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T 0177/83 29-08-1984
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Verfahren zur Herstellung von Stäben oder Rohren konstanten Profils aus Faserverbundwerkstoffen
Mündliche Beschreibung
Vollständige Lehre eines Anspruchs
oral prior use
complete teaching of a claim
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 26. Juli 1978 angemeldete europäische Patentanmeldung Nr. 78 100 512.9, für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 06. August 1977 in Anspruch genommen wird, ist mit Wirkung vom 23. Juli 1980 das zwei Patentansprüche umfassende europäische Patent 0 000 734 erteilt worden.
II. Nachdem die Sportex GmbH & Co, D-7910 Neu-Ulm (Bundesrepublik Deutschland), gestützt auf Artikel 100 a)EPÜ gegen das erteilte Patent Einspruch eingelegt hatte, hat die Einspruchsabteilung das Patent durch Entscheidung vom 19. September 1983 mit der Begründung widerrufen, das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 sei vor dem Prioritätstag der Anmeldung der Öffentlichkeit durch mündliche Beschreibung zugänglich gemacht worden und daher im Hinblick auf Artikel 52(1) EPÜ nicht patentfähig.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin am 06. Oktober 1983 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 20. Dezember 1983 schriftlich begründet.
IV. Ihren in der Beschwerdeschrift gestellten Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang für alle benannten Vertragsstaaten aufrechtzuerhalten, hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 1984 durch den Antrag ersetzt das Patent mit den gleichzeitig überreichten beiden Ansprüchen und der ebenfalls überreichten Beschreibung aufrechtzuerhalten.
Der Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Herstellung von Stäben oder Rohren konstanten Profils aus Faserverbundwerkstoffen, wobei kontinuierlich mit flüssigen Reaktionsharzen imprägnierte Stränge aus Faserwerkstoffen sowohl mit Fasern oder Monofilen umwickelt oder umflochten als auch in einer Härtungsstrecke ausgehärtet werden, dadurch gekennzeichnet, daß die imprägnierten Stränge zur Profilgebung ohne Formgebungseinheit unmittelbar nach der Imprägnierung oder im Bereich einer Vorhärtungsstrecke mit schrumpffähigen Fasern oder Monofilen aus Polyamiden, thermoplastischen Polyestern, Polycarbonaten, Polyacrylnitril, Modacryl, Polyolefinen, Polyvinylchlorid, Polytetrafluorethylen, Polyvinylalkohol oder Polyurethan umwickelt oder umflochten werden, deren Schrumpfkräfte beim nachfolgenden Vorhärtungs- oder Härtungsprozeß frei werden".
Die Patentinhaberin führt in der Beschwerdebegründung und in der mündlichen Verhandlung aus, das Verfahren nach Anspruch 1 sei mündlich nicht vorbeschrieben oder offenkundig vorbenutzt und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.
V. Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verweist noch auf die deutsche Offenlegungsschrift 1 907 355, die französische Patentschrift 1 214 712 sowie die USA-Patentschriften 2 602 766, 2 694 661, 2 723 705 und 2 749 643 und meint, schon aufgrund diesen Stands der Technik, insbesondere aber unter Berücksichtigung des mündlich vorbeschriebenen Verfahrens habe das Verfahren nach Anspruch 1 nahegelegen.
VI. Nach Beratung der Kammer teilte der Vorsitzende den Beteiligten mit, daß die Kammer beabsichtige, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen aufrechtzuerhalten, und daß die Frist nach Regel 58(4) EPÜ mit dem Tag der mündlichen Verhandlung zu laufen beginne.
VII. Die Einsprechende hat in einem am 16. August 1984 eingegangenen Schriftsatz zu dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung Stellung genommen. Sie ist der Auffassung, daß dem Gegenstand des Patents auch in der geänderten Fassung der Patentansprüche die Patentfähigkeit mangels erfinderischer Tätigkeit fehle. Im übrigen werde die in den geänderten Unterlagen genannte Aufgabe durch das Verfahren nach Anspruch 1 nicht gelöst und fehle ein Nachweis, daß die beschriebenen Vorteile des Verfahrens wirklich durch Schrumpfkräfte und nicht durch andere Eigenschaften der im Anspruch 1 erwähnten Faserwerkstoffe bedingt seien.
VIII. Von der Anmelderin ist am 16. August 1984 eine Reinschrift der in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen eingereicht worden.
IX. Wegen des Wortlauts der erteilten Patentansprüche und der Beschreibung wird auf die europäische Patentschrift 0 000 734 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Der geltende Patentanspruch 1 unterscheidet sich von dem erteilten Anspruch 1 durch eine Beschränkung hinsichtlich der zum Umwickeln oder Umflechten in Betracht kommenden Werkstoffe für die Fasern oder Monofile sowie durch die nachstehend erörterten Änderungen.
2.1 Nach Zeile 1 der erteilten Fassung betraf der Anspruch 1 ein Verfahren zur Herstellung von Profilen. Den Erläuterungen der Erfindung in der Beschreibung sowie dem Anspruch 2 entnimmt der Fachmann, daß die Angabe "Herstellung von Profilen" dahingehend zu verstehen ist, daß mit dem Verfahren Stäbe mit Vollquerschnitt und Rohre hergestellt werden sollen, deren Profil jeweils über die ganze Länge einen konstanten Umriß hat. Diesen Sachverhalt gibt die geänderte Fassung der Zeile 1 des Anspruchs klarer wieder.
2.2 Gegen die Umstellung der Worte "unmittelbar nach der Imprägnierung oder im Bereich einer Vorhärtungsstrecke" vom Oberbegriff in den kennzeichnenden Teil des Anspruchs hat die Kammer ebenfalls keine Bedenken.
Nach der Beschreibung ist das Umwickeln oder Umflechten der mit flüssigem Reaktionsharz imprägnierten Stränge unmittelbar im Anschluß an das Imprägnieren oder erst nach einem Vorhärtungsprozeß eines der wesentlichen Merkmale, durch das sich das Verfahren nach der Erfindung von dem Verfahren nach der deutschen Offenlegungsschrift 1 504 197, von dem der Oberbegriff des Anspruchs 1 abgeleitet ist, unterscheidet. Zwischen dem erteilten Anspruch und der Beschreibung bestand daher insofern ein Widerspruch, als im Oberbegriff dieses Anspruchs nicht nur das Umwickeln oder Umflechten der Strange mit Fasern oder Monofilen, sondern auch das Verfahrensstadium, in dem dies geschehen soll, angegeben war. Aufgrund der näheren Erläuterung der im Anspruch niedergelegten Lehre in der Beschreibung und aus einem Vergleich dieser Lehre mit dem als Stand der Technik beschriebenen Verfahren nach der deutschen Offenlegungsschrift 1 504 197, aus dem sich ergibt, daß bei diesem Verfahren die Stränge nicht in einem dieser Verfahrensstadien umflochten oder umwickelt werden, erkennt der sachverständige Leser ohne weiteres, daß die das Verfahrensstadium spezifizierende Angabe ersichtlich irrtümlich in den Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgenommen war. Ihre Umstellung in den kennzeichnenden Teil des Anspruchs war daher zur Beseitigung des Widerspruchs zwischen Anspruch und Beschreibung und zur Klarstellung, was in Verbindung mit den zum Stand der Technik gehörenden Merkmalen geschützt werden soll, geboten.
Artikel 123(3) EPÜ steht dieser Umstellung nicht entgegen. Durch sie wird der Gegenstand des Anspruchs nicht geändert und daher der Schutzbereich des Anspruchs nicht erweitert.
2.3 Die vorstehenden Gründe gelten auch für die Aufführung der Faser- oder Monofileigenschaft "schrumpffähig" im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1. Der näheren Erläuterung des Verfahrens nach der Erfindung in der Beschreibung und der Schilderung des Verfahrens nach der deutschen Offenlegungsschrift 1 504 197 entnimmt der sachverständige Leser, daß diese für die mit der Erfindung bezweckte Formgebung der Stäbe oder Rohre wesentliche Eigenschaft, die sich aus der Spezifikation der Fasern oder Monofile ergibt, im erteilten Patentanspruch 1 Offensichtlich ebenfalls versehentlich in dessen Oberbegriff aufgeführt war.
2.4 Durch die Einfügung der Angabe "zur Profilgebung ohne Formgebungseinheit", die auf Spalte 3, Zeilen 34-42, der europäischen Patentschrift 0 000 734 zurückgeht, wird im Anspruch 1 präzisiert, was bei dem Verfahren nach der Erfindung mit dem Umwickeln oder Umflechten des Strangs bezweckt wird. Unklarheiten darüber, was im vorliegenden Zusammenhang unter "Profilgebung" zu verstehen ist, können aufgrund der Erläuterungen in der Beschreibung nicht entstehen. Aus ihnen ergibt sich, daß es bei der Erfindung darum geht, die auf die Vorformgebung folgende Formgebung zum konstanten Profil ohne das bisher für diesen Vorgang benötigte Werkzeug, z.B. eine formgebende Düse oder - bei Rohren - eine Außenform, vorzunehmen.
2.5 Die Änderungen der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 stellen demnach nur Klarstellungen oder Präzisierungen dar. Sie sind deshalb zulässig.
3. Nach der Beschreibung liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, das konstante Profil von Stäben oder Rohren ohne Formgebungseinheit zu erzeugen.
4. Die Einsprechende meint, diese Aufgabe werde durch das Verfahren nach Anspruch 1 nicht gelöst, da bei ihm von einer Ausgangsdüse am Ende des Tränkbads Gebrauch gemacht werde. Zu diesem Einwand ist auf dis Ausführungen im Abschnitt 2.4 zu verweisen. Aus den dortigen Erläuterungen darüber, was im Rahmen der Erfindung unter der Erzeugung das konstanten Profils (Profilgebung) ohne Formgebungseinheit zu verstehen ist, ergibt sich, daß es bei der Erfindung nicht um die Einsparung dieser nur zur Vorformgebung dienenden Düse, sondern des der endgültigen Formgebung dienenden Werkzeugs geht. Zum Beispiel 4 ist anzumerken, daß auch bei ihm eine Profilgebung durch Schrumpfkräfte erfolgt. Diese Kräfte werden zwangsläufig während der auf die Kreuzumwicklung folgenden Vorhärtung frei. Daher ist bei der in diesem Beispiel noch vorgesehenen Kalibrierung durch Rollenpaare ein Stab mit konstantem Profil vorhanden.
5. Die Einsprechende bemängelt ferner, daß für das Verfahren mindestens auch noch genaue Verarbeitungsbedingungeen und die Angabe der diesen Bedingungen Rechnung tragenden Eigenschaften der Werkstoffe erforderlich seien. Sollte die Einsprechende meinen, daß die Lehre des Patentanspruchs 1 insoweit unvollständig sei, so könnte die Kammer dem nicht folgen. Sie ist der Auffassung, daß die Angabe dieser je nach Ausgangsbedingungen unterschiedlichen Werte nicht in den Patentanspruch 1 gehört, da dieser bekanntlich nur die wesentlichen Merkmale der Erfindung enthalten soll, also dem Fachmann nicht in allen Einzelheiten vorschreiben muß, was er zu tun hat, um die jeweils geeignete Lösung zu finden.
Die von der Einsprechenden vermißten Werte enthält zwar auch nicht die Beschreibung. Sie liefert dem Fachmann nach Ansicht der Kammer jedoch die Informationen, mit denen er aufgrund seines Fachwissens die jeweils in Betracht kommenden Werte ohne weiteres, beispielsweise durch Versuche, ermitteln kann. Gründe dafür, daß die etwa erforderlichen Versuche das übliche Maß überschreiten und eine erfinderische Tätigkeit erfordern, was zu einer anderen Beurteilung der Frage, ob die Angaben in den geltenden Unterlagen genügen, um die Erfindung ausführen zu können, Anlaß geben könnte, sind nämlich nicht ersichtlich oder von der Einsprechenden genannt worden.
Die Angabe dieser Werte ist demnach nicht erforderlich, und die durch den Patentanspruch 1 vermittelte Lehre ist deshalb ausreichend, um nach ihr mit Erfolg arbeiten zu können.
Daß mit dieser Lehre eine Profilgebung ohne Formgebungseinheit erreicht wird, hat auch die Einsprechende nicht bestritten. Schon aus diesem Grund braucht auf ihre Vermutung, daß die Schrumpfkräfte primär hierfür nicht verantwortlich seien, nicht näher eingegangen zu werden. Im übrigen ergibt sich aus den von der Einsprechenden vorgelegten Versuchsergebnissen mit einem bestimmten Faden aus einem der im Patentanspruch 1 aufgeführten Materialien, daß auch unter den Versuchsbedingungen das Auftreten von Schrumpf nicht ausgeschlossen ist.
6. Zur Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 ist folgendes auszuführen:
6.1 Nach Prüfung der im Recherchenbericht aufgeführten sowie der von der Einsprechenden im Beschwerdeverfahren genannten Veröffentlichungen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß das Verfahren nach Anspruch 1 durch keines dieser Dokumente bekanntgeworden ist. Das braucht durch Aufführen von Unterschieden zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und den durch diese Veröffentlichungen vermittelten Lehren nicht näher begründet zu werden, da die Einsprechende gegenüber diesem Stand der Technik die Neuheit des vorfahrens nach Anspruch 1 nicht bestritten hat.
6.2 Das Verfahren nach Anspruch 1 stimmt auch nicht mit dem nach Behauptung der Einsprechenden durch mündliche Beschreibung und offenkundige Vorbenutzung Stand der Technik gewordenen Verfahren überein.
6.2.1 Die als Zeugen benannten Herren Böning und Fessler bekunden in ihren eidesstattlichen Erklärungen vom 24. bzw. 30. Juni 1982, Herr Böning habe im Verlauf der Besprechung am 19. März 1976 von einem Verfahren zum Herstellen von Glasfaser-Kunststoff-Verbundstäben berichtet, mit dem es möglich sei, den Stäben die von Herrn Fessler wegen deren vorgesehener Verwendung als Zuganker geforderte "rauhe" Oberfläche, worunter nach der Erklärung des Herrn Fessler eine Oberfläche ähnlich wie bei Torstahl zu verstehen ist, zu geben. Die rauhe Oberfläche werde durch die beim Aushärten eintretende Schrumpfung einer Perlonschnur erreicht, mit der die mit Kunstharz getränkten Glasfaserstäbe vor dem Aushärten umwickelt würden. Gemäß der eidesstattlichen Erklärung des Herrn Fessler vom 23. März 1983 hat Herr Böning nach Kenntnisnahme von einem ihm vorgelegten Muster eines GFK-Stabs der Firma Moon, S-78200 Malung, weiter ausgeführt, daß nach diesem Verfahren auch diese GFK-Stäbe hergestellt würden.
Das in der Besprechung beschriebene Verfahren war demnach dazu bestimmt, Stäbe mit veränderlichem Profil herzustellen. Es erfüllt daher schon nicht den Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
6. 2.2 Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn davon ausgegangen wird, daß sich aus den nach den eidesstattlichen Erklärungen der Herren Böning, Klinkisch und Stieler nach dem vorstehenden Verfahren hergestellten umwickelten und an die Firma Duritwerke Kern & Co. gelieferten GFK-Stäben (aus dieser Lieferung soll das vorgelegte Muster stammen) Schlüsse auf das zu ihrer Herstellung angewendete Verfahren ziehen ließen. Sie hätten für die hier zu entscheidende Frage der Neuheit ebenfalls zu dem Ergebnis geführt, daß es sich um ein Verfahren zum Herstellen von Stäben mit veränderlichem Profil handele.
6.2.3 Auch wenn also unterstellt wird, daß das in den eidesstattlichen Erklärungen geschilderte Verfahren der Öffentlichkeit durch mündliche Beschreibung und durch Benutzung zugänglich gemacht worden ist, so ist auch diesem Verfahren gegenüber die Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 anzuerkennen.
7. Zur Frage, ob das Verfahren nach Anspruch 1 nahegelegen hat, ist nachstehendes auszuführen:
7.1 Die deutsche Offenlegungsschrift 1 504 197 vermittelt die Lehre, für die auf die Vorformgebung folgende endgültige Formgebung von Stäben oder Rohren mit konstantem Profil eine Formgebungseinheit (Düse 6) zu verwenden. Eine Anregung zu den in Anspruch 1 angegebenen Maßnahmen, mit denen das konstante Profil ohne Zuhilfenahme einer solchen Formgebungseinheit erzeugt wird, konnte auch das zu dem bekannten Verfahren gehörende Umwickeln der imprägnierten Stränge mit Fasermaterial nicht geben. Bei diesem Verfahren erfolgt die endgültige Formgebung der Stränge durch die Düse 6 nicht in der Hartegtrecke, sondern schon vor der Härtung. Die Umwicklung dient dazu, die durch die Düse 6 festgelegte Form der Stäbe oder Rohre während der Härtung zu erhalten, und wird zu diesem Zweck unter Zug auf die die Düse verlassenden Stränge aufgebracht. Diese Veröffentlichung enthält daher nichts, was den Fachmann in Richtung auf den im Anspruch 1 eingeschlagenen Weg zur Profilgebung ohne Formgebungseinheit lenken konnte.
7.2 Auf diesen Weg wird der Fachmann auch nicht durch das in der USA-Patentschrift 2 602 766 und der französischen Patentschrift 1 214 712 beschriebene Umwickeln vorgeformter Stränge vor dem Härten gewiesen.
Gemäß der USA-Patentschrift findet das Umwickeln vor dem Eintauchen der Stränge in das Kunstharz statt. Dann werden die imprägnierten Stränge durch Verdichten in einer Formgebungseinheit in die endgültige Form gebracht und anschließend gehärtet. Im übrigen wird in der Patentschrift vorgeschlagen, zum Umwickeln Glasfasern, die bekanntlich unter Wärmeeinwirkung nicht schrumpfen, zu verwenden. Die Verwendung von Glasfasern wird auch in der französischen Patentschrift 1 214 712 empfohlen. Bei dem Verfahren nach dieser Patentschrift werden die Stränge zwar erst nach dem Imprägnieren umwickelt, darauf jedoch ebenfalls vor dem Härten durch eine Formgebungseinheit geführt. Diese Verfahren können den Fachmann schon wegen der bei ihm vorgesehenen Verwendung einer solchen Einheit nicht zu dem Verfahren nach Anspruch 1 anregen.
7.3 Diese Beurteilung gilt auch für das durch die USA-Patentschrift 2 694 661 bekanntgewordene Verfahren zum Herstellen von Stäben oder Rohren aus mit Kunstharz imprägnierten Fasersträngen. Mit diesem Verfahren soll verhindert werden, daß die fertigen Stäbe oder Rohre eine rauhe Oberfläche aufweisen, wie sie bisher auftrat, wenn die imprägnierten Stränge nach dem Bündeln mit Bändern umwickelt wurden, die sie während des anschließenden Aushärtens in ihrer Lage im Bündel halten. Um die erstrebte glatte Oberfläche zu erreichen, wird nach dem Vorschlag dieser Patentschrift eine schlauchförmige Hülle aus einem glatten, schrumpffähigen Material verwendet, die beim Aushärten durch ihre Schrumpfung das Bündel zusammenpreßt und dadurch zur Bildung einer glatten Oberfläche führt. Diese Hülle wird im übrigen anschließend wieder entfernt. Die Lehre, eine solche Oberfläche durch eine das Strangbündel auf ganzer Länge umschließende Hülle zu schaffen, legt es nicht nahe, die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe dadurch zu lösen, daß die imprägnierten Stränge mit sie je nach den gewünschten Eigenschaften in unterschiedlichem Maß bedeckenden Fasern oder Monofilen aus den im Anspruch 1 aufgeführten schrumpffähigen organischen Materialien umwickelt oder umflochten werden.
7.4 Eine Anregung, Fasern oder Monofile zu diesem Zweck zu benutzen, gibt auch die französische Patentschrift 1 124 516 nicht. Das durch diese Patentschrift bekanntgewordene Umwickeln eines Rohrs mit einer unter Zug stehenden Polyamidfaser (Nylon) erfolgt nach dem Aushärten des zu umwickelnden Rohrs, d.h. nach erfolgter Formgebung.
7.5 In eine andere Richtung weist die USA-Patentschrift 2 749 643 den Fachmann. Mit dem in ihr beschriebenen Umwickeln eines aus imprägnierten Faserbündeln bestehenden Rohrs mit einem Zellophanstreifen wird bezweckt, die imprägnierten Fasern zusammenzupressen und für den anschließenden Härtungsprozeß in der gewünschten Form zu halten. Eine Formgebung durch den Streifen oder gar während des Härtens ist also nicht beabsichtigt. Im übrigen führt die in der Zeichnung der Patentschrift dar gestellte Ausführung der Umwicklung zur Ausbildung einer unregelmäßigen Oberfläche.
7.6 Die übrigen Veröffentlichungen und die von der Patentinhaberin genannte schwedische Patentschrift 77 032 42-3, die in der mündlichen Verhandlung nicht besprochen worden sind, liegen vom Gegenstand des Anspruchs 1 weiter ab als die vorstehend erörterten Dokumente. Sie enthalten daher ebenfalls nichts, was für sich oder in Verbindung mit dem Inhalt der anderen Dokumente das Verfahren nach Anspruch 1 nahelegen kann.
7.7 Bei dem Verfahren, von dem Herr Böning Herrn Fessler berichtet haben soll, ging es, wie schon erwähnt, darum, einem GFK-Stab eine rauhe Oberfläche, also ein nicht konstantes Profil zu geben. Mit der nach den Erklärungen der Zeugen zu diesem Zweck vorgesehenen Umwicklung der Stäbe mit einem Perlonfaden vor der Härtung sollte demnach eine andere Aufgabe als mit der Erfindung gelöst werden. Dieses Verfahren konnte es dem Fachmann daher nicht nahelegen, das bei dem Verfahren nach der deutschen Offenlegungsschrift 1 504 197 zum Erzeugen des endgültigen konstanten Profils erforderliche Formgebungswerkzeug (Düse 6) durch die Verwendung schrumpffähiger Fasern oder Monofile der im Anspruch 1 angegebenen Art zu vermeiden. Die Auffassung der Einsprechenden, durch den Vorschlag der Patentinhaberin sei das Verfahren nach der deutschen Offenlegungsschrift 1 504 197 nur darauf spezialisiert worden, zur Umwicklung Fasern oder Monofile unter anderem aus Polyamid zu verwenden, trifft deshalb nicht zu.
7.8 Die vorstehenden Ausführungen gelten gleichermaßen für den Fall, daß ein Fachmann an den nach Angabe der Einsprechenden gelieferten Stäben erkennen konnte, daß sie nach dem vorstehend erörterten Verfahren hergestellt worden sind.
7.9 Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht nach alledem auch dann auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn unterstellt wird, daß das den eidesstattlichen Erklärungen zu entnehmende Verfahren durch mündliche Beschreibung oder durch Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich geworden ist (Artikel 56 in Verbindung mit Artikel 54(1) und (2) EPÜ).
Bei dieser Sachlage hielt es die Kammer nicht für erforderlich, durch Vernehmung der Zeugen über die in den eidesstattlichen Erklärungen geschilderten Vorgänge Beweis zu erheben.
8. Der Patentanspruch 1 in seiner geänderten Fassung hat daher Bestand.
9. Der Patentanspruch 2 ist auf eine besondere Ausführungsart des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet. Aus welchen Gründen er entgegen der Auffassung der Einsprechenden unter den Anspruch 1 fällt, ergibt sich aus Abschnitt 2.4. Er hat deshalb ebenfalls Bestand.
10. Die Beschreibung ist dem geänderten Patentanspruch 1 angepaßt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten, in Reinschrift am 16. August 1984 eingegangenen Unterlagen (2 Patentansprüche, Beschreibung) aufrechtzuerhalten.