J 0003/82 (Berichtigung - Priorität) 16-02-1983
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Sachverhalt und Anträge
l. Mit Schreiben vom 29. August 1981 erteilte die Patentabteilung der Beschwerdeführerin in Japan ihren europäischen zugelassenen Vertretern die Weisung, die europäische Patentanmeldung Nr.81 304 096.1 unter Inanspruchnahme der Priorität der am 27. September 1980 eingereichten japanischen nationalen Patentanmeldung Nr. 134814/80 einzureichen.
II. Etwa am 1. September 1981 wies der für die europäische Patentanmeldung zuständige Vertreter seine Sekretärin an, die erforderlichen Unterlagen vorzubereiten. Bei der Überprüfung des Erteilungsantrags, den sie ausgefüllt hatte, stellte er einen kleinen Tippfehler auf der ersten Seite fest. Es wies sie an, diesen zu berichtigen: sie beschloß jedoch, das gesamte Antragsformular neu zu schreiben, damit es sauberer aussähe. Dem Vertreter sagte sie nicht, daß sie das Formblatt nochmals geschrieben hatte: daher überprüfte er nicht die ganze Unterlage nochmals, bevor er sie unterzeichnete und an das EPA absandte. Daß Feld VII des Erteilungsantrags beim nochmaligen Abschreiben versehentlich nicht ausgefüllt worden war, wurde dabei übersehen.
III. Am 8. September 1981 wurde die europäische Patentanmeldung deshalb ohne Inanspruchnahme einer Priorität eingereicht: die Vertreter der Beschwerdeführerin glaubten jedoch, daß eine Priorität beansprucht worden war, unterrichteten die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14. September 1981 entsprechend und sandten am 24. Dezember 1981 die Prioritätsunterlagen über die japanische nationale Patentanmeldung an das EPA.
IV. Mit Schreiben vom 7. Januar 1982 bestätigte die Eingangsstelle des EPA den Erhalt der Prioritätsunterlagen und wies darauf hin, daß keine Priorität beansprucht worden sei und damit auch nicht bestehe.
V. Die Vertreter der Beschwerdeführerin beantragten mit Schreiben vom 11. Januar 1982 die Berichtigung des Erteilungsantrags nach Regel 88 EPÜ. Sie stützten ihren Antrag darauf, daß von vornherein beabsichtigt gewesen sei, eine Priorität zu beanspruchen, und daß die Unterlassung auf ein Versehen in ihrer Kanzlei zurückzuführen sei. Sie legten Kopien der Schreiben vom 29. August und 14. September vor und beriefen sich auch darauf, daß die Einreichung der Prioritätsunterlagen ein Beweis dafür sei, daß eine Prioritätsbeanspruchung beabsichtigt gewesen sei.
VI. Am 24. März 1982 traf die Eingangsstelle des EPA die angefochtene Entscheidung, mit der sie den Antrag auf Berichtigung mit der Begründung zurückwies, daß zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung kein Hinweis auf einen Prioritätsanspruch vorgelegen habe.
VII. Mit Schreiben vom 13. April 1982 legten die Vertreter der Beschwerdeführerin Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde am 19. April 1982 rechtzeitig entrichtet.
VIII. Am 27 April 1982 sandten die Vertreter der Beschwerdeführerin eine beglaubigte Übersetzung der Prioritätsunterlagen an das EPA.
IX. Gleichzeitig reichten sie die Beschwerdebegründung sowie eine Erklärung des betreffenden zugelassenen Vertreters nach dem englischen Statutory Declarations Act, 1835 ein, mit der sie ihr Vorbringen unterstützten.
X. Am 26. August 1982 legten sie auf Aufforderung der Juristischen Beschwerdekammer auch eine eidesstattliche Erklärung der betreffenden Sekretärin sowie einige Originalunterlagen über die Anmeldung (jedoch nicht den Erteilungsantrag mit dem Tippfehler auf der ersten Seite, der offenbar vernichtet worden war) vor.
XI. In ihrer Beschwerdebegründung macht die Beschwerdeführerin geltend, daß Regel 88 EPÜ die Berichtigung einer Unrichtigkeit im Erteilungsantrag auch dann zuläßt, wenn sie nicht offensichtlich ist: sie beruft sich dabei auf die Entscheidung J 08/80 der Juristischen Beschwerdekammer. Sie beantragt die Aufhebung der Entscheidung der Eingangsstelle und die Zulassung der Änderung des Erteilungsantrags.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist damit zulässig.
2. Aus den eidesstattlichen Erklärungen und den eingereichten Unterlagen geht eindeutig hervor, daß es sich bei der Auslassung des Prioritätsanspruchs in Feld VII des Erteilungsantrags um ein Versehen handelt und daß von Anfang an beabsichtigt gewesen war, die Priorität der japanischen nationalen Patentanmeldung in Anspruch zu nehmen. Es geht ferner daraus hervor, daß die zugelassenen Vertreter sofort tätig geworden sind, als das Versehen entdeckt wurde.
3. In den beiden Entscheidungen vom 21. Juli 1982 (J 04/82. ABl. EPA 1982, 385) und vom 19. Januar 1983 (J 14/82, ABl. EPA 1983, 121) hat sich die Juristische Beschwerdekammer bereits mit Anträgen auf Berichtigung von Prioritätserklärungen befaßt und sie mit der Begründung zugelassen, daß solche Unrichtigkeiten nach Regel 88 EPÜ Satz 1 berichtigt werden können, wenn die Berichtigung so rechtzeitig beantragt wird, daß in die Veröffentlichung der Anmeldung ein entsprechender Hinweis aufgenommen werden kann.
4. Bei beiden Entscheidungen ging es um mehrere Prioritäten, und in beiden Fällen war die jeweils früheste Priorität schon im unberichtigten Erteilungsantrag beansprucht worden. Daher blieb der Zeitpunkt für die Veröffentlichung der Anmeldung, die nach Artikel 93(1) EPÜ unverzüglich nach Ablauf von 18 Monaten nach dem Prioritätstag erfolgen soll, von der Zulassung oder Ablehnung des Berichtigungsantrags unberührt.
5. Im vorliegenden Fall war im Erteilungsantrag in der ursprünglich eingereichten Fassung keine Priorität beansprucht, so daß der Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin dazu hätte führen können, daß die Anmeldung erst lange nach Ablauf der in Artikel 93(1) EPÜ vorgeschriebenen 18 Monatsfrist veröffentlicht worden wäre, was möglicherweise nicht im Interesse der Öffentlichkeit gelegen hätte.
6. Der Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin ist jedoch beim EPA so rechtzeitig eingegangen, daß die europäische Patentanmeldung mit dem erforderlichen Hinweis für die Öffentlichkeit, daß ein Berichtigungsantrag gestellt worden ist, zum vorgesehenen Termin hätte veröffentlicht werden können.
Die Veröffentlichung ist nur deshalb unterblieben, weil die Eingangsstelle fälschlicherweise der Auffassung war, daß dem Berichtigungsantrag keinesfalls stattgegeben werden könne. Unter diesen Umständen ist es nur billig, die Berichtigung trotz verspäteter Veröffentlichung zuzulassen, da es nicht der Beschwerdeführerin angelastet werden kann, daß die Eingangsstelle nicht die richtige Entscheidung getroffen und damit verhindert hat, daß die europäische Patentanmeldung gemäß Artikel 93(1) EPÜ unverzüglich nach Ablauf von 18 Monaten nach dem Prioritätstag veröffentlicht worden ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die Entscheidung der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts vom 24. März 1982 wird aufgehoben.
2. Es wird angeordnet, daß der Erteilungsantrag zur europäischen Patentanmeldung Nr. 81 304 095.1 durch Aufnahme eines Hinweises auf die am 27. September 1980 eingereichte japanische Patentanmeldung Nr. 1348 14/80 in Feld VII auf Seite 2 berichtigt wird.