T 1267/11 10-12-2015
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Kosmetische Zubereitung mit 1,2-Alkandiol(e) und Triazin(en)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 11. Februar 2011 über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 08 103 575.0 mit der europäischen Veröffentlichungsnummer 1 964 545.
II. Die Prüfungsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Gegenstand der Patentanmeldung nicht erfinderisch sei (Artikel 56 EPÜ).
III. Mit Schriftsätzen vom 8. Februar 2012 und 26. November 2015 reichten Dritte nach Artikel 115 EPÜ mehrere Druckschriften ein und griffen damit die Neuheit bzw. auch die erfinderische Tätigkeit des Anmeldungsgegenstandes an.
IV. Mit Schriftsätzen vom 12. Juni 2015 und 4. Dezember 2015 reichte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) jeweils einen neuen Hauptantrag ein. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 10. Dezember 2015 wurden diese Anträge durch einen neuen Hauptantrag ersetzt, dessen Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
"Kosmetische Zubereitung enthaltend
a) ein oder mehrere 1,2-Alkandiole und
b) ein oder mehrere UV-Lichtschutzfilter aus der Gruppe der Triazinderivate der Gruppe 2,4-Bis-{[4-(2-ethyl-hexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin, Dioctylbutylamidotriazon, 2,4-bis-[5-1(dimethylpropyl)benzoxazol-2-yl-(4-phenyl)-imino]-6-(2-ethylhexyl)-imino-1,3,5-triazin, 2,4,6-Tribiphenyl-4-yl-1,3,5-triazin,
c) 4-(tert.-Butyl)-4'-methoxydibenzoylmethan,
dadurch gekennzeichnet, dass die Zubereitung Tocopherylacetat enthält und frei ist von 3-(4-Methylbenzyliden)campher."
V. Mit Bescheid vom 17. Juni 2015 teilte die Kammer ihre vorläufige Auffassung mit, dass mit der Aufnahme der vier Triazinderivate des ursprünglichen Anspruchs 7 und des einzelnen UV-Lichtschutzfilters 4-(tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethan aus der Liste der weiteren UV-Lichtschutzfiltern des ursprünglichen Anspruchs 8 in den Anspruch 1 des damaligen Antrages, vier spezifische Paare von Lichtschutzfiltern im Anspruch 1 individualisiert würden, die in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbart seien.
VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrages die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfülle, weil die UV-Lichtschutzfilterkombinationen lediglich aus der Kombination von Unteransprüchen entstünden.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Antrages zu erteilen.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)
2.1 Der geltende Anspruch 1 wurde gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1 u.a. dadurch geändert, dass die Gruppe der Triazinderivate der Komponente b) durch vier spezifische Triazinderivate präzisiert und eine spezifische Komponente c), nämlich 4-(tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethan, eingeführt wurde.
2.2 Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob durch eine Änderung die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllt werden, ist nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern, ob die Änderung eine technische Information einführt, die sich nicht unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung in der eingereichten Fassung ableiten lässt (siehe z.B. T 680/93, Punkt 2 der Entscheidungsgründe, nicht veröffentlicht im ABl. EPA). Dies ist dann der Fall, wenn aus der Kombination jeweils einer Komponente aus zwei Listen von Komponenten, welche durch keinen Hinweis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung gestützt ist, ein Anspruchsgegenstand resultiert, der zwar denkgesetzlich von der ursprünglichen Anmeldung umfasst, aber in dieser individualisierten Form dort nicht offenbart war (siehe T 727/00, Punkt 1.1 der Entscheidungsgründe und T 714/08, Punkt 3 der Entscheidungsgründe, beide nicht veröffentlicht im ABl. EPA).
2.3 Die vier spezifischen UV-Lichtschutzfilter aus der Gruppe der Triazinderivate der Komponente b) finden ihre Stütze im ursprünglichen Anspruch 7. Die Komponente c), nämlich 4-(tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethan, wurde aus der Liste der mindestens 24 weiteren UV-Lichtschutzfiltern des ursprünglichen Anspruchs 8 ausgewählt.
2.4 Da der Anspruch 1 eine Kombination von UV-Filtern b) und c) betrifft, werden durch die Auswahl des einzelnen UV-Lichtschutzfilters 4-(tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethan aus der Liste der UV-Lichtschutzfilter des ursprünglichen Anspruchs 8 vier spezifische Paare von UV-Lichtschutzfiltern im Anspruch 1 individualisiert, nämlich 4-(tert.-Butyl)-4'-methoxydibenzoylmethan mit jeweils 2,4-Bis-{[4-(2-ethyl-hexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin, Dioctylbutylamidotriazon, 2,4-bis-[5-1(dimethylpropyl)benzoxazol-2-yl-(4-phenyl)-imino]-6-(2-ethylhexyl)-imino-1,3,5-triazin und 2,4,6-Tribiphenyl-4-yl-1,3,5-triazin. Diese spezifische Kombinationen sind jedoch nicht in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart, da dort nicht definiert wird, welcher der vier Triazinderivate genau mit welchem der mindestens 24 weiteren UV-Lichtschutzfilter kombiniert werden sollte. Deshalb kann die spezifische Kombination des 4-(tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethans mit jedem der vier Triazinderivate nach Anspruch 1 in der geänderten Fassung nicht unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung in der eingereichten Fassung abgeleitet werden.
2.5 Die von der Beschwerdeführerin dagegen vorgebrachten Argumente können nicht überzeugen.
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ doch erfülle, weil die vier Paare von UV-Lichtschutzfiltern lediglich aus der zulässigen Kombination von ursprünglichen Unteransprüchen entstünden. Darüber hinaus seien die vier bestimmten Triazinderivate der Komponente b) in der Beschreibung als besonders bevorzugt hervorgehoben und daher als ein einzelnes Element anzusehen. Somit sei deren Kombination mit einem weiteren UV-Lichtschutzfilter aus der Liste des ursprünglichen Anspruchs 7 offenbart, insbesondere weil sich auf Seite 4, letzter Absatz der ursprünglich eingereichten Anmeldung der Hinweis befinde, es sei "erfindungsgemäß bevorzugt, wenn ein oder mehrere weitere UV-Schutzfilter gewählt werden aus der Gruppe [...] 4-(tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethan, [...]".
Es trifft zwar zu, dass Anspruch 8 bereits nach der ursprünglichen eingereichten Fassung in Abhängigkeit von Anspruch 7 stand. Damit waren von Anfang an u.a. solche Zubereitungen umfasst, die als UV-Lichtschutzfilter b) ein oder mehrere der vier individuellen Triazinderivate gemäß ursprünglichen Anspruch 7 und als weiterer UV-Lichtschutzfilter c) 4-(tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethan enthielten. Die Kombination der ursprünglichen Ansprüchen 1, 7 und 8 offenbart jedoch im Gegensatz zum streitgegenständlichen Anspruch 1 keine spezifischen Paare von UV-Lichtschutzfiltern, sondern lediglich die Information, dass die danach möglichen Zubereitungen ein oder mehrere der vier Triazine gemäß Anspruch 7 und ein oder mehrere der mindestens 24 weiteren UV-Lichtschutzfiltern gemäß Anspruch 8 enthalten können. Die Gruppe der Triazine b) ist kein einzelnes Element, sondern besteht aus vier individuellen Verbindungen. Auf Seite 4 der ursprünglich eingereichten Anmeldung wird zwar erwähnt, dass die Zubereitungen ein oder mehrere (Hervorhebung der Beschwerdeführerin) weitere UV-Schutzfilter aus einer Liste enthaltend die Verbindung (tert.-Butyl)-4'-Methoxydibenzoylmethan enthalten können. Diese bestimmte Verbindung wird jedoch in der ursprünglich eingereichten Anmeldung an keiner Stelle hervorgehoben. Ebenso wenig wird eine Verknüpfung zwischen dieser bestimmten Verbindung und den vier besonders bevorzugten Triazinderivaten, die auf Seite 4, Zeilen 2 bis 11 und im Anspruch 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldung benannt werden, hergestellt.
2.6 Die in dem nunmehr geltend gemachten Anspruch 1 vorgenommene Änderung (siehe Punkt 2.1 oben) geht damit über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der Antrag ist somit gemäß Artikel 123 (2) EPÜ nicht gewährbar.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.