T 0163/83 25-04-1985
Download and more information:
Leimungsmittel für Papier und mit demselben geleimtes Papier
Älteres Recht
Erfinderische Tätigkeit
prior right
inventive step
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung 79 103 153.7, die am 27. August 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität aus den deutschen Voranmeldungen vom 1. September 1978 und 30. Dezember 1978 angemeldet worden ist, ist am 4. November 1981 das europäische Patent 8761 mit fünf Patentansprüchen erteilt worden. Anspruch 1 lautet:
"1. Papierleimungsmittel, bestehend aus einer wäßrigen Zubereitung von mit 0,5-1 Äquivalent Epichlorhydrin (bezogen auf Aminogruppen im basischen Amid) quaternierten dibasischen Fettsäureamiden von Fettsäuren mit Schmelzpunkten über 30°C und Aminen der allgemeinen Formel H2N-R-(NH-R')n-NH2 und/oder deren technischen Gemischen, wobei R und R' gleich oder verschieden sind und einen Alkylenrest mit 2 oder 3 C-Atomen bedeuten und n einen Wert von 1-6 hat, und die technischen Amine in Mengen von bis zu 80 Gew.-% Begleitstoffe enthalten können, die im wesentlichen aus cyclischen und/oder verzweigten Aminen bestehen, die etwa den gleichen technischen Siedebereich besitzen, dadurch gekennzeichnet, daß die Papierleimungsmittel 0,05 bis 1 Gew.-% (bezogen auf Feststoff) eines Elektrolyten enthalten und die Quaternierung in Gegenwart von Wasser durchgeführt wird".
II. Gegen die Erteilung des europäischen Patents hat die Einsprechende am 24. Juni 1982 Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit beantragt. Die Begründung wurde zum Teil auf neu genannten Stand der Technik gestützt.
III. Durch Entscheidung vom 28. Juli 1983 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, daß die kennzeichnende Anwesenheit von Wasser bei der Quaternierung sich nicht aus dem nächstliegenden Stand der Technik ergibt. Die Tatsache, daß die Lehre des Streitpatents zu überlegenen Werten in der Wasseraufnahme und bei der Tintenschwimmprobe führte, wurde als wesentliches Indiz für das Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit angesehen. Das Naheliegen der anderen kennzeichnenden Maßnahme, nämlich des Gehalts von 0.05 bis 1 Gew.-% eines Elektrolytes, lasse sich nicht damit begründen, daß bei der Quaternierung ohnehin Salzsäure frei würde, da nicht glaubhaft gemacht worden sei, daß die frei werdende Salzsäure in diesen beanspruchten Bereich fällt.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende am 22. September 1983 unter gleichzeitigen Entrichtung der vorgesehenen Gebühr Beschwerde erhoben und diese am 25. November 1983 begründet. Die Kammer hat in einer Mitteilung darauf hingewiesen, daß der möglicherweise überraschende Charakter des Quaternierungsverfahrens das hiermit erreichte Ergebnis, nähmlich das beanspruchte Mittel selbst, nicht notwendigerweise erfinderisch macht. Daraufhin legte die Beschwerdegegenerin die Ergebnisse von weiteren Vergleichsversuchen vor. Die Beschwerdeführerin hat zuletzt neuheitsschädliche Vorwegnahme des Streitpatents durch EP-5201 (2) geltend gemacht. Eine mündliche Verhandlung fand am 25. April 1985 statt.
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich etwa wie folgt zusammenfassen:
(a) Der Vorschlag nach der älteren europäischen Anmeldung (2), wonach durch Quaternierung eines Amids mit Epichlorhydrin in Gegenwart von Wasser ein Papierleimungsmittel erhalten werde, das mit Leitungswasser, also mit elektrolythaltigem Wasser, zum Einsatz gelangt, (s. Beispiel 20) stelle die Neuheit des Streitgegenstandes in Frage.
(b) In der DE-B- 1 012 165 (1) seien Leimungsmittel beschrieben, die aus Polyalkylenpolyaminen, Fettsäuren und Epichlorhydrin erhalten wurden. Hierbei handele es sich um Produkte der Art, die auch die Patentinhaberin als Leimungsmittel empfiehlt. Die Lehre dieses Dokumentes sei keineswegs auf die Durchführung der Reaktion in Lösung unter Einsatz polarer Lösungsmittel beschränkt. Die Ausgangsstoffe für die Quaternierung könnten auch in dispergierter Form eingesetzt werden. Ein Vorurteil gegen die Quaternierung in Gegenwart von Wasser sei der Entgegenhaltung nicht zu entnehmen. Vielmehr habe es nahegelegen, die Reaktion in dem Milieu durchzuführen, in dem die erhaltenen Substanzen später angewendet werden sollen.
(c) Der chemische Aufbau der Kondensationsprodukte gemäß der Entgegenhaltung (1) stimme mit dem der Polymeren des Streitpatents überein. Es sei nicht zu erwarten, daß die Erzeugnisse wegen der Unterschiede im Herstellungsverfahren andere Eigenschaften und Fähigkeiten aufweisen. Die Bedingung, daß eine gewisse Konzentration von Elektrolyten im Mittel anwesend sein müsse, sei auch bekannt gewesen. Jedenfalls führe die bei der Quaternierung freiwerdende Salzsäure zur Bildung eines Elektrolytgehalts im Leimungsmittel. Übrigens bedeute die Anwendung von Leitungswasser z.B. mit einem Härtegrad von 20, die Einstellung eines Elektrolytgehalts von 0.19 %.
VI. Die Beschwerdegegnerin widerspricht diesem Vortrag im wesentlichen wie folgt:
(a) Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 werde durch (1) nicht neuheitsschädlich getroffen. Nur das Beispiel 20 erwähne die Quaternierung mit Epichlorhydrin in Wasser. Dort werde jedoch ein Quaternierungsprodukt hergestellt, das sich von Bis-(3-aminopropyl)-methylamin ableite und somit nicht unter die Definition des Anspruchs nach dem vorliegenden Patent falle. Weiterhin müsse die auf S. 10, Z. 14-24 erwähnte Verwendung des Quaternierungsprodukts mit Leitungswasser in der Tintenschwimmprobe zu einer Elektrolytkonzentration (bezogen auf Feststoff) führen, die wesentlich außerhalb des hier Beanspruchten liegt. Der erfindungsgemäße Elektrolytgehalt bedinge - anders als in (2) - die Viskosität des Leimungsmittels, welches normalerweise eine Feststoffkonzentration von mindestens 5 bis 40 Gew.-% habe.
(b) Die Vergleichsversuche hätten gezeigt, daß man gemäß der Erfindung Leimungsmittel mit überlegenen Eigenschaften herstellen könne (s. Erteilungsverfahren, Bericht vom 11. November 1980, und ergänzend im Beschwerdeverfahren Bericht vom 15. November 1984). Besonders überaschend sei die Verringerung der Wasseraufnahme des Papiers bei Einsatz des erfindungsgemäßen Leimungsmittels, was auf den Übergang vom homogenen alkoholischen Lösung zur wäßrigen Suspension bei der Quaternierungsreaktion zurückgehe. Übrigens empfehle (1) eindeutig nur organische Lösungsmittel für die Quaternierung.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin beantragt dagegen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Die geltenden Patentansprüche beziehen sich auf wäßrige Zubereitungen von Papierleimungsmittel, die bestimmte mit 0.5 - 1 Äquivalent Epichlorhydrin quaternierte dibasische Fettsäureamide enthalten und dadurch gekennzeichnet sind, daß sie 0.05 bis 1 Gew.-% eines Elektrolyten enthalten und daß die Quaternierung in Gegenwart von Wasser durchgeführt wird. Die Amin-Komponente hat dabei die allgemeine Formel H2N-R-[NH-R']n-NH2, wo R und R' einen Alkylenrest von 2 oder 3 C-Atomen bedeuten und n einen Wert von 1-6 hat (z.B. Diethylendiamin, Triethylentriamin und Tetraethylenpentamin usw.). Die Fettsäuren haben einen Schmelzpunkt von über 30° C, bevorzugt sind solche mit C10-C26 C-Atomen.
2. Solche quaternisierte Amide werden nebenbei in (2) zur Anwendung als Leimungsmittel für Papier beschrieben (s. auch Hinweis im Streitpatent S. 2, Z. 44-46). Im Zusammenhang mit der Herstellung der basischen Amide werden dieselben Fettsäuren (EP-5201, S. 3, Z. 3-7) sowie auch beispielsweise drei Polyamine genannt, die unter die formelmäßige Definition dieser Komponente nach dem Streitpatent fallen (vgl. S. 3 letzter Abs., besonders Z. 20-21). Die Amide können mit 30 bis über 300, bes. 50-250 % der stöchiometrisch erforderlichen Menge an Säure oder Quaternierungsmittel umgesetzt werden (vgl. S. 4, Abs. 3), entsprechend 0,3-3, besonders 0,5-2,5 Äquivalenten. Bevorzugtes Quaternierungsmittel ist Epichlorhydrin (vgl. Anspruch 6).
3. Im allgemeinen Beschreibungsteil findet sich bezüglich der Herstellung der Quaternierungsprodukte nach (2) und deren nachfolgenden Überführung in wäßrige Zubereitungen der Leimungsmittel lediglich der Hinweis, daß die Schmelze des basischen Amids nach dessen Abkühlung mit dem Quaternierungsmittel umgesetzt und dann mit Wasser zu Lösungen, Suspensionen, oder Emulsionen verarbeitet wird (S.5, Z. 11-26). Diese allgemeinen Angaben werden durch die Beispiele 1 bis 12 näher erläutert, wobei gemäß Beispiel 1 bzw. 5 die Quaternierung selbst in Aceton bzw. in der Schmelze erfolgt. Das einzige Beispiel, in dem die Quaternierung in Gegenwart von Wasser durchgeführt wird, ist Beispiel 20. In diesem Fall ist Wasser nicht nur ein Lösungsmittel für die Reaktion, sondern es dient auch anschließend als Mittel zur Erstellung der Konzentration der wäßrigen Zubereitung zu einer ca. 20 %igen Emulsion (S. 12, Z. 12-13).
4. Beispiel 20 steht daher außerhalb der o.g. allgemeinen Anweisung über die Herstellung der wäßrigen Zubereitungen der Quaternierungsprodukte, weil - abweichend vom allgemeinen Prinzip - der Wasserzusatz nicht nach der Herstellung des Quaternierungsprodukts, sondern ausschließlich davor stattfindet. Dieses Beispiel, in dem die Herstellung einer wäßrigen Zubereitung eines vom Streitpatent nicht umfaßten Quaternierungsprodukts aus dem basischen Amid des Bis-(3-aminopropyl)methylamids der Stearinsäure beschrieben ist, wird daher als Ausnahme von der allgemein gültigen technischen Regel nach (2) und nicht als generelle Offenbarung einer Quaternierungsmethode für alle die zahlreichen, unter den dortigen Anspruch fallenden oder in der Beschreibung erwähnten Amide anzusehen sein.
5. Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, daß dieses Beispiel 20 zusammen mit den nachfolgenden (S. 12, Z. 14) Bedingungen einer Tintenschwimmprobe nach Beispiel 14 (S. 10, Z. 14 bis S. 11, Z. 1) eine wäßrige Zubereitung beschreibe, die unter Anspruch 1 des Streitpatents fällt, kann nicht zugestimmt werden. Abgesehen davon, daß das angewendete Amid strukturell außerhalb der Definition des Anspruchs 1 liegt, bringt das vorgeschriebene Leitungswasser (200 ml) bei einem normalen Härtegrad von 20 verhältnismäßig viele Elektrolyte ins Gemisch. Die ca. 1,9-2 % Elektrolytkonzentration in Leitungswasser bedeutet ungefähr 40 mg, also mehr als das Leimungsmittel selbst (x=0,6 % bezogen auf 5 g Zellstoff liefert nur 30 mg Mittel im Gemisch) (vgl. s. 10, Z. 14-18). Das Verhältnis der beiden Komponenten ist nicht nur das Vielfache des im Anspruch bestimmten 0.05-1 Gew.-%, sondern das Ergebnis ist auch nicht mehr das lagerfähige Papierleimungsmittel selbst, sondern eine verdünnte Form dessen, was unmittelbar für die Behandlung des Papiers geeignet ist.
6. Obwohl - wie unter 4 ausgeführt - die allgemeine Offenbarung einer wäßrigen Quaternierungsmethode in Wasser für alle in der Beschreibung aufgeführten Amide schon wegen der besonderen Umstände des Beispiels 20 nicht gegeben ist, stellt sich doch die Frage, ob die Forderung nach der Zugabe von Wasser in der Entgegenhaltung (S. 5 Z. 16) durch Zufuhr von Leitungswasser die gewünschte Einstellung der Elektrolytkonzentration notwendigerweise mit sich bringen konnte. Bei einer Feststoffkonzentration von 5 oder 25 Gew.-% (S. 5, Z. 22) würde Leitungswasser mit einem Härtegrad 20 (d.h. 2 % Elektrolyt) die Elektrolytkonzentration (bezogen auf Feststoff) ca. 0,38 bzw. 0,06 % sein, d.h. innerhalb des beanspruchten Bereichs von 0.05 bis 1 Gew.-%.
7. Die Entgegenhaltung erwähnt dagegen hier eben nur Wasser und nicht Leitungswasser wie bei Beispiel 14 für die Tintenschwimmprobe (S. 10, Z. 14). Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, daß der Fachmann notwendigerweise oder wegen üblicher Praxis dafür immer Leitungswasser verwendet hätte. Ohne solchen Nachweis kann die Kammer keine Lehre für eine zielgerichtete Anwendung von Elektrolyten in bestimmte Konzentrationen erkennen. Dazu kommt die Tatsache, daß die beiden Leimungsmittel sich jedenfalls in der Herstellungsmethode unterscheiden, und es liegt auch der Beweis vor, daß die aufgabenbedingten Eigenschaften nicht identisch sind (vgl. Streitpatent S. 4, Z. 4-26, i.V.m. Tabelle 1). Folglich trifft (2) der Gegenstand nach dem Streitpatent nicht neuheitsschädlich.
8. Es ist daher zu prüfen, ob die Leimungsmittel nach dem Streitpatent im Hinblick auf den veröffentlichten Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruhen. Zur Beurteilung dieser Frage ist von (1) auszugehen. Diese Entgegenhaltung betrifft ebenfalls Leimungsmittel für Papier mit strukturell identischen oder ähnlichen Komponenten. Die typischen Fettsäurepolyamide, die bevorzugt mit Epichlorhydrin quaterniert sind, leiten sich von Polyalkylenpolyaminen ab, wie z.B. Diethylentriamin, Triethylentetramin oder Tetraethylenpentamin (vgl. Sp. 3, Abs. 3). Die Quaternierung wird in Abwesenheit oder in Gegenwart eines vorzugsweise polaren Lösungsmittels wie "Ethanol, Isopropanol, tert-Butanol und dgl." durchgeführt. Obwohl Wasser ein polares Lösungsmittel ist, wird dieses nicht spezifisch genannt. Ein Elektrolytzusatz ist nicht vorgeschrieben.
9. Die Patentinhaberin hat festgestellt, daß die Leimungsmittel gemäß diesem Stand der Technik nicht ganz zufriedenstellende Leimungwirkung zeigen (s. Berichte vom 11.11.1980 und 15.11.1984). Die Wasseraufnahme ist nämlich mit einem Leimungsmittel, das in Ethanol quaterniert wurde, zu hoch und der Durchschlag der Tinte an Test-Papier zu groß (Tintenschwimmprobe). Diese Tests sind in der Fachwelt als die wesentlichen Kriterien der Leimungswirkung anerkannt.
10. Die erfindungsgemäße Aufgabe gegenüber der nächstliegenden und vorveröffentlichten Entgegenhaltung (1) besteht daher darin, diesbezüglich verbesserte Leimungsmittel vorzuschlagen. Die Lösung der Aufgabe gemäß den kennzeichnenden Merkmalen besteht in der Abwandlung der bekannten Mittel in zweierlei Hinsicht: zum einen wird die Quaternierung in Wasser statt Alkohol durchgeführt; zum anderen ist die Einstellung eines Elektrolytgehalts vorgesehen. Die Patentinhaberin hat auch glaubhaft gemacht (s. Tabelle 1 und 2 in der Patentschrift und Vergleichsversuche im Erteilungs- und Einspruchsverfahren), daß diese Aufgabe auch tatsächlich gelöst wird, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird.
11. Für die Entscheidung, ob der Patentgegenstand auf erfinderischer Tätigkeit beruht, kommt es auf die Prüfung der Frage an, ob die Lösung der gestellten Aufgabe, nämlich die o.g. Verbesserung der bekannten Leimungsmittel auf die hier vorgeschlagene Weise aufgrund des Standes der Technik zu erwarten war. Hierfür gibt (1) nichts her. Bereits die Angabe in (1), wonach sich "polare Lösungsmittel, wie Äthanol, Isopropanol, tert.-Butanol und dgl. "bevorzugt als Quaternierungsmedium eignen, deutet eher auf eine enge Definition dieser Lösungsmittel im Sinne von Alkoholen als auf eine breit angelegte Anweisung zum Einsatz beliebiger polarer Lösungsmittel. Eine Einladung zur Verwendung von Wasser geht jedenfalls unter dem Aspekt der bestehenden Aufgabe hiervon nicht aus. Es wurde weder vorgetragen, noch ist es der Kammer bekannt, daß es auf diesem Gebiet ein allgemeines Fachwissen gibt, das einigermaßen sichere Voraussagen darüber zuläßt, wie die anvisierte Verbesserung zu erzielen ist. Zudem ist aus der Sicht des Chemikers die Zusammensetzung eines Mittels bestimmend für dessen Eigenschaften; die Erkenntnis nach dem Streitpatent, wonach der Austausch eines Lösungsmittels bei der Herstellung des Leimungsmittels dessen Eigenschaften beeinflußt, ist daher als überraschend zu bewerten.
12. Der Austausch des bekannten Lösungsmittels Alkohol gegen Wasser lag etwa auch nicht deshalb nahe, weil der so ausschließlich aufs Experiment angewiesene Fachmann beim ersten besten Versuch zwangsläufig auf den Gegenstand nach dem Streitpatent stoßen mußte; denn Wasser hat sich schon wegen mangelnder Löslichkeit der Reaktionsteilnehmer in Wasser nicht angeboten. Gewöhnlich gilt aber die Durchführung einer Reaktion in homogener Phase als vorteilhaft, wie (1) zeigt. Keinesfalls war der Fachmann genötigt, gerade Wasser zu versuchen, weil keine Probleme der Arbeitsweise in organischen Lösungsmitteln zur Änderung vom homogenen zum heterogenen Medium zwang und zudem hierdurch keine Vorteile zu erwarten waren.
13. Es war auch nicht naheliegend, die Reaktion aus praktischen Gründen im selben Milieu durchzuführen, in dem das Produkt später angewendet wird, denn die Unsicherheit, ob eine glatte Quaternierung in Suspension reibungslos abläuft, hätte den Fachmann von einem solchen Experiment abgehalten. Ähnliche Überlegungen gelten auch für den Elektrolytgehalt der Leimungsmittel nach dem Streitpatent. Elektrolyte werden in (1) weder erwähnt, noch existierte ein Fachwissen, daß durch einen Elektroylteinsatz das Fließverhalten der Leimungsmittel günstig beeinflußt werden kann. Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, daß die bei der Quaternierung frei werdende Salzsäure zwangsläufig mit dem Amin Salze liefert, so hat sie doch nicht den Beweis erbracht, daß hierbei Salze in der nach dem Streitpatent vorgeschriebene Elektrolytkonzentration anfallen. Der angezogene Stand der Technik konnte demnach keine begründende Erwartung vermitteln, daß die nach dem Streitpatent vorgeschlagene Änderung des Reaktionsmediums für die Quaternierung zusammen mit dem vorgeschriebenen Elektrolytgehalt zu leimungstechnisch verbesserten Zubereitungen führen würde.
14. Der Gegenstand des Hauptanspruchs ist daher erfinderisch und dasselbe gilt für die Unteransprüche 2 bis 4, die von der Patentfähigkeit des Hauptanspruches getragen werden. Anspruch 5 betrifft geleimtes Papier, das mit einem Leimungsmittel gemäß Anspruch 1 behandelt wurde. Dieser Gegenstand kann als eine Kombination von Papier und den neuen und erfinderischen Mittel betrachtet werden. Die Vergleichsversuche gegenüber (1) als nächstliegenden Stand der Tehnik haben gezeigt, daß es sich hier um ein Erzeugnis mit überraschenderweise überlegenen Eigenschaften handelt, das gleichfalls patentfähig ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Es wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 28. Juli 1983 wird zurückgewiesen.