T 1021/98 12-02-2003
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Verfahren zum Betreiben einer Anordnung zur Gewebestimulation
Biotronik Mess- und Therapiegeräte GmbH & Co Ingenieurbüro
Berlin
Verfahren zur therapeutischen Behandlung - Ja (Hauptantrag)
Änderung auf Verfahren zum nicht therapeutischen Zwecke - nicht zulässig, Artikel 123 (2) EPÜ (1. Hilfsantrag)
Änderung von Verfahren zum Betreiben einer Anordnung auf die Anordnung - nicht zulässig, Artikel 123 (3) EPÜ (2. Hilfsantrag)
Vorlage an die Große Beschwerdekammer - nein
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) legte gegen die am 28. August 1998 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 526 493 zu widerrufen, am 19. Oktober 1998 Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde gleichzeitig entrichtet. Die Beschwerdebegründung ging am 17. Dezember 1998 ein.
II. Mit dem Einspruch wurde der Widerruf des gesamten Patents im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ mit der Begründung beantragt, dass das beanspruchte Verfahren nach Artikel 52 (4) EPÜ nicht patentfähig sei und dass es entgegen der Vorschrift der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2002 lud die Kammer zu einer von beiden Parteien hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung, die am 12. Februar 2003 statt fand.
IV. In der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten oder gegebenenfalls die Sache zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
Hauptantrag
Das Patent in der erteilten Fassung
Erster Hilfsantrag
Ansprüche: 1 bis 4 eingereicht mit Schreiben vom 17.Dezember 1998
Beschreibung: Seiten 2 und 7 eingereicht mit Schreiben vom 17.Dezember 1998;
Seiten 3 bis 6 in der erteilten Fassung
Zeichnungen: Figuren 1 bis 5 in der erteilten Fassung
Zweiter Hilfsantrag
Ansprüche: 1 bis 7 eingereicht mit Schreiben vom 17.Dezember 1998
Beschreibung: Seiten 2 und 7 eingereicht mit Schreiben vom 17.Dezember 1998;
Seiten 3 bis 6 in der erteilten Fassung
Zeichnungen: Figuren 1 bis 5 in der erteilten Fassung
V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und den Widerruf des Patentes.
VI. Anspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) hat folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zum Betreiben einer Anordnung zur Gewebestimulation bei einem Lebewesen mit einem aus einer Spannungsquelle (6) gespeisten Stimulationsimpulsgenerator (1) zur Erzeugung von Stimulationsimpulsen (37, 41), mit einer Detektoreinrichtung (26) zur Erfassung der Reaktion des Gewebes auf die Stimulation und mit einer den Stimulationsimpulsgenerator (1) steuernden Steuereinrichtung (17), die zur Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit (42) des Gewebes solange eine Veränderung der Energie E nacheinander erzeugter Stimulationsimpulse (37, 41) veranlaßt, bis die Detektoreinrichtung (26) einen Wechsel von einem Ausbleiben der Reaktion zu einer Reaktion oder umgekehrt erfaßt, wobei anschließend die Stimulationsimpulse (37, 41) mit einer Energie erzeugt werden, die dem für die Stimulationsempfindlichkeit (42) ermittelten Wert S zuzüglich einem Sicherheitswert E0 entspricht, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit (42) die Stimulationsimpulse (37, 41) mit einer Impulsamplitude erzeugt werden, deren Spannung U um einen dem Sicherheitswert E0 entsprechenden Spannungswert Us unter der maximal verfügbaren Spannung U0 der Spannungsquelle (6) liegt, wobei zur Veränderung der Stimulationsenergie E die Impulsdauer t1, t6 der Stimulationsimpulse (37, 41) verändert wird, und daß im Anschluss an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit (42) die Stimulationsimpulse (37, 41) mit einer der verfügbaren Spannung U0 der Spannungsquelle (6) entsprechenden Impulsamplitude und der bei der Detektion des Wechsels bei der Reaktion des Gewebes eingestellten Impulsdauer erzeugt werden."
Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass nach "Verfahren zum Betreiben einer Anordnung zur Gewebestimulation bei einem Lebewesen", die Angabe "zum nicht therapeutischen Zwecke" hinzugefügt wurde.
Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass die Angabe "Verfahren zum Betreiben einer" gestrichen wurde und der Anspruch somit auf eine "Anordnung zur Gewebestimulation bei einem Lebewesen" gerichtet ist.
VII. Die Beschwerdeführerin machte im wesentlichen folgendes geltend:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag sei kein Verfahren zur therapeutischen Behandlung im Sinne von Artikel 52 (4) EPÜ. Das beanspruchte Verfahren beziehe sich ausschließlich auf eine Bestimmung der Stimulationsschwelle und diene nur dem Zweck, die Energie der Stimulationsimpulse auf den geringst möglichen Wert einzustellen, um so Energie einzusparen und die Lebensdauer einer normalerweise als Spannungsquelle verwendeten Batterie zu verlängern. Eine derartige Bestimmung der Stimulationsschwelle sei für den therapeutischen Normalbetrieb einer Stimulationsanordnung, wie z. B. eines Herzschrittmachers, gar nicht erforderlich, da im Prinzip immer mit der höchsten verfügbaren Impulsenergie stimuliert werden könnte.
Der vorliegende Sachverhalt sei unmittelbar mit dem in der Entscheidung T 789/96 (ABl. EPA 2002, 364) vergleichbar, in welcher insbesondere der auf ein Verfahren zur Steuerung der Stimulationsenergie eines Herzschrittmachers gerichtete, unabhängige Anspruch 26 einen gleichartigen Anspruchsaufbau aufwies. Dennoch wurde keines der beanspruchten Verfahren als ein therapeutisches Verfahren im Sinne von Artikel 52 (4) EPÜ angesehen. Wie in der Entscheidung T 789/96 sei auch im vorliegenden Fall die entscheidende Frage diejenige nach dem Zweck der Weiterbildung eines Verfahrens durch eine Erfindung. Sei dieser nicht auf eine Verbesserung der Therapie gerichtet, so sei das Verfahren als nicht-therapeutisch anzusehen.
Die Sachlage in der Entscheidung T 82/93 (ABl. EPA 1996, 274) sei dagegen nicht mit der des Streitpatents vergleichbar, da dort ein funktionaler Zusammenhang zwischen einem gemessenen Parameterwert und der angewandten therapeutischen Behandlung das beanspruchte Verfahren zu einem Verfahren zur therapeutischen Behandlung machte. Im vorliegenden Fall gebe es jedoch keinen solchen Zusammenhang, da die ermittelte Stimulationsempfindlichkeit und die damit verbundene optimierte Stimulationsenergie nur dem Zweck der Energieeinsparung und nicht dem der Steuerung der therapeutischen Behandlung dienten.
Im Übrigen befinde sich die Sachlage des vorliegenden Falls weitgehend im Übereinstimmung mit derjenigen in der Entscheidung T 426/89 (ABl. EPA 1992, 172), in welcher ein nahezu gleich abgefasster Anspruch als ein verkappter, wenn auch nicht ganz klar abgefasster, Vorrichtungsanspruch angesehen wurde, der nicht von dem Ausschlußtatbestand des Artikels 52 (4) EPÜ betroffen sei. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass in der Patentbeschreibung wiederholt von "der erfindungsgemäßen Anordnung" die Rede sei, so dass daher bei korrekter Auslegung des Gegenstandes des erteilten Patentanspruchs 1 gemäß Artikel 69 (1) EPÜ erkennbar werde, dass dieser eigentlich eine Vorrichtung betreffe. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Patentinhaberin ihr Einverständnis zu dem Vorschlag der Prüfungsabteilung, durch den die ursprünglichen Vorrichtungsansprüche überhaupt erst in Verfahrensansprüche geändert worden waren, nur unter der Voraussetzung gegeben hatte, dass entsprechende Änderungen in der Beschreibung unterblieben waren.
Des weiteren sei im vorliegenden Fall von Bedeutung, dass der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lediglich definiere, dass anschließend an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit Stimulationsimpulse erzeugt würden, diese Erzeugung jedoch nur eine vorbereitende Maßnahme darstelle, die nicht mit einer tatsächlichen Abgabe der Impulse gleichzusetzen sei.
Die zusätzliche Einschränkung auf ein Verfahren zum nicht therapeutischen Zwecke gemäß dem Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags räume darüber hinaus jegliche Bedenken bezüglich der Patentierbarkeit nach Artikel 52 (4) EPÜ aus. Diese Änderung stehe im Einklang mit Artikel 123 (2) EPÜ, da die Anmeldungsunterlagen zweifelsfrei das Einsparen von Energie zur Verlängerung der Batterielebensdauer als nicht therapeutischen Zweck der Erfindung offenbarten. Im Übrigen handele es sich bei der vorliegenden Änderung um eine Einschränkung ohne technische Bedeutung, die gemäß der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/93 (ABl. EPA, 1994, 541) zulässig sei. Beispielhaft sei darüber hinaus auch die Entscheidung T 774/89, derzufolge es möglich sei, ein Verfahren auf seinen nicht-therapeutischen Zweck zu beschränken.
Schließlich sei der mit dem Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags vorgenommene Wechsel der Kategorie zu einer Anordnung nach Artikel 123 (3) EPÜ nicht zu beanstanden, da es sich dabei, vergleichbar mit dem Fall in der Entscheidung T 426/89, nur um einen scheinbaren Kategoriewechsel handele. Da Anspruch 1 in der erteilten Fassung bereits als ein Vorrichtungsanspruch mit einer funktionalen Definition einer Anordnung aufzufassen sei, könnten die Änderung den Schutzbereich des Patents nicht erweitern.
Die Beschwerdeführerin beantragte außerdem, der Großen Beschwerdekammer folgende Fragen vorzulegen:
1. "Is it allowable with regard to Art. 52 (4) EPC to define, in a claim directed to the use of a medical apparatus containing technical features having the object of producing a technical effect, such as saving energy, one or more features which per se may have a therapeutic effect on the human or animal body?"
[Ist es im Hinblick auf Artikel 52 (4) EPÜ zulässig, in einem auf die Verwendung einer medizinischen Vorrichtung gerichteten Anspruch mit technischen Merkmalen, die das Erzielen eines technischen Effekts, wie das Einsparen von Energie, zum Gegenstand haben, ein oder mehrere Merkmale, die an sich einen therapeutischen Effekt auf den menschlichen oder tierischen Körper haben, zu definieren?]
2. "When determining whether the category of a claim can be changed so as to meet the requirements of clarity, as in T426/89, which are the aspects of the claim which must be considered to determine whether the change is allowable?"
[Welche Aspekte sind bei der Beurteilung, ob, wie in T 426/89, die Kategorie eines Anspruchs gewechselt werden kann, um die Anforderungen der Klarheit zu erfüllen, zu berücksichtigen, um festzustellen, ob der Wechsel zulässig ist?]
VIII. Die Beschwerdegegnerin führte im wesentlichen aus:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag umfasse insbesondere ein Verfahren zum Betreiben eines Herzschrittmachers und enthalte Verfahrenschritte zur Abgabe von Stimulationsimpulsen, die eine Reaktion in Form einer Kontraktion des Herzens zur Folge hätten. Das Verfahren sei somit ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung im Sinne des Artikels 52 (4) EPÜ.
Anders als in der Entscheidung T 789/96, in welcher die Stimulationsempfindlichkeit durch eine Berechnung ermittelt werde, beruhe das beanspruchte Verfahren auf einer Reaktion des Patienten auf eine Reihe von Impulsen mit sich ändernder Energie. Darüber hinaus würden gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 im Anschluß an diese Reihe von "Meßimpulsen", Stimulationsimpulse mit einer der ermittelten Stimulationsempfindlichkeit entsprechenden Energie zuzüglich eines Sicherheitswertes abgegeben.
Auch unterscheide sich der vorliegende Fall von der Entscheidung T 426/89, da die Merkmale des vorliegenden Anspruchs 1 sich eindeutig auf Verfahrensschritte bezögen, wobei insbesondere die Abgabe von Impulsen und die entsprechende Reaktion des Gewebes eine entscheidende Rolle spielten, und somit keineswegs als funktionale Definitionen einer Vorrichtung angesehen werden können.
Andererseits werde eine Parallele zu dem der Entscheidung T 82/93 zugrundeliegenden Sachverhalt gesehen, indem auch im vorliegenden Fall ein kausaler Zusammenhang zwischen dem ermittelten Parameterwert und der daraufhin angewandten therapeutischen Behandlung vorliege.
Was den Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags betreffe, so gehe die Einschränkung des Verfahrens auf ein Verfahren zum Betreiben der Anordnung zur Gewebestimulation bei einem Lebewesen "zum nicht therapeutischen Zwecke" über den Offenbarunggehalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und verstoße somit gegen die Vorschrift des Artikels 123 (2) EPÜ.
Schließlich habe die Änderung im Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags von einem Verfahren zum Betreiben einer Anordnung auf die Anordnung an sich eine nach Artikel 123 (3) EPÜ unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs zur Folge.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 64 EPÜ und ist somit zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Anspruch 1 in der erteilten Fassung definiert ein Verfahren zum Betreiben einer Anordnung zur Gewebestimulation bei einem Lebewesen, welches mehrere sich auf die Erzeugung von Stimulationsimpulsen beziehende Merkmale umfaßt.
Insbesondere definiert Anspruch 1 Verfahrenschritte zur Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit, wobei die den Stimulationsimpulsgenerator steuernde Steuereinrichtung "zur Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit des Gewebes, solange eine Veränderung der Energie E nacheinander erzeugter Stimulationsimpulse veranlaßt, bis die Detektoreinrichtung einen Wechsel von einem Ausbleiben der Reaktion zu einer Reaktion oder umgekehrt erfaßt", und wobei
"bei der Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit die Stimulationsimpulse mit einer Impulsamplitude erzeugt werden, deren Spannung U um einen dem Sicherheitswert E0 entsprechenden Spannungswert Us unter der maximal verfügbaren Spannung U0 der Spannungsquelle liegt".
Weiter definiert Anspruch 1 Verfahrenschritte im Anschluß an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit, "wobei anschließend die Stimulationsimpulse mit einer Energie erzeugt werden, die dem für die Stimulationsempfindlichkeit ermittelten Wert S zuzüglich einem Sicherheitswert E0 entspricht", und wobei
"im Anschluss an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit die Stimulationsimpulse mit einer der verfügbaren Spannung U0 der Spannungsquelle entsprechenden Impulsamplitude und der bei der Detektion des Wechsels bei der Reaktion des Gewebes eingestellten Impulsdauer erzeugt werden". (Hervorhebungen durch die Kammer)
2.2. Es ist festzustellen, dass sich der Anspruchswortlaut sowohl im Hinblick auf das Erzeugen von Stimulationsimpulsen zur Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit als auch bezüglich des sich daran anschließenden Erzeugens der Stimulationsimpulse mit einer über der ermittelten Stimulationsempfindlichkeit liegenden Energie derselben Terminologie bedient.
Bei den die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit betreffenden Verfahrensschritten bedeutet das Erzeugen der Stimulationsimpulse konkret, dass Stimulationsimpulse an das Gewebe abgegeben werden, die eine Reaktion des Gewebes auslösen, so dass der Anspruch nur dahingehend verstanden werden kann, dass sich auch das daran anschließende Erzeugen der Stimulationsimpulse mit der ermittelten Energie auf deren konkrete Abgabe an das Gewebe zum Zwecke einer Stimulation bezieht, da andernfalls dieselbe Terminologie unterschiedliche Bedeutung hätte.
Schon aus diesem Grund kann das Argument der Patentinhaberin, dass das Erzeugen von Stimulationsimpulsen im Anschluß an die Ermittlung der Stimulationempfindlichkeit sich nur auf eine vorbereitende Maßnahme beziehe, ohne dass tatsächlich Impulse abgegeben würden, nicht überzeugen.
Im übrigen ist es unklar, wie das Erzeugen eines Stimulationsimpulses mit vorgegebener Impulsdauer und -Amplitude, jedoch ohne seine Abgabe, überhaupt technisch zu verstehen wäre. Die Beschreibung enthält in dieser Hinsicht auch keinerlei Angaben, wie derartiges realisiert werden könnte.
2.3. Aus der vorstehenden Betrachtung folgt, dass die Verfahrensschritte der Erzeugung von Stimulationsimpulsen im Anschluß an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit die konkrete Abgabe von Impulsen zum Gegenstand haben, die eine in den vorausgehenden Verfahrensschritten ermittelte, ausreichende Energie zum Hervorrufen einer Gewebereaktion aufweisen und damit tatsächlich eine Stimulation bewirken.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass das beanspruchte Verfahren auch das Betreiben eines Herzschrittmachers einschließt, dessen einziger Zweck therapeutischer Natur ist, nämlich Stimulationsimpulse zu erzeugen, welche bei einem erkrankten Herzen Herzmuskelkontraktionen hervorrufen, um so ausbleibende natürliche Herzschläge zu ersetzen.
Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass sich die beanspruchte Erzeugung von Stimulationsimpulsen gemäß den Verfahrensschritten im Anschluß an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit auf eine therapeutische Behandlung bezieht. Damit enthält das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags zumindest einen Verfahrenschritt zur therapeutischen Behandlung und fällt somit, in Übereinstimmung mit ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (vgl. T 820/92 (ABl. EPA 1995, 113); T 82/93) unter den Ausschlußtatbestand des Artikels 52 (4) EPÜ.
2.4. Darüber hinaus legt die Kammer Wert auf die Feststellung, dass sich auch für die vorgenannten Verfahrensschritte zur Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit die Frage nach ihrem therapeutischen Charakter stellt, da sich bei ihnen, unbeschadet dessen, dass sie einem technischen Ziel, wie der Verringerung des Batterieverbrauchs, dienen und dabei nur sporadisch erzeugt werden mögen, nicht ohne weiteres nicht-therapeutische Wirkungen von therapeutischen Wirkungen trennen lassen.
So bewirken zumindest diejenigen der bei der Durchführung dieser Schritte abgegebenen "Meßimpulse", deren Energie über der zu ermittelnden Stimulationsschwelle liegt, Herzmuskelkontraktionen.
Dabei kann auch während der regelmäßig durchgeführten Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit das Herz des Patienten sich in einem pathologischen Zustand ohne oder mit unzureichenden Herzmuskelkontraktionen befinden. Für die Gesundheit des Patienten ist es daher nicht unwesentlich, dass zumindest einige der "Meßimpulse" tatsächlich stimulierte Herzmuskelkontraktionen hervorrufen, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass während der Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit über einen zu langen Zeitraum überhaupt keine Herztätigkeit stattfände. Deshalb läßt sich den bei den Verfahrensschritten zur Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit abgegebenen Stimulationimpulsen eine therapeutische Wirkung nicht generell absprechen.
In diesem Zusammenhang ist schließlich noch zu beachten, dass die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit (d. h. der Schwelle, ab der Impulse eine ausreichende Energie besitzen, um tatsächlich eine erfolgreiche Stimulation zu bewirken) eine wesentliche Maßnahme im Gesamtkontext der Stimulationstherapie darstellt und unabhängig von dem Wunsch nach geringem Batterieverbrauch im Rahmen einer Herzschrittmachertherapie regelmäßig zumindest in der Form durchgeführt wird, dass festgestellt wird, ob eine aktuell eingestellte Impulsenergie tatsächlich die gewünschten Herzmuskelkontraktionen hervorruft.
Das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argument, eine Bestimmung der Stimulationsschwelle sei für den therapeutischen Normalbetrieb eines Herzschrittmachers gar nicht erforderlich, da im Prinzip immer mit der höchsten verfügbaren Impulsenergie stimuliert werden könnte, ist nicht stichhaltig, weil selbst in dem von ihr betrachteten Fall eine regelmäßige Überprüfung der Schwellwertbedingung unverzichtbar wäre, da sich die Stimulationsschwelle im Lauf des Betriebs eines Herzschrittmachers etwa durch physiologische Veränderungen oder Änderungen der Lage und/oder des physikalischen Zustands der Stimulationselektroden und ihres Kontaktes zu dem zu stimulierenden Gewebe erhöhen kann. Zudem findet sich in der Patentschrift selbst (vgl. Seite 7, Zeilen 26-37) der Hinweis, dass die Abgabe von Stimulationsimpulsen mit der höchsten verfügbaren Batteriespannung keine Garantie für eine tatsächlich wirksame Gewebestimulation ist. So ist vorgesehen, bei schwächer werdender Batterie zusätzliche Maßnahmen, wie z. B. eine Spannungsverdopplung der Batteriespannung, vorzunehmen. Schließlich sprächen auch medizinische Gründe, wie etwa die Gefahr einer zunehmenden Reizunempfindlichkeit, dagegen, ein Gewebe dauerhaft mit unnötig hoher Energie zu stimulieren. Die korrekte Einstellung der Impulsenergie im Hinblick auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Patienten ist damit als eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung einer Stimulationstherapie anzusehen.
2.5. Die Beschwerdeführerin sieht eine Parallele zur Entscheidung T 789/96, da es auch dort um ein Verfahren gehe, durch das, wie im vorliegenden Streitpatent, die Energie der Stimulationsimpulse eines Herzschrittmachers optimiert würde, um so die Batterielebensdauer zu verlängern.
2.5.1. Der dem dortigen Fall zugrundeliegende Anspruch 1 definierte ein "Verfahren zur Steuerung der Stimulationsenergie eines Herzschrittmachers mittels einer Software..." und enthielt keine konkret auf die Erzeugung von Stimulationsimpulsen gerichteten Verfahrenschritte.
Die dort entscheidende Kammer befand bezüglich des Gegenstandes dieses Anspruchs, dass er nicht als Therapieverfahren anzusehen sei, da lediglich verschiedene mit der Stimulationsenergie bzw. Stimulationsschwelle in Verbindung stehende Parameter mittels eines Programms ermittelt würden, und diese Parameter nicht verwendet würden, um eine unmittelbar auf das Herz einwirkende Größe zu steuern. Daher sei kein entsprechender funktionaler Zusammenhang zu einer therapeutischen Behandlung gegeben. Vielmehr könne ein Patient, dem ein ausschließlich nach diesem Verfahren arbeitender Herzschrittmacher implantiert werde, sterben, weil das Verfahren nur in periodischen Abständen durchgeführt werde (vgl. Entscheidungsgründe, Punkte 2.2.2.1 bis 2.2.2.4). Die Kammer schloß ihre Begründung mit der Zusammenfassung: "Ein am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommenes Verfahren mit Einsatz eines Herzschrittmachers, der eine therapeutische Wirkung erzielt, ist kein therapeutisches Verfahren im Sinne des Artikels 52 (4) EPÜ, wenn durch die Erfindung zwar das Verfahren weitergebildet wird, diese Weiterbildung aber nicht der Prävention oder Behandlung eines pathologischen Zustands dient." (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 2.2.3).
2.5.2. Gestützt auf T 789/96 sei somit nach Auffassung der Beschwerdeführerin für die Beurteilung, ob ein beanspruchtes Verfahren von dem Ausschlußtatbestand des Artikels 52 (4) EPÜ betroffen sei, lediglich festzustellen, ob die "Weiterbildung", d. h. der Beitrag der beanspruchten Erfindung zum Stand der Technik, der Prävention oder Behandlung eines pathologischen Zustands diene.
Da beim vorliegenden Anspruch der Beitrag zum Stand der Technik nur Verfahrenschritte zum Zwecke der Energieeinsparung und damit zur Verlängerung der Batterielebensdauer nicht jedoch zur therapeutischen Behandlung eines Patienten umfasse, sei sein Gegenstand nicht von der Ausschlußbestimmung des Artikels 52 (4) EPÜ betroffen.
2.5.3. Der Rückgriff auf die Begründung in T 789/96 kann schon deswegen nicht überzeugen, weil im Gegensatz zum dortigen Anspruch 1, der Anspruch 1 des vorliegenden Patents ausdrücklich den Schritt der Erzeugung von Stimulationsimpulsen unter Schutz gestellt sehen möchte, welcher, wie vorstehend in Punkt 2.3 erläutert, der therapeutischen Behandlung eines Patienten dient.
2.5.4. Darüber hinaus ist das bezüglich der "Weiterbildung" vorgebrachte Argument der Beschwerdeführerin nicht stichhaltig, da im vorliegenden Fall der therapeutische Schritt der Abgabe der Stimulationsimpulse im Anschluß an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit mit der ermittelten optimierten Energie erfolgt und somit ebenfalls als Bestandteil der "Weiterbildung" anzusehen wäre.
Im Übrigen teilt die Kammer grundsätzlich nicht die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Auffassung, nur die "Weiterbildung" sei auf ihren möglichen therapeutischen Charakter hin zu untersuchen, da nach gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern sämtliche Merkmale eines Verfahrensanspruchs daraufhin zu überprüfen sind, ob sie eine therapeutische Behandlung darstellen (vgl. etwa T 820/92, T 82/93).
Die Entscheidung T 789/96 läßt zudem in ihrer Begründung auch gar nicht erkennen, dass die Kammer eine Abweichung von dieser gefestigten Rechtsprechung beabsichtigt hätte. Die Begründung bezieht sich in Punkt 2.2.2.3 im Gegenteil ausdrücklich auf die Entscheidung T 82/93 als einen Vertreter der diesbezüglichen Rechtsprechung und der mit ihr festgelegten Prinzipien, wobei sie, ohne die Gültigkeit dieser Prinzipien in Frage zu stellen, den ihr vorliegenden Sachverhalt von demjenigen der Entscheidung T 82/93 unterschieden sieht.
Schließlich ist es fraglich, ob das Verständnis der Beschwerdeführerin der Entscheidung T 789/96, der verwendete Begriff "Weiterbildung" sei als der über den Stand der Technik hinausgehende beitrag der Erfindung zu verstehen, zutreffend ist. Anspruch 1, über den die Kammer zu entscheiden hatte, definierte nämlich in diesem Sinne gar kein Therapieverfahren mit einerseits an sich bekannten Verfahrenschritten, die eine therapeutische Wirkung auf den Körper hätten, und mit andererseits eine "Weiterbildung" betreffenden Verfahrenschritten, die einen nicht-therapeutischen Beitrag zum Stand der Technik lieferten.
In der Tat wies Anspruch 1 gar keine konkreten Verfahrenschritte auf, denen eine therapeutische Wirkung auf den Körper zuzuerkennen wäre.
2.5.5. Anders lag in der Entscheidung T 789/96 der Sachverhalt insbesondere bei dem unabhängigen Anspruch 26. In diesem Anspruch wurde ein weiterer Verfahrenschritt definiert, gemäß welchem eine bestimmte Zahl von Stimulationsimpulsen hoher Energie in Reaktion auf einen als unwirksam definierten Stimulationsimpuls erzeugt wurde. Dabei handelte es sich laut zugehöriger Patentbeschreibung offensichtlich um eine therapeutische Stimulation des Herzens.
Nachdem sich die in den Punkten 2.2.1 bis 2.2.3 gegebene Begründung auf den Gegenstand des Anspruchs 1 bezog, wurde im abschließenden Punkt 2.4 festgestellt: "Aus diesen Gründen genügt das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags den Erfordernissen des Artikels 52 (4) EPÜ. Derselbe Schluß gilt für die weiteren Verfahrensansprüche 25 und 26 des Hauptantrags.". Eine Auseinandersetzung mit den im Anspruch 26 enthaltenen, über die Merkmale des Anspruchs 1 hinausgehenden Verfahrensschritten ist der Entscheidung T 789/96 nicht zu entnehmen. Damit kann diese Entscheidung für einen zu dem Gegenstand des Anspruchs 26 ähnlich gelagerten Sachverhalt wie dem vorliegenden nicht als maßgebend angesehen werden.
Im vorliegenden Fall ist die Kammer aus den vorstehend dargelegten Gründen der Auffassung, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 eine therapeutische Wirkung hat und somit unter die Ausschlußbestimmung des Artikels 52(4) EPÜ fällt.
2.6. Die Beschwerdeführerin bezog sich weiter auf die Entscheidung T 426/89.
Darin war die Kammer der Auffassung gelangt, dass der ihr vorliegende, auf ein Verfahren zum Betreiben eines Herzschrittmachers gerichtete Anspruch die Schritte eines technischen Verfahrens angebe, welche kein Behandlungsverfahren definierten, sondern vielmehr als funktionale Definitionen der konstruktiven Merkmale eines Herzschrittmachers zu verstehen seien. Bei richtiger Auslegung gemäß Artikel 69 (1), Satz 2 EPÜ definiere somit der Anspruch kein Verfahren, sondern ein Gerät (Herzschrittmacher) durch die jeweilige Funktion seiner Bestandteile. Artikel 52 (4) EPÜ stehe damit der Patentfähigkeit des Gegenstandes des Anspruchs nicht im Wege. Ihre Bewertung des ihr vorliegenden Sachverhalts sah die Kammer nicht zuletzt dadurch gestützt, daß sich insbesondere der kennzeichnende Teil des Anspruchs nach ihrer Beobachtung ausschließlich auf Merkmale beziehe, die den Umgang mit Registerinhalten eines Speichers beträfen (vgl. Punkt 2.2 der Gründe).
Der Sachverhalt in der vorliegenden Sache ist jedoch mit demjenigen der Entscheidung T 426/89 nicht vergleichbar, da im vorliegenden Anspruch 1 mindestens ein Verfahrensschritt zu identifizieren ist, der einer therapeutischen Behandlung eines Patienten dient.
2.7. Aus den vorstehend angegebenen Gründen ist der Hauptantrag nicht gewährbar.
3. Erster Hilfsantrag
3.1. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags ist auf ein Verfahren zum Betreiben der Anordnung zur Gewebestimulation bei einem Lebewesen "zum nicht therapeutischen Zwecke" eingeschränkt.
3.2. Es ist jedoch festzustellen, dass insbesondere eine Erzeugung von Stimulationsimpulsen im Anschluß an die Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit für etwaige nicht-therapeutische Zwecke in den Anmeldungsunterlagen nicht offenbart ist.
Auch sind nach Auffassung der Kammer, wie vorstehend erläutert, die Verfahrensschritte zur Ermittlung der Stimulationsempfindlichkeit in einem engen Zusammenhang mit einer therapeutischen Behandlung zu sehen.
Damit geht aber die Änderung "zum nicht therapeutischen Zwecke" über den Offenbarungsgehalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und verstößt somit gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
3.3. Das Argument der Beschwerdeführerin, es handele sich bei der vorliegenden Änderung um eine Einschränkung ohne technische Bedeutung, die gemäß der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/93 (ABl. EPA, 1994, 541) zuzulassen sei, kann im Hinblick auf die fehlende Offenbarung der Einschränkung nicht überzeugen. Eine Änderung des beanspruchten Verfahrens auf nicht-therapeutische Zwecke würde der Patentinhaberin Schutz für etwas gewähren, das sie am Anmeldetag nicht offenbart hat.
Auch der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Entscheidung T 774/89 bleibt erfolglos, da dort nicht-therapeutische Wirkungen unzweifelhaft offenbart waren und sich von therapeutischen Wirkungen eindeutig trennen ließen. Keiner dieser Umstände ist im vorliegenden Fall gegeben.
3.4. Aus diesen Gründen ist der erste Hilfsantrag nicht gewährbar.
4. Zweiter Hilfsantrag
4.1. Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags richtet sich auf die Anordnung zur Gewebestimulation an sich.
Wie jedoch bereits im Rahmen der Diskussion des Hauptantrags festgestellt wurde, ist demgegenüber der Gegenstand des Schutzbegehrens des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung auf ein Verfahren, genauer auf ein Verfahren zum Betreiben, d. h. Verwenden, der Anordnung zur Gewebestimulation, gerichtet.
4.2. Grundsätzlich gewährt ein Patent, mit dem eine Vorrichtung beansprucht wird, für diese Vorrichtung absoluten Schutz, d. h. unabhängig davon, ob und ggf. wo und in welchem Sachzusammenhang sie Verwendung findet. Daraus folgt, dass der Schutzbereich eines Anspruchs für eine bestimmte Verwendung einer Vorrichtung kleiner ist als der eines Anspruchs für die Vorrichtung per se (vgl. G 2/88 (ABl. EPA 1990, 93).
Was Gegenstand des Schutzbegehrens ist, ist in den Ansprüchen, wo zweckmäßig, mittels einer Bezeichnung des Gegenstandes der Erfindung und den technischen Merkmalen, die zu seiner Festlegung notwendig sind, angegeben (Regel 29 (1) EPÜ). Grundsätzlich können Patentansprüche als Gegenstand des Schutzbegehrens nur entweder eine Tätigkeit oder eine Sache definieren (vgl. G 2/88, Absatz 2.2). Je nachdem, ob der Gegenstand des Schutzbegehrens eine Tätigkeit oder eine Sache ist, werden im Normalfall die technischen Merkmale sich auf Tätigkeiten bzw. Sachen beziehen. Es sind jedoch auch Anspruchsformen möglich, bei denen sowohl technische Merkmale, die sich auf Tätigkeiten beziehen, als auch technische Merkmale, die sich auf Sachen beziehen, zur Festlegung des beanspruchten Gegenstandes verwendet werden. Mögliche derartige Anspruchsformen sind z. B. Tätigkeit A mittels Sache B oder Sache B für Tätigkeit A, aber auch Tätigkeit A zur Herstellung der Sache B oder Sache B hergestellt mit Tätigkeit A. In welchem Umfang die technischen Merkmale den beanspruchten Gegenstand festlegen, hängt in diesen Fällen davon ab, ob der Gegenstand des Schutzbegehrens eine Tätigkeit oder eine Sache ist. Es kommt somit der Bezeichnung des Gegenstandes der Erfindung im Anspruch eine entscheidende Rolle zu.
Die Bezeichnung des Gegenstandes der Erfindung gemäß dem erteilten Anspruch 1 betrifft eindeutig ein Verfahren und läßt somit keinen Zweifel, dass der Gegenstand des Schutzbegehrens ein Verfahren ist.
Die Bewertung in der Entscheidung T 426/89, die in der einschlägigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern nicht weiterverfolgt wurde, ist damit für die Beurteilung des vorliegenden Falles nicht als maßgebend anzusehen.
4.3. Das in diesem Zusammenhang vorgetragene Argument der Beschwerdeführerin, durch das Heranziehen der Beschreibung, in welcher wiederholt auf die "erfindungsgemäße Anordnung" Bezug genommen wird, sei eindeutig erkennbar, dass der Schutzbereich des Streitpatents die Anordnung selbst umfasse, ist nicht überzeugend.
Der Schutzbereich eines Patents ist gemäß Artikel 69 (1) EPÜ durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, wobei jedoch die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung heranzuziehen sind. Nach dem Protokoll über die Auslegung des Artikels 69 EPÜ kann ausgehend von einer wortwörtlichen Auslegung der Patentansprüche eine Erweiterung des Schutzbereichs in Übereinstimmung mit allgemeineren Überlegungen zur Erfindung, die sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ergeben, gerechtfertigt sein. Jedoch rechtfertigt eine in der Patentbeschreibung enthaltene Darstellung einer zur Durchführung des beanspruchten Verfahrens verwendeten Vorrichtung, selbst wenn diese im Widerspruch zum Gegenstand der erteilten Ansprüche als "erfindungsgemäß" bezeichnet wird, nicht die Erweiterung des Schutzes von der beanspruchten besonderen Verwendung der Vorrichtung auf die Vorrichtung an sich.
4.4. Somit hat die Änderung in Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags von einem Verfahren zum Betreiben einer Anordnung auf die Anordnung an sich eine nach Artikel 123 (3) EPÜ unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs zur Folge (vgl. hierzu auch T 82/93).
Daher ist auch der zweite Hilfsantrag nicht gewährbar.
5. Vorlagen an die Große Beschwerdekammer
Die Anträge der Beschwerdeführerin auf Vorlage zweier Fragen an die Große Beschwerdekammer, werden von der Kammer zurückgewiesen, weil keine der beiden Fragen auf die Klärung allgemeiner Rechtsprinzipien gerichtet ist, welche eine Befassung der Großen Beschwerdekammer rechtfertigen würden.
Die erste Frage nach der Zulässigkeit eines Nebeneinanders von Merkmalen mit technischem und solchen mit therapeutischem Effekt in einem Verwendungsanspruch wurde bereits, wie oben dargelegt, in einer Reihe von Beschwerdekammerentscheidungen behandelt (vgl. etwa T 820/92 und T 82/93), denenzufolge der Gegenstand eines Verfahrensanspruchs von der Ausschlußbestimmung des Artikels 52 (4) EPÜ betroffen ist, wenn der Anspruch auch nur ein einziges Merkmal, das als eine Maßnahme zur therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers anzusehen ist, beinhaltet.
Die zweite Frage ist insoweit unzutreffend, als im vorliegenden Fall kein Wechsel der Kategorie erforderlich ist, um die Erfordernisse der Klarheit zu erfüllen.
Allgemein jedoch sind die Aspekte, die bei einem Kategoriewechsel zu beachten sind, bereits in der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/88 erläutert.
6. Der Umstand, dass der nach Artikel 52 (4) EPÜ nicht patentfähige Gegenstand der erteilten Patentansprüche auf einem Vorschlag der Prüfungsabteilung basiert, mag von der Beschwerdeführerin zu Recht beklagt werden. Dennoch kann sie sich nicht mit Recht auf einen Vertrauenschutz in diesem Zusammenhang berufen. Denn letztlich trägt sie alleine die Verantwortung für Änderungen an der Patentanmeldung. Darüber hinaus dient das dem Prüfungsverfahren nachgeschaltete Einspruchsverfahren gerade dazu, Beurteilungen der Prüfungsabteilung, u. a. bezüglich der Patentierbarkeit des Anspruchsgegenstandes sowie der Zulässigkeit von Änderungen, einer Überprüfung zu unterziehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wurde entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Anträge auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer werden zurückgewiesen.