T 3025/18 06-04-2022
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Verfahren zum Montieren einer Gebäudeeinführung
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Spät eingereichter Antrag - zugelassen (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentanmelderin betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit welcher die europäische Patentanmeldung Nr. 16 020 262.8 aufgrund mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen worden ist.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte nach Rücknahme ihrer weiteren Hilfsanträge abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage der Ansprüche in der ursprünglich eingereichten Fassung zu erteilen (Hauptantrag), hilfsweise ein Patent auf Grundlage eines der nachfolgenden Hilfsanträge in der angegebenen Reihenfolge zu erteilen: Hilfsantrag 1, Hilfsantrag 4, Hilfsantrag 5, jeweils eingereicht mit der Beschwerdebegründung; Hilfsantrag 7, eingereicht als "6. Hilfsantrag" mit der Beschwerdebegründung.
III. Die folgenden, im Verfahren vor der Prüfungsabteilung genannten Dokumente sind für die Entscheidung relevant:
D1 : EP 2 270 942 A2
D3 : DE 20 2014 005287 U1
D9 : BORNIT Germany: "BORNIT -EasyPipe - das sichere Rohr-Abdichtungssystem", youtube, 22. September 2014 (2014-09-22), Gefunden im Internet: URL: https://www.youtube.com/watch?v=h74bQryHisE am 2017-10-20 und zugehörige Screenshots.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Verfahren zum Montieren einer Gebäudeeinführung (3) in einer Durchlassöffnung (2) in einer Wand (1), bei welchem Verfahren zunächst
- die Gebäudeeinführung (3) in die Durchlassöffnung (2) gesetzt wird und
- ein radial zwischen einer Laibung (5) der Durchlassöffnung (2) und einem innerhalb der Durchlassöffnung (2) angeordneten Abschnitt (3a) der Gebäudeeinführung (3) angeordnetes Füllvolumen mit einer zunächst fließfähigen und dann härtenden Füllsubstanz (4) aufgefüllt wird;
und wobei dann, nach einem zumindest teilweisen Aushärten der Füllsubstanz (4)
- ein Dichtflansch (20) derart auf einem außerhalb der Durchlassöffnung (2) angeordneten Abschnitt (3b) der Gebäudeeinführung (3) positioniert wird, dass er an einer Seitenfläche (21) der Wand (1) anliegt;
- der Dichtflansch (20) durch Spannen einer Spanneinrichtung gegen die Seitenfläche (21) der Wand (1) gedrückt und in dieser Anordnung befestigt wird;
- die Spanneinrichtung nach dem Befestigen des Dichtflansches (20) wieder entfernt wird."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von jenem des Hauptantrags lediglich durch Nummerierung der Verfahrensschritte und Abfassung in der zweiteiligen Fassung.
V. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die folgenden Konkretisierungen:
- dass das Füllvolumen "vollständig" aufgefüllt wird;
- dass der Dichtflansch erst dann positioniert und angedrückt wird, "wenn die Füllsubstanz (4) die Gebäudeeinführung (3) in Position hält", und
- dass der Dichtflansch "in Umlaufrichtung unterbrechungsfrei durchgehend ausgebildet ist".
Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 unterscheidet sich von jenem des Hilfsantrags 4 lediglich durch Nummerierung der Verfahrensschritte und Abfassung in der zweiteiligen Fassung.
VI. In Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 wurde im Vergleich zum Hilfsantrag 4 zusätzlich spezifiziert, dass:
- der Dichtflansch "aus einem weichen Material mit einer Shore-Härte (D) von höchstens 60 Shore vorgesehen ist".
VII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Hauptantrag und Hilfsantrag 1
Die in D9 gezeigte Hand des Monteurs sei keine Spanneinrichtung im Sinne des Anspruchs 1 und der Anspruch sei folglich neu. Zudem würde der Fachmann keine Spanneinrichtung für die Montage nach D9 heranziehen. Die drehenden Bewegungen seien hierfür zu komplex. Außerdem sei ein statisches Andrücken bis zum Austrocknen nach D9 nicht erforderlich. Der großflächige Auftrag von Dichtmasse spreche ebenfalls gegen die Verwendung einer Spanneinrichtung. Die Spanneinrichtung nach Dokument D1 müsse vor dem Einfüllen von Vergussmasse befestigt werden und stütze sich auf der Gegenseite der Wand ab. Dies sei nach D9 nicht möglich.
Hilfsantrag 4 und 5
Ein unterbrechungsfrei durchgehender Dichtflansch ließe sich gemäß D9 nicht montieren, da Gebäudeeinführungen üblicherweise durchgehend ausgeführt würden. Die Gebäudeeinführung würde zudem durch Dichtmasse verschmutzt werden. Laut D9 seien die Durchmesser des Dichtflansches und der Gebäudeeinführung exakt aufeinander abgestimmt. Diese müssten für einen einstückigen Dichtflansch angepasst werden. D9 betreffe darüber hinaus nicht eine reale Montagesituation auf einer Baustelle.
Hilfsantrag 7
D9 sei von der Prüfungsabteilung erst mit dem Ladungszusatz eingeführt und es sei nur in einem Halbsatz dazu ausgeführt worden. Somit sei D9 verspätet eingeführt worden. Die Beschwerdeführerin habe darüber hinaus erst in der Entscheidung erfahren, dass die Prüfungsabteilung eine Spanneinrichtung in D9 als offenbart ansehe. Hierauf habe die Beschwerdeführerin in zulässiger Weise reagiert, indem sie im Beschwerdeverfahren einen auf das Material des Dichtflansches eingeschränkten Anspruchssatz eingereicht habe.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und ausreichend begründet. Folglich ist die Beschwerde zulässig.
2. Hauptantrag und Hilfsantrag 1
2.1 Der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 unterscheiden sich lediglich durch Nummerierung der Verfahrensschritte und Abfassung des unabhängigen Anspruchs 1 in der ein- bzw. zweiteiligen Fassung voneinander. Daher gilt die Auffassung der Kammer zum Hauptantrag für den Hilfsantrag 1 entsprechend.
2.2 Unstrittig unterscheidet sich das in dem Youtube-Video D9 gezeigte Verfahren vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 durch die Verwendung einer Spanneinrichtung.
Die Beschwerdeführerin bestreitet jedoch, dass der Fachmann ausgehend von der in D9 gezeigte Montage eine Spanneinrichtung in Betracht ziehen würde.
2.3 Zwar stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin zu, dass die Hand eines Monteurs nicht als Spanneinrichtung im Sinne des Anspruchs 1 auszulegen ist. Jedoch hält die Kammer die ebenfalls in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung für zutreffend, dass derartige Spanneinrichtungen der handwerklichen Praxis entsprechen und daher naheliegen.
Wie in der angefochtenen Entscheidung unter Punkt 15.2.1 angegeben, sind Spanneinrichtungen aus Bauholz oder Bolzen auf Baustellen üblich. Zudem zeigt unstrittig auch das Dokument D1 in Figur 1 eine Spanneinrichtung. Die Tatsache, dass, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, die Spanneinrichtung nach D1 bereits vor dem Einfüllen der Füllsubstanz angebracht werde und sich auf der Gegenseite der Wand abstütze, ändert die Sachlage nicht, da der Wortlaut des Anspruchs 1 weder eine Einschränkung enthält, dass die Spanneinrichtung nicht mit jener zum Einfüllen der Füllsubstanz identisch sein kann, noch eine Einschränkung dahingehend, wo die Spanneinrichtung befestigt ist.
2.4 Ebenso wenig hält die Kammer die Argumente der Beschwerdeführerin für überzeugend, dass die in D9 gezeigte Montage mit drehenden Bewegungen für eine Spannvorrichtung ungeeignet sei und laut D9 ein statisches Andrücken bis zum Austrocknen nicht erforderlich sei. Anspruch 1 ist weder hinsichtlich der Art der Spanneinrichtung noch hinsichtlich der Zeitdauer des Andrückens bzw. Spannens irgendwie eingeschränkt. Somit hindern die in diesem Zusammenhang in D9 offenbarten und über den Wortlaut des Anspruchs 1 hinausgehenden Merkmale nicht eine Anwendung von Maßnahmen handwerklicher Praxis auf die aus D9 bekannten Merkmale des Anspruchs 1.
2.5 Auch die Tatsache, dass nach D9 Dichtmasse in dicken Schichten aufgetragen wird und folglich keine Spanneinrichtung erforderlich sei, gibt keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung, da der Anspruch 1 auch hinsichtlich der Art der Abdichtung keinerlei Einschränkungen enthält. Somit fallen sämtliche bekannten Abdichtungsarten unter den Anspruchswortlaut. Auch die Abdichtung nach D9 erfolgt durch jedenfalls kurzzeitiges Andrücken bzw. Spannen gegen die Seitenfläche der Wand. Der Fachmann erkennt dabei in fachüblicher Weise, ob eine Spannvorrichtung eine Verbesserung der Montage erlaubt und wendet diese nach Belieben an.
2.6 Die Tatsache, dass auf der Baustelle nicht der Fachmann, sondern ein Facharbeiter beschäftigt ist, hindert die Schlussfolgerung der Kammer entgegen den Argumenten der Beschwerdeführerin nicht. Einerseits kommt auch der Facharbeiter als Fachmann für den Gegenstand des Anspruchs 1 in Frage. Andererseits kennt nicht nur der Facharbeiter, sondern auch der Fachmann im vorliegenden Fall die technischen Rahmenbedingungen, die sich bei der Anwendung der beanspruchten technischen Lösung in der Praxis ergeben können.
2.7 Die Kammer ist folglich zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt.
3. Hilfsanträge 4 und 5
3.1 Die Hilfsanträge 4 und 5 unterscheiden sich lediglich durch Nummerierung der Verfahrensschritte und Abfassung des unabhängigen Anspruchs 1 in der ein- bzw. zweiteiligen Fassung voneinander. Daher gilt die Auffassung der Kammer zum Hilfsantrag 4 für den Hilfsantrag 5 entsprechend.
3.2 Der Gegenstand der Hilfsanträge 4 und 5 ist gegenüber dem Hauptantrag bzw. dem Hilfsantrag 1 unter anderem weiter dadurch konkretisiert, dass das Füllvolumen vollständig aufgefüllt wird und dass nach dem zumindest teilweisen Aushärten die Füllsubstanz die Gebäudeeinführung in Position hält.
Diese beiden Unterschiede sind jedoch nach Auffassung der Kammer bereits aus D9 bekannt, sodass sie sich im Vergleich zum Hauptantrag und zum Hilfsantrag 1 nicht auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D9 auswirken.
3.3 Zusätzlich unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 4 und 5 noch dadurch von jenem des Hauptantrags bzw. des Hilfsantrags 1, dass der Dichtflansch in Umlaufrichtung unterbrechungsfrei durchgehend ausgebildet ist.
Wie bereits in der angefochtenen Entscheidung angegeben und von der Kammer in ihrer Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK angemerkt, zählen unterbrechungsfrei durchgängige Dichtflansche einerseits zum allgemeinen Fachwissen und sind andererseits, wie bereits in der angefochtenen Entscheidung argumentiert, aus dem Dokument D1 oder D3 bekannt. Die Kammer hat daher keine Zweifel, dass der Fachmann durchgängige Dichtflansche zur Lösung der ebenfalls bereits in der angefochtenen Entscheidung angegebenen objektiven Aufgabe, die Abdichtung des Dichtflansches zu verbessern, heranziehen würde. Da der Wortlaut des Anspruchs 1 den Dichtflansch abgesehen davon, dass er in Umlaufrichtung unterbrechungsfrei durchgehend ausgebildet ist, nicht weiter definiert, kann sich für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auch keinerlei erkennbare Einschränkung hinsichtlich der Ausgestaltung des Dichtflansches ergeben. Ein beliebiger durchgehender Dichtflansch, wie er aus dem allgemeinen Fachwissen, D1 oder D3 bekannt ist, fällt somit unter den Anspruchswortlaut.
3.4 Eine Synergie zwischen den beiden Unterscheidungsmerkmalen Spanneinrichtung und unterbrechungsfrei durchgängiger Dichtflansch ist weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
3.5 Auch die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Hinderungsgründe, warum der Fachmann ausgehend von D9 keinen durchgehend unterbrechungsfreien Dichtflansch verwenden würde, überzeugen die Kammer nicht. Vielmehr ist nur die für den Fachmann triviale Modifikation durchzuführen, den Klebstoff nicht so aufzubringen, dass das Rohr bei der Montage verschmutzt wird. Die Kammer ist der Auffassung, dass ein Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens unmittelbar erkennen würde, dass ein Klebstoffauftrag auf der Innenseite des Dichtflansches vor dessen Anordnung auf der Gebäudeeinführung zu einer Verschmutzung führen würde. Spätestens nach dem ersten Fehlversuch stünde für den Fachmann fest, dass er den Klebstoff anders aufbringen muss. Folglich würde der Fachmann den Klebstoff beispielsweise nur auf die Gebäudeeinführung und/oder auf die Seitenfläche der Wand aufbringen.
3.6 Die Beschwerdeführerin argumentierte ferner, dass sich ein einteiliger Dichtflansch auf einer einstückigen durchgängigen Gebäudeeinführung überhaupt nicht montieren ließe. Dies wäre nach Auffassung der Kammer jedoch bei dem anspruchgemäßen Dichtflansch dann ebenfalls der Fall, so dass auch dieses Argument die Kammer nicht zu überzeugen vermochte.
3.7 Die Kammer ist ebenso wenig davon überzeugt, dass der Fachmann die Durchmesser von Gebäudeeinführung und Dichtflansch verändern müsste, wenn ein einteiliger Dichtflansch verwendet würde, um die von der Beschwerdeführerin behauptete exakte Zuordnung der Durchmesser des Dichtflansches und der Gebäudeeinführung zu erreichen. In Minute 5:25 offenbart das Youtube-Video D9, dass unterschiedliche Größen von Dichtflanschen jeweils für breite Bereiche von Durchmessern von Gebäudeeinführungen geeignet sind. Somit besteht die von der Beschwerdeführerin behauptete exakte Zuordnung der Durchmesser des Dichtflansches und der Gebäudeeinführung für den Dichtflansch gemäß D9 nicht und das entsprechende Argument greift nicht durch.
3.8 Die Tatsache, dass in D9 eine versuchsartige Montage und nicht eine reale Montage auf einer Baustelle dargestellt ist, spielt nach Auffassung der Kammer ebenso wenig eine Rolle bei der Frage, ob der Fachmann den Dichtflansch nach D9 durch einen einteiligen Dichtflansch ersetzen würde. Zum Einen ist der Anspruch 1 nicht auf eine "reale Montage" eingeschränkt. Zum Anderen kann die Kammer nicht erkennen, inwieweit die in D9 dargestellte Wand und die Gebäudeeinführung sich im Bezug auf das beanspruchte Verfahren von einer "realen Montage" unterscheiden sollte. D9 zeigt eindeutig eine Gebäudeeinführung in einer Wand, wie sie auch auf jeder normalen Baustelle vorkommen könnte. Die Wand hat eine Seitenfläche, die sich nicht von einer Seitenfläche einer "realen" Wand auf einer Baustelle unterscheidet. Die Gebäudeeinführung gemäß D9 ist ein handelsübliches KG-Rohr. Die Tatsache, dass aus D9 nicht ersichtlich ist, was sich hinter der Wand befindet, ist unerheblich, denn die Rückseite der Wand ist im Wortlaut des Anspruchs 1 nicht spezifiziert.
3.9 Im Übrigen ist auch die Art der Abdichtung im Anspruch 1 nicht weiter definiert. Anspruch 1 verlangt lediglich, dass ein Dichtflansch auf einem Abschnitt der Gebäudeeinführung positioniert wird und in einer gegen die Seitenfläche der Wand gedrückten Position befestigt wird. Die hierdurch vermeintlich erreichte Abdichtung ist im Anspruch nicht erwähnt. Somit fällt jede dem Fachmann zur Verfügung stehende Abdichtungsart unter den Anspruchswortlaut, egal ob durch Druck und O-Ring oder Dichtlippe oder mittels eines Klebers.
Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass keine Gründe erkennbar sind, die den Fachmann davon abgehalten hätten, den Dichtflansch gemäß D9 durch einen einteiligen Dichtflansch zu ersetzen.
3.10 Daher ist das zusätzliche Unterscheidungsmerkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 und 5 für den Fachmann aus dem allgemeinen Fachwissen oder Dokument D1 oder D3 nahegelegt.
Die Kammer ist folglich zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 und 5 die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt.
4. Hilfsantrag 7 - Artikel 12 (4) VOBK 2007
4.1 Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 wird, im Unterschied zu jenem des Hilfsantrags 4 und 5, das Material des Dichtflansches spezifiziert, wonach der Dichtflansch aus einem weichen Material mit einer Shore-Härte von höchstens 60 Shore vorgesehen ist. Dieses Merkmal wird damit erstmalig seit der Einreichung der Anmeldung beansprucht.
4.2 Aus Sicht der Kammer hätte die mit Hilfsantrag 7 eingeführte Änderung bereits während des Verfahrens vor der Prüfungsabteilung vorgenommen werden können und sollen, insbesondere, weil die Prüfungsabteilung frühzeitig auf Probleme der Patentierbarkeit im Hinblick auf die Dokumente D2 und D9 hingewiesen hat.
4.3 Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Prüfungsabteilung hätte D9 erst im letztmöglichen Zeitpunkt, nämlich mit dem Ladungszusatz zur mündlichen Verhandlung eingeführt und nur vage in einem Halbsatz gewürdigt, sodass die Einreichung des Hilfsantrags 7 erst mit der Beschwerdebegründung zulässig sei, überzeugt die Kammer nicht.
4.4 Der Ladungszusatz wurde der Beschwerdeführerin mehr als 4 Monate vor der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung zugestellt. Gemäß Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung, Punkt 3.3, ist Dokument D9 während der mündlichen Verhandlung auch hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 4 und 5 diskutiert worden. Hierauf wäre theoretisch eine Reaktion der Beschwerdeführerin mit geändertem Vorbringen während der mündlichen Verhandlung möglich gewesen. Die Beschwerdeführerin hatte sich jedoch dazu entschieden, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen, da laut ihrer Eingabe vom 11. Mai 2018 "die Wahrnehmung einer mündlichen Verhandlung in Den Haag für eine in Süddeutschland ansäßige [sic] Anmelderin auch nicht unerheblichen Reiseaufwand bedeutet". Hiermit hat die Beschwerdeführerin augenscheinlich von sich aus auf die Möglichkeit verzichtet, während der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung mit geänderten Anträgen auf erhobene Einwände reagieren zu können.
4.5 Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass Artikel 12 (4) VOBK 2007 (anwendbar gemäß Artikel 25(2) VOBK 2020) im vorliegenden Fall eine Änderung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren ausschließt. Eine freiwillige Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung vor der ersten Instanz kann die Änderung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren nicht rechtfertigen.
Die Kammer hat ihr Ermessen unter Artikel 12 (4) VOBK 2007 daher dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag 7 vom Verfahren auszuschließen.
5. Schlussfolgerung
Da kein gewährbarer Antrag der Beschwerdeführerin vorliegt, kann die Kammer der Beschwerde nicht stattgeben.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.