T 0820/20 25-01-2023
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Turm für eine Windenergieanlage
Ørsted Wind Power A/S
Rambøll Danmark A/S
Änderungen - zulässig (ja)
Neuheit - Hilfsantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Änderung des Vorbringens - Gründe warum Änderung im Beschwerdeverfahren erfolgt (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden 3 richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 574 711 in geändertem Umfang nach Artikel 101 (3) (a) und 106 (2) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Die Einspruchsabteilung hatte unter anderem entschieden, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:
H02 FR 901689 A
H05 BE 451404
H08 Kynast, M. et al., "BeverWIND: Rettung eines
Windrades", Windbrief Westfalen, Vol. 31
H10 US 4,403,916
H11 Mitzlaff, A. et al. , "Gründungsstrukturen
für Offshore-Windenergieanlagen", HANSA
H11* Mitzlaff, A. et al., "Gründungsstrukturen
für Offshore-Windenergieanlagen",
HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Hafen,
139. Jahrgang 2002, Nummer 11,
Seiten 63-66, 68-70
H12 DE 297 10 502 U1
H15 US 6,470,645 B1
H19 CH 233 255
H27 DNV-OS-J101, Draft February 2014
H27a Statement Hans Jorgen Rieber, LIC Engineering
H28 Quast, P.: "Gründungen für Offshore-
Windenergieanlagen", EFUC-Konferenz 2003
H29 WO 02/38890 A1
H36 DE 201 09 981 U1
H38 Gash, R. et al., "Wind power plants",
Solarpraxis AG
H40 DE 101 11 280
D7 GB 2 267 525 A
D9 US 3.638,436
III. Die Einsprechende 1 hat ihren Einspruch am 28. Januar 2020 zurückgenommen. Sie ist darum nicht mehr am Verfahren beteiligt.
IV. Mit einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 25. Januar 2023 in Anwesenheit der Patentinhaberin statt. Die Beschwerdeführerin Einsprechende 3 und die Verfahrensbeteiligte Einsprechende 2 hatten mit Schreiben vom 29. November 2022 bzw. 16. Januar 2023 mitgeteilt, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werden.
V. Die Beschwerdeführerin Einsprechende 3 beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
VI. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Aufrechterhaltung des Europäischen Patents auf Grundlage des mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 eingereichten Hilfsantrags 2, der mit dem von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Hilfsantrag 2 identisch ist, hilfsweise Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der Hilfsanträge 2a, 3-10 oder 0* - 2*, 2a*, 3* - 10*, alle eingereicht mit Schreiben vom 27. Oktober 2020. Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hatte sie ihre eigene Beschwerde zurückgenommen.
VII. Die Einsprechende 2 hat als Verfahrensbeteiligte weder Anträge gestellt noch zur Sache vorgetragen.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 des einzigen Hilfsantrags 2 (aufrecht erhaltene Fassung) hat den folgenden Wortlaut:
"Turm (40) für eine große Windenergieanlage mit einer Turmhöhe von mehr als 80 m und einer Leistung von über 1,5 MW, die eine auf dem Turm (40) angeordnete Maschinengondel (30) umfasst, wobei die Maschinengondel neben der Rotorlagerung einen Generator, ggf. ein Getriebe, ein Windnachführsystem, verschiedene elektrische Komponenten und weitere Hilfssysteme enthält, und einen an der Maschinengondel um eine im wesentlichen horizontale Achse drehbar gelagerten Rotor (20) mit mehr als 70 m Rotordurchmesser umfasst, der mindestens ein Rotorblatt (22) aufweist, mit einem oberen, rohrförmig ausgebildeten Turmabschnitt (46), der in einem Übergangsbereich mit einem unteren, als Gitterturm (42) ausgebildeten Turmabschnitt (41), verbunden ist, wobei der Gitterturm (42) mindestens drei Eckstiele (43), eine Vielzahl von Diagonalstreben und mehrere übereinander angeordnete Schüsse aufweist, wobei ein Schuss jeweils die Eckstiele (43) und mindestens eine, diagonal zwischen den Eckstielen verlaufende Verstrebung (44) umfasst, wobei der obere Turmabschnitt (46) mindestens ein Sechstel des gesamten Turms bildet, der Querschnitt des unteren Turm-abschnitts (41) unterhalb des Übergangsbereich größer ist als der Querschnitt des oberen Turmabschnitts (46), und wobei der Übergangsbereich so ausgebildet ist, dass eine kraftflußoptimierte Anpassung des Querschnitts des unteren Turmabschnitts an den Querschnitt des oberen Turmabschnitts erfolgt, wobei diese kraftflußoptimierte Anpassung entweder durch eine kontinuierliche Geometrieveränderung einen weichen geometrischen Übergang zwischen den unterschiedlichen Querschnitts-formen des oberen und unteren Turmabschnitts schafft und somit Spannungsspitzen im Übergangsbereich vermeidet, und/ oder vorhandene Spannungsspitzen im Übergangsbereich durch geeignete Rippen und/oder Streben in die Anschlusskonstruktion ableitet, wobei die vertikale Erstreckung des Übergangsbereichs mindestens die Hälfte des Durchmessers des oberen Turmabschnitts im Übergangsbereich oder unmittelbar daran angrenzend beträgt, wobei der Übergangsbereich unterhalb der horizontalen Ebene (25) angeordnet ist, die im montierten Zustand von der Blattspitze (23) bei senkrecht nach unten stehendem Rotorblatt (22) definiert wird, wobei der Übergangsbereich von einem Übergangsstück (50) gebildet wird, das einen unteren Bereich (70) aufweist, der mit dem unteren Turmabschnitt (41) verbindbar ist und einen oberen Bereich (60), der mit dem oberen Turmabschnitt (46) verbindbar ist."
IX. Die Beschwerdeführerin Einsprechende 3 hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sei nicht neu gegenüber der Offenbarung jedes der Dokumente H11*, H27 und H38. Außerdem beruhe er nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber einer Kombination jedes der Dokumente H11*, H27 oder H38 mit dem Fachwissen, oder mit einem der Dokumente H2, H5, H8, H10, H12, H15, H19, H28, H29, H36, H40, H41, H45, D7 oder D9.
X. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft einen Hybrid-Turm für eine große Windenergieanlage mit einer Turmhöhe von mehr als 80 m, einem Rotordurchmesser von mehr als 70 m und einer Leistung von über 1,5 MW. Dieser Turm besitzt einen oberen, rohrförmig ausgebildeten Turmabschnitt (46), der in einem Übergangsbereich mit einem unteren, als Gitterturm (42) ausgebildeten Turmabschnitt (41), verbunden ist, siehe die Figur 2 der Patentschrift. Durch den Übergangsbereich wird eine Verbindung zwischen dem als Schalenbauwerk ausgeführten oberen Rohrabschnitt und dem als Fachwerkkonstruktion ausgeführten unteren Gitterabschnitt des Turms hergestellt. Dabei wird der Übergangsbereich von einem Übergangsstück (50) gebildet, dessen unterer Bereich (70) mit dem unteren Turmabschnitt (41), und dessen oberer Bereich (60) mit dem oberen Turmabschnitt (46) verbindbar ist. Auf diese Weise wird die Transportier-barkeit des Übergangsstücks ermöglicht, siehe die Absätze 0023 und 0024 der Patentschrift.
3. Zulassung des Dokuments H11*, Zulassung mancher Argumentationslinien gegen die erfinderische Tätigkeit
3.1 Die Beschwerdeführerin Einsprechende 3 bestreitet die Zulassung des von der Patentinhaberin mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 vorgelegten Dokuments H11* zum Beschwerdeverfahren, da es der Einspruchsabteilung verfahrensmissbräuchlich erst am Tage der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgelegt worden sei.
3.2 Die Kammer hat bereits in ihrer Mitteilung, Abschnitt 3.2, die Auffassung vertreten, dass das Dokument H11* zuzulassen seien. Die Kammer hat dazu die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"...Hll* wurde während der mündlichen Verhandlung zugelassen und von der Abteilung dann in der Entscheidung gegen den Hauptantrag und den
Hilfsantrag 1 verwendet. Die Kammer sieht keine Rechtsgrundlage dafür, dieses Beweismittel, das der angegriffenen Entscheidung im Sinne von Art. 12(2) VOBK 2020 zugrunde liegt, rückwirkend nicht zuzulassen. Sie fügt hinzu, dass sie auch keinen Rechtsfehler in der Ermessensausübung der Abteilung festzustellen vermag, da diese ihr Ermessen nicht willkürlich und, indem sie die Parteien hierzu gehört hat, verfahrensgerecht ausgeübt zu haben scheint, siehe die Diskussion auf den Seiten 2 und 3 der Niederschrift."
Die Einsprechende 3 hat zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen. Somit entschied die Kammer, das Dokument H11* in das Verfahren zuzulassen, Artikel 12(4) VOBK.
3.3 Die von den Dokumenten Hll* (oder H38) ausgehenden Argumentationslinien gegen die erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 in Kombination mit einem der Dokumente H02, H05, HOB, Hl0, H12, H15, H19, H28, H29, H40, H41, H45, D7 und D9 wurden zum ersten Mal mit der Beschwerdebegründung der Einsprechenden 3 vorgelegt.
3.4 Die Kammer hat bereits in ihrer Mitteilung, Abschnitt 4.6, die Auffassung vertreten, dass die Zulassung dieser Argumentationslinien im Ermessen der Kammer steht. Die Kammer hat dazu die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"4.6 Eine Kombination von Hll* (oder H38) mit einem der weiteren Dokumente H02, H05, HOB, Hl0, H12, H15, H19, H28, H29, H40, H41, H45, D7 und D9 wurde nicht in der angefochtenen Entscheidung behandelt. Daher scheinen diese Einwände Änderungen darzustellen, deren Zulassung im Ermessen der Kammer steht, Artikel 12(4) VOBK 2020. Die Zulassung dieser Argumentationslinien wäre daher zu
diskutieren."
Die Einsprechende 3 hat zu dieser Feststellung nicht weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen muss die Kammer nachfolgend die Zulassung dieser Argumentationslinien diskutieren und anschließend entscheiden.
3.5 Nach Artikel 12(4) VOBK hat der Beteiligte zu begründen, warum die Änderung im Beschwerdeverfahren erfolgt. Die Kammer fügt hinzu, dass sie gemäß Artikel 12 (6) RdBK 2020 Einwände nicht zulässt, die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, vorzubringen gewesen wären, es sei denn, die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.
Die Beschwerdebegründung der Einsprechenden 3 enthält keine Argumentation zur Zulassung dieser Änderungen, siehe den vierten Absatz auf Seite 17, wo lediglich Fundstellen für Übergangsstücke in den Kombinations-dokumenten genannt werden. Insbesondere hat sie nicht begründet, warum diese Änderungen erst jetzt im Beschwerdeverfahren erfolgen. Zudem ist die Kammer der festen Überzeugung, dass die Beschwerdeführerin Einsprechende 3 diese Argumentationslinien während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hätte vorbringen sollen, da die Kombinationsdokumente H02, H05, HOB, Hl0, H12, H15, H19, H28, H29, H40, H41, H45, D7 und D9 von ihr eingereicht worden waren bzw. ihr bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt waren, Artikel 12(6) RdBK 2020.
3.6 Somit entschied die Kammer, die von den Dokumenten Hll* (oder H38) ausgehenden Argumentationslinien gegen die erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 in Kombination mit einem der Dokumente H02, H05, HOB, Hl0, H12, H15, H19, H28, H29, H40, H41, H45, D7 und D9 nicht in das Verfahren zuzulassen, Artikel 12(4) und (6) VOBK.
4. Zugehörigkeit der Dokumente H11, H27, H27a zum Stand der Technik
Die Kammer hat bereits in ihrer Mitteilung, Abschnitt 3.7, die Auffassung vertreten, dass die Dokumente H11, H27 und H27a nicht zum Stand der Technik gehören. Die Kammer hat dazu die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"- In Hll scheint die Angabe "Sonderdruck aus HANSA 11/2002" lediglich die Herkunft des Dokuments, nicht aber sein Veröffentlichungsdatum anzugeben, und ein solches Datum wurde von der Beschwerdeführerin Einsprechende 3 nicht belegt (Seite 16 der Beschwerdebegründung).
- Das Dokument H27 ist unbestritten auf Februar 2004, also nach dem Prioritätsdatum datiert (siehe Seite 12 der Beschwerdebegründung der Einsprechenden 3), so dass es ungeachtet seiner von der Patentinhaberin bestrittenen öffentlichen Zugänglichkeit nicht zum Stand der Technik gehören würde.
- Die in der Erklärung H27a enthaltene Zeichnung soll zur Vorbereitung des Standards H27 gedient haben. Vorbereitende Dokumente können zwar prinzipiell zum Stand der Technik gehören. Es wurde jedoch nicht vorgetragen, dass die Zeichnung mit einem Begleittext an DNV versandt wurde. Daher fragt sich die Kammer, welche technische Lehre bezüglich eines Übergangsbereichs oder Übergangsstücks insbesondere dem Zeichnungsteil "CONCEPT 2" und dem Anwendungsbereich dieses Konzepts ohne einen solchen Begleittext unmittelbar und eindeutig zu entnehmen war."
Die Einsprechende 3 hat zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen. Somit entschied die Kammer, dass die Dokumente H11, H27 und H27a nicht zum Stand der Technik gehören.
5. Änderungen, Neuheit, erfinderische Tätigkeit
Die Kammer hat bereits in ihrer Mitteilung, Abschnitte 4.1 bis 4.5, die Auffassung vertreten, dass die Änderungen in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 zulässig seien, und dass der Gegenstand dieses Anspruchs neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Die Kammer hat dazu die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"4.1 Die zusätzlichen Merkmale in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 waren in Anspruch 4 der ursprünglich eingereichten Stammanmeldung bzw. in Anspruch 2 der ursprünglich eingereichten Teilanmeldung enthalten. Diese Ansprüche waren jeweils von Anspruch 1 abhängig, so dass die Änderungen in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 aus den in Absatz 2.1 dieses Bescheids genannten Gründen zulässig zu sein scheinen.
4.2 Die Neuheit von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurde gegenüber jedem der Dokumente Hll, Hll*, H27 und H38 angegriffen. Aus den oben genannten Gründen scheinen nur Hll* und H38 zum Stand der Technik zu gehören. Keines dieser beiden Dokumente offenbart nach Auffassung der Kammer ein separates Übergangsstück für den Übergangsbereich, dessen vertikale Erstreckung mindestens die Hälfte des Durchmessers des oberen Turmabschnitts im Übergangsbereich oder unmittelbar daran angrenzend beträgt:
Die Sichtweise der Beschwerdeführerin-Einsprechende 3, wonach das Übergangsstück mit dem oberen Rohrturm überlappen könne, scheint im Widerspruch zum Merkmal "Übergangsstück das einen oberen Bereich [aufweist], der mit dem oberen Turmabschnitt verbindbar ist" zu stehen, da das Merkmal zwischen Übergangsstück und Turm unterscheidet. Nach Ansicht der Kammer fordert der Anspruch somit, dass das Übergangsstück ein gegenüber dem Rohrturm- und Gitterturmabschnitt separates Bauteil ist. Sowohl in der Abbildung 2 der Hll* als auch in der Abbildung 13.9 der H38 ist ein Übergangsbereich erkennbar; wie dieser genau ausgestaltet ist, ob in Form einer Platte am oberen Ende des Gitterturms, wie die Abteilung gemeint hat, ist dem Dokument nach Ansicht der Kammer nicht eindeutig entnehmbar. Nach dem ersten Absatz des Abschnitts 3 werden Turm und Gründungsstruktur über einen Flansch verbunden. Die Dicke dieses Übergangbereichs wird auch nicht in den beiden Dokumenten genannt. Nach ständiger Rechtsprechung gehören Abmessungen, die sich aus einer Schemazeichnung nur durch Nachmessen ergeben, nicht zum Offenbarungsgehalt eines Dokuments, siehe RdBK, 9. Auflage 2019, I.C.4.6. Gleiches gilt für die horizontale gitterartige Plattform des "lattice tower" oben rechts in der schematischen Abbildung 13.9 der H38, ungeachtet der Frage, ob es sich um einen Zaun auf einer (dünneren) Plattform handelt.
4.3 Das Streitpatent nennt keine Wirkung der Ausgestaltung des Übergangsbereichs mit einem separaten Bauteil in Form eines Übergangsstücks. Da weder aus Hll* noch aus H38 hervorgeht, wie der Übergangsbereich realisiert ist, sieht die Kammer die objektive technische Aufgabe darin, einen Übergangsbereich zwischen Rohr- und Gitterturm einer Jacket-Anlage nach Hll* oder H38 zu realisieren.
4.4 Wenn die beanspruchte Dicke wohl das Ergebnis von fachüblichen material- und bautechnischen Überlegungen und Berechnungen ist, vergleiche Absatz 0010 der Patentschrift, fragt sich die Kammer, ob der von Hll* (oder von H38) ausgehende Fachmann auf naheliegende Weise zu einem separaten Bauteil als Übergangsbereich gelangen würde.
4.5 Im Hinblick auf die in der angefochtenen Entscheidung behandelte Kombination von Hll* (oder H38) und H36 stellt die H36 eine Abkehr von einem unter Wasser angeordneten Fachwerk/Gitterturm dar, siehe den ersten Absatz auf Seite 2 des Dokuments. Die dort gelehrte Verbindung zwischen Stützgerüst 14 und Turm 12 verläuft über einen Flansch des Zentralrohrs 16 des Gerüsts. Auch wenn der Fachmann die Lehren kombinieren würde, gelangt er somit nicht zum Erfindungsgegenstand."
Die Einsprechende 3 hat zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen. Folglich sind die Änderungen in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 zulässig, so dass der Hilfsantrag 2 den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügt. Außerdem ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem angezogenen Stand der Technik, Artikel 54 und 56 EPÜ.
6. Die Kammer bestätigt aus den obengenannten Gründen die Befunde der angegriffenen Entscheidung zur Zulässigkeit der Änderungen, zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit für den Hilfsantrag 2. Die Beschwerde bleibt somit ohne Erfolg.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde der Einsprechenden 3 wird zurückgewiesen.