T 0078/11 (Steuerungssystem/PILZ II) 22-11-2012
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Steuerungssystem zum Steuern von sicherheitskritischen Prozessen
Phoenix Contact GmbH & Co. KG
Phoenix Contact Deutschland GmbH et al.
Neuheit (Hauptantrag) - verneint
Zulässigkeit (erster Hilfsantrag) - bejaht
Zulässigkeit (zweiter Hilfsantrag) - verneint
Neuheit (erster Hilfsantrag) - bejaht
Zurückverweisung an die Vorinstanz - bejaht
Antrag auf Erstattung der Beschwerdegebühr - verneint
Sachverhalt und Anträge
I. Ein Einspruch wurde gegen das europäische Patent Nr. 1188096 in seiner Gesamtheit gestützt auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 und 56 EPÜ eingelegt. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung vom 16. Januar 2006 den Einspruch zurückgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) mit einem am 6. März 2006 eingegangenen Schreiben eine erste Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde mit einem am 16. Mai 2006 eingegangenen Schreiben begründet. Es wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen. Es wurde erstmalig auf die Dokumente
EB1: WO 00/79352 A2
EB2: EP 1 192 511 B1
EB3: WO 00/76136 A2
Bezug genommen.
III. Mit ihrer Entscheidung T 0361/06 vom 30. April 2008 hob die Kammer die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Vorinstanz. Das Dokument EB3 wurde von der Kammer nicht in das Verfahren zugelassen.
IV. Die Einspruchsabteilung hat in einer weiteren Entscheidung vom 11. November 2010 den Einspruch zurückgewiesen und eine Kostenverteilung angeordnet. Im Laufe dieses Verfahrens wurden die Dokumente
EB4: EP 0 984 344 A
EB5: EP 0 905 594 A
von der Einsprechenden eingeführt. Die Einspruchsabteilung entschied, das Dokument EB5 nicht zu berücksichtigen.
V. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (Beschwerdeführerin) am 11. Januar 2011 Beschwerde eingelegt, diese fristgemäß mit Schreiben vom 21. März 2011 begründet und beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung in vollem Umfang aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt. Als Beweismittel berief sich die Beschwerdeführerin auf die Dokumente EB1 bis EB5. Ferner wurde beantragt, das Verfahren zu beschleunigen, das Dokument EB5 und zwei weitere Dokumente, nämlich
EB6: "Profibus-DP/DA, ProfiSafe, Profil für Sicherheitstechnik, prV1.0"
EB7: Auszug aus dem Siemenskatalog "Siemens ST 50 1998", SIMATIC S5-115U/H/F
in das Verfahren aufzunehmen und wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor der Einspruchsabteilung die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
VI. In einer Mitteilung vom 2. Mai 2011 informierte die Kammer, dass sie eine beschleunigte Behandlung des Falls vorsehe.
VII. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011 reichte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) neue Patentansprüche gemäß Hilfsanträgen 1 bis 6 ein und beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das angegriffene Patent ohne Änderung aufrechtzuerhalten. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt. Ihrem Schreiben war ein Auszug aus www.feldbusse.de beigefügt.
VIII. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 erklärten die Phoenix Contact Deutschland GmbH und Roland Bent über ihren gemeinsamen Vertreter ihren Beitritt zu dem Einspruchsverfahren. Es wurde beantragt, das Patent in vollem Umfang wegen mangelnder Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ zu widerrufen. Ergänzende Ausführungen dazu wurden in einem Schreiben vom 3. November 2011 gemacht. Dem Schreiben vom 21. Oktober 2011 war als Anlage unter anderen beigefügt:
EB5: EP 0 905 594 A
B1: EP 1 054 309 A
B2: DIN EN 954-1
B3: Applikations-Handbuch "Safety Integrated"
B4: "Profibus-DP/DA, ProfiSafe, Profil für Sicherheitstechnik, prV1.0" (entspricht EB6 oben)
B5: ein Auszug aus dem Siemenskatalog "Siemens ST 50 1998", SIMATIC S5-115U/H/F (entspricht EB7 oben)
B6: Fail Safe with PROFIBUS, Revision 1.0
Weiterhin wurde in der Beitrittserklärung auf Abschnitt 3 der Norm EN 292-2: 1991, Anhang A der EN292-2: 1991/A1: 1995 und 9.4 der EN 60204-1: 1992 verwiesen.
IX. Mit Schreiben vom 15. November 2011 bestätigte die Beschwerdeführerin ihre vorhergehenden Anträge. Sie machte ferner ein Zeugenangebot für die öffentliche Verfügbarkeit von B4. Diesem Schreiben waren beigefügt eine Konkordanzliste zu Profibus-DP/PA, Profisafe, Profil für Sicherheitstechnik, prV1.0 (Dokument EB6 beziehungsweise B4), und Profibus Profile Fail Safe with Profibus, Revision 1.0, (Dokument B6) und eine Pressemitteilung "Open Integration by Innovation".
X. Mit Schreiben vom 25. Januar 2012 lud die Kammer die Parteien zur mündlichen Verhandlung. In einem Ladungsbescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK nahm die Kammer zum Sachverhalt vorläufig Stellung. Unter anderem teilte sie ihre vorläufige Ansicht mit, dass sie auf der Grundlage der bis dahin gestellten Anträge von einer Zurückverweisung an die Vorinstanz absehen wollte.
XI. Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 reichte die Beschwerdegegnerin folgende Anträge ein: die Beschwerde sei zurückzuweisen und das angegriffene Patent ohne Änderung oder hilfsweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung auf der Basis der beigefügten neuen Hilfsanträge 1 bis 6 aufrechtzuerhalten, die von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebegründung erstmals vorgelegten Dokumente als verspätet zurückzuweisen oder hilfsweise das Verfahren zur Verhandlung über diese Dokumente an die erste Instanz zurückzuverweisen. Des Weiteren wurde die öffentliche Zugänglichkeit der Dokumente B3, B5 und B6 zum maßgeblichen Prioritätszeitpunkt bestritten.
XII. Mit Schreiben vom 30. Mai 2012 reichten die Beitretenden das weitere Dokument
W1: "AS-Interface goes Safety", Dr. Otto W. Madelung in "iee Automatisierung + Datentechnik", Ausgabe April 1999, Seiten 118 bis 120
ein und nahmen zu den Anträgen der Beschwerdegegnerin Stellung.
XIII. Mit Bescheid vom 20. Juni 2012 informierte die Kammer die Parteien von ihren vorläufigen Standpunkt, auf Grund der in der Zwischenzeit gestellten Anträge und eingereichten Unterlagen den Fall, insoweit es auf die im Rahmen der Beitritte eingereichten Beweismittel ankommen wird, an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
XIV. In einem Schreiben vom 20. Juli 2012 beantragte die Beschwerdeführerin eine abschließende Entscheidung ohne Zurückverweisung an die Vorinstanz. Dieser Antrag wurde ebenso wie der auf Widerruf des Patents und Rückerstattung der Beschwerdegebühr ausführlich begründet. Es wurden mehrere Dokumente beigefügt, bei denen es sich im Wesentlichen um erklärende Zusammenfassungen oder besser lesbare Ausdrucke früherer Dokumente handelte.
XV. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 haben die Beitretenden weitere Ausführungen gemacht. Sie haben weitere Anlagen zum Nachweis der öffentlichen Zugänglichkeit des Dokuments B3 eingereicht. Ferner wurde ein Dokument B5a eingereicht, bei dem es sich um eine Version des Dokuments B5 ohne Copyright-Vermerk handelt. Zum Nachweis der öffentlichen Zugänglichkeit dieses Dokuments wurden Anlagen eingereicht. In einem weiteren Schreiben vom 24. Oktober 2012 wurde beantragt, die zuletzt eingereichten Hilfsanträge 5, 5a und 5b nicht zuzulassen.
XVI. Mit einem Schreiben vom 22. Juli 2012 reichte die Beschwerdegegnerin Ansprüche gemäß eines neuen Hilfsantrags 5 und gemäß Hilfsanträgen 5a und 5b ein.
XVII. Die Verhandlung fand am 22. November 2012 vor der Kammer statt.
Im Laufe der Verhandlung reichte die Beschwerdegegnerin geänderte Hilfsanträge 1 und 2 ein, die die vorhergehenden entsprechenden Hilfsanträge ersetzten.
Die Beschwerdeführerin verzichtete auf weitere Ausführungen zu dem Dokument EB4 und beantragte zusammen mit der Beitretenden die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie nicht die Kostenverteilung betrifft, und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 188 096. Sie stellten den prozessualen Antrag, die Angelegenheit nicht zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Die Beschwerdeführerin hielt ferner ihren Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr aufrecht.
Die Patentinhaberin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag) oder hilfsweise die angefochtene Entscheidung, soweit sie nicht die Kostenverteilung betrifft, aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 1 oder 2, der mit Schreiben vom 6. Februar 2012 eingereichten Hilfsanträge 3, 4 und 6 oder der mit Schreiben vom 22. Juli 2012 eingereichten Hilfsanträge 5, 5a und 5b aufrechtzuerhalten. Sie beantragte ferner, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
XVIII. Anspruch 1 des Patents lautet wie folgt:
"Steuerungssystem zum Steuern von sicherheitskritischen Prozessen (28, 30), mit einer ersten Steuereinheit (14; 14, 54) zum Steuern eines sicherheitskritischen Prozesses (28, 30), mit einer Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56), die über E/A-Kanäle (32) mit dem sicherheitskritischen Prozess (28, 30) verknüpft ist, ferner mit einem Feldbus (12), über den die erste Steuereinheit (14; 14, 54) und die Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56) verbunden sind, und mit einem Busmaster (36) zum Steuern der Kommunikation auf dem Feldbus (12), wobei die erste Steuereinheit (14; 14, 54) und die Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56) sicherheitsbezogene Einrichtungen (42, 52) aufweisen, um eine fehlersichere Kommunikation miteinander zu gewährleisten, dadurch gekennzeichnet, dass der Busmaster (36) getrennt von der ersten Steuereinheit (14; 14, 54) und der Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56) an den Feldbus (12) angeschlossen ist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
"Steuerungssystem zum Steuern von sicherheitskritischen Prozessen (28, 30), mit einer ersten Steuereinheit (14; 14, 54) zum Steuern eines sicherheitskritischen Prozesses (28, 30), mit einer Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56), die über E/A-Kanäle (32) mit dem sicherheitskritischen Prozess (28, 30) verknüpft ist, ferner mit einem Feldbus (12), über den die erste Steuereinheit (14; 14, 54) und die Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56) verbunden sind, und mit einem Busmaster (36) zum Steuern der Kommunikation auf dem Feldbus (12), wobei die erste Steuereinheit (14; 14, 54) und die Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56) jeweils sicherheitsbezogene Einrichtungen (42, 52) aufweisen, um eine fehlersichere Kommunikation miteinander zu gewährleisten, wobei die sicherheitsbezogenen Einrichtungen (42, 52) jeweils eine mehrkanalige Struktur (44) aufweisen, gekennzeichnet durch eine zweite Steuereinheit (16) zum Steuern von sicherheitsunkritischen Prozessen (26), wobei der Busmaster (36) getrennt von der ersten Steuereinheit (14; 14, 54) und der Signaleinheit (18, 20, 22, 24; 18, 20, 22, 24, 56) an den Feldbus (12) angeschlossen ist, und wobei die erste Steuereinheit (14; 14, 54) ein eigenständiges Steuerprogramm (48) zum Steuern des sicherheitskritischen Prozesses (28, 30) aufweist, das die erste Steuereinheit (14; 14, 54) in die Lage versetzt, den sicherheitskritischen Prozess (28, 30) unabhängig von anderen Steuereinheiten (16, 54) zu steuern".
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 umfasst zusätzlich die Merkmale des Anspruchs 4 des Streitpatents, nämlich dass "die erste Steuereinheit (14; 14, 54) nicht nur ein redundantes Element in Ergänzung zu einer weiteren Steuereinheit ist".
Im Hinblick auf die nachfolgende Entscheidung erübrigt es sich, Ansprüche der weiteren Anträge zu zitieren.
Entscheidungsgründe
1. Beitritt (Artikel 105 EPÜ)
Ein gemeinsamer Beitritt wurde durch die Phoenix Contact Deutschland GmbH und Roland Bent erklärt. Die Berechtigung zum Beitritt basiert auf eine Klageerhebung wegen Verletzung des deutschen Teils des Streitpatents vor dem Landgericht Düsseldorf. Der Beitritt wurde nachweislich form- und fristgerecht erklärt. Dies wurde auch nicht von der Beschwerdegegnerin in Frage gestellt.
Der Beitritt ist somit zulässig.
2. Allgemeine Überlegungen zum Verfahren
Hauptzweck des Beschwerdeverfahrens ist es, der unterlegenen Partei eine Möglichkeit zu geben, die Entscheidung der Einspruchsabteilung sachlich anzufechten (siehe G 9/91, ABl. 1993, 408).
Daher wird die Kammer im Folgenden zunächst die Beschwerde insoweit prüfen, als sie das in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigte Beweismaterial betrifft.
Erst anschließend ist auf das im Beschwerdeverfahren neu eingeführte Beweismaterial und auf die sich hieraus ergebende Frage einer eventuellen erneuten Zurückverweisung einzugehen.
3. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag: Neuheit (Artikel 52 EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (3) EPÜ)
3.1 In ihrer ersten Beschwerdeentscheidung in diesem Einspruchsverfahren (T 361/06) hat die Kammer festgestellt, dass EB1 ein relevantes Dokument zur Beurteilung der Frage der Neuheit ist, falls der dort verwendete Sicherheitsanalysator mit der beanspruchten ersten Steuereinheit identifiziert werden kann (Punkt 3.3 der Entscheidungsgründe) und falls der Sicherheitsanalysator sicherheitsbezogene Einrichtungen aufweist, um eine fehlersichere Kommunikation zu gewährleisten (Punkt 3.2, vierter Absatz der Entscheidungsgründe). Alle weiteren beanspruchten Merkmale sind aus EB1 bekannt (Punkt 3.2 der Entscheidungsgründe).
Die Einspruchsabteilung hat in der angegriffenen Entscheidung festgestellt, dass der Sicherheitsanalysator mit der ersten Steuereinheit identifizierbar ist (Punkt 2.4.3 der angefochtenen Entscheidung), jedoch zusammen mit den Busteilnehmern keine sicherheitsbezogenen Einrichtungen aufweist, die eine fehlersichere Kommunikation miteinander ermöglichen (Punkt 2.5.2 der angefochtenen Entscheidung).
3.2 Die Kammer kommt in diesem Punkt aus den nachfolgenden Gründen zu einem anderen Ergebnis.
Das in EB1 beschriebene Automatisierungssystem umfasst eine Standardsteuerungseinrichtung (in den Ausführungsbeispielen der Figuren 1 und 2 mit dem Bezugszeichen 4 und im Ausführungsbeispiel der Figur 3 mit dem Bezugszeichen 40 bezeichnet), die u.a. eine sicherheitsbezogene Steuerung durchführt und Sicherheitsanalysatoren (in den Ausführungsbeispielen der Figuren 1-3 mit den Bezugszeichen 5, 5' und 5" bezeichnet) aufweist, die an den Bus (in den Ausführungsbeispielen der Figuren 1-3 mit dem Bezugszeichen 2 bezeichnet) des Automatisierungssystems angeschlossen sind und den Datenfluss über den Bus mithören, "wobei der Analysator zum Ausführen von sicherheitsbezogenen Funktionen eingerichtet ist. Dies betrifft beispielsweise die Ansteuerung eines Schützes zum Abschalten der Versorgungsspannung von Systemkomponenten" (Seite 4, Zeilen 11-15).
In einem Beispiel einer "sicherheitsbezogenen Funktion", die von einem Sicherheitsanalysator ausgeführt wird, schaltet der Sicherheitsanalysator nach Erfassen eines entsprechenden Photodetektor-Signals einen Busteilnehmer selbst aus (Seite 17, Zeilen 10-14).
Das Ausschalten eines Teilnehmers in Abhängigkeit eines Photodetektor-Signals ist eine Steuerungsfunktion in dem Sinne, dass Ausgangsgrößen (mit Hilfe eines Aktors) in Abhängigkeit von Eingangsgrößen (erhalten über einen Sensor) eingestellt werden.
Folglich handelt es sich bei dem Sicherheitsanalysator um eine Steuereinheit, die, da er eine sicherheitsbezogene Funktion ausführt, einen sicherheitskritischen Prozess steuert.
Im Hinblick auf das Merkmal "fehlersichere Kommunikation" führte die Beschwerdegegnerin aus, dass eine solche vorläge, wenn bei einem Fehler in der Kommunikation das Gesamtsystem in einen sicheren Zustand geführt würde.
Ausgehend von dieser Definition sind das in EB1 beschriebene Überprüfen von Verknüpfungsdaten der Standardsteuerung durch den Sicherheitsanalysator und die auf die Überprüfung folgende notwendige Ausführung von sicherheitsbezogenen Funktionen, die beispielsweise das Ausschalten eines Busteilnehmers betreffen (Seite 7, Zeilen 8-18 und Seite 17, Zeilen 10-20), als eine fehlersichere Kommunikation zu werten. Diese setzt in der Logik des Anspruchs das Vorhandensein von sicherheitsbezogenen Einrichtungen voraus.
3.3 Aus oben stehender Analyse in Verbindung mit der in T 0361/06 durchgeführten Analyse ergibt sich, dass das aus EB1 bekannte Steuerungssystem alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweist.
Der beanspruchte Gegenstand ist somit nicht neu (Artikel 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (3) EPÜ).
3.4 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass der Begriff "Steuereinheit" im Sinne des Streitpatents enger auszulegen sei, so dass eine Steuereinheit den laufenden Betrieb eines Systems oder einer Einheit steuere und nicht allein im Notfall steuernd eingreift. Es handele sich somit um eine programmierbare Steuerung, die zyklisch Daten einlese, ein Prozessabbild der Eingänge bilde, logische Verknüpfungen durchführe und ein Prozessabbild der Ausgänge erzeuge.
Dieses Argument überzeugt die Kammer schon deswegen nicht, da sie keinen Grund erkennen kann, den Begriff "Steuereinheit" in Anspruch enger als fachüblich und wie oben unter Punkt 3.2 getan auszulegen. Darüber hinaus versteht die Kammer die Aussage, dass die erste Steuereinheit nicht nur ein redundantes Element in Ergänzung einer weiteren Steuereinheit ist (Seite 3, Zeilen 27-28 des Streitpatents), so, dass sie auch als solches, nämlich redundantes Element, ausgelegt sein kann. Folglich stützt die Beschreibung des Streitpatents keine engere Auslegung des Begriffs "Steuereinheit" im Sinne der Beschwerdegegnerin.
Selbst wenn der Anspruch so zu verstehen wäre, dass die erste Steuereinheit ein eigenständiges Steuerprogramm zum Steuern des sicherheitskritischen Prozesses aufweist, das die erste Steuereinheit in die Lage versetzt, den sicherheitskritischen Prozess ausschließlich und unabhängig von anderen Steuereinheiten zu steuern, so würde dies die Neuheit nicht begründen können: Auch gemäß EB1 weist der der ersten Steuereinheit entsprechende Sicherheitsanalysator notwendigerweise ein Steuerprogramm zum Steuern eines sicherheitskritischen Prozesses auf, damit das oben unter Punkt 3.2 beschriebene Ausschalten eines Teilnehmers in Antwort auf eine Sensoreingabe und das Überschreiben, Löschen und/oder Einfügen von Daten in den Busdatenstrom (Seite 17, Zeilen 10-20) durchgeführt werden können. Ferner erfolgt die Steuerung im Falle des direkt mit dem Sicherheitsanalysator 5' verbundenen Detektors 11 (Figur 1) ausschließlich und unabhängig von anderen Steuereinheiten, da der den Steuerungsprozess auslösende Detektor ausschließlich mit dem Sicherheitsanalysator verbunden ist.
Die Beschwerdegegnerin hat weiterhin vorgebracht, dass keine Kommunikation zwischen dem Sicherheitsanalysator und den Signaleinheiten stattfände, da der Sicherheitsanalysator lediglich die Kommunikation auf dem Feldbus mithöre. Dieses Argument überzeugt schon deswegen nicht, da, wie oben unter Punkt 3.2 ausgeführt, der Sicherheitsanalysator auf Signaleinheiten steuernd zugreifen kann, wodurch zwangsläufig eine Kommunikation stattfindet.
3.5 Aus den genannten Gründen kann das Patent nicht in der erteilten Fassung aufrecht erhalten werden.
4. Erster und zweiter Hilfsantrag: Zulässigkeit (Artikel 13 VOBK)
4.1 Der erste und der zweite Hilfsantrag wurden im Laufe der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Entsprechend ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann es die Kammer ablehnen, alternative Anspruchsfassungen zu berücksichtigen, wenn sie in einem sehr fortgeschrittenen Verfahrensstadium, z. B. in der mündlichen Verhandlung, eingereicht worden und nicht eindeutig gewährbar sind (etwa T 0153/85, ABl. EPA 1988, 1; Punkt 2 der Gründe; siehe auch Artikel 13 (1) und (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern).
4.2 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 umfasst im Vergleich zu Anspruch 1 gemäß Hauptantrag im Wesentlichen die weiteren Merkmale,
dass die erste Steuereinheit und die Signaleinheit jeweils sicherheitsbezogene Einrichtungen aufweisen (Hervorhebung durch die Kammer),
dass die sicherheitsbezogenen Einrichtungen jeweils eine mehrkanalige Struktur aufweisen,
dass eine zweite Steuereinheit zum Steuern von sicherheitsunkritischen Prozessen vorhanden ist, und
dass die erste Steuereinheit ein eigenständiges Steuerprogramm zum Steuern des sicherheitskritischen Prozesses aufweist, das die erste Steuereinheit in die Lage versetzt, den sicherheitskritischen Prozess unabhängig von anderen Steuereinheiten zu steuern.
4.3 Diese Merkmale ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen 2, 4 und 6 und Seite 3, Zeilen 25-26 des Patentes; siehe auch Seite 6, Zeilen 17-20 sowie Ansprüche 2, 4 und 6 der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Der Wortbegriff "jeweils" ist aus dem ersten Absatz auf Seite 15 in Verbindung mit dem die Seiten 15 und 16 verbindenden Absatz der ursprünglich eingereichten Anmeldung (Paragraphen [0049] und [0051] des Streitpatents) zu entnehmen. Die Merkmale entsprechen im Wesentlichen einer Verbindung der Merkmale der schon im vorhergehenden Einspruchsverfahren vorliegenden Hilfsanträge 1 und 2.
Die Beschwerdeführerin erhob den Einwand, dass es sich bei diesen Merkmalen um eine gemäß Artikel 123 (2) EPÜ unzulässige Zwischenverallgemeinerung handele, da das aus Seite 3, Zeilen 25-26 abgeleitete Merkmal "den sicherheitskritischen Prozess unabhängig von anderen Steuereinheiten zu steuern", aufgrund des sich auf diese Passage im nachfolgenden Satz zurück beziehenden "somit" weiter ausgeführt sei, so dass das Weglassen der in diesem Folgesatz aufgeführten Merkmale zu einer nicht offenbarten Zwischenverallgemeinerung führe.
Die Kammer kann diesem Argument jedoch nicht folgen. Sie sieht in dem diesem Folgesatz "Die erste Steuereinheit ist somit nicht nur ein redundantes Element in Ergänzung zu einer weiteren Steuereinheit, sondern sie ist in der Lage, den sicherheitskritischen Prozess eigenständig fehlersicher zu steuern" keine Einschränkung, da diese Formulierung beide Möglichkeiten, nämlich die des redundanten Elements und die der Fähigkeit zum eigenständigen Steuern einschließt. Folglich kann das Weglassen der dort erwähnten Merkmale nicht zu einer Zwischenverallgemeinerung führen, so dass Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt.
Da ferner auch keine Einwände gemäß der Artikel 84 und 123 (3) EPÜ bestehen und die Änderungen aus den nachfolgend ausgeführten Gründen geeignet sind, den Neuheitseinwand gegenüber EB1 zu beheben, übt die Kammer ihr Ermessen dahin gehend aus, diesen Antrag trotz seiner späten Einreichung in das Verfahren zuzulassen.
4.4 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 weist im Vergleich zu Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 das weitere Merkmal auf, dass die erste Steuereinheit nicht nur ein redundantes Element in Ergänzung zu einer weiteren Steuereinheit ist.
Dieses Merkmal ist prima facie nicht klar, da der Begriff "nicht ... redundantes Element" zu keiner erkennbaren Einschränkung oder näheren Definition der ersten Steuereinheit führt und somit der Gegenstand, für den Schutz begehrt wird, entgegen den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ nicht deutlich angegeben ist.
Die Beschwerdegegnerin verwies zur Stützung ihres Antrags auf Seite 3, Zeilen 27-28 der Patentschrift (entspricht Seite 6, Zeilen 20-24 der ursprünglich eingereichten Anmeldung), aus der sich die ursprüngliche Offenbarung für dieses Merkmal ergibt. Dort heißt es: "Die erste Steuereinheit ist somit nicht nur ein redundantes Element in Ergänzung zu einer weiteren Steuereinheit, sondern sie ist in der Lage, den sicherheitskritischen Prozess eigenständig fehlersicher zu steuern."
Die Kammer kann in dieser Passage jedoch keinen Beitrag zur Behebung des Klarheitsmangels sehen. Im Gegenteil: Die Kammer versteht diese Aussage so, dass die erste Steuereinheit beides, nämlich ein redundantes Element und eine eigenständige Steuereinheit ist. Diese Aussage ist aber in sich widersprüchlich und trägt somit nicht zur Behebung des Klarheitsmangels bei.
4.5 Was den Hilfsantrag 2 angeht, übt die Kammer aus vorstehenden Gründen ihr Ermessen (siehe Punkt 4.1 oben) dahingehend aus, dass sie diesen Antrag nicht in das Verfahren zulässt.
5. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, Neuheit (Artikel 52 EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (3) EPÜ)
5.1 Die Kammer sieht die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes dadurch erreicht, dass es in EB1 keine eindeutige Offenbarung gibt, die eine mehrkanalige Ausführung der sicherheitsbezogenen Einrichtungen der Signaleinheiten zeigt. Zwar ergibt sich aus Anspruch 13 von EB1, nach dem zumindest ein Sicherheitsanalysator redundant aufgebaut ist, in Verbindung mit Seite 2, Zeile 1, aus der eine Gleichsetzung von redundant mit mehrkanalig folgt, dass der Sicherheitsanalysator, der der beanspruchten ersten Steuereinheit entspricht, und demzufolge seine sicherheitsbezogenen Einrichtungen mehrkanalig aufgebaut sind. Dies trifft jedoch nicht zwangsläufig für die Signaleinheiten zu. Die von der Beschwerdeführerin und der Beitretenden diesbezüglich vorgebrachten Argumente, nämlich dass bei mehrkanaliger Auslegung des Sicherheitsanalysators zum Erreichen einer höheren Sicherheit eine nicht-mehrkanalige Auslegung der Signaleinheiten dieses Ziel wieder zunichte mache, und der Fachmann somit zwangsläufig die Signaleinheiten auch mehrkanalig ausgestalten würde, nehmen Bezug auf eine möglicherweise naheliegende Ausgestaltung durch den Fachmann. Eine Zwangsläufigkeit dieser Maßnahme besteht nach Auffassung der Kammer jedoch nicht. Alternativ besteht z.B. die Möglichkeit, durch eine nicht-mehrkanalige Ausführung der Signaleinheiten auf einen Sicherheitszuwachs zu verzichten oder die Sicherheit durch andere Maßnahmen wie etwa durch doppelte Ausführung der Signaleinheiten zu erreichen (EB1, Seite 2, Zeile 2 - 10). Da somit grundsätzlich mehrere Möglichkeiten bestehen, die Lehre von EB1 bezüglich der Anzahl der Kanäle der Signaleinheiten auszugestalten, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 neu gegenüber dieser Lehre.
5.2 Da EB1 Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ ist, ist dieses Dokument für die Frage nach der erfinderischen Tätigkeit außer Acht zu lassen.
5.3 Hinsichtlich des weiteren im Einspruchsverfahren berücksichtigen Dokumentes EB4 hat die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die dort verwendete Busstruktur ähnlich aufgebaut ist wie in dem aus E3 bekannten System, in der Busmaster und erste Steuereinheit integriert sind, wie schon in der Entscheidung T 0361/06 ausführlich diskutiert wurde (Punkte 2.4 bis 2.7 der Entscheidungsgründe).
In diesem Beschwerdeverfahren machten die Beschwerdeführerin und die Beitretenden keine weiteren Ausführungen zu diesem Dokument.
Da die Kammer prima facie diesem Dokument keine höhere Relevanz bemisst als EB1 und keine Gründe vorgebracht wurden, die Entscheidung der Einspruchsabteilung in diesem Punkte in Frage zu stellen, erübrigt sich eine weitere Prüfung.
6. Weitere Dokumente und Anträge
Die Beschwerdeführerin hat im Laufe dieses Beschwerdeverfahrens die weiteren Dokumente EB6 und EB7 eingereicht und auf die von der Einspruchsabteilung nicht zugelassene Druckschrift EB5 Bezug genommen. Diese Dokumente sind, insoweit sie von der Beschwerdeführerin eingereicht worden sind, verspätet eingereicht. Grundsätzlich würde sich gemäß Artikel 13 VOBK die Frage nach der Zulässigkeit dieser weiteren Beweismittel stellen. Jedoch wurden diese Beweismittel auch von den Beitretenden eingeführt (siehe dazu Punkt VIII), und die Frage nach ihrer Zulässigkeit für dieses Verfahren ist in diesem Zusammenhang zu entscheiden.
Aus den unter dem nachfolgenden Punkt 7 ausgeführten Gründen verweist die Kammer diese Angelegenheit an die Vorinstanz zur weiteren Entscheidung zurück. Sie möchte einer vollständigen Prüfung der Zulässigkeit und Relevanz des weiteren Beweismaterials sowie der Zulässigkeit der nachrangigen Anträge durch die Vorinstanz nicht vorgreifen.
7. Zurückverweisung
7.1 Die Beschwerdegegnerin hat die Zurückverweisung der Angelegenheit beantragt, wohingegen die Beschwerdeführerin und Beitretenden eine abschließende Entscheidung durch die Kammer beantragt haben.
Gemäß der Entscheidung G 1/94 (ABl. 1994, 787) sollte für den Ausnahmefall der Zulassung neuer Einspruchsgründe die Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen werden, sofern nicht besondere Gründe für eine andere Vorgehensweise sprechen, also etwa der Patentinhaber selbst keine Zurückverweisung der Sache wünscht (Punkt 13 der Entscheidungsgründe).
Es liegt somit im Ermessen der Kammer, ob sie eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz anordnet.
7.2 Hierbei berücksichtigt die Kammer, dass gemäß G 1/94 die Erhebung neuer Einspruchsgründe durch die Beitretende als zulässig erachtet werden kann (Punkte 12 und 13 der Entscheidungsgründe). Dies bedeutet, wie auch die Beschwerdeführerin angemerkt hat (Seite 46 des Schreiben vom 20. Juli 2012), dass das Beitrittsverfahren im Wesentlichen der Erhebung eines unabhängigen Einspruchs gleichgesetzt wurde.
Somit ist für das Ausüben des Ermessens die Natur des neu eingereichten Beweismaterials ebenso entscheidend wie der Stand des jetzigen Verfahrens.
7.3 Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den von der Beitretenden neu eingereichten Dokumenten B3, B5 und B6 um ein Applikations-Handbuch (B3), einen Katalog (B5) und eine technische Beschreibung (B6), deren öffentliche Zugänglichkeit vor dem maßgeblichen Prioritätszeitpunkt des angegriffenen Patents von der Beschwerdegegnerin bestritten wurde. Die Klärung dieser Frage würde möglicherweise die Einvernahme der von der Beschwerdeführerin und Beitretenden dazu angebotenen Zeugen erfordern. Ferner handelt es sich bei diesen Dokumenten um Material, das sich deutlich von den bisher untersuchten Dokumenten unterscheidet, bei denen es sich um Patentschriften handelt, die Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ bilden.
In solchen Fällen haben die Beschwerdekammern in der Regel die Zurückverweisung angeordnet, siehe zum Beispiel T 1469/07 (Punkt 2 der Entscheidungsgründe).
7.4 Die Beschwerdeführerin und die Beitretenden haben im Wesentlichen argumentiert, dass es sich im vorliegenden Fall schon um die zweite Beschwerde in dieser Sache handele und dass insbesondere die Beitretenden auf Grund der anhängigen Verletzungsklage direkt von dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens betroffen seien und somit an einer möglichst schnellen, endgültigen Entscheidung größtes Interesse haben. Ferner wurde argumentiert, dass die Beschwerdegegnerin ausreichend Zeit gehabt hätte, sich mit dem neu eingereichten Material vertraut zu machen.
Jedoch ist die Anhängigkeit einer Verletzungsklage gegen die Beitretenden regelmäßig der Grund für einen Beitritt und wurde daher auch in der Sache G 1/94 von der Großen Beschwerdekammer bei ihrer Überlegung berücksichtigt, Verfahren, die einen Beitritt involvieren, in aller Regel zurückzuverweisen. Daher fällt das Interesse der Beschwerdeführerin und insbesondere der Beitretenden an der Vermeidung einer Zurückverweisung wegen des anhängigen Verletzungsverfahrens nicht zu sehr ins Gewicht.
Ferner trägt die Beschwerdeführerin selbst die Verantwortung dafür, dass es sich um die zweite Beschwerde in dieser Sache handelt, da sie die Dokumente EB1-EB3 verspätet im ersten Beschwerdeverfahren eingereicht hat (T 0361/06, Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Daher genügt auch dieses Argument nicht für ein Absehen von einer nochmaligen Zurückverweisung.
Schließlich handelt es sich, wie schon oben unter Punkt 7.3 erwähnt, bei den neu eingereichten Dokumenten um Material, das einen neuen Fall schafft. Somit trifft auch das Argument, dass die Beschwerdegegnerin genügend Zeit gehabt hätte, sich mit diesem Material vertraut zu machen, nur in abgeschwächter Form zu. Außerdem weist die Kammer darauf hin, dass es die Beitretenden in ihrer Hand hatten, durch die Auswahl des neu eingereichten Beweismaterials die Entscheidung der Kammer zu beeinflussen (T 1469/07, loc. cit.).
7.5 Unter Abwägung der obigen Argumente kommt die Kammer zu dem Schluss, dass das Interesse der Beschwerdegegnerin an einer Entscheidung durch zwei Instanzen schwerer wiegt als das der Beschwerdeführerin und Beitretenden auf eine abschließende Entscheidung durch die Kammer, und verweist die vorliegende Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurück.
8. Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Sinngemäß beruft sich die Beschwerdeführerin in ihrer Begründung dieses Antrags darauf, dass die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zu einer, nach ihrer Ansicht, falschen Bewertung der Entgegenhaltung EB1 gekommen sei und diese Bewertung in dieser Form erstmalig in der Entscheidung erwähnt habe. Folglich habe die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit gehabt, zu dieser Bewertung Stellung zu nehmen. Somit wäre ihr rechtliches Gehör verletzt worden (Seite 14ff. der Beschwerdebegründung und Seite 19ff. der Eingabe vom 15. November 2011).
Dazu stellt die Kammer fest, dass die Nichtbeachtung des rechtlichen Gehörs (Artikel 113 (1) EPÜ) gemäß ständiger Rechtsprechung einen schwerwiegenden Verfahrensmangel darstellt und die Rückerstattung der Beschwerdegebühr begründen kann. Jedoch ist es ebenso Teil der ständigen Rechtsprechung, dass eine falsche Beurteilung eines Standes der Technik, die die Beschwerdeführerin hier der Einspruchsabteilung vorwirft, zwar einen wesentlichen Irrtum darstellt, wenn sie denn zutrifft, aber keinen Verfahrensmangel bedeutet (z.B. T 367/91, Leitsatz).
Daher ist der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr unbegründet.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben, insoweit sie nicht die Kostenverteilung betrifft.
2. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
3. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 1 zurückverwiesen.