung an die erste Instanz
Zurückverweisung - (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung ein, die Patentanmeldung zurückzuweisen.
II. Die Prüfungsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung sei und die Anmeldung daher den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ nicht genüge.
III. Es fand am 11. Dezember 2020 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
a) Die Beschwerdeführerin reichte im Verlauf der Verhandlung einen geänderten Anspruchssatz als neuen Hauptantrag ein.
b) Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem neuen Hauptantrag zu erteilen.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Regalsystem (41) zur Warenpräsentation bestehend aus einer Einsteckvorrichtung (40) und einem Einsteckgegenstand (37, 48, 49) in Form einer Konsole, wobei der Einsteckgegenstand ein Einsteckteil (38, 39, 50) umfasst, wobei die Einsteckvorrichtung (40) aus einem Profil (1, 46, 47, 52 - 54)besteht, das ein erstes Stützorgan (22, 24) umfasst und einer schienenartigen Kontakteinrichtung (31, 32), wobei das Profil (1, 46, 47, 52 - 54) einen ersten Innenraum (2) aufweist, der an einer ersten Seite von einer Rückwand (3) begrenzt ist, wobei die Rückwand (3) ein Halteorgan (28) umfasst, wobei eine zweite Seite des ersten Innenraums (2) von einer ersten Seitenwand (4) und eine dritte Seite des ersten Innenraums (2) von einer zweiten Seitenwand (5) gebildet ist, wobei an einer dem ersten Innenraum (2) zugewandten Seitenfläche der ersten und/oder der zweiten Seitenwand (4, 5) ein Fixierorgan (7, 8) angeordnet ist, das derart ausgestaltet ist, die schienenartige Kontakteinrichtung (31, 32) daran anzuordnen, wobei eine vierte Seite des ersten Innenraums (2) von einer Frontwand (6) gebildet ist, die gegenüberliegend zur Rückwand (3) angeordnet ist und eine schlitzartige Öffnung (9) aufweist, wobei die Frontwand (6) jeweils abstehende Bereiche in Richtung der gegenüberliegenden ersten oder zweiten Seitenwand (4, 5) an der ersten und zweiten Seitenwand (4, 5) aufweist und die Frontwand eine Anlagefläche (42) für ein erstes Wandelement umfasst, wobei eine erste Blendenwand (11) mit einem Versatz zur ersten Seitenwand (4) und eine zweite Blendenwand (10) mit einem Versatz zur zweiten Seitenwand (5) an der Frontwand (6) vorhanden ist, wobei die erste und die zweite Blendenwand (10, 11) zwischen sich einen spaltartigen Zwischenraum (12) ausbilden, wobei das Einsteckteil (38, 39, 50) als ein stromabnehmendes Einsteckteil (38, 39, 50) ausgebildet ist und derart ausgestaltet ist, dass im eingesteckten Zustand des Einsteckgegenstandes (37, 48, 49) in die Einsteckvorrichtung (40) das stromabnehmende Einsteckteil (38, 39, 50) mit der schienenartigen Kontakteinrichtung (31, 32) einen elektrischen Kontakt ausbildet, wobei das stromabnehmende Einsteckteil (38, 39, 50) am Einsteckgegenstand (37, 48, 49) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass im angeordneten Zustand des Einsteckgegenstandes (37, 48, 49) am Profil (1, 46, 47, 52 54) das stromabnehmende Einsteckteil (38, 39, 50) durch den Zwischenraum (12) und die Öffnung (9) des Profils (1, 46, 47 52 - 54) vollständig in den ersten Innenraum (2) eingeführt ist, sodass das stromabnehmende Einsteckteil (38, 39, 50) durch einen Nutzer von außen nicht sichtbar ist und, dass das stromabnehmende Einsteckteil (38, 39, 50) unmittelbar am Einsteckgegenstand (37, 48, 49) befestigt ist."
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Durch die Aufnahme aller von der Prüfungsabteilung gerügten Merkmale aus dem ersten Absatz auf Seite 18 der ursprünglich eingereichten Beschreibung ist die unzulässige Zwischenverallgemeinerung behoben.
Entscheidungsgründe
1. Die Vorlage des neuen Anspruchsatzes während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wird nicht als Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne von Artikel 13(2) VOBK 2020 angesehen, da damit kein neues Vorbringen verbunden ist, sondern lediglich die von der Kammer in der Mitteilung nach Regel 100(2) EPÜ vom 30. März 2020 vorgeschlagenen Änderungen vollumfänglich umgesetzt wurden (siehe insbesondere Punkt 5 der oben genannten Mitteilung).
2. Der neue Hauptantrag erfüllt die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
2.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 des neuen Hauptantrags beruht auf einer Kombination des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 mit der Beschreibung der in den Figuren 2, 7 und 9 - 11 dargestellten Ausführungsbeispiele im ersten vollständigen Absatz auf Seite 18 der ursprünglich eingereichten Beschreibung.
Zudem wurde in den Anspruch 1 die Passage im ersten vollständigen Absatz auf Seite 15 aufgenommen, wie der auf Seite 18 genannte spaltartige Zwischenraum ausgebildet wird.
2.2 Die Beschwerdeführerin nimmt mit dem Hauptantrag alle in der Entscheidung der Prüfungsabteilung genannten Merkmale der Passage auf Seite 18 der Beschreibung auf, deren Nichtberücksichtigung zur in der Zurückweisung gerügten unzulässigen Zwischenverallgemeinerung geführt hatten.
Im Anspruch 1 ist nun spezifiziert, dass die Kontakteinrichtung eine schienenartige Kontakteinrichtung ist und dass das Einsteckteil durch den Zwischenraum und die Öffnung des Profils in den ersten Innenraum in das Profil eingesetzt ist.
2.3 Die Änderungen beheben zudem auch die von der Kammer im Beschwerdeverfahren zusätzlich aufgeworfenen unzulässigen Änderungen.
Der Anspruch 1 definiert nun auch, dass der auf Seite 18 der Beschreibung unter Verwendung des bestimmten Artikels genannte Zwischenraum durch eine erste Blendenwand und eine zweite Blendenwand als spaltartiger Zwischenraum gebildet wird, wobei die Blendenwände mit einem Versatz zur jeweiligen Seitenwand an der Frontwand vorgesehen sind.
2.4 Die Kammer kann daher nicht mehr die von der Prüfungsabteilung in ihrer Zurückweisungsentscheidung aufgeworfene unzulässige Zwischenverallgemeinerung erkennen, sondern sieht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nun als erfüllt an. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung ist daher aufzuheben.
3. Nachdem die Prüfungsabteilung zwar im Obiter Dictum ihrer Entscheidung zusätzlich auch angegeben hat, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Anspruch 1 nicht neu sei gegenüber D1, diese Entscheidung aber nicht so ausreichend substantiiert begründet wurde, dass sie von der Kammer überprüft werden könnte, sieht die Kammer das Vorliegen besonderer Gründe im Sinne von Artikel 11 VOBK 2020 als gegeben an, die eine Zurückverweisung der Sache an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung der verbleibenden Erfordernisse des EPÜ, insbesondere der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit (Artikel 54 und 56 EPÜ), rechtfertigen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem Hauptantrag eingereicht während der mündlichen Verhandlung zurückverwiesen.