T 0841/01 28-04-2004
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Apparatus for inducing bone growth
01) MTS Medical Technologies & Services GmbH
02) Siemens AG
03) Dornier MedTech Holding International GmbH
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die Einsprüche der Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 01 bis 03) gegen die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 324 163 hat die Einspruchsabteilung mit einer am 28. Mai 2001 schriftlich begründeten Entscheidung beschlossen, das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit seines Gegenstands gegenüber dem Stand der Technik (Hauptantrag) und wegen unzulässiger Erweiterung des Gegenstands über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Hilfsantrag) zu widerrufen.
II. Im Hinblick auf Anspruch 1 des Hauptantrags hat die Einspruchsabteilung im Gegensatz zur Auffassung der Einsprechenden 02 (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 2001, Nr. 2.1) die Auffassung vertreten, daß das Merkmal "a device for relative movement between said source and the body ..." von der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (vgl. Seite 6, Zeilen 13 bis 15 der veröffentlichten Fassung) zumindest implizit hinreichend gestützt sei.
Hingegen wies die Einspruchsabteilung den Anspruch 1 des Hilfsantrags wegen Erweiterung seines Gegenstands (Artikel 123 (2) EPÜ) mit der Begründung zurück, daß der Ausdruck "a device for the movement of said source" nicht in dem vorhergehenden gestützten Merkmal enthalten sei (vgl. Entscheidung, Seite 8, Teil B).
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) legte gegen diese Entscheidung am 21. Juli 2001 Beschwerde ein. Mit ihrer am 29. September 2001 eingereichten Beschwerdebegründung hielt sie die gleichen Ansprüche aufrecht, die im Einspruchsverfahren zurückgewiesen worden waren.
IV. Am 28. April 2004 fand auf Antrag der Beschwerdegegnerinnen eine mündliche Verhandlung statt, bei der die Einsprechende 01, obwohl geladen nicht vertreten war. Während der Verhandlung legte die Beschwerdeführerin einen neuen geänderten Anspruch als weiteren Hilfsantrag vor, der von der Kammer, da verspätet eingereicht und nicht unmittelbar gewährbar, nicht angenommen wurde.
Am Ende der mündlichen Verhandlung lauteten die Anträge der Beteiligten wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung. Hilfsweise wurde die Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung beantragt, sollte die Kammer zu der Auffassung gelangen, daß der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Hilfsantrag die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllt.
Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.
V. Die Beteiligten brachten folgende Argumente vor:
i) Die Beschwerdeführerin: Die Erfindung bestehe im wesentlichen darin, die Quelle zu justieren, um die Einstellung der Relativlage zwischen der Stoßwellenquelle und dem Körper zu ermöglichen, ohne die Position des Körpers zu verändern, um eine Serie von Impulsen in verschiedenen Richtungen einwirken lassen zu können.
Obwohl die beanspruchten Einstellparameter der Stoßwellen (Druck, Anstiegsflanke und Dauer der Impulse) in Bereichen in dem relativ breiten Regelungsbereich des Lithotripters Dornier HM3 fielen, der für die Zerstörung von Nierensteinen eingesetzt werde, eigne sich dieses Gerät nicht zur Behandlung von Knochen, da es dafür nicht konzipiert sei. Im Anspruch 1 des Hauptantrags werde das Merkmal, das "a device for relative movement" beanspruche, von der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (vgl. Seite 15, Zeilen 12 bis 15) gestützt, denn es sei in dem erwähnten "arrangement" enthalten. Ohnehin sei eine Vorrichtung erforderlich, um die beschriebene Funktion auszuführen. Die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ seien daher eingehalten.
ii) Die Beschwerdegegnerinnen brachten vor: Ein "device" zur Ausführung einer relativen Bewegung zwischen der Quelle und dem zu behandelnden Körper sei weder beschrieben noch in der Abbildung 2 dargestellt. Das "arrangement" beziehe sich auf die Abbildung 2 insgesamt und nicht auf eine bestimmte Einstellvorrichtung. Das letzte Merkmal gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sei daher in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbart und erweitere ihren Gegenstand in nicht akzeptabler Weise. Des weiteren sei die Erfindung nicht ausführbar, denn man wisse nicht einmal, woraus der "device" bestehe.
VI. Die unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:
Hauptantrag:
"1. Apparatus for inducing bone growth in a mammal comprising:
- a source (32) for acoustic shock waves,
- said shock waves having a maximum pressure amplitude of about 20 bar to 2000 bar, a tensile pressure amplitude of less than 25% of said maximum pressure amplitude, a rise time of less than about 10/-7 seconds, and a duration of 10/-6 seconds or less,
- a device (36) for focussing said shock waves in a focus (F2),
- wherein said source (32) is adjusted within that range of the parameters to apply an amount of energy to produce bleeding in a bone located in said focus (F2),
- a device for coupling said shock waves into the body of said mammal (34), and
- a device for relative movement between said source (32) and the body of said mammal (34), so that said bone of said mammal (34) is located in said focus (F2)."
Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag entspricht dem des Hauptantrags, wobei jedoch das letzte Merkmal durch folgendes Merkmal ersetzt ist:
"- a device for the movement of said source (32), so that a relative movement between the source (32) and the body of said mammal (34) exists, whereas said bone of said mammal (34) is located in said focus (F2)".
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Ein unabhängiger Anspruch nach einem weiteren Hilfsantrag, der gegen Ende der mündlichen Verhandlung überreicht wurde, wurde von der Kammer nicht angenommen, da prima facie erhebliche Einwände im Hinblick auf Artikel 123 bestanden.
3. Stützung der Ansprüche
3.1. Anspruch 1 des Hauptantrags ist mit der erteilten Fassung identisch. Er bezieht sich auf ein Gerät zur Förderung der Knochenbildung eines Säugetiers, das insbesondere durch die in der Abbildung 2 des Patents schematisch dargestellten strukturellen Merkmale definiert ist. Danach enthält das Gerät eine Quelle 32 von akustischen Stoßwellen, eine Vorrichtung 36 zur Fokussierung der Wellen auf den Brennpunkt F2 und eine Vorrichtung zur Kopplung der Wellen und des zu behandelnden Körpers 34. Die in der Abbildung 2 dargestellte Kopplungsvorrichtung ist ein mit Wasser gefüllter Behälter, in den der Körper 34 getaucht wird (vgl. Anmeldung in der eingereichten Fassung, Seite 15, Zeilen 2 bis 11). Es sind jedoch auch andere Kopplungsmittel möglich, z. B. ein Diaphragma, eine Membran oder ein elastischer Balg, die zwischen der Haut des Patienten und einem Wasserkissen angeordnet werden (vgl. Anmeldung, Seite 15, Zeilen 16 bis 22), so daß die Bezeichnung "a device for coupling" im Anspruch korrekt gestützt und begründet wird.
3.2. In Bezug auf das letzte beanspruchte Merkmal daß sich auf das Erzielen einer relativen Bewegung bezieht, ("a device for relative movement between said source (32) and the body (34)") enthält die Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung auf Seite 15, Zeilen 12 bis 15, lediglich die Aussage: "The illustrated arrangement also permits safe relative movement between the shockwave source and parts of the patient's body, ...".
Offensichtlich bezieht sich "the illustrated arrangement" auf die schematische Darstellung der Abbildung 2 in ihrer Gesamtheit, wonach eine Vorrichtung zur Einstellung des relativen Abstands zwischen der Quelle 32 und dem Körper 34 nicht dargestellt und noch nicht einmal angeregt ist. Die Beschreibung ist auch nicht deutlicher, da nur das Vorhandensein einer Relativbewegung erwähnt wird. Aber die Mittel, die die Ausführung dieser Relativbewegung ermöglichen, d. h. die Vorrichtung selbst, sind nicht, und zwar auch nicht allgemein, beschrieben. Die Kammer zieht daraus den Schluß, daß das letzte beanspruchte strukturelle Merkmal, das bewußt auf eine Vorrichtung zum Erzielen einer relativen Bewegung zwischen der Quelle und dem Körper gerichtet ist, durch die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht gestützt ist und daher dazu führt, daß der Gegenstand des Patents, entgegen Artikel 123 (2) EPÜ über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus erweitert wird.
Auch handelt es sich nicht um ein implizit in der Anmeldung mit der Begründung offenbartes Merkmal, daß eine "Vorrichtung" zur Ausführung der angestrebten relativen Bewegung ohnehin notwendig ist. Die Kammer kann nicht nachvollziehen, daß ein Merkmal, das in der ursprünglichen Anmeldung nicht beschrieben oder dargestellt ist, das wesentliche Merkmal eines Hauptanspruchs bilden kann (vgl. T 583/93, ABl. EPA, 1996, 496, Nr. 4.5). Selbst wenn es nicht erforderlich sein sollte, daß der Anspruch ein beanspruchtes Merkmal detailliert definiert, so muß dieses Merkmal doch in der Beschreibung hinreichend beschrieben sein, damit es identifiziert und anschließend ausgeführt werden kann. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu.
3.3. Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags in seiner Kombination betrachtet nicht durch die Beschreibung gestützt ist und über die Ameldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123 (2) EPÜ). Dieser Anspruch ist daher nicht gewährbar.
3.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags ist durch die ursprünglich eingereichte Anmeldung noch weniger begründet und gestützt, denn das letzte beanspruchte Merkmal präzisiert, daß bei der Vorrichtung die Quelle (gegenüber dem stationär gelagerten Körper) bewegbar ist. Abgesehen davon, daß die Vorrichtung in der Anmeldung immer noch nicht beschrieben ist, beschränkt sich die Beschreibung nur darauf, das Erzielen einer relativen Bewegung zwischen der Quelle und dem Körper zu erwähnen, ohne daß präzisiert wird, welches dieser beiden Elemente in bezug auf das andere beweglich ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags ist daher aus denselben Gründen wie den für den Hauptantrag aufgeführten nicht gewährbar.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.