T 0045/84 22-01-1985
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Verfahren zur Darstellung artefaktarmer Schicht- bilder eines dreidimensionalen Objekts
Diagnostizierverfahren
diagnostic method
Sachverhalt und Anträge
I. Die am 7. November 1980 angemeldete, unter der Nummer 0 028 864 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nummer 80 201 057.9, für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 10. November 1979 in Anspruch genommen wird, ist von der Prüfungsabteilung 127 durch Entscheidung vom 4. Oktober 1983 zurückgewiesen worden.
Der Entscheidung lagen die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 7 zugrunde.
II. In der Entscheidung führt die Prüfungsabteilung aus, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gewerblich nicht anwendbar. Sie begründet ihre Auffassung damit, daß das in diesem Anspruch angegebene Verfahren ein Diagnostizierverfahren sei, das am menschlichen Körper vorgenommen werde.
III. Gegen diese Entscheidung haben die Anmelderinnen am 15. November 1983 Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang aufzuheben und das Patent mit den ursprünglichen Patentansprüchen 1 bis 7 zu erteilen, hilfsweise die Entscheidung insoweit aufzuheben, als sie die Zurückweisung der Vorrichtungsansprüche betrifft, und die Erteilung des Patents auf der Grundlage dieser Ansprüche zu beschließen. Die Beschwerdegebühr ist am 17. November 1983 gezahlt worden und die schriftliche Begründung der Beschwerde am 27. Januar 1984 eingegangen.
Der Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Darstellung von Schichtbildern eines dreidimensionalen Objektes, das von einer Vielzahl von in einer Ebene liegenden Strahlenquellenpositionen aus zur Aufnahme wenigstens eines aus einzelnen Perspektivbildern bestehenden kodierten Bildes des Objektes durchstrahlt wird, wobei aus dem kodierten Bild, dessen Perspektivbilder mit einer Abbildungsmatrix vervielfacht abgebildet werden, deren Abbildungselemente entsprechend der ebenen Verteilung der Strahlenquellenpositionen verteilt sind, infolge der Überlagerung der Perspektivbilder Schichtbilder des Objektes auf einer lichtempfindlichen Schicht erzeugt werden, dadurch gekennzeichnet, daß zur Darstellung von mit einem Kontrastmittel füllbaren Objektdetails (20, 21) von dem Objekt jeweils kodierte Bilder (16, 17; 16", 17") in unterschiedlichen Kontrastphasen der Objektdetails hergestellt werden, und daß jeweils zwei unterschiedliche kodierte Bilder voneinander subtrahiert und überlagert werden."
Die Anmelderinnen meinen, das in diesem Anspruch angegebene Verfahren sei kein Diagnostizierverfahren.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Zur Frage des Diagnostizierverfahrens hat sich die Kammer schon in ihren nicht veröffentlichten Entscheidungen T 61/83, T 208/83 und T 18/84 geäußert. Wie sie dort ausgeführt hat, umfaßt nach ihrer Auffassung ein Diagnostizierverfahren nicht nur das Untersuchungsverfahren, das die Grundlagen für die Diagnose liefert, sondern es muß auch einen Hinweis auf die das Ergebnis bildende Diagnose enthalten, d. h. auf das, was mit dem Untersuchungsverfahren diagnostiziert werden soll. Sinngemäß das gleiche besagt die Definition des Begriffs "Diagnostizierverfahren", auf die sich die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung stützt und die ersichtlich auf den Kommentar von Benkard "Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz", 7. Auflage, 1981, Seite 283, zurückgeht. Wenn nach dieser Definition unter einem Diagnostizierverfahren Schritte zu verstehen sind, die unternommen werden, um einen pathologischen Zustand zu erkennen und zu unterscheiden, dann folgt hieraus, daß ein Diagnostizierverfahren nur dann vorliegt, wenn es zu einem konkreten Diagnoseergebnis führt, und daß ferner, wie die Prüfungsabteilung zutreffend ausführt, weder das Diagnoseergebnis für sich noch das die Grundlage für das Diagnoseergebnis liefernde Untersuchungsverfahren dem Diagnostizierverfahren gleichzusetzen ist. Von einem Diagnostizierverfahren kann also nur dann gesprochen werden, wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind.
3. Untersucht man die im Patentanspruch 1 niedergelegte Lehre unter Berücksichtigung der sie betreffenden Angaben in der Beschreibung und der vorstehenden Definition eines Diagnostizierverfahrens, so ergibt sich folgendes: Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 enthält nur Schritte, die dazu bestimmt sind, die Qualität der mit dem Verfahren gemäß dem Oberbegriff hergestellten Schichtbilder eines dreidimensionalen Objekts dadurch zu verbessern, daß unnötige Strukturen des mit einem Kontrastmittel füllbaren Objekts weitgehend oder völlig eliminiert werden. Nach der Beschreibung soll das Verfahren nach Anspruch 1 bei Objekten des menschlichen Körpers angewendet werden.
Auch insoweit betrifft der Anspruch, der auf dieses Anwendungsgebiet im übrigen nicht beschränkt ist und für dessen Gegenstand auch andere Anwendungsgebiete denkbar sind, kein Diagnostizierverfahren; denn es fehlt in ihm jede Aussage darüber, zu welchem Diagnoseergebnis das Verfahren führen soll. Ein solches Ergebnis läßt sich auch nicht aus dem Umstand, daß Kontrastmittel verwendet werden, herleiten, da das Objekt aus den unterschiedlichsten Gründen mit einem nicht diagnosespezifischen Kontrastmittel gefüllt werden kann. Gleiches gilt für die Anwendung des Verfahrens auf den tierischen Körper.
4. Der Patentanspruch 1 umfaßt daher kein Dianostizierverfahren im Sinne des Artikels 52 (4) EPÜ. Auch für den Fall der Anwendung des Verfahrens nach diesem Anspruch auf Objekte des menschlichen oder tierischen Körpers kann dem Verfahren mit dieser Begründung die gewerbliche Anwendbarkeit nicht abgesprochen werden.
5. Da die Prüfungsabteilung zu dem gegenteiligen Ergebnis gekommen war, hat sie nicht mehr geprüft, ob das Verfahren nach Anspruch 1 neu ist und, wenn ja, ob es auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Kammer hält es deshalb für verfrüht, daß sie in die Prüfung dieser Voraussetzungen für die Anerkennung der Patentfähigkeit des Verfahrens nach Anspruch 1 eintritt, sondern für geboten, zunächst der Prüfungsabteilung Gelegenheit zu geben, hierüber zu befinden. Daher macht sie von der ihr in Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
6. Bei dieser Sachlage brauchte auf den Hilfsantrag nicht eingegangen zu werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an die erste Instanz zurückverwiesen.