T 1127/97 (Offenkundige Vorbenutzung - Zeuge nicht auffindbar) 13-09-2000
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Profiliervorrichtung für Ecken an plattenförmigen Werkstücken
(01) Hans Knoll Engineering
(02) IDM International S.r.l.
Neuheit - offenkundige Vorbenutzung (verneint) - unzureichende Beweisführung
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Sachverhalt und Anträge
I. Das auf die Anmeldung Nr. 90 107 743.8 erteilte europäische Patent Nr. 0 395 996 wurde von der Einspruchsabteilung mit ihrer am 4. Juli 1997 verkündeten, am 15. September 1997 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung in veränderter Form aufrechterhalten.
Die Einspruchsabteilung vertrat die Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents in der erteilten Fassung sei gegenüber der Profiliervorrichtung, die - wie von der Einsprechenden vorgetragen und belegt - die Firma R.C.M. di Bianco & Rocco in den Jahren 1986 und 1989 ohne Geheimhaltungsverpflichtung an die Firmen Barni s.n.c und Bellabio s.n.c. geliefert habe, nicht neu. Die als Hilfsantrag vorgelegte geänderte Fassung des Patents entspreche jedoch den Erfordernissen des EPÜ, so daß das Patent in dieser Fassung aufrechtzuerhalten sei.
Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:
"Profiliervorrichtung für Ecken (9) an plattenförmigen Werkstücken (7) mit einem Fräsmotor (11) mit Fräswerkzeug (10), der in einem Gehäuse (2) um eine zur Achse des Fräswerkzeugs (10) parallelen Achse schwenkbar und gegen das Werkstück (7) verschiebbar gelagert ist, und mit Tastorganen (24,28) zur Beeinflussung des Fräsmotors (11), dadurch gekennzeichnet, daß am Gehäuse (2) ein Schwenkorgan (13) um eine im Innern, des der vorderen Seitenfläche (8) benachbarten Bereichs des Werkstücks (7) liegende Achse (13'-) drehbar gelagert ist, auf dem der Fräsmotor (11) mit Fräswerkzeug (10) verschiebbar gelagert ist."
II. Folgende Dokumente des Standes der Technik wurden von der Einspruchsabteilung berücksichtigt:
D1: Patent Abstracts of Japan, Vol. 7, No. 215 (M-244) (1360), 22. September 1983 und JP-A-58-109260.
D2: EP-A-0 086 283
D3: US-A-4 787 786
sowie zur offenkundigen Vorbenutzung:
D4: Schriftliche Erklärung des Herrn Giannino Bianco, mit Übersetzung in deutscher Sprache, undatiert, mit Bildern Nr. 3.1 - 3.8
D5: Schriftliche Erklärung wie D4, mit korrigierter Bildzuordnung, Unterschrift und Identität notariell beglaubigt, beschworene Übersetzung der Erklärung in deutscher Sprache, datiert, mit Bildern Nr. 1 - 8.
III. Am 17. November 1997 legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde gegen diese Entscheidung ein, zu der sie am 26. Januar 1998 eine Begründung einreichte.
IV. In ihrem Schreiben vom 4. Juni 1998 entgegnete die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende 02) der Beschwerde und hielt ihren Vortrag sowohl zur offenkundigen Vorbenutzung als auch zu den bereits im Einspruchsverfahren erhobenen Einwänden der unzulässigen Erweiterung und der fehlenden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung in Bezug auf den druckschriftlichen Stand der Technik aufrecht.
Die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende 01) hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
V. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung nach Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern hat die Kammer darauf hingewiesen, daß nach ihrer vorläufigen Meinung die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung unzureichend substantiiert sei und deshalb nicht als Stand der Technik angesehen werden könne. Eine Zeugeneinvernahme komme daher nicht in Betracht. Auch von einer unzulässigen Erweiterung und mangelnder erfinderischer Tätigkeit könne ihrer Meinung nach keine Rede sein.
VI. In einer Erwiderung vom 14. April 2000 trat die Beschwerdegegnerin II der Auffassung der Kammer entgegen und beantragte erneut, den von ihr benannten Zeugen Giannino Bianco zu hören. Daraufhin beschloß die Kammer mit Entscheidung vom 9. Juni 2000, den angebotenen Zeugen zu vernehmen. Mit Schreiben vom 6. Juli 2000 teilte die Beschwerdegegnerin II der Kammer mit, der Zeuge sei nicht auffindbar, und deshalb werde auf ihn verzichtet.
VII. Eine mündliche Verhandlung hat am 13. September 2000 stattgefunden.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin I teilte dem EPA mit Schreiben vom 9. Februar 2000 mit, daß sie nicht an der Verhandlung teilnehmen werde.
Die Beschwerdegegnerin II beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Anträge lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Die auf der Basis der vorhandenen Beweismittel von ihr und der Beschwerdekammer erhobenen Zweifel am Gegenstand der geltend gemachten Vorbenutzung und an den Umständen der angeblichen Lieferungen seien nicht ausgeräumt worden. Sie könnten jetzt auch nicht mehr ausgeräumt werden, da die Beschwerdegegnerin II auf die Vernehmung des Zeugen verzichtet habe. Damit sei die behauptete offenkundige Vorbenutzung kein zu berücksichtigender Stand der Technik.
Der druckschriftliche Stand der Technik könne weder alleine noch in irgendwelcher Kombination zum Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung führen. Zumindest das Merkmal "um eine im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegende Achse schwenkbares Schwenkorgan" fehle im gesamten vorgebrachten Stand der Technik.
Von einer unzulässigen Erweiterung des beanspruchten Gegenstandes könne keine Rede sein, weil das bemängelte Merkmal bezüglich der Position der Schwenkachse des Schwenkorgans aus den Zeichnungen und der ursprünglichen Beschreibung hervorgehe.
IX. Die Beschwerdegegnerin II führte im wesentlichen wie folgt aus:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung sei unzulässig erweitert worden, weil das Merkmal der "im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereiches des Werkstücks liegenden Achse (13')" den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht entnehmbar sei.
Auch ohne Zeugeneinvernahme reichten die zu den Akten gegebenen Dokumente aus, die Lieferung der beiden Maschinen zu beweisen. Das jeweilige Lieferdatum liege vor dem Prioritätsdatum, weil eine Rechnung normalerweise erst bei oder nach der Lieferung ausgestellt werde. Daß sich die vorgelegten Rechnungen auf die gelieferten Maschinen bezogen hätten und die Bilder dieselben Maschinen zeigten, werde mit der eidesstattlichen Erklärung des Herrn Bianco belegt. Weitere Belege wie Konstruktionszeichnungen, Lieferscheine usw. seien nicht mehr vorhanden. Aus den Bildern und der dazugehörenden schriftlichen Erklärung ergebe sich, daß die gelieferten Maschinen den gleichen Gegenstand wie den des Anspruchs 1 des Streitpatents beträfen. Die überraschende Übereinstimmung zwischen den gelieferten Maschinen und dem Gegenstand des Anspruchs könne nicht erklärt werden, es sei denn, daß es entweder zufällig so sei oder daß die Beschwerdeführerin bzw. die Firma RCM die Maschine von dem jeweiligen Anderen nachgeahmt habe. Die Tatsache, daß eine Maschine mit zwei Fräsaggregaten billiger geliefert worden sei als eine Maschine mit nur einem Fräsaggregat, beruhe auf der individuellen Preisgestaltung des Lieferanten und könne daher nicht zu Zweifeln an der offenkundigen Vorbenutzung des gelieferten Gegenstandes Anlaß geben. Da die vorbenutzte Maschinen mit der beanspruchten Profiliermaschine identisch seien, sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht neu.
Zwar werde die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 mit dem durch die Patentdokumente D1 - D3 belegten Stand der Technik nicht in Frage gestellt. Diesem Gegenstand fehle jedoch die erfinderische Tätigkeit, da es für den Fachmann, ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik und unter Berücksichtigung der Offenbarung in D3, naheliegend sei, die fehlenden Merkmale der "Verschiebbarkeit des Fräsmotors und der im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegenden Schwenkachse für das Schwenkorgan" in die nach D2 bekannte Maschine aufzunehmen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung
2.1. In der angegriffenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung die Lieferung zweier Profiliermaschinen ohne Geheimhaltungsverpflichtung durch die Firma RCM di Bianco & Rocco an die Firmen Barni s.n.c. und Bellabio s.n.c. in den Jahren 1986 und 1989, d.h. vor dem Prioritätstag des Streitpatents, als durch den mit D5 bezeichneten Satz von Schriftstücken und Bildern erwiesene offenkundige Vorbenutzung und damit als neuheitsschädlichen Stand der Technik gewertet. Dem vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.
2.2. Nachdem die Beschwerdegegnerin II auf die Vernehmung des Zeugen Bianco verzichtet hat, weil er nicht aufgefunden werden konnte, liegen der Beschwerdekammer nur die mit D4 und D5 bezeichneten Dokumentensätze zur behaupteten Vorbenutzung vor.
2.2.1. Zunächst spielt es für die Beweiskraft der vorgelegten Erklärung D5 keine Rolle, daß, wie die Beschwerdeführerin bemängelt hat, die vorgelegte Erklärung keine eidesstattliche Versicherung nach deutschem Recht ist.
Denn Artikel 117 (1) g) EPÜ schreibt nicht vor, daß Erklärungen in Form einer eidesstattlichen Versicherung nach deutschem Recht abgegeben werden müssen, vielmehr verlangt er lediglich eine "schriftliche Erklärung unter Eid". Die Voraussetzungen für eine solche Erklärung werden freilich nach dem jeweiligen nationalen Recht des Erklärenden, hier also dem Recht Italiens, bestimmt (siehe hierzu auch Singer/Stauder, Europäisches Patentübereinkommen, 2000, Artikel 117 Rdn. 63 - 72).
Ob die Erklärung des Herrn Bianco eine solche schriftliche Erklärung unter Eid ist, kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn die Auflistung der Beweismittel in Artikel 117 EPÜ ist nicht abschließend, so daß die Parteien frei sind, ihre Beweismittel in jedweder Form einzureichen. Im übrigen ist es Aufgabe des EPA und der Beschwerdekammer, die vorgelegten Beweismittel - hier den Satz Dokumente D5 - frei zu würdigen (siehe zur freien Beweiswürdigung auch T 970/93, nicht veröffentlicht).
2.2.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer ist bei Geltendmachung einer offenkundigen Vorbenutzung zu prüfen,
- welcher Gegenstand - wann und - unter welchen Umständen dem Publikum zugänglich gemacht worden ist.
2.2.3. Gegenstand der Vorbenutzung
Die Kammer stellt bei Würdigung von D5 fest, daß die Erklärung des Herrn Giannino Bianco beide Maschinen gleichlautend beschreibt, obwohl nur eine der auf den Bildern gezeigten Maschinen eine Gewichtsausgleicheinrichtung aufweist. Überdies hat keine der auf den Bildern gezeigten Maschinen den von Herrn Bianco in seiner Erklärung erwähnten Horizontalschlitten, mit dem die gesamte Vorrichtung in horizontaler Richtung verschoben werden kann. Auf den Bildern ist ferner eine Abtastvorrichtung zu sehen, von der allerdings nicht klar ist, ob sie geeignet ist, zur Beeinflussung des Fräsmotors zu dienen, weil keine deutliche Verbindung mit dem Fräsmotor zu erkennen ist. Die oberhalb der Fräse ersichtliche Rolle kann nicht als Abtastvorrichtung gelten, weil sie im Wege steht, wenn sich das Schwenkorgan dreht.
2.2.4. Zeitpunkt der Lieferung
Um die Lieferung zu belegen, wurden zwei Rechnungskopien für die jeweiligen Lieferungen an die Firmen Barni s.n.c und Bellabio s.n.c vorgelegt. Diese vermögen jedoch den behaupteten Zeitpunkt der tatsächlichen Lieferung nicht zu bestätigen. Die Beschwerdegegnerin II hat außer der Erklärung D5 keine weiteren Beweismittel angeboten zu der Frage, wann genau die tatsächlichen Lieferungen stattgefunden haben. Es liegen keine Empfangsbestätigungen, Lieferscheine oder Erklärungen seitens der belieferten Firmen vor.
2.2.5. Umstände der Vorbenutzung
Außer der Erklärung in D5, in der Herr Bianco schreibt, daß die auf den Bildern gezeigten Maschinen diejenigen sind, die geliefert wurden, gibt es keine Verbindung zwischen den Rechnungen und den angeblich gelieferten Maschinen. Weder auf den Rechnungen noch auf den Bildern oder in der Erklärung in D5 sind Maschinenkennummern oder dergleichen zu erkennen. Die Erklärung in D5 enthält zudem folgende Unstimmigkeiten in Bezug auf den Gegenstand der Vorbenutzung:
Die Maschine, die an die Firma Barni s.n.c. geliefert worden sein soll, hat nach den dazu gehörigen Bildern zwei Fräsaggregate, die Maschine für die Firma Bellabio nur eines. Nach den Rechnungen kostete die erste 5000000 Lire, die zweite 5800000 Lire. Im übrigen sind die Maschinen nach den Bildern im wesentlichen gleich. Außer der Erwiderung der Beschwerdegegnerin II, daß der Verkaufspreis Sache des Verkäufers sei, der für seine Preisgestaltung eigene Gründe haben könne, gibt es hierfür keine Erklärung.
Hinzu kommt, daß die angeblich gelieferten Maschinen große Ähnlichkeiten mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents aufweisen. Die Beschwerdegegnerin II hat dafür drei mögliche Ursachen genannt: Zufall, Nachahmung des Patentgegenstands durch die Firma RCM di Bianco & Rocco oder Nachahmung der RCM-Maschine durch die Beschwerdeführerin. Zu diesen Möglichkeiten konnte sie allerdings nichts weiteres hinzufügen.
2.2.6. Zusammenfassend stellt die Kammer fest, daß es bei dieser Beweislage, wie von der Beschwerdegegnerin II vorgebracht und durch die Dokumente D4 und D5 belegt, hinsichtlich der offenkundigen Vorbenutzung noch wesentliche Punkte gibt, die bestritten sind. In einem solchen Fall wird in der Regel von einem Beweisangebot durch Zeugeneinvernahme Gebrauch gemacht, um eine endgültige Klärung herbeizuführen. Die Beschwerdegegnerin II hat je doch auf den von ihr angebotenen Zeugen, Herr Gia nnino Bianco, verzichtet und ist deshalb ihrer Beweispfli cht nicht nachgekommen.
3. Geltend gemachte unzulässige Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ)
Die ursprüngliche Figur 1 zeigt die vordere Seitenfläche 8 des Werkstücks 7, wobei im Inneren des dieser Seitenfläche benachbarten Bereiches des Werkstücks 7 ein Kreuz gezeichnet ist. Die ursprüngliche Beschreibung (Seite 2, 3. Absatz: "Durch die schwenkbare Lagerung .... gedrückt wird", und Seite 3, 1. Absatz: "Damit ist es möglich, den Mittelpunkt .... liegt") beschreibt die Schwenkbewegung des Schwenkorgans und damit der Fräse. Einem Fachmann ist damit klar, daß diese Schwenkachse mit dem Kreuz zusammenfällt und im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegt.
Anspruch 1 in der erteilten Fassung gibt somit keinen Anlaß zu Einwänden nach Artikel 123 (2) EPÜ.
4. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
Mit dem durch die Dokumente D1 - D3 belegten Stand der Technik wurde die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Streitpatents nach Auffassung der Kammer zurecht nicht angegriffen. Denn keines dieser Dokumente weist das Merkmal eines Schwenkorgans auf, das um eine im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegende Achse schwenkbar ist.
5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
5.1. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer kommt es bei der Wahl des nächstliegenden Standes der Technik zunächst darauf an, daß dieser auf den gleichen Zweck bzw. dieselbe Wirkung gerichtet ist wie die Erfindung. Andernfalls kann er den Fachmann nicht in naheliegender Weise zu der beanspruchten Erfindung hinführen.
5.2. Unter Zugrundelegung dieses Grundsatzes gelangt die Kammer zu der Auffassung, daß D3 im vorliegenden Fall den nächstliegenden Stand der Technik bildet. Denn dieses Dokument betrifft wie der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents eine Profiliervorrichtung für Ecken an plattenförmige Werkstücken.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents unterscheidet sich von der in diesem Dokument offenbarten Profiliermaschine durch folgende Merkmale:
- am Gehäuse der Vorrichtung ist ein Schwenkorgan, auf dem ein Fräsmotor mit Fräswerkzeug verschiebbar angebracht ist, um eine im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegende Achse drehbar gelagert;
- der Fräsmotor mit Fräswerkzeug ist um eine zur Achse des Fräswerkzeugs parallele Achse schwenkbar gelagert.
Diese Merkmale lösen die Aufgabe, runde Ecken mit einstellbarem Radius an plattenförmigen Werkstücken fräsen zu können, ohne daß die Fräse, wie in der Profiliermaschine nach D2, mit einer an der Stirnseite der Fräse angeordneten Folgerolle einem vorgegebenen Profil folgen muß.
Auch der weitere nachgewiesene Stand der Technik (D1, D2) kennt diese Lösung nicht; er legt sie auch nicht nahe.
Dokument D1 betrifft keine Profiliervorrichtung für Ecken. Außerdem ist dort auch keine im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegende Achse, um der das gezeigte Werkzeug T drehbar sei, erkennbar.
Dokument D2 betrifft ebenfalls keine Profiliervorrichtung, sondern eine Kantenbrechmaschine, wobei man auch keine im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegende Achse, um der das Schneidwerkzeug 2 drehbar ist, erkennen kann. Die vorhandene Achse 12 liegt außerhalb des Werkstücks.
5.3. Die Beschwerdegegnerin II ist demgegenüber von dem Dokument D2 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen, von dem der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sich durch folgende Merkmale unterscheide:
- der Fräsmotor sei mit dem Fräswerkzeug in einer Einheit kombiniert, während nach D2 das Fräswerkzeug separat von seinem Antriebsmotor angeordnet sei;
- der Fräsmotor mit Fräswerkzeug sei auf dem Schwenkarm 3. verschiebbar gelagert, wohingegen nach D2 nur der Fräsmotor verschiebbar sei, um die Keilriemen 9 zu spannen;
- die Achse 12 des Schwenkarms 3 liege nicht im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks, während sie in der D2 entfernt von dem Werkstück liege.
Die Aufnahme dieser Merkmale in einer Kantenbrechmaschine nach D2 sei jedoch durch die Veröffentlichung D3 nahegelegt. Die Kombination von Fräswerkzeug und Motor zu einem Gerät werde in D3 gezeigt. Die in diesem Dokument gezeigte vertikale Führung 14 der Fräse werde von dem Fachmann auf dem Schwenkarm 3 der Maschine nach D2 angeordnet, um die Verschiebbarkeit der Fräseinheit zu gewährleisten. Die Schwenkbarkeit um die im Inneren des der vorderen Seitenfläche benachbarten Bereichs des Werkstücks liegende Achse liege nach Auffassung der Beschwerdegegnerin II für den Fachmann als bestmögliche Lösung auf der Hand.
5.4. Diese Auffassung teilt die Kammer nicht. Denn es gibt für den Fachmann keinen Grund, ausgehend von der Kantenbrechmaschine nach D2 die Lehre des Dokuments D3 heranzuziehen.
Eine verschiebbare Anordnung der Fräse auf dem Schwenkarm 3 der Kantenbrechmaschine nach D2 macht technisch keinen Sinn, denn die Fräse wird in einer knapp unter dem Schneidschlitz 14 verlaufenden kreisförmigen Bahn geführt (siehe Seite 5, Zeilen 29 - 31).
Hinzu kommt, daß D3 nicht dazu anregt, die Fräseinheit schwenkbar anzuordnen, sondern ihre Bewegung linear in zwei Koordinatenrichtungen zu gestalten.
5.5. Die Kammer kommt daher zu dem Schluß, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dem durch die Dokumente D1 - D3 belegten Stand der Technik eine erfinderische Tätigkeit aufweist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.