T 0109/18 24-09-2021
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Vorrichtung und Verfahren zum Umformen von Werkstücken
Einspruchsgründe - Gegenstand geht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus (nein)
Neuheit - Hauptantrag (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 10. November 2017 zur Post gegebenen Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 343 138 zurück.
II. Die Einspruchsabteilung fand, dass der Gegenstand des Patents nicht über den der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu (Artikel 54 (3) EPÜ) sei.
III. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende Beschwerde ein.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis des am 23. August 2021 eingereichten Hilfsantrags 1.
VI. Folgende Dokumente sind für die vorliegende Entscheidung relevant:
D1: EP 2 210 682 A1
D2: Auszug aus Wikipedia zum Begriff "Reitstock"
D3: D.H.Bruins, "Werkzeugmaschinen für spanabhebendes Formen", 1944, Verlag B.G.Teubner, Leipzig und Berlin, S. 116, 117.
VII. Hauptantrag
(Merkmalsgliederung wie von den Parteien verwendet und Merkmalsnummerierung in Fettdruck eingefügt)
Anspruch 1 lautet:
"(1.1) Vorrichtung zum Bearbeiten einer Vorform (3), die als rotationssymmetrischer Hohlkörper ausgeführt ist,
(1.2) mit einer Hauptspindel (1.1) deren Achse die Maschinenhauptachse (x) ist und
(1.3) mit mindestens einem äußeren Umformwerkzeug (8), die eine Anzahl von äußeren Umformrollen aufweisen und entsprechend einer vorgegebenen Kontur des zu formenden Werkstücks (4) radial positioniert oder radial verfahren werden können
(1.4) sowie mit einem Innenumformwerkzeug (9), welches an einem in axialer Längsrichtung verschiebbaren Halter (5) befestigt ist und um die Maschinenhauptachse (x) der Hauptspindel (1.1) drehbar und koaxial zu dieser gelagert ist,
(1.5) wobei die Umformrollen der äußeren Umformwerkzeuge (8) dazu ausgebildet sind, um im Bereich des Innenumformwerkzeugs (9) von außen an die Mantelfläche der Vorform (3) anzugreifen,
dadurch gekennzeichnet,
dass
(1.6) ein axial verfahrbarer Hauptspindelkasten (1) mit einem angetriebenen Mitnehmer (11) sowie ein Reitstock (2) mit einer als Zentrierstück (7) ausgebildeten Aufnehmervorrichtung und einer Spannvorrichtung (14) mit einer zentrisch zur Maschinenhauptachse (x) geführten Andrückverlängerung (10) vorgesehen sind, (1.7) welche dazu ausgebildet sind, um die Vorform (3) zwischen dem Mitnehmer (11) und dem Zentrierstück (7) zentriert zu halten und axial zu verspannen,
(1.8) so dass der Hauptspindelkasten (1) mit drehender Hauptspindel (1.1) sowie die Vorform (3) und der Reitstock (2) aufgrund der Vor-Spannung eine Einheit bilden, die gemeinsam durch die axiale Kraft einer an dem Hauptspindelkasten (1) angeordneten Vorschubvorrichtung (15) mit einem geregelten Vorschub in axialer Richtung relativ zu den äußeren Umformwerkzeugen (8) verfahren werden kann,
(1.9) wobei das Innenumformwerkzeug (9) eine axial profilierte Außenkontur (9.2) aufweist, welche dazu ausgebildet ist, um unterschiedliche wirksame Werkzeugdurchmesser bereitzustellen,
(1.10) wobei das Innenumformwerkzeug (9) relativ zur axialen Position der äußeren Umformwerkzeuge (8) axial verfahren und/oder axial positioniert werden kann,
(1.11) um die axiale Position einer Umformzone auf dem Innenumformwerkzeug (9) zwischen dem Innenumformwerkzeug (9) und den äußeren Umformwerkzeugen (8) durch die axiale Positionierung der äußeren Umformwerkzeuge (8) relativ zum Innenumformwerkzeug (9) vorzugeben,
(1.12) so dass aufgrund der unterschiedlichen wirksamen Werkzeugdurchmesser der Außenkontur (9.2) des Innenumformwerkzeugs (9) ein Innendurchmesser des Werkstücks (4) durch die relative axiale Position der äußeren Umformwerkzeuge (8) und des Innenumformwerkzeugs (9) zueinander vorgebbar ist."
Anspruch 8 lautet wie folgt:
"(8.1) Verfahren zum Herstellen von Werkstücken aus einer Vorform (3), die als rotationssymmetrischer Hohlkörper ausgeführt ist, insbesondere mittels einer Vorrichtung nach einem der vorherigen Ansprüche,
(8.2) welche eine Hauptspindel (1.1) besitzt, deren Achse die Maschinenhauptachse (x) ist,
(8.3) wobei eine Vorform (3) durch das Zusammenwirken von einem um die Maschinenhauptachse (x) der Hauptspindel (1.1) drehbar und koaxial zu dieser gelagerten sowie an einem in axialer Längsrichtung verschiebbaren Halter (5) befestigten Innenumformwerkzeug (9) und mindestens einem äußeren Umformwerkzeug (8) umgeformt wird,
(8.4) welche eine Anzahl von äußeren Umformrollen aufweisen, die im Bereich des Innenumformwerkzeugs (9) von außen an die Mantelfläche der Vorform (3) angreifen,
(8.5) wobei der Druck zwischen den äußeren Umformwerkzeugen (8) und dem Innenumformwerkzeug (9) auf den Mantel der Vorform (3) den Werkstoff zum Fließen bringt,
(8.6) so dass bei drehender Vorform (3) diese eine von den äußeren Umformwerkzeugen (8) und dem Innenumformwerkzeug (9) vorgegebene Kontur annimmt, deren Wanddicke durch die radiale Position der äußeren Umformrollen der äußeren Umformwerkzeuge (8) und dem Innenumformwerkzeug (9) zueinander bestimmt wird,
(8.7) wobei die äußeren Umformrollen entsprechend der vorgegebenen Kontur des zu formenden Werkstücks (4) radial positioniert oder radial verfahren werden,
dadurch gekennzeichnet, dass
(8.8) die Vorform (3) zwischen einem angetriebenen Mitnehmer (11) eines axial verfahrbaren Hauptspindelkastens (1) und einer als Zentrierstück (7) ausgebildeten Aufnehmervorrichtung eines Reitstocks (2) derart zentriert gehalten und axial verspannt wird, (8.9) dass der Hauptspindelkasten (1) mit drehender Hauptspindel (1.1) sowie die Vorform (3) und der Reitstock (2) aufgrund der Vorspannung zusammen mit einer Spannvorrichtung (14) mit einer zentrisch zur Maschinenhauptachse (x) geführten Andrückverlängerung (10) eine Einheit bilden, die gemeinsam durch die axiale Kraft einer an dem Hauptspindelkasten (1) angeordneten Vorschubvorrichtung (15) mit einem geregelten Vorschub in axialer Richtung relativ zu den äußeren Umformwerkzeugen (8) verfahren wird,
(8.10) wobei das Innenumformwerkzeug (9) zur Bereitstellung unterschiedlicher wirksamer Werkzeugdurchmesser eine axial profilierte Außenkontur (9.2) aufweist und
(8.11) relativ zur axialen Position der äußeren Umformwerkzeuge (8) axial verfahren und/oder axial positioniert wird, um die axiale Position einer Umformzone auf dem Innenumformwerkzeug (9) zwischen dem Innenumformwerkzeug (9) und den äußeren Umformwerkzeugen (8) durch die axiale Positionierung der äußeren Umformwerkzeuge (8) relativ zum Innenumformwerkzeug (9) vorzugeben,
(8.12) so dass aufgrund der unterschiedlichen wirksamen Werkzeugdurchmesser der Außenkontur (9.2) des Innenumformwerkzeugs (9) ein Innendurchmesser des Werkstücks (4) durch die relative axiale Position der äußeren Umformwerkzeuge (8) und des Innenumformwerkzeugs (9) zueinander vorgegeben wird."
VIII. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen Folgendes vor:
a) Artikel 100 c) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gehe über den Inhalt der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht aus folgenden Gründen hinaus:
i) Merkmal 1.3
Mit dem Begriff "mindestens einem" sei die Möglichkeit umfasst, dass ein Umformwerkzeug zwei Umformrollen aufweise. Die ursprünglich eingereichte Anmeldung verwende "Umformrollen" und "Umformwerkzeug" als Synonyme, wobei auch das gleiche Bezugszeichen vergeben wurde. Im erteilten Anspruch sei eine künstliche Unterscheidung zwischen Umformrollen und Umformwerkzeuge geschaffen worden.
Es gebe keine Offenbarung von einem einzelnen Umformwerkzeug mit einer Mehrzahl von äußeren Umformrollen. Ein solcher Gegenstand sei jedoch vom Anspruch umfasst.
ii) Merkmale 1.6 und 1.7
Die Offenbarung des Merkmals 1.6 stütze sich laut angefochtener Entscheidung auf Seite 6, 1. Paragraf. Demnach erfolge die Zentrierung der Vorform durch den Mitnehmer am Hauptspindelkasten. Das Zentrierstück diene lediglich zur Zentrierung des Innenumformwerkzeugs, siehe hierzu Figur 5, zweite Abbildung von oben, jedoch nicht, wie beansprucht, zur Zentrierung des Werkstücks. Das Zentrierstück diene auch nicht als Aufnehmevorrichtung.
Der Begriff der Aufnehmervorrichtung werde nur auf Seite 3, Zeile 20 - 21 verwendet. Hier sei außerdem angegeben, dass die Aufnehmevorrichtung gleichzeitig als Zentriervorrichtung diene, welche auch die Vorform zentriere.
Die Andrückverlängerung wurde erstmals weiter unten in der Anmeldung auf Seite 8, Zeile 29 - 30 beschrieben und sei somit nicht in direkter Verbindung mit dem Zentrierstück offenbart. Damit gehe auch Merkmal 1.7 über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus.
iii) Merkmal 1.9
Das Merkmal 1.9 stelle eine unzulässige Verallgemeinerung gegenüber der ursprünglich eingereichten Anmeldung dar.
iv) Die gleiche Argumentation wie zu Anspruch 1 treffe auf Anspruch 8 zu.
Damit gehe der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 8 über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus.
b) Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (3) EPÜ
i) Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu im Hinblick auf D1. Die Merkmale 1.1 - 1.5 seien unstreitig aus D1 bekannt. Darüber hinaus nenne D1 in Paragraf [0111] ausdrücklich die Möglichkeit des Anordnens eines Reitstocks. Dieser Paragraf beziehe sich auf beide Ausführungsbeispiele der Figuren 59 und 61. Ein Reitstock habe eine Zentrierfunktion und erlaube damit ein axiales Einspannen des Werkstücks, siehe D2 bzw. D3. Der Reitstock weise ebenfalls eine gewisse axiale Länge auf und wäre somit als Andrückverlängerung zu bezeichnen. Damit seien alle Merkmale des Anspruchs 1 aus D1 bekannt.
ii) Die gleiche Argumentation treffe auf Anspruch 8 zu.
IX. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen Folgendes vor:
a) Artikel 100 c) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt gehe aus folgenden Gründen nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus:
i) Merkmal 1.3
Der ursprünglich eingereichte Anspruch 7 offenbare, dass die äußeren Umformwerkzeuge Umformrollen aufweisen. Damit sei klar ausgedrückt, dass die Umformrollen Bestandteile der äußeren Umformwerkzeuge seien. Damit sei sowohl ein Umformwerkzeug mit mehreren Umformrollen als auch mehrere Umformwerkzeuge mit Umformrollen offenbart.
ii) Merkmale 1.6 und 1.7
Die Aufnehmervorrichtung gehe aus Seite 3, Zeile 20 - 21 hervor, wonach sie gleichzeitig auch die Vorform zentriere. Seite 6, 1. Paragraf offenbare, dass die Vorform von einem Mitnehmer des Hauptspindelkastens gehalten (Figur 5, rechte Seite) und mit dem Zentrierstück 7 verspannt werde. Eine Spannvorrichtung 14 könne vorgesehen sein, die eine Andrückverlängerung (siehe Seite 8, Zeile 28 - 30) aufweise, die zentrisch zur Hauptachse geführt sei.
Aus Figur 5 gehe hervor, dass die Vorform zwischen Reitstock und Hauptspindelkasten verspannt werde. Nur in der zweiten Abbildung von oben sei gezeigt, wo das Zentrierstück in Kontakt mit dem Innenwerkzeug komme, ansonsten sei das Zentrierstück in Kontakt mit der Vorform bzw. dem Werkzeug. Damit sei eindeutig, dass das Zentrierstück 7 dazu diene, die Vorform zentriert und axial verspannt zu halten.
Damit seien die Merkmale 1.6 und 1.7 in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart.
iii) Merkmal 1.9
Anspruch 4 wie ursprünglich eingereicht offenbare, dass "die Außenkontur des Innenformwerkzeugs einen oder eine Mehrzahl zylindrische Absätze und/oder einen oder einer [sic] Mehrzahl konischer, konkaver und/oder konvexer Übergänge" aufweise. Damit seien alle mögliche axiale Außenkonturen abgedeckt, so dass keine unzulässige Verallgemeinerung vorliege.
b) Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (3)EPÜ
i) Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu im Hinblick auf D1.
Paragraf [0111] erwähne zwar einen Reitstock, offenbare aber nicht mit welchem Ausführungsbeispiel (Figur 59 oder 61) dieser in Verbindung stehe. Da das Ausführungsbeispiel von Figur 59 die Gesamtbaulänge verkürze, sei es nicht logisch, den Reitstock mit diesem Beispiel zu kombinieren, weil der Reitstock die Gesamtlänge verlängere.
Außerdem offenbare D1 nicht die Kombination eines Reitstock mit einer Andrückverlängerung wie vom Anspruch gefordert.
X. ii) Die gleiche Argumentation gelte entsprechend ebenfalls für Anspruch 8.
Entscheidungsgründe
1. Artikel 100 c) EPÜ
Anspruch 1 geht nicht über den Inhalt der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht hinaus.
1.1 Merkmal 1.3
Der ursprünglich eingereichte Anspruch 7 verlangt, dass "die Außenumformwerkzeuge (8) Umformrollen aufweist". Wegen des Gebrauchs der Mehrzahlform für das Substantiv und der Einzelform für das Verb ist diese Stelle grammatikalisch unklar. Für den Fachmann ist es jedoch technisch klar, dass Umformrollen ein Bestandteil des Außenumformwerkzeugs sind. Der Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 7 umfasst daher sowohl eine Umformrolle pro Werkzeug als auch mehrere Umformrollen pro Werkzeug. Damit ist das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Beispiel von zwei Rollen auf einem Werkzeug ebenfalls von dem Gegenstand der ursprünglich eingereichten Ansprüchen umfasst.
Darüber hinaus dürfen die Bezugszeichnen nicht zu einer einschränkenden Auslegung des Anspruchs herangezogen werden (Regel 43 (7), Satz 2, EPÜ). Daher ist es nicht relevant, dass die gleiche Bezugszeichnen für Werkzeuge und Umformrollen verwendet werden, weil Bezugszeichendie keinen Einfluss auf die Auslegung des Anspruchs haben.
Damit ist das Merkmal 1.3 in der Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 7 offenbart.
1.2 Merkmale 1.6 und 1.7
Die Merkmale 1.6 und 1.7 erfordern einen Reitstock mit einer als Zentrierstock ausgebildeten Aufnehmervorrichtung und einer Spannvorrichtung mit einer zentrisch zur Maschinenhauptachse geführten Andrückverlängerung, welche dazu ausgebildet sind, die Vorform zwischen dem Mitnehmer und dem Zentrierstück zentriert zu halten und axial zu verspannen. Laut Beschwerdeführerin seien diese Komponenten in den Ursprungsunterlagen nicht zusammen offenbart.
Die Aufnehmervorrichtung ist auf Seite 3, Zeile 20 - 21 der ursprünglich eingereichten Anmeldung erwähnt. Laut dieser Textpassage funktioniert die Aufnehmervorrichtung gleichzeitig als Zentriervorrichtung, welche die Vorform auch zentriert. Auf Seite 6, 1. Paragraf wird erklärt, dass die Vorform 3 von einem Mitnehmer des Hauptspindelkastens gehalten wird (siehe Figur 5, rechte Seite). Die Vorform wird auf der linken Seite verspannt. Damit wird die Funktion der Aufnehmervorrichtungdurch das Zusammenwirken des Zentrierstücks 7 mit dem Mitnehmer 11 offenbart.
Die Andrückverlängerung ist erstmals weiter unten auf Seite 8, letzter Absatz der ursprünglich eingereichten Anmeldung erwähnt. Da die Anmeldung jedoch nur ein Ausführungsbeispiel enthält, sind im vorliegenden Fall die einzelnen Merkmale auch in Kombination offenbart. Dies ist auch aus der Figur 5 ersichtlich, in der alle Merkmale in Kombination dargestellt sind.
Damit sind die Merkmale 1.6 und 1.7 in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart.
1.3 Merkmal 1.9
Die ursprünglich eingereichte Anmeldung offenbart in Anspruch 4, dass "die Außenkontur des Innenformwerkzeugs einen oder eine Mehrzahl zylindrische Absätze und/oder einen oder einer [sic] Mehrzahl konischer, konkaver und/oder konvexer Übergänge" aufweisen könnte.
Das Merkmal 1.9 beschreibt die Außenkontur mit einer verallgemeinerten Formulierung, wonach das Innenumformwerkzeug eine axial profilierte Außenkontur aufweist. Die im ursprünglich eingereichten Anspruch 4 beschriebenen Konturen decken jedoch alle denkbaren Profile ab, so dass es keinen Gegenstand gibt, der unter den Gegenstand des Merkmals 1.9 und nicht unter den Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 4 fallen würde. Damit liegt keine unzulässige Verallgemeinerung vor.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 geht damit nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus.
1.4 Aus den gleichen, wie oben zu Anspruch 1 genannten Gründen geht der Gegenstand des Anspruchs 8 nicht über den von der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus.
2. Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (3) EPÜ
2.1 D1 wurde nach dem Anmeldetag des Streitpatents veröffentlicht. Jedoch wurde diese europäische Patentanmeldung vor diesem Anmeldetag eingereicht. Damit gehört sie zum Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ.
D1 offenbart eine Vorrichtung zum Bearbeiten einer Vorform. Die Vorrichtung gemäß D1 weist unstreitig die Merkmale 1.1 - 1.5 des Anspruchs 1 auf.
Das Merkmal 1.6 erfordert einen Reitstock mit einer als Zentrierstock ausgebildeten Aufnehmervorrichtung und einer Spannvorrichtung mit einer zentrisch zur Maschinenhauptachse geführten Andrückverlängerung.
D1 erwähnt in Paragraf [0111] als eine weitere, nicht dargestellte Möglichkeit, "hinter dem Support 86 einen Reitstock oder eine Haltevorrichtung vorzusehen". Der Fachmann würde zwar, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, es als eine implizite Eigenschaft des Reitstocks betrachten, dass er eine Zentrierfunktion hat. Jedoch verlangt das Merkmal 1.6 zusätzlichzu einem Reitstock eine Spannvorrichtung mit einer zentrisch zur Maschinenhauptachse geführten Andrückverlängerung.
Im Übrigen kann es dahingestellt bleiben, ob Paragraf [0111] der D1 in Verbindung mit dem Ausführungsbeispiel nach Figur 59 oder mit dem nach Figur 61 offenbart ist, weil im Merkmal 1.6 zwei Elemente, nämlich die Aufnehmervorrichtung und die Spannvorrichtung mit Andrückverlängerung, definiert wurden. Der Anspruch 1 erfordert demnach beide Elemente. Der D1 ist jedoch nur der Reitstock zu entnehmen. Eine Andrückverlängerung ist dagegen in Paragraf [0111] der D1 nicht offenbart. Auch wenn, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, der Reitstock eine gewisse axiale Länge aufweist, stellt dies keine Andrückverlängerung im Sinne des Anspruchs dar, weil der Anspruch bei der Andrückverlängerung von einem vom Reitstock unabhängigen Element ausgeht.
Daher ist das Merkmal 1.6 nicht in der D1 offenbart. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist demnach neu gegenüber D1 (Artikel 54 (3) EPÜ).
2.2 Aus den gleichen Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 8 auch neu gegenüber D1.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.