T 1282/12 (Telekommunikationskanalzugriff/IPCOM) 07-03-2013
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Zugriff einer Mobilstation auf einen wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit ihrer Nutzerklasse
Nokia Corporation
Telekom Deutschland GmbH
Telefonaktiebolaget L M Ericsson
HTC Corporation
Vodafone D2 GmbH
Apple Inc.
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 841 268.
II. Die Einspruchsabteilung hat den Widerruf des Streitpatents damit begründet, dass die Ansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag unzulässig erweitert wurden (Artikel 76 (1), 100 c), 123 (2) EPÜ), und dass durch Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 der Schutzbereich des Patents erweitert wurde (Artikel 123 (3) EPÜ). Hilfsanträge 2 und 3 wurden nicht in das Einspruchsverfahren zugelassen.
III. Mit der Beschwerdeschrift beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents. Hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
IV. Mit Schreiben vom 24. Mai 2012 stellte die Beschwerdegegnerin 4 einen Antrag auf Beschleunigung des Verfahrens.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2012 wurde auch von dem englischen Gericht, vor dem ein Verfahren anhängig ist, in dem die Beschwerdegegnerin 4 die Rechtsgültigkeit des englischen Teils des Streitpatents angegriffen hat, ein Antrag auf Beschleunigung des Verfahrens gestellt.
V. Mit Bescheid vom 11. Juli 2012 wurden die Parteien darüber informiert, dass die Kammer beabsichtigte, den Anträgen auf Beschleunigung des Verfahrens stattzugeben und - in der Annahme, dass eine Beschwerdebegründung eingereicht werden würde - eine mündliche Verhandlung für den 7. März 2013 anzuberaumen.
VI. Mit der Einreichung der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung, hilfsweise in geänderter Fassung gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten sechzehn Hilfsanträge 1, 2, 3a, 3b, 4a, 4b, 5a, 5b, 6a, 6b, 7a, 7b, 8a, 8b, 9a, und 9b aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie die Vorlage einer Frage an die Große Beschwerdekammer. Des weiteren beantragte sie, das Beschwerdeverfahren beschleunigt durchzuführen und die Beschwerdegebühr rückzuerstatten.
VII. Mit Bescheid vom 18. September 2012 wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung am 7. März 2013 geladen.
VIII. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2012 wurde namens und im Auftrag der Apple Inc. (Einsprechende 6) als Beitretende Einspruch gegen das Streitpatent eingelegt.
IX. Mit ihren Beschwerdeerwiderungen beantragten die Einsprechenden/Beschwerdegegnerinnen 1 bis 6, die Beschwerde zurückzuweisen.
X. Mit Bescheid vom 15. Januar 2013 wurde den Parteien eine Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung zugestellt, in der die Kammer zwecks Vorbereitung der mündlichen Verhandlung einige Bemerkungen anlässlich einer vorläufigen Prüfung der Beschwerde machte.
XI. In Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung reichten die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerinnen 1, 3 und 6 Stellungnahmen ein. Die Beschwerdeführerin reichte außerdem geänderte Hilfsanträge 1' bis 8' ein.
XII. Die mündliche Verhandlung fand am 7. März 2013 statt.
Im Laufe der mündlichen Verhandlung zog die Beschwerdeführerin alle bisherigen Anträge einschließlich des Antrags auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr zurück und beantragte schließlich, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage des einzigen Anspruchs 1 eines neuen Hauptantrags, der in der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen 1 bis 6 beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
XIII. Anspruch 1 des neuen in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Mobilstation (5,10, 15, 20) zum Betrieb in einem UMTS Mobilfunknetz, in dem mehrere Nutzerklassen (35, 40) unterschieden werden, in dem Informationssignale mit Zugriffsberechtigungsdaten an die Mobilstation übertragen werden, wobei die Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster übertragen werden,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Mobilstation (5,10, 15, 20) dazu eingerichtet ist,
eine Nutzerklasse (35, 40) von einer SIM-Karte (75) zu lesen,
über einen Broadcast Control Channel (25) die Zugriffsberechtigungsdaten, welche Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, S0) und Zugriffsklassenbits (Z0, Z1, Z2, Z3) aufweisen, zu empfangen,
aus den Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, S0) einen Zugriffsschwellwert (S) zu ermitteln, sofern die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung ermittelt wird,
anhand des für die Nutzerklasse (35, 40) relevanten Zugriffsklassenbits (Z0, Z1, Z2, Z3) zu ermitteln,
ob die Mobilstation (5,10, 15, 20) unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, S0) auf einen wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel RACH, zugreifen darf,
oder ob die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal, zum Beispiel RACH, in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung zu ermitteln ist,
und dazu eingerichtet ist, als Zugriffsschwellwertauswertung den Zugriffsschwellwert (S) mit einer Zufallszahl oder einer Pseudozufallszahl (R) zu vergleichen,
und dazu eingerichtet ist, auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit der Ermittlung anhand des Zugriffsklassenbits entweder unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits (S3, S2, S1, S0) oder in Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses zuzugreifen.".
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde und Zulässigkeit des Beitritts des Einsprechenden 6
1.1 Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ und der Regel 99 EPÜ und ist demzufolge zulässig.
1.2 Die Kammer sieht keine Gründe, die Zulässigkeit des Beitritts des Einsprechenden 6 zu bezweifeln. Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren auch keine Einwände gegen die Zulässigkeit dieses Beitritts erhoben.
2. Artikel 76 (1) EPÜ
2.1 Das Streitpatent beruht auf der europäischen Patentanmeldung Nr. 07009265.5, die eine Teilanmeldung der europäischen Patentanmeldung Nr. 00916749.5 ist, die als internationale Patentanmeldung Nr. PCT/DE00/00431 eingereicht und unter der internationalen Veröffentlichungsnummer WO 00/54534 A veröffentlicht worden ist.
Die Beschreibung, die Ansprüche und die Zeichnungen der Teilanmeldung sind mit denen der europäischen Patentanmeldung Nr. 07009265.5 identisch.
2.2 Das Erfordernis des Artikels 76 (1) EPÜ, 2. Satz, war demzufolge zum Zeitpunkt der Einreichung der Teilanmeldung erfüllt.
3. Interpretation des Anspruchs 1
3.1 Unter Berücksichtigung der Auffassung der Kammer, dass der Wortlaut eines Patentanspruchs so zu verstehen ist, dass sich für den Fachmann beim Lesen des Anspruchs für die einzelnen Wörter und ihre Zusammenhänge die Bedeutung und die Reichweite ergeben, die sie auf dem betreffenden Gebiet normalerweise haben, und dass der Anspruch mit der Bereitschaft auszulegen ist, ihn zu verstehen, wird der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Kammer folgendermaßen verstanden:
Anspruch 1 ist auf eine Mobilstation gerichtet, die zum Betrieb in einem UMTS Mobilfunknetz geeignet ist. Im Mobilfunknetz werden mehrere Nutzerklassen unterschieden und Informationssignale mit Zugriffsberechtigungsdaten als ein Bitmuster an die Mobilstation übertragen. Die Mobilstation ist dazu eingerichtet, eine Nutzerklasse von einer SIM-Karte zu lesen und über einen Broadcast Control Channel die als ein Bitmuster übertragenen Zugriffsberechtigungsdaten zu empfangen, wobei diese Zugriffsberechtigungsdaten Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits aufweisen. Des weiteren ist die Mobilstation dazu eingerichtet, auf einen wahlfreien Zugriffskanal unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits des Bitmusters zuzugreifen, wenn eine Ermittlung anhand des von der SIM-Karte gelesenen für die Nutzerklasse relevanten Zugriffsklassenbits des Bitmusters ergibt, dass die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf den wahlfreien Zugriffskanal zugreifen darf, und dazu eingerichtet, wenn diese Erlaubnis nicht gegeben ist, auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit eines Vergleichsergebnisses zuzugreifen. Dazu ist die Mobilstation eingerichtet, aus den empfangenen Zugriffsschwellwertbits des Bitmusters einen Zugriffsschwellwert zu ermitteln und diesen Zugriffsschwellwert auszuwerten, wobei die Auswertung einen Vergleich des Zugriffsschwellwertes mit einer Zufallszahl oder einer Pseudozufallszahl umfasst.
Diese Interpretation des Anspruchs 1 ist nach Auffassung der Kammer auch im Einklang mit der Patentbeschreibung, insb. mit dem anhand der Figuren 3c und 4a-c erläuterten Ausführungsbeispiel (s. insb. Absätze [0034] und [0037] der Patentschrift).
4. Änderungen (Artikel 84 und 123 (2), (3) EPÜ)
4.1 Hiernach wird im Zusammenhang mit der ursprünglichen Patentanmeldung stets auf die Veröffentlichungsschrift WO 00/54534 A Bezug genommen (s. oben, Punkt 2).
4.2 Artikel 123 (2) EPÜ
Der vorliegende Anspruch 1 stützt sich im Wesentlichen auf das in der ursprünglichen Patentanmeldung insb. auf Seite 16, Zeile 24, bis Seite 18, Zeile 5, beschriebene zweite Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 3c. Gemäß diesem zweiten Ausführungsbeispiel werden Informationssignale mit Zugriffsberechtigungsdaten an die Mobilstation 5, 10, 15 oder 20 (siehe Fig. 1) übertragen. Die Zugriffsberechtigungsdaten werden dabei als ein Bitmuster 55 (Fig. 3c) übertragen, das sowohl Zugriffsschwellwertbits S0-S3 als auch Zugriffsklassenbits Z0-Z3 umfasst. Das Bitmuster gemäß Fig. 3c weist zwar eine Bitlänge von 13 Bit auf, dies ist jedoch nicht zwingend (Seite 18, Zeilen 7 bis 16). Ebenso sind die im Bitmuster gemäß Fig. 3c enthaltenen Prioritätsbits P0, P1 und Telekommunikationsdienstbits D0-D2 fakultativ (Seite 12, Zeilen 13 und 14, und Seite 18, Zeilen 16 und 17, und die abhängigen Ansprüche 3 bzw. 4). Dass die Mobilstation 5, 10, 15 oder 20 zum Betrieb in einem UMTS Mobilfunknetz geeignet ist und dazu eingerichtet ist, die Zugriffsberechtigungsdaten über einen Broadcast Control Channel zu empfangen, geht aus Seite 22, Zeilen 10 bis 13, bzw. Seite 9, Zeilen 2 bis 6 und 22 bis 31, hervor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gemäß dem UMTS-Standard definierte UICC ("Universal Integrated Circuit Card")-Karte landläufig wie im GSM auch als SIM-Karte bezeichnet wird.
Des weiteren wird auf Seite 10, Zeilen 4 bis 9, offenbart, dass eine Auswerteeinheit 60 (Fig. 2) auf eine Zugriffsberechtigungskarte 75, beispielsweise eine SIM-Karte, zugreift. Die Mobilstation gemäß dem vorliegenden Anspruch umfasst, anders als die Teilnehmerstation gemäß dem ursprünglichen unabhängigen Anspruch 11, nicht explizit eine Auswerteeinheit. Da jedoch im ursprünglichen unabhängigen Anspruch 11 nur funktionelle Angaben der Auswerteeinheit, d.h. ohne jegliche konstruktive Merkmale dieser Einheit, definiert sind und in der ursprünglichen Beschreibung anhand der Fig. 2 die Auswerteeinheit 60, zusammen mit einer Sende-/Empfangseinheit 65 und einer Zugriffsberechtigungskarte (SIM-Karte) 75, nur auf einer abstrakten Ebene als Bestandteile der Mobilstation beschrieben werden, geht nach Auffassung der Kammer der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs nicht dadurch über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, dass die oben genannten funktionellen Angaben im vorliegenden Anspruch nur noch auf die Mobilstation bezogen ("die Mobilstation dazu eingerichtet ist ...") enthalten sind und demzufolge die beanspruchte Mobilstation nur implizit Mittel zur Durchführung der betreffenden Funktionen umfasst. Die Kammer stimmt damit der Auffassung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung (s. Entscheidungsgründe, Punkt 3.1.2), gemäß welcher es unerheblich sei, wie die Funktionen innerhalb der Mobilstation ausgebildet sind, zu.
Die Beschwerdegegnerinnen 1 und 4 argumentierten, dass es gemäß den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 11 erforderlich sei, dass geprüft wird bzw. werden kann, ob die Zugangsberechtigungsdaten einen Zugriffsschwellwert umfassen. Im Ablaufdiagramm der Figur 4 stehe, vor dieser Prüfung beim Programmpunkt 205, am Anfang des Ablaufes beim Programmpunkt 200 außerdem eine Prüfung, ob die empfangenen Zugriffsberechtigungsdaten ein 10-Bitmuster oder ein 13-Bitmuster umfassen. Diese Prüfungen wegzulassen, sei nicht ursprünglich offenbart.
Die Kammer stellt jedoch fest, dass der vorliegende Anspruch nunmehr auf eine Zugriffsberechtigung abstellt, in der die als ein Bitmuster empfangenen Zugriffsberechtigungsdaten sowohl Zugriffsschwellwertbits als auch Zugriffsklassenbits aufweisen. Nach Auffassung der Kammer geht, wie in Figur 3c beispielhaft dargestellt, aus der ursprünglichen Anmeldung unmittelbar hervor, dass eine Prüfung, ob ein Bitmuster nach einer der Figuren 3a (10-Bitmuster), 3b (10-Bitmuster) und 3c (13-Bitmuster) vorliegt, sich in diesem Fall erübrigt. Des weiteren impliziert die Tatsache, dass die beanspruchte Mobilstation dazu eingerichtet ist, aus den Zugriffsschwellwertbits einen Zugriffsschwellwert zu ermitteln, dass sie in der Lage ist, zu erkennen und somit zu prüfen, ob die empfangenen Zugriffsberechtigungsdaten Zugriffsschwellwertbits und demzufolge einen Zugriffsschwellwert umfassen.
Einen weiteren Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ sahen die Beschwerdegegnerinnen 1, 3 und 6 darin, dass eine Ermittlung, ob die Mobilstation unabhängig von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits auf den Zugriffskanal zugreifen darf, so nicht ursprünglich offenbart sei. Lediglich eine Unabhängigkeit von einer Auswertung des Zugriffsschwellwertes sei offenbart.
Nach Ansicht der Kammer ist jedoch mit der Offenbarung der Unabhängigkeit von einer Auswertung des Zugriffsschwellwertes (siehe z.B. Seite 12, Zeilen 12 bis 21) und einer als eineindeutig zu verstehenden Ermittlung des Zugriffsschwellwertes aus den Zugriffsschwellwertbits durch die Mobilstation (Seite 16, Zeilen 3 bis 6, und Seite 18, Zeilen 29 bis 35) zumindest implizit offenbart, dass die Unabhängigkeit von einer Auswertung des Zugriffsschwellwertes auch die Unabhängigkeit von den empfangenen Zugriffsschwellwertbits bedeutet.
Die Beschwerdegegnerinnen 1 und 5 argumentierten, dass eine Prüfung, ob auf der Zugangsberechtigungskarte, d.h. auf der SIM-Karte, eine Nutzerklasse gespeichert ist, eine Voraussetzung für die Erlaubniserteilung sei. Im Anspruch ist dieses Merkmal jedoch weggelassen. Dies stelle demzufolge einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ dar.
Nach Auffassung der Kammer impliziert jedoch die Tatsache, dass die beanspruchte Mobilstation dazu eingerichtet ist, eine Nutzerklasse (35, 40) von einer SIM-Karte (75) zu lesen und eine Ermittlung "anhand des für die Nutzerklasse (35, 40) relevanten Zugriffsklassenbits" durchzuführen, dass sie in der Lage ist, zu erkennen und somit zu prüfen, ob auf der SIM-Karte eine Nutzerklasse gespeichert ist.
Die Beschwerdegegnerin 3 argumentierte, dass ein konkreter Zugriff, so wie im letzten Absatz des Anspruchs definiert, ursprünglich nicht offenbart sei, weil, unter Verweis auf Seite 19, Zeilen 26 bis 30, und Figur 4b (Programmpunkt 250), nur die Freigabe des Zugriffes auf den Zugriffskanal, nicht jedoch der Zugriff selbst, offenbart sei.
Nach Ansicht der Kammer ist jedoch der Zugriff implizit offenbart. Eine Freigabe des Zugriffs wäre sonst, d.h. ohne dass anschließend zumindest einmal auf den Zugriffskanal zugegriffen wird, ohne Bedeutung. Darüber hinaus wird auf Seite 21, Zeilen 25 bis 32, offenbart, dass eine Entlastung des RACH 30 zusätzlich dadurch erzielt werden kann, dass ein Wiederholungszähler vorgesehen ist, der die maximale Anzahl der erlaubten Wiederholversuche für ein wiederholtes Absenden einer Nachricht von der entsprechenden Mobilstation über den RACH 30 an die Basisstation 100 für den Fall einer Kollision mit einer Nachricht einer anderen Mobilstation angibt. Eine Sendung über den RACH setzt jedoch einen Zugriff auf den RACH voraus.
Die Kammer stellt somit fest, dass der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt.
4.3 Artikel 123 (3) EPÜ
Im Vergleich zu Anspruch 1 in der erteilten Fassung wurde der beanspruchte Gegenstand dahingehend geändert, dass die Mobilstation nunmehr dazu eingerichtet ist, Informationssignale mit Zugriffsberechtigungsdaten, welche die Zugriffsschwellwertbits und Zugriffsklassenbits aufweisen, als ein Bitmuster zu empfangen. Des weiteren wurde "anhand der für die Nutzerklasse (35, 40) relevanten Zugriffsklasseninformationen" durch "anhand des für die Nutzerklasse (35, 40) relevanten Zugriffsklassenbits" ersetzt (Unterstreichung durch die Kammer). Somit wurde der Begriff "Zugriffsklasseinformationen" durch "Zugriffsklassenbits" bzw. ein "Zugriffsklassenbit" näher spezifiziert. Diese Änderungen führen demzufolge nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des Patents, sondern zu dessen Einschränkung.
Des weiteren umfasst der Anspruch nunmehr das Merkmal, dass die Mobilstation dazu eingerichtet ist, den Zugriffsschwellwert aus den Zugriffsschwellwertbits bedingt zu ermitteln, nämlich "sofern die Zugriffsberechtigung auf den wahlfreien Zugriffskanal in Abhängigkeit einer Zugriffsschwellwertauswertung ermittelt wird".
Die Einspruchsabteilung hat in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, dass eine solche Bedingung zu einer unzulässigen Erweiterung des Schutzbereiches führe, weil gemäß dem erteilten Anspruch 1 nur die Mobilstationen umfasst seien, die unabhängig von der Zugriffsweise eine Zugriffsschwellwertermittlung vornehmen (siehe die angefochtene Entscheidung, Entscheidungsgründe, Punkt 4.2).
Dem kann die Kammer nicht folgen. Richtig ist, dass Anspruch 1 in der erteilten Fassung eine Mobilstation umfasst, die dazu eingerichtet ist, unabhängig von der Zugriffsweise eine Zugriffsschwellwertermittlung aus den Zugriffsschwellwertbits vorzunehmen (sofern sie natürlich auch alle anderen im Anspruch definierten Merkmale besitzt). Der erteilte Anspruch schließt jedoch ebenso eine Mobilstation, in welcher weitere Bedingungen zu erfüllen sind, bevor eine Ermittlung eines Zugriffsschwellwertes aus den Zugriffsschwellwertbits vorgenommen wird, nicht aus. Der vorliegende Anspruch schränkt demzufolge durch die Aufnahme der oben genannten Bedingung den Schutzbereich des Patents weiter ein.
Der Wortlaut "ermittelt wird" (s. Anspruch 1 in der erteilten Fassung, letzten Absatz) wurde durch "ermitteln ist" ersetzt. Dies ist im Einklang mit der Tatsache, dass es sich nicht um einen Verfahrensanspruch, sondern um einen Produktanspruch handelt. Die übrigen Unterschiede zwischen dem erteilten Anspruch 1 und dem vorliegenden Anspruch betreffen dem vorliegenden Anspruch hinzugefügte Merkmale, siehe insb. die letzten zwei Absätze.
Der vorliegende Anspruch führt demzufolge nicht dazu, dass der Schutzbereich des Patents erweitert wird. Das Erfordernis des Artikels 123 (3) EPÜ ist daher erfüllt.
4.4 Artikel 84 EPÜ
Die Beschwerdegegnerin 1 hat argumentiert, dass der Begriff "Bitmuster", weil unbestimmt, unklar ist. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass der Begriff "Bitmuster" bereits am Prioritätsdatum ein üblicher Fachbegriff war und üblicherweise als eine Bitsequenz mit einer bestimmten Länge verstanden wurde, im Einklang mit den im Streitpatent genannten Ausführungsbeispielen (siehe Absatz [0015] und die Figuren 3a-c).
Die Kammer sieht keinen Anlass, die Klarheit des Anspruchs aus anderen Gründen in Frage zu stellen, und stellt somit fest, dass der Anspruch die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt.
5. Zurückverweisung
5.1 Gemäß Artikel 111 (1) EPÜ wird die Beschwerdekammer entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder sie verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück.
5.2 Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung den Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ abschließend geprüft. Ob der weitere von den Beschwerdegegnerinnen 1 bis 6 substantiierte Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ einer Aufrechterhaltung des Streitpatents in geänderter Fassung entgegensteht, ist der Entscheidung jedoch nicht zu entnehmen.
5.3 Damit den Parteien die Möglichkeit einer kompletten Prüfung des weiteren Einspruchsgrunds nach Artikel 100 a) EPÜ durch zwei Instanzen erhalten bleibt, macht die Kammer von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch, die Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des einzigen Anspruchs 1 des neuen Hauptantrags, der in der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf der Grundlage des einzigen Anspruchs 1 des neuen Hauptantrags, der in der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, zurückverwiesen.