T 0296/88 19-06-1989
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Schrägdachabdeckung
Erfinderische Tätigkeit (ja)
inventive step
Unklarheit im Anspruch - Einspruchsverfahren
Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 0 045 376 ist am 12. März 1986 mit 20 Patentansprüchen auf die europäische Patentanmeldung Nr. 81 105 045 erteilt worden, die am 30. Juni 1981 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 30. Juni 1980 angemeldet worden ist.
II. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Schrägdachabdeckung zum Begrünen eines mit einer Tragkonstruktion (t) und einer wasserundurchlässigen Dachhaut (d) als Kalt- oder Warmdach ausgebildeten Schrägdaches mit einer oberseitig aufzubringenden Schicht (s), wie einer Pflanzentragschicht, und mit einem von der Dachhaut (d) unabhängigen, verrottungsfreien Haltegebilde, das in die aufzubringende Schicht (s) reibungserhöhend sowie schubauffangend eingreifende oberseitige Haltevorsprünge (12, 14, 16) an einem zum Abtragen des auftretenden Schubes am Schrägdach gegen Abrutschen gesicherten Schubableitungsmittel (10) aufweist und das über verteilt,eine unterseitige Dränage (18, 22, 24) bestimmende Abstandshalter auf das Schrägdach aufzubringen ist, dadurch gekennzeichnet, daß das auf das Schrägdach verankerungsfrei lose sowie weitgehend spannungs- bzw. reibungsfrei aufgelegte Haltegebilde als Schubableitungsmittel (10) eine den Schub über Zugkräfte abtragende und lediglich am Dachfirst festzulegende zugfeste Matte mit oberseitigen Haltevorsprüngen aufweist, die gleichzeitig als eine die Dränage (18, 22, 24) oberseitig großflächig begrenzende Filtermatte ausgebildet ist."
III. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdeführerin am 27. November 1986 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent wegen mangelnder Patentfähigkeit im vollen Umfang zu widerrufen. Zur Begründung hat die Beschwerdeführerin unter anderem auf folgende Dokumente verwiesen:
D3 "Böschungsschutz mit Enkamat (r)", abgedruckt in "Das Gartenamt", 12/78, Seiten 775/776 D5 "Dränsystem verhindert Nässeschäden im Keller", abgedruckt in "Der Baustoffmarkt", 3/78, Seite 349, dritte Spalte D6 DE-A-2 248 911 D7 "Begrünbare Dachflächen", Ing. A. Rosenkranz, abgedruckt in DDH 8/74, Seiten 486 bis 490 D8 DE-GM-7 610 269.
In der angefochtenen Entscheidung wurde außerdem die D9 CA-A-1 009 819, die in der Patentschrift erwähnt ist, berücksichtigt.
IV. Durch Entscheidung vom 22. April hat die Einspruchsabteilung den Einspruch zurückgewiesen und das Patent in unveränderter Form aufrechterhalten, da der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
V. Die Einsprechende hat am 21. Juni 1988 Beschwerde gegen diese Entscheidung erhoben, gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt und am 26. Juli 1988 die Beschwerdebegründung eingereicht.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, daß der Gegenstand des Patents mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei. Sie verweist auf folgende, erst im Beschwerdeverfahren eingeführte Dokumente:
D10 "Grün aus guten Händen", Prospekt, herausgegeben von den Niedersächsischen Rasenkulturen Strodthoff & Behrens, 1976, D11 DE-A-1 810 698.
VI. Die Beschwerdegnerin vertritt in ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung die Meinung, der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
VII. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 1989 hat die Beschwerdeführerin ausgeführt:
- Die beanspruchte Dachabdeckung weise im wesentlichen nur zwei Elemente auf, nämlich das Haltegebilde und die Dränage; - daß nach der Beschreibung die Filtereigenschaften und die Dränage nicht zwingend vorhanden sein müssen; - daß das Merkmal "zugfest" unbestimmt sei, jedoch als selbstverständlich vorausgesetzt werden könne; - daß deshalb bei geringer Dachneigung auch Filtermatten sehr geringer Festigkeit von Anspruch 1 umfaßt seien; - daß die Bestimmung der Festigkeit überdies eine für den Architekten selbstverständliche Aufgabe sei; - daß die Konstruktion gemäß Dokument D8 die wesentlichen Elemente erfasse, welche im Licht von D6 (besonders Fig. 2) oder D10 für die Begrünung einfach angepaßt und nachher ohne weiteres von Flachdächern auf schräge Dächer übertragen werden könne; dies sei nichts weiter als eine analoge Verwendung eines bekannten Mittels; - daß das gitterartige Flächengebilde nach Dokument D8 die Festigkeit der Matte mitbestimme, also eigentlich der Matte selber entspreche; - daß diese Matte ebenfalls am oberen Rand befestigt und nach unten ausgerollt werde; - daß es sich darum unmittelbar anbiete, eine solche Matte auch auf einem Dach aufzubringen, das auch geneigt sei wie die Ufer bei der Erosionsschutzmatte; - die wesentliche Frage, ob ein Vorurteil bestanden hätte, diese bekannten Matten auf Dächern zu verwenden, sei zu verneinen, denn in beiden Fällen sei eine schräge Armierung angeordnet worden, die die Zugfestigkeit ermögliche; - daß eine Verankerung im Untergrund nach dem vorbekannten Stand der Technik nicht immer vorgesehen war, denn auch im Dokument D6 seien zum Beispiel wegen Verletzungsgefahr keine Pflöcke möglich; - daß auch, ausgehend von der kanadischen Patentschrift D9, das Ersetzen der dort vorgeschlagenen Plattenkonstruktion durch die inzwischen bekannt gewordenen Matten, z. B. nach D8, den Fachmann ohne erfinderischer Tätigkeit zu bedürfen zum Erfindungsgegenstand führe.
VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaber) hat dem entgegengehalten:
- bei der Dachbegrünung handle es sich um ein altes Problem, das einem schon lange bestehenden Bedürfnis entspreche; - daß außer im Dokument D9 nirgends sonst, speziell auch nicht in D6, D7, D10 und in einem Fachaufsatz aus dem Jahr 1979, der sich mit der Begrünung von Flachdächern befaßte, irgendein Hinweis zu finden sei, daß sich auch Schrägdächer für die Begrünung eignen könnten; - daß es sich bei den Erosionsschutzmatten der D8 in bezug auf die Armierung und die Verankerung an der Oberkante um Verlegehilfsmittel handle, die nicht dazu bestimmt waren, andere Lasten dauernd zu tragen; - daß dabei eine Verankerung und Verrastung im Boden beabsichtigt und notwendig war, denn dabei handle es sich darum, von unten nach oben die Schichten einzubauen, und einen innigen Verbund zu erreichen, so daß keine dauernde Zugbeanspruchung zu berücksichtigen war; - daß die Gitter nach D8 mit der Armierung der Filter selber nichts zu tun hätten, sondern lediglich der Stabilisierung der Haltevorsprünge dienten; - daß es falsch sei, der Sportplatzmatte nach D6 eine besondere Zugfestigkeit zuzumessen, nur weil sie als elastisch beschrieben werde; denn es handle sich dabei um die vertikale Elastizität, da eine solche Platte nicht zu hart sein dürfe; - daß die angefochtene Erfindung strikt abweiche von diesen vorbekannten Lösungen, denn sie vermeide die Übertragung von Schubkräften von der Matte in die Unterlage, vermeide damit auch die Reibungsbeanspruchung der Dachhaut, weil sie die gesamte schräge Schubkraft mittels Zugbeanspruchung der Filtermatte am Dachfirst verankere; - das Dokument D9 lehre, die einzelnen Platten direkt auf der Dachkonstruktion zu verankern, und biete für die Dränage nur die Spalten zwischen den Platten an, so daß keinerlei Hinweise auf eine weitergehende Anwendung, insbesondere bei größeren Dachneigungen, gegeben waren; - es komme nicht auf die konstruktive Durchbildung der Einzelheiten, wie der Haltevorsprünge und der Drainage, an.
IX. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin stellt den Antrag, das Patent mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Text zu erteilen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht Artikel 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. Das Erfordernis der Klarheit nach Artikel 84 EPÜ, obwohl kein Einspruchsgrund, gibt zu folgenden Überlegungen Anlaß:
Der in der mündlichen Verhandlung erwähnte Widerspruch zwischen Beschreibung und Anspruch 1, der dadurch entsteht, daß in Spalte 9, Zeilen 1 bis 6, die Merkmale "unterseitige Dränage" und "Filtereigenschaften" der zugfesten Matte als lediglich fakultativ erklärt werden, wogegen sie in Anspruch 1 ausdrücklich obligatorische Bestandteile der Definition des Erfindungsgegenstands sind, führt nicht zu einer notwendigen Änderung des geltenden Textes.
Unklarheit oder Zweideutigkeit eines Anspruches im Sinne von Artikel 84 EPÜ, die sich z. B. durch einen Widerspruch zwischen Beschreibung und Anspruchswortlaut ergeben kann, ist an sich kein Einspruchsgrund. Eine Prüfung im Einspruchsverfahren auf Klarheit ist daher weder notwendig noch zulässig, es sei denn, daß ohne sie die Beurteilung der Einspruchsgründe unmöglich wäre oder daß es sich um die notwendige Klarstellung einer Änderung handelt, die den Erfordernissen des Artikels 123(3) EPÜ zu genügen hat. (Siehe hierzu T 227/88, "Detergent compositions/UNILEVER", 15. Dezember 1988, wird veröffentlicht; und T 301/87, "Alpha-interferons/BIOGEN", 16. Februar 1989, wird veröffentlicht).
Im vorliegenden Fall ist die Kammer zum Ergebnis gekommen, daß die erwähnte Unklarheit des Definitionsbereichs von Anspruch 1 für die Frage der erfinderischen Tätigkeit ohne entscheidungswesentliche Bedeutung ist.
3. Die Neuheit ist nach Ansicht der Kammer anzuerkennen und, da nicht mehr angegriffen, nicht weiter zu erörtern.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Nächstliegender Stand der Technik ist nach Beurteilung der Kammer das Dokument D9, das eine Schrägdachausbildung unter Verwendung von massiven Dachplatten vorschlägt. Diese Druckschrift wurde in der Beschreibung näher erläutert und liegt dem Oberbegriff zugrunde. Da sonst keine einzige der entgegengehaltenen Druckschriften sich auf ein Schrägdach und dessen Begrünung bezieht, ist gegen diese Oberbegriffs-Bildung nichts einzuwenden. Dokument D9 beschreibt Dachziegel, die zur Aufnahme eines Rasens für Schrägdächer ausgebildet sind. Die dafür vorgeschlagene Konstruktion besteht im wesentlichen aus plattenförmigen Elementen, die einzeln mit der darunter liegenden Dachkonstruktion verbunden sind und dabei die Dachhaut durchdringen. Infolge der nur an den Spalten zwischen den einzelnen Platten wirksamen Dränage besteht bei größeren Dachneigungen die Gefahr des Ausschwemmens. Deshalb mußte der Fachmann die Eignung von solchen Schrägdächern bei größeren Dachneigungen zum vornherein bezweifeln.
4.2. Davon ausgehend soll mit der Erfindung die Aufgabe gelöst werden, eine Dachabdeckung mit möglichst einfachen, leichten sowie preiswerten Mitteln so auszubilden, daß sie ein sicheres Begrünen von Schrägdächern auch größerer Neigung, beispielsweise von mehr als 30°, zuläßt und ein schnelles Verlegen auf der Baustelle gewährleistet. Die Kammer ist überzeugt, daß diese Aufgabe durch Anwendung der Lehre des Anspruchs 1 gelöst wird, insbesondere durch die am Dachfirst verankerte und als Zugelement wirkende Filtermatte.
4.3. Zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe, mit einfachen, leichten und preiswerten Mitteln ein sicheres Begrünen von Schrägdächern zu ermöglichen, enthält Dokument D9 keine Anhaltspunkte, die den Fachmann in die Richtung des Anspruchs 1 führen könnten; allenfalls könnte es die Wahl besonders leichter Baustoffe für die dargestellten Dachziegel nahelegen.
4.4. Bei Dokument D7 handelt es sich um einen Zeitschriften- Artikel, der im Jahr 1974 erschienen ist. Obwohl hier eingehend die Möglichkeiten der Ausbildung von begrünbaren Flächen, insbesondere Flachdächer, als dringliches Umweltproblem abgehandelt und propagiert werden, fehlt -erstaunlicherweise - jeder Hinweis auf Anwendungsmöglichkeiten bei Schrägdächern.
Da sich in den übrigen entgegengehaltenen Dokumenten ebenfalls keine Hinweise auf begrünbare Schrägdächer finden lassen, kommt die Kammer zum Schluß, daß der Fachmann diese Möglichkeit nicht weiter wahrgenommen habe; Rasenflächen schienen ihm nur für Flachdächer, nicht aber für Schrägdächer interessant genug oder praktikabel. Eine Weiterführung der Anregungen aus D9 wurde nicht in Betracht gezogen.
4.5. Wenn auch im Zusammenhang mit Böschungsmatten (D3), mit einem Dränsystem zur Verhinderung von Nässeschäden im Keller (D5), und mit wiederholten Hinweisen auf die Verwendung von Rasenflächen, u. a. auf Flachdächern (D10) nachzuweisen ist, daß einzelne Bestandteile der angefochtenen Schrägdachabdeckung bereits Verwendung fanden, so ist doch auch hier in keinem einzigen Fall der geringste Hinweis darauf zu finden, daß überhaupt an eine Anwendung bei Schrägdächern gedacht wurde. Es ist aber auch nirgends der statisch nutzbaren Zugfestigkeit einer Filtermatte die geringste Bedeutung zugemessen worden. Somit gibt es im entgegengehaltenen Stand der Technik keine Annäherung daran, eine Filtermatte - welche auf ihrer ganzen Fläche Schubkräfte aufnimmt und und deren Resultierende als Zugbeanspruchung der Filtermatte abträgt -am Dachfirst zu verankern, also an jene Merkmale, die zur Definition des Anspruchs 1 gehören.
4.6. Zu dieser Definition gehören neben rein konstruktiven Merkmalen - wie Haltegebilde mit Schubableitungsmittel aus zugfester Filtermatte mit oberseitigen Haltevorsprüngen - auch Zweck- und Funktionsangaben, woraus hervorgeht, daß die Filtermatte ein tragendes Konstruktionsteil ist, das somit den üblichen statischen Bedingungen festigkeitsmäßig genügen muß. Dazu gehören auch Anforderungen an die Formänderungseigenschaften, speziell auch un ter Dauerbeanspruchung (z. B. Kriecherscheinungen). Ebenfalls dürfte die Frage ausreichender Bruchsicherheit von Bedeutung sein, da - anders als bei sämtlichen geltend gemachten Entgegenhaltungen - bei Schrägdächern durch eine solche erfindungsgemäße Konstruktion unter Umständen auch die Gefährdung von Menschenleben in Betracht gezogen werden muß.
Alle diese Umstände spielen aber bei Flachdächern keine Rolle, bei der angefochtenen Schrägdachabdeckung dagegen bestimmen sie Struktur, Material und technische Eigenschaften des beanspruchten Aufbaus, insbesondere der Filtermatte. Es ist daher in den Augen der Kammer technisch nicht haltbar, den für horizontale Einbauverhältnisse bestimmten Fertigrasen-Ausbildungen ohne weiteres Qualitäten zu zusprechen, die seinem solchen Komplex neuartiger, ihnen völlig fremder und anspruchsvoller Bedingungen genügen sollten.
4.7. Die Beschwerdeführerin macht geltend, Dokument D8 sei der nächstliegende Ausgangspunkt, von dem aus der Fachmann zur Erfindung gelangen könne. Die darin offenbarte Erosionsschutzmatte, die zum Schutz von Böschungen, Deichen, Stränden, Uferböschungen, Fluß- und Kanalbetten usw. eingesetzt werden soll, betrifft jedoch ein technisches Gebiet, das von einem zu begrünenden Dach weit entfernt ist. In D8 kommt es auf die Zugfestigkeit des gitterartigen Flächengebildes nur insofern an, als dasselbe vorübergehend während des Einbringens der Schichten belastet wird. Nach dem Verfüllen mit Sand, Kies, Schlacke etc. beschwert die aufgebrachte Schicht das darunter angeordnete Vlies; dabei wird die schräge Gewichtskomponente direkt über Reibung in den Untergrund abgetragen. Eine dauernde Beanspruchung der gesamten Erosionsschutzmatte auf Zug durch die schräge Gewichtsresultierende aller Auflasten wird weder erwähnt, noch scheint dies technisch erforderlich und sinnvoll zu sein.
Die Kammer vermag daher der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht zu folgen, wenn sie vorbringt, es sei nun dem Fachmann ein Leichtes, eine solche schräg verlegte Matte mit den bekannten Horizontalbegrünungen, z. B. nach D6 oder D10 in Verbindung zu bringen und sie folglich auf einem schrägen Dach vorzusehen.
Selbst angenommen, das Anordnen der (schräg liegenden) Erosionsschutzmatte auf einem Schrägdach wäre dem Fachmann als grundsätzliche Möglichkeit noch nahegelegt, der Stand der Technik lieferte ihm doch nicht die mindeste Veranlassung, diese auf ein Schrägdach transportierte Erosionsschutzmatte auch noch als reines Schub-Zug-Element einzusetzen, und das Ganze am Dachfirst zu verankern, wie es Anspruch 1 vorsieht.
4.8. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin lassen zum Teil die gegebenen Zusammenhänge außer Acht, isolieren daher einzelne Merkmale und unterstützen in den Augen der Kammer eine Betrachtungsweise ex post facto.
Der Einwand mangelnder Klarheit des Merkmals "zugfest" in Verbindung mit "kleiner Dachneigung" läßt sich nur durch ein solches Isolieren eines Merkmals gegenüber dem gege benen Kontext erheben. Die erfindungsgemäße Kräfteübertragung Schub .. Zug .. Verankerung am Dachfirst, mittels einer als statisch tragendes Konstruktionselement eingesetzten Filtermatte, ist auch bei geringer Dachneigung wirksam, insbesondere zum Beispiel bei großen Dachflächen und bei Schneebeanspruchung. Die Filtermatte ist auch dann Zugkräften ausgesetzt, die es - egal wie gering sie sein mögen -rechnerisch nachzuweisen und bei der Dimensionierung zu berücksichtigen gilt.
Wenn daher die Filtermatte durch den Kontext zu "zugfest" ausreichend abgegrenzt ist, so gilt ein Gleiches im Hinblick auf den Einwand der Beschwerdeführerin, die erforderliche Zugfestigkeit sei zu präzisieren.
Bevor die Erfindung konzipiert war, schenkte der Fachmann der Zugfestigkeit von Filtermatten keine Beachtung als statisch nutzbare Größe; nachher gehört es natürlich zu den normalen Aufgaben des Fachmanns, die Konstruktion nach der Lehre der Erfindung unter Ausnützung der zur Verfügung stehenden Festigkeitseigenschaften - unter anderem also der Zugfestigkeit - zu bemessen. Es ist daher weder sinnvoll noch erforderlich, einzelne quantitative Begrenzungen dafür in den Anspruch 1 aufzunehmen, somit insbesondere auch nicht, die exakte Zugfestigkeit der Filtermatte.
4.9. Aus diesen Gründen folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 dem Fachmann durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt wurde. Anspruch 1 genügt daher Artikel 56 EPÜ; sein Gegenstand ist patentfähig.
5. Mit Anspruch 1 haben auch die von ihm abhängigen Ansprüche 2 bis 20 Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.