T 0531/11 28-11-2014
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Verfahren zum spanenden Bearbeiten im wesentlichen zylindrischer, innen- oder aussenverzahnter Zahnräder
GLEASON-PFAUTER,
Maschinenfabrik GmbH
Übertragung der Einsprechendenstellung (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Änderungen zulässig
Änderungen - Hilfsantrag (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 13. November 2002 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 14. Dezember 2001 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 02025260.7 wurde das europäische Patent Nr. 1 319 457 erteilt.
Anspruch 1 lautet:
"Verfahren zum spanenden Bearbeiten im wesentlichen zylindrischer, innen- oder außenverzahnter Zahnräder, bei dem das Werkstück nicht exakt auf der Bearbeitungsmaschine ausgerichtet ist, bei dem also die Radführungsachse (F), die später im Getriebe Drehachse werden soll, nicht mit der Drehachse (D) auf der Bearbeitungsmaschine zusammenfällt und demzufolge bei drehendem Tisch bzw. drehender Werkzeugspindel die Radführungsachse (F) um die Drehachse (D) "taumelt", wobei die Lage der Radführungsachse (F) zur Drehachse (D) der Bearbeitungsmaschine bestimmt und die Verzahnung um die Radführungsachse erzeugt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass man
- zunächst unterstellt, die zur Erzeugung der Verzahnung erforderliche Drehung des Werkstückes um die Radführungsachse (F) und die Verschiebung des Werkzeuges in Richtung der Radführungsachse (F) seien an der Maschine unmittelbar realisierbar, wobei
- in einem Koordinatensystem, bei dem der Index F die Radführungsachse kennzeichnet, mit den Koordinaten
XF für Achsabstand Werkzeug - Werkstück
YF für Position des Werkzeuges in Richtung seiner Achse
ZF für Position des Werkzeuges in Richtung der Werkstückachse
AF für Drehung der Werkzeugachse um XF
BF für Drehung des Werkzeuges um YF
CF für Drehung des Werkstückes um ZF
wie zum Bearbeiten entsprechend dem Stand der Technik die Einstelldaten (ED), also die Positionen, Bahnen und Geschwindigkeiten, festgelegt,
- diese dann auf das tatsächlich an der Maschine vorhandene Koordinatensystem überträgt, indem man sie so senkrecht zur Drehachse (D) verschiebt, dass sich die Radführungsachse (F) und die Drehachse (D) - zum Beispiel in Zahnbreitenmitte - schneiden, und indem man sie um den Schnittpunkt von Radführungsachse (F) und Drehachse (D) um den (*HA neu) Kreuzungswinkel von Radführungsachse (F) und Drehachse (D) so kippt, dass Radführungsachse (F) und Drehachse (D) zusammenfallen und
- mit den so erhaltenen Positionen, Bahnen und Geschwindigkeiten, die sich nun aus Komponenten in Richtung der tatsächlich vorhandenen Maschinenachsen zusammensetzen, das Werkstück bearbeitet."
II. Gegen das erteilte Patent wurde, gestützt auf die Einspruchsgründe des Artikels 100 a), 100 b) und 100 c) EPÜ, Einspruch eingelegt mit dem Antrag auf Widerruf des Patents.
III. Mit ihrer am 15. Dezember 2010 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen. In ihrer Entscheidung waren u.a. die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
D2: DE-A-196 31 620
D3: Siemens "Sinumerik 840D/840Di, Sinumerik 810D(CCU2)/FM-NC" Funktionsbeschreibung, Ausgabe 10.2000
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 24. Februar 2011 Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt und am 26. April 2011 die Beschwerdebegründung eingereicht.
V. In ihrer Beschwerdeerwiderung vom 30. August 2011 vertrat die Beschwerdegegnerin weiterhin ihre Auffassung, das beanspruchte Verfahren sei zumindest mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
VI. Mit Schreiben vom 29. Mai 2012 hat die Beschwerdeführerin einen Hilfsantrag eingereicht.
VII. Die Beschwerdekammer hat in ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung ihre vorläufige Einschätzung der Sachlage mitgeteilt, wonach die Ausführbarkeit der Erfindung sowie die Neuheit nicht in Frage stehen dürften. Sie sehe keinen Anlass, die Begründung mangelnder erfinderischer Tätigkeit durch die Einspruchsabteilung zu beanstanden. Die im Hilfsantrag vorgenommenen Änderungen dürften wegen unzulässiger Zwischenverallgemeinerung prima facie nicht zulässig sein.
VIII. Mit Schreiben vom 21. November 2014 beantragte die Beschwerdegegnerin die Übertragung der Stellung der Einsprechenden Höfler Maschinenbau GmbH auf die Klingelnberg GmbH und legte zum Beleg des Verkaufs des wesentlichen Geschäftsbetriebs verschiedene Dokumente vor.
IX. Am 28. November 2014 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, während der die Beschwerdeführerin jeweils einen geänderten Hauptantrag und Hilfsantrag einreichte. Zur Frage des Übergangs der Einsprechendenstellung führte der Vertreter der Einsprechenden aus, dass er sowohl eine Vollmacht der bisherigen Einsprechenden als auch eine Vollmacht der Klingelnberg GmbH habe, und, dass - sofern dem Antrag auf Übertragung der Einsprechendenstellung nicht stattgegeben werde - er die bisherige Einsprechende weiter vertrete. Eine Kopie einer Vollmacht vom 25. November 2014 zur Vertretung der Firma Höfler Maschinenbau GmbH legte er vor.
Nachdem die Kammer ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt hatte, wonach die mit Schreiben vom 21. November 2014 vorgelegten Unterlagen zum Nachweis des Übergangs der Einsprechendenstellung nicht ausreichen würden, erklärte der Vertreter der Einsprechenden, dass er den Antrag auf Übertragung der Einsprechendenstellung zurückziehe.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin führte daraufhin aus, dass er mit Nichtwissen bestreite, dass die Höfler Maschinenbau GmbH noch existiere. Er beantragte, die Kammer möge feststellen, dass die Höfler Maschinenbau GmbH nicht mehr existiere und diese daher nicht mehr vertreten werde.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent gemäß dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag A, beide eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2014, aufrecht zu erhalten.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Hauptantrag:
Anspruch 1 beruht auf dem erteilten Anspruch 1, bei dem im vorletzten Abschnitt (siehe oben I.) an der Stelle (*HA neu) eingefügt wurde:
"... von Null verschiedenen ..."
Hilfsantrag:
Anspruch 1 des Hilfsantrags umfasst den Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, an dessen Ende angefügt wurde:
"... wobei die Bearbeitungsmaschine aufweist:
ein Bett(8), das aus einem Tisch- und einem Ständerunterteil besteht, auf dem ein Radialschlitten (9) in X-Richtung verfahrbar ist, wobei der Radialschlitten (9) einen Axialschlitten (10) trägt, der in Z-Richtung verfahrbar ist, und sich auf dem Axialschlitten (10) ein Schwenkkopf (11) befindet, der um eine Achse A schwenkbar ist und das Werkzeug mit einem entsprechenden Antrieb trägt, mit dem das Werkzeug um die B-Achse drehbar ist, wobei das Werkzeug in Richtung seiner Achse, also in Y-Richtung, verschiebbar ist, und sich auf dem Tischunterteil ein Tisch (12) befindet, der um die C-Achse drehbar ist und auf dem das zu bearbeitende Werkstück aufgenommen ist."
X. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Änderung des Hauptantrags komme aus der Beschreibung, Patent (Abschnitt [0022]) und A-Dokument (Abschnitt [0017]). Dort sei klar und eindeutig angegeben, dass die Führungsachse und die Drehachse normalerweise windschief zueinander verlaufen. Nur im Sonderfall seien diese Achsen parallel. Daher sei ein von Null verschiedener Kreuzungswinkel der Achsen offenbart.
Das Verfahren nach Anspruch 1 beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Ausgehend von D2 als nächstkommendem Stand der Technik werde eine einfachere Lösung erreicht, indem durch einfache Translation und anschließendes "Kippen" der Radführungsachse in die Drehachse mit den vorhandenen Maschinenachsen die vollständige Kompensation der Fehlaufspannung erreicht werde. In dem Verfahren nach D2 sei demgegenüber eine weitere Maschinenachse erforderlich, um den Werkzeugkopf zusätzlich zu verschwenken, was sich aus dem dortigen Bild 5 (Yw"=Ywend) mit Beschreibung (Sp. 4, Z.65 bis Sp. 5, Z. 3) klar ergebe.
In den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag seien die vollständigen Merkmale der Bearbeitungsmaschine aufgenommen worden, mit der das Verfahren durchgeführt werde. Die Änderungen seien z.B. in Figur 1 und Absatz [0006] und [0007] der ursprünglichen Beschreibung eindeutig offenbart. Das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ sei damit erfüllt. Durch die abschließende Aufzählung werde verdeutlicht, dass es sich um eine Standardmaschine handle, die einfacher aufgebaut sei als die aus D2 bekannte Maschine und mit weniger Achsen das angestrebte Ergebnis erziele.
XI. Die Beschwerdegegnerin argumentierte, der geänderte Antrag solle nicht zugelassen werden, da er verspätet eingereicht sei und die Änderung, nämlich ein von Null verschiedener Kreuzungswinkel, nicht eindeutig offenbart sei. Das Patent behandle die Fälle von windschief und parallel verlaufender Radführungsachse und Drehachse gleichermaßen, so dass die Isolierung eines bestimmten Falles nicht zulässig sei. Beim Verschieben der Achsen könne sich auch der Kreuzungswinkel 0 ergeben, so dass die Lehre unklar und nicht ausführbar sei.
Das beanspruchte Verfahren beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da es in gleicher Weise wie in D2 die Taumelbewegung des Werkstücks durch Koordinatentranslation der Maschinenachsen kompensiere. Eine Korrektur durch Verschwenken des Werkzeugkopfes sei auch nicht erforderlich, denn der Fachmann sei mit seinen fachlichen Fähigkeiten ohne weiteres in der Lage, das Werkzeug mit den vorhandenen 5 Achsen in jede für die Bearbeitung erforderliche räumliche Lage zu bringen, was sich z.B. aus D3 als Beleg für das fachliche Wissen ergebe. Deshalb würde er die Angabe in D2, wo von einer Drehung des Koordinatensystems die Rede ist, so verstehen, dass die Koordinaten überlagert werden, ohne eine zusätzliche Schwenkachse in Betracht ziehen. Damit komme der Fachmann zu einem äquivalenten Verfahren, ohne erfinderisch tätig zu werden.
Die Aufnahme der Maschinenmerkmale in den Anspruch nach Hilfsantrag sei keine abschließende Aufzählung, sondern lasse Raum für weitere Freiheitsgrade. Da sie den Anspruch nicht einschränkten, lieferten sie auch keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit. Zudem bedeuteten sie eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung aus der Beschreibung, da die Figur 1 weitere Merkmale enthalte. Der Antrag sollte daher nicht zugelassen werden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Übertragung der Einsprechendenstellung
2.1 Zunächst ist zu bemerken, dass der Vertreter der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer seinen Antrag auf Übertragung der Einsprechendenstellung auf die Klingelnberg GmbH im Hinblick auf die vorläufige Auffassung der Kammer zurückgenommen hat, wonach den eingereichten Unterlagen nicht entnommen werden könne, ob jener Teil des Geschäftsbetriebs der Beschwerdegegnerin übertragen wurde, zu dem der Einspruch gehört, sodass die eingereichten Dokumente für den Nachweis des behaupteten Übergangs der Einsprechendenstellung nicht ausreichend wären. Über diesen Antrag ist daher nicht mehr zu entscheiden.
2.2 Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat im Hinblick auf den vorgelegten Auszug eines Unternehmenskaufvertrags mit Nichtwissen bestritten, dass die ursprüngliche Einsprechende, d.h. die Höfler Maschinenbau GmbH, noch bestehe, und dass diese noch vertreten werden könne, und beantragte, die Beschwerdekammer möge eine feststellende Entscheidung über das Nichtbestehen der Einsprechenden treffen. In diesem Zusammenhang führte der Vertreter der Beschwerdeführerin aus, dass im Hinblick auf den eingereichten Auszug des Unternehmenskaufvertrags zwischen der Höfler Maschinenbau GmbH und der Klingelnberg GmbH davon auszugehen sei, dass die Einsprechende im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge auf die Klingelnberg GmbH übergegangen sei, und deshalb weder existiere noch vertreten werden könne.
2.3 In diesem Zusammenhang möchte die Beschwerdekammer auf § 1(4) des vorgenannten Auszugs aus dem Unternehmenskaufvertrag hinweisen, wonach das Unternehmen der Höfler Maschinenbau GmbH "im Wege der Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern" verkauft worden ist. Es handelt sich nach dem Wortlaut des Vertrags demnach gerade nicht um eine Gesamtrechtsnachfolge, wie vom Vertreter der Beschwerdeführerin behauptet. Der Vertrag bietet daher auch keine geeignete Grundlage, am Bestehen der Beschwerdegegnerin zu zweifeln, da dieser die Rechtspersönlichkeit derselben unberührt lässt. Zudem sind auch keine sonstigen Indizien aktenkundig, das Bestehen derselben in Frage zu stellen. Im Gegenteil, der Vertreter der Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eine am 25. November 2014 von Herrn Gerd Bister unterzeichnete Vollmacht der Einsprechenden vorgelegt, und überdies erklärt, dass die Einsprechende seinem Informationsstand nach noch bestehe. Dies deckt sich auch mit den Unterlagen, die der Vertreter der Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 21. November 2014 vorgelegt hat. Denn sowohl in der Erklärung vom 6./7. November als auch in der Bestätigung vom 20. Oktober 2014 wird auf die Eintragung der Höfler Maschinenbau GmbH im Handelsregister des Amtsgerichts Mannheim Bezug genommen. Herr Gerd Bister, der in der vorgenannten Bestätigung offenbar für die Einsprechende unterzeichnet hat, ist zudem im vorgelegten Auszug aus dem Unternehmenskaufvertrag als Geschäftsführer der Einsprechenden genannt, sodass auch keine Anhaltspunkte bestehen, an der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Vollmacht, die eben von Herrn Gerd Bister unterzeichnet wurde, zu zweifeln.
2.4 Die Beschwerdekammer sieht daher weder Anhaltspunkte, das Bestehen der Person der Beschwerdegegnerin, noch die Wirksamkeit der Vertretungsbefugnis des zugelassenen Vertreters in Frage zu stellen, insbesondere weil das Bestreiten durch die Beschwerdeführerin lediglich auf Nichtwissen beruht, und somit jede weitere Untermauerung durch Tatsachenbehauptungen oder schriftliche Nachweise fehlte. Der Vollständigkeit halber ist zudem anzumerken, dass das Vorbringen des Vertreters der Beschwerdeführerin zur Frage des Übergangs der Einsprechendenstellung nicht stimmig erscheint, denn würde es sich tatsächlich um eine Gesamtrechtsnachfolge handeln, wie vorgebracht, so wäre die Klingelnberg GmbH damit automatisch in die Einsprechendenstellung eingetreten (vgl. T 6/05 und T 425/05), sodass sich die Frage des Bestehens der ursprünglichen Einsprechenden gar nicht mehr stellen würde.
Die Beschwerdekammer gelangte daher zu der Schlussfolgerung, dass der ursprünglichen Einsprechenden weiterhin die Stellung als Beschwerdegegnerin zukommt und diese auch vertreten ist.
3. Hauptantrag (Artikel 56 EPÜ)
3.1 Die Einwände der Beschwerdegegnerin gegen die Zulassung des Hauptantrags unter Artikel 13(1) VOBK können für diese Entscheidung außer Acht gelassen werden, weil der Hauptantrag wie nachstehend dargelegt nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend befunden wurde.
3.2 Nächstkommender Stand der Technik ist D2, wo ein Verfahren zum spanenden Bearbeiten von Zahnrädern offenbart ist, bei dem das Werkstück nicht exakt auf der Bearbeitungsmaschine ausgerichtet ist. Dabei werden die die Koordinaten des schief aufgespannten Werkstücks erfasst, die Abweichungen von der exakten Lage auf das Koordinatensystem der Bearbeitungsmaschine transformiert, und mit den so erhaltenen Daten wird das Werkstück bearbeitet.
3.3 Dem Verfahren nach Anspruch 1 des Patents und dem Stand der Technik nach D2 liegt insoweit die gleiche Aufgabe zugrunde, als nicht positionsgenau aufgespannte Zahnradrohlinge in dieser Position maßgenau herstellbar sind, indem die Positionsabweichungen festgestellt und rechnerisch den Maschinenkoordinaten überlagert werden, anhand derer die Bewegungen des jeweiligen Werkzeugs gesteuert werden. Diese Aufgabe wird mit dem Verfahren nach D2 in äquivalenter Weise gelöst.
3.4 Die Beschwerdeführerin argumentierte, mit ihrem Verfahren werde der Erfolg auf einfachere Weise erzielt, indem das Verfahren auf einer herkömmlichen Maschine mit weniger Freiheitsgraden als in D2 ausgeführt werden könne. Dazu sei nur eine rechnerische Verschiebung der Radführungsachse (F) zum Schnitt mit der Drehachse (D) und anschließendes Kippen der Radführungsachse (F) zu Deckung mit der Drehachse (D) erforderlich. Beim Verfahren nach D2 sei hingegen noch eine weitere Korrektur durch Drehung des Werkzeugkoordinatensystems um die Xw-Achse notwendig (Sp. 4, Z. 65 bis Sp. 5, Z. 3), was etwa einem Kippen des Werkzeugkopfes zum Werkstück hin entspreche. Ein solcher Freiheitsgrad sei bei ihrem Verfahren nicht erforderlich.
3.5 Die Beschwerdegegnerin trug vor, D2 spreche nur von einer Drehung des Werkzeugkoordinatensystems, weshalb eine tatsächliche Drehung in einem weiteren Freiheitsgrad nicht notwendig sei. Im fachmännischen Wissen, das z.B. durch D3 belegt sei, liege die Möglichkeit, eine beliebige Positionierung des Werkzeugs mit nur fünf Freiheitsgraden darzustellen. Daher sei das Verfahren nach D2 gleichermaßen für die Ausführung auf einer herkömmlichen Werkzeugmaschine geeignet.
3.6 Die Kammer kommt zu dem Schluss, dass gemäß D3 (Kurzbeschreibung, 1.1 5-Achs-Transformation) drei Linearachsen X, Y und Z sowie zwei Rundachsen (Drehachsen) für die beliebige Orientierung des Werkzeugs zum Werkstück ausreichen. Der Fachmann würde diese Lehre ohne weiteres aufgreifen, um die Koordinatentransformation mit vorhandenen fünf Achsen durchzuführen, ohne einen zusätzlichen Freiheitsgrad einzuführen. Da das beanspruchte Verfahren - auch in Hinblick auf die vorgebrachte Vereinfachung gegenüber D2 - somit allein mit fachmännischem Können und Wissen erreicht wird, kann es nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend gelten.
4. Hilfsantrag (Artikel 123(2) und 56 EPÜ, Artikel 13(1) VOBK)
4.1 Nach Artikel 114(2) EPÜ 1973 braucht das Europäische Patentamt Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen. Hierzu bestimmt Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK), dass es im Ermessen der Kammer steht, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern wird deshalb ein später Antrag nur zum Verfahren zugelassen, wenn er bestehende Kritikpunkte ausräumt ohne neue Probleme aufzuwerfen und folglich prima facie als gewährbar erscheint.
4.2 In den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag wurden zusätzlich Merkmale aufgenommen, die die Bearbeitungsmaschine aufweist. In der Beschreibung ist die Maschine, auf der das Verfahren gemäß Anspruch 1 durchgeführt werden soll, nicht nur wie in Absatz [0006] und [0007] der ursprünglichen Anmeldung offenbart, sondern sie enthält weitere Merkmale (z.B. Messtaster - siehe Absatz [0009]), die wenigstens prima facie funktional und strukturell zusammen mit den anderen eingebrachten Merkmalen der Maschine offenbart sind. Da Anspruch 1 nicht alle miteinander in Kombination offenbarten Merkmale zur Durchführung des beanspruchten Verfahrens aufgenommen wurden, verstößt der Gegenstand des Anspruchs 1 daher prima facie gegen das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ.
4.3 Außerdem handelt es sich dabei um grundsätzliche Merkmale einer bekannten Maschine, ohne dabei erkennbar eine abschließende Aufzählung aller Merkmale darzustellen. Diese strukturellen Merkmale können daher zum beanspruchten Verfahren auch keinen erfinderischen Beitrag leisten, so dass dieses Verfahren ebenfalls nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend gelten kann (Artikel 56 EPÜ).
Da der Antrag wenigstens prima facie nicht als gewährbar erscheint, wurde er nicht in das Verfahren zugelassen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.