T 0998/06 05-08-2009
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Flammwidrige, schlagzähe Polycarbonat-Formmassen
Koninklijke DSM N.V.
Cheil Industries Inc.
THE DOW CHEMICAL COMPANY
Sachverhalt und Anträge
I. Der Hinweis auf die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 345 522 der Bayer AG (jetzt Bayer MaterialScience AG) wurde am 26. August 1998 veröffentlicht (Patentblatt 1998/35). Das Patent basiert auf der europäischen Patentanmeldung Nr. 89109211.6 und wurde am 23. Mai 1989 unter Beanspruchung der Priorität der deutschen Voranmeldung DE 3819081 vom 4. Juni 1988 angemeldet.
Das erteilte Patent enthielt eine Anspruchsfassung (i) für die Vertragsstaaten DE, FR, GB, NL, IT und eine Anspruchsfassung (II) für den Vertragsstaat ES.
Anspruch 1 der Fassung (i) lautete wie folgt:
"Thermoplastische Formmassen, bestehend aus
A) 60 bis 96 Gew.-Teilen eines oder mehrerer thermoplastischer, halogenfreier, aromatischer Polycarbonate aus Diphenolen der Formel (II)
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
worin A eine Einfachbindung, C1-C5-Alkylen, C2-C5-Alkyliden, C5-C6-Cycloalkyliden, -S- oder -SO2- ist,
B) 4 bis 15 Gew.-Teilen eines oder mehrerer halogenfreier Pfropfpolymerisate aus
B.1) 5 bis 90 Gew.-Teilen, bezogen auf B), einer Mischung aus
B.1.1) 50 bis 95 Gew.-% Styrol, alpha-Methylstyrol, kernsubstituiertem Styrol, Methylmethacrylat oder Mischungen daraus und
B.1.2) 50 bis 5 Gew.-% (Meth-)Acrylnitril, Methyl- methacrylat, n-Butylacrylat, t-Butyl(meth)- acrylat oder Mischungen daraus, auf
B.2) 95 bis 10 Gew.-Teilen, bezogen auf B), eines Dien-Kautschuks, eines Kautschuks aus Ethylen, Propylen und, einem unkonjugierten Dien oder eines Silikonkautschuks mit einer Glastemperatur TG <= 10ºC, und
C) 0 bis 40 Gew.-Teilen eines halogenfreien, thermoplastischen Copolymerisats aus
C.1) 50 bis 95 Gew.-% Styrol, alpha-Methylstyrol, kernsubstituiertem Styrol, Methylmethacrylat oder Mischungen daraus,
C.2) 50 bis 5 Gew.-% (Meth)Acrylnitril, Methylmeth- acrylat oder Mischungen daraus,
wobei die Summe der Gew.-Teile aus A) + B) + gegebenenfalls C) jeweils 100 Gew.-Teile ergibt, und
D) 1 bis 20 Gew.-Teilen, bezogen auf 100 Gew.-Teile aus A) + B) + gegebenenfalls C), einer halogenfreien Phosphorverbindung der Formel (i)
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
worin R1, R2 und R3 unabhängig voneinander C1-C8-Alkyl oder gegebenenfalls alkylsubstituiertes C6-C20-Aryl sind und "n" für 0 oder 1 steht und
E) 0,05 bis 5 Gew.-Teilen, bezogen auf 100 Gew.-Teile aus A) + B) + gegebenenfalls C), eines Tetrafluor ethylenpolymerisats mit mittleren Teilchengrößen von 0,05 bis 1.000 mym, einer Dichte von 1,2 his 2,3 g/cm**(3) und einem Fluorgehalt von 65 bis 76 Gew.-%."
Anspruch 1 der Fassung (II) war auf ein Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen, gemäß Anspruch 1 der Fassung (i) spezifizierten Formmassen gerichtet.
II. Gegen das Patent wurde am 26 Mai 1999 von DSM N.V. (Einsprechender 01), Cheil Industries Inc. (Einsprechender 02) und The Dow Chemical Company (Einsprechender 03) Einspruch erhoben. Die Einsprechenden 02 und 03 machten geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents weder neu noch erfinderisch sei (Artikel 100 a) EPÜ). Der Einsprechende 01 machte nur mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente genannt:
D1: EP 0 320 836 A2, und
D6: DE 35 23 314 A1.
III. In der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2006 reichte der Patentinhaber einen neuen, einzigen Antrag ein. Aufgrund der Entgegenhaltung D1 (zu berücksichtigen unter Artikel 54(3) EPÜ) enthielt dieser Antrag eine neue Anspruchsfassung (Ansprüchen 1-10) für die Vertragsstaaten DE, FR, GB, NL, während die Anspruchsfassungen für die Vertragsstaaten IT und ES den jeweils erteilten Ansprüchen des Streitpatents entsprachen.
Anspruch 1 für die Vertragsstaaten DE, FR, GB, NL unterschied sich vom erteilten Anspruch 1 der Fassung (i) dadurch, dass am Ende des Anspruchs folgender Disclaimer aufgenommen worden war:
"...; ausgenommen die folgenden 4 Zusammensetzungen:
- Zusammensetzung 1 aus:
65 Gew.-Teile Polycarbonat auf Basis von Bisphenol A mit einer relativen Lösungsviskosität von 1,30 ml/g,
5 Gew.-Teile Pfropfmischpolymerisat, wobei durch Copolymerisation von 60 Teilen Butadien in Gegenwart einer Lösung von 0,6 Teilen tert.-Dodecylmercaptan, 0,7 Teilen C14-Na-Alkylsulfonat als Emulgator, 0,2 Teilen Kaliumperoxodisulfat und 0,2 Teilen Natriumpyrophosphat in 80 Teilen Wasser bei 65ºC ein Polybutadienlatex mit einem Umsatz von 98% erhalten wird, der durch Zusatz von 25 Teilen einer Emulsion eines Copolymeren aus 96 Teilen Ethylacrylat und 4 Teilen Methacrylsäureamid mit einem Feststoffgehalt von 10 Gewichtsteilen zu einer mittleren Teilchengröße von 0,35 mym agglomeriert wird, und nach Zusetzen von 40 Teilen Wasser, 0,4 Teilen Na-C14- Alkylsulfonat und 0,2 Teilen Kaliumperoxodisulfat und 40 Teilen einer Mischung aus Styrol und Acrylnitril im Verhältnis 70:30, die innerhalb von 4 Stunden bei 75ºC zugeführt werden, das Pfropfmischpolymerisat erhalten wird,
14 Gew.-Teile Copolymerisat aus alpha-Methylstyrol/Acryl nitril im Verhältnis 70:30 mit einer Viskositätszahl von 58 ml/g,
11 Gew.-Teile Triphenylphosphat
0,1 Gew.-Teile Polytetrafluorethylen als Batch in 4,9 Gew.-Teile Copolymerisat aus Styrol/Acrylnitril im Verhältnis 80:20 mit einer Viskositätszahl von 83 ml/g, hergestellt indem das Styrol/Acrylnitril-Copolymer in einem Zweiwellenextruder aufgeschmolzen wird, die Teflon (PTFE)-Dispersion in die Schmelze eingepumpt wird und als Strang ausgepresst und granuliert wird,
- Zusammensetzung 2, die die bei Zusammensetzung 1 genannten Komponenten hat, wobei statt Triphenylphosphat Tri(2,6-dimethylphenyl)phosphat enthalten ist,
- Zusammensetzung 3 aus:
65 Gew.-Teile Polycarbonat auf Basis von Bisphenol A mit einer relativen Lösungsviskosität von 1,30 ml/g,
10 Gew.-Teile Pfropfmischpolymerisat, wobei durch Copolymerisation von 60 Teilen Butadien in Gegenwart einer Lösung von 0,6 Teilen tert.-Dodecylmercaptan, 0,7 Teilen C14-Na-Alkylsulfonat als Emulgator, 0,2 Teilen Kaliumperoxodisulfat und 0,2 Teilen Natriumpyrophosphat in 80 Teilen Wasser bei 65ºC ein Polybutadienlatex mit einem Umsatz von 98% erhalten wird, der durch Zusatz von 25 Teilen einer Emulsion eines Copolymeren aus 96 Teilen Ethylacrylat und 4 Teilen Methacrylsäureamid mit einem Feststoffgehalt von 10 Gewichtsteilen zu einer mittleren Teilchengröße von 0,35 mym agglomeriert wird, und nach Zusetzen von 40 Teilen Wasser, 0,4 Teilen Na-C14- Alkylsulfonat und 0,2 Teilen Kaliumperoxodisulfat und 40 Teilen einer Mischung aus Styrol und Acrylnitril im Verhältnis 70:30, die innerhalb von 4 Stunden bei 75ºC zugeführt werden, das Pfropfmischpolymerisat erhalten wird,
6 Gew.-Teile Copolymerisat aus alpha-Methylstyrol/Acryl nitril im Verhältnis 70:30 mit einer Viskositätszahl von 58 ml/g,
14 Gew.-Teile Triphenylphosphat
0,1 Gew.-Teile Polytetrafluorethylen als Batch in 4,9 Gew.-Teile Copolymerisat aus Styrol/Acrylnitril im Verhältnis 80:20 mit einer Viskositätszahl von 83 ml/g, hergestellt indem das Styrol/Acrylnitril-Copolymer in einem Zweiwellenextruder aufgeschmolzen wird, die Teflon (PTFE)-Dispersion in die Schmelze eingepumpt wird und als Strang ausgepresst und granuliert wird,
- Zusammensetzung 4, die die bei Zusammensetzung 3 genannten Komponenten hat, wobei statt Triphenylphosphat Tri(2,6-dimethylphenyl)phosphat enthalten ist."
IV. Mit der am 1. Februar 2006 mündlich verkündeten und am 16. Mai 2006 schriftlich begründeten Entscheidung widerrief die Einspruchsabteilung das europäische Patent aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit. Dies wurde anhand dreier Argumentationslinien begründet.
V. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung legte der Patentinhaber (Beschwerdeführer) am 28. Juni 2006 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein.
Mit der Beschwerdebegründung, eingegangen am 15. September 2006, beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent im Umfang der geänderten Ansprüche, wie sie während der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2006 formuliert und eingereicht worden waren, aufrechtzuerhalten.
Der wesentliche Unterschied der beanspruchten Formmasse zu der in D6 beschriebenen Formmasse, dem nächstliegenden Stand der Technik, liege in dem höheren ABS-Gehalt (d. h. der Komponente B) gemäß Anspruch 1). Die Aufgabe des Streitpatents sei die Bereitstellung von Polycarbonat-Blends mit einer vorteilhaften Kombination von Fließnahtfestigkeit, Kerbschlagzähigkeit und Spannungsrissbeständigkeit. Der zitierte Stand der Technik enthalte keinen Hinweis auf die Lösung dieser Aufgabe.
VI. Der Beschwerdegegner 02 (Einsprechender 02) beantragte in seinem Schreiben vom 29. März die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, da der Beschwerdeführer im Wesentlichen nur eine der drei Argumentationslinien der Einspruchsabteilung angegriffen habe, die zum Widerruf des Patents aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit führten.
Seine weiteren Argumente, soweit sie für diese Entscheidung von Bedeutung sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Die Beschwerde sei zurückzuweisen, da der Disclaimer in Anspruch 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfülle. Durch die extensive Nennung von Prozessschritten im Zusammenhang mit einem Produktanspruch könne die Öffentlichkeit nicht ohne unvertretbaren Aufwand den Schutzumfang des Anspruchs bestimmen.
VII. In seinem Schreiben vom 30. März 2007 beantragte der Beschwerdegegner 01 (Einsprechender 01) die Beschwerde zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Beschwerdebegründung vornehmlich mit der ersten von der Einspruchsabteilung hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit vorgebrachten Argumentationslinie befasst. Gegen die zweite und dritte Argumentationslinie habe der Beschwerdeführer offensichtlich keine Einwände. Somit würde er die auf diesen Argumentationslinien basierenden Einwände hinsichtlich mangelnder erfinderischer Tätigkeit anerkennen.
Seine weiteren Argumente, soweit sie für diese Entscheidung von Bedeutung sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Der Disclaimer in Anspruch 1 sei nicht klar. So schreibe der Disclaimer für das dort erwähnte Polycarbonat eine relative Lösungsviskosität von 1,30 ml/g vor, gebe aber die Temperatur nicht an, bei der die Viskosität zu messen sei. Da die Viskosität von der Messtemperatur abhinge, wäre für den Fachmann nicht klar, welche Zusammensetzung durch den Disclaimer letztendlich ausgeschlossen werde. In diesem Zusammenhang reichte der Beschwerdegegner 01 das Dokument D25 ein:
D25: Römpp Lexikon Chemie, Herausgeber J. Falbe und M. Regitz, 10. Auflage, 1999, Thieme Verlag, 4875-4876.
VIII. Mit Schreiben vom 14. Juni 2007 beantragte der Beschwerdegegner 03 (Einsprechender 03) die Beschwerde zurückzuweisen. Seine Ausführungen, soweit sie für diese Entscheidung von Bedeutung sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Anspruch 1 sei aufgrund des eingeführten Disclaimers unklar. So werde das Pfropfmischpolymerisat in dem Disclaimer anhand eines "Product-by-process-Anspruchs" definiert, in dem die Ausgangsmaterialien in "Teilen" angegeben werden, ohne dass ausgeführt werde, um welche "Teile" es sich handle (Gewichtsteile, Volumenteile, oder andere Teile).
IX. Mit Schreiben vom 6. Mai 2009 bzw. 12. Juni 2009 zogen der Beschwerdeführer und der Beschwerdegegner 03 ihre hilfsweise gestellten Anträge auf mündliche Verhandlung zurück und teilten mit, dass sie an der für den 5. August 2009 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden.
X. Am 5. August 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, zu der, wie angekündigt, der Beschwerdeführer und der Beschwerdegegner 03 nicht erschienen sind. Da sie ordnungsgemäß geladen worden waren, wurde die Verhandlung gemäß Regel 115(2) EPÜ ohne sie fortgesetzt.
a) Nach kurzer Diskussion darüber, inwieweit die drei Argumentationslinien, die die Einspruchsabteilung im Zusammenhang mit der erfinderischen Tätigkeit vorgebracht hat, überhaupt von einander zu trennen seien, hielt der Beschwerdegegner 02 seinen Antrag, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, nicht aufrecht.
b) Die Beschwerdegegner 01 und 02 hielten ihre Anträge auf Zurückweisung der Beschwerde aufrecht.
c) Hinsichtlich des Disclaimers in Anspruch 1 vertrat der Beschwerdegegner 01 weiterhin die Meinung, dass durch die mangelnde Angabe der Messmethode für die relative Lösungsviskosität des im Disclaimer erwähnten Polycarbonats nicht klar sei, was genau vom beanspruchten Bereich ausgenommen werden soll. Insbesondere fehlten die Angaben hinsichtlich der Temperatur, Konzentration und Art des Lösungsmittels. Diese Unklarheit sei auch unter mangelnder Ausführbarkeit zu berücksichtigen.
Außerdem verstoße der Disclaimer gegen Artikel 123(2) EPÜ, da er mehr ausschließe als in den Vergleichsbeispielen der D1 offenbart sei. So offenbare D1 ein Polytetrafluorethylen mit einer bestimmten Dichte und Teilchengröße, während der Disclaimer lediglich allgemein auf Polytetrafluorethylen verweise.
d) Der Beschwerdegegner 02 vertrat die Auffassung, dass durch die Verwendung der Verfahrensmerkmale in dem Disclaimer, der letztendlich ein konkretes Produkt ausschließen soll, für die Öffentlichkeit nicht mehr klar erkennbar sei, was dieser Disclaimer eigentlich ausschließe. So stelle sich für die Öffentlichkeit die Frage, inwiefern eine Variation der Verfahrensmerkmale die Produkteigenschaften ändere. Zum Beispiel stelle sich die Frage, ob eine Zusammensetzung, die unter Verwendung eines Einschneckenextruders anstelle des im Disclaimer geforderten Zweischneckenextruders hergestellt worden sei, unter den Schutzbereich des Anspruchs 1 falle oder nicht.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig. Da die Zulässigkeit nicht mehr strittig ist (Punkt X a), oben), erübrigt sich eine eingehende Diskussion dieses Themas.
2. Änderungen in Anspruch 1 für die Vertragsstaaten DE, FR, GB, NL
2.1 In Anspruch 1 wurde ein Disclaimer aufgenommen, um vier in den Vergleichsbeispielen 1 und 2 der D1 offenbarte Zusammensetzungen auszuschließen. Dabei werden einzelne Komponenten der vier Zusammensetzungen nicht nur durch Produktmerkmale definiert, sondern auch durch das Verfahren zu ihrer Herstellung, insbesondere im Falle des Styrol/Acrylnitril-Pfropfcopolymerisats und des Polytetrafluorethylens (Punkt III, oben). Der Disclaimer enthält somit Elemente eines sog. "Product-by-process-Anspruchs".
Da "Product-by-process-Ansprüche" nach gängiger Rechtssprechung in einem absoluten, d. h. verfahrensunabhängigen Sinne interpretiert werden müssen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage 2006, II.B.6), stellt sich in Analogie dazu bei dem vorliegenden Disclaimer die Frage, inwieweit die Verfahrensparameter für die Charakterisierung des Erzeugnisses überhaupt notwendig sind, d. h. ob bei einer Abwandlung der Verfahrensparameter andere Erzeugnissen erhalten werden. Weder das Streitpatent noch die D1 können in dieser Hinsicht einen Beitrag liefern. Auch der Beschwerdeführer hat auf den entsprechenden Einwand des Beschwerdegegners 02 nicht geantwortet. So bleibt für die Öffentlichkeit unklar, ob die aus der D1 übernommenen Herstellungsverfahren zur Charakterisierung der betreffenden Komponenten notwendig sind, oder ob es sich bei den aufgenommenen Herstellungsverfahren um eine Reihe unwesentlicher, und damit unnötiger, Merkmale handelt. So stellt sich zum Beispiel für den Fachmann bzw. die Öffentlichkeit die Frage, ob eine Zusammensetzung, in der das Polytetrafluorethylen in einen Einwellenextruder anstatt in einen Zweiwellenextruder (wie im Disclaimer gefordert) gepumpt wird, vom Schutzbereich des Anspruchs 1 ausgenommen ist oder nicht. Letztendlich entsteht durch die gewählte Anspruchsformulierung des Disclaimers, die Produkt- mit Verfahrensmerkmalen kombiniert, Unklarheit darüber, was durch den Disclaimer tatsächlich ausgenommen werden soll.
2.2 Daneben enthält der Disclaimer eine weitere Unklarheit, da nicht angegeben ist, wie die für das Polycarbonat geforderte relative Lösungsviskosität von 1,30 ml/g zu messen ist. Obwohl dieser Einwand leicht zu beheben gewesen wäre (zum Beispiel durch Aufnahme der in D1 auf Seite 9, Zeilen 38-39 angegebenen Messbedingungen), hat der Beschwerdeführer auf diesen Einwand des Beschwerdegegners 01 nicht reagiert. Damit bleibt die für diesen Parameter zu verwendende Messmethode, bewusst oder unbewusst, unbestimmt. Da die Messung der relativen Viskosität (etarel = etac/eta0; wobei etac die Viskosität der Lösung mit einer Polymerkonzentration c und eta0 die Viskosität des reinen Lösemittels ist) aber von der Temperatur (siehe z. B. D25), der Polymerkonzentration und der Art des Lösungsmittels abhängt, ist der durch den Disclaimer eingeführte Parameter nicht klar definiert.
2.3 Schließlich enthält auch noch das im Disclaimer beschriebene Herstellungsverfahren für das Pfropfmischpolymerisat eine Unklarheit. Hier wird im Zusammenhang mit den eingesetzten Verbindungen lediglich auf "Teile" verweisen (z. B. 60 Teile Butadien), ohne dass näher definiert wird, ob es sich dabei um Gewichtsteile oder Volumenteile (oder welche Teile auch immer) handelt.
2.4 Aus den obigen Ausführungen folgt, dass der in den Anspruch 1 aufgenommene Disclaimer nicht klar ist. Da aber auch für einen Disclaimer die in Artikel 84 EPÜ verankerten Erfordernisse der Klarheit und Knappheit gelten (siehe G 1/03, ABl. EPA 2004, 413, Punkt 3 der Entscheidungsgründe), ist Anspruch 1 für die Vertragsstaaten DE, FR, GB, NL, nicht gewährbar.
Damit erübrigt sich jede weitere Diskussion, ob der Disclaimer noch andere Mängel aufweist.
3. Da Anspruch 1 des Anspruchssatzes für DE, FR, GB, NL nicht gewährbar ist, ist der einzige Antrag des Beschwerdeführers, der diesen Anspruch 1 enthält, zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.