J 0012/16 (Umschreibung im Europäischen Patentregister) 25-04-2017
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die die europäische Patentanmeldung 13001970.6 betreffende Entscheidung der Rechtsabteilung vom 15. März 2016, den Antrag der Beschwerdeführerin vom 1. Juni 2015 auf Registrierung des Rechtsübergangs von der damals eingetragenen Anmelderin PHRONTIER S.A.R.L. auf die Beschwerdeführerin aufgrund eines zwischen diesen Parteien geschlossenen Übertragungsvertrags zurückzuweisen. Zuvor, nämlich zwischen der Stellung des Umschreibungsantrags und der Beseitigung bestimmter Mängel dieses Antrags (fehlende Zahlung der Umschreibungsgebühr) durch die Beschwerdeführerin, hatte die Rechtsabteilung auf Antrag der Anmelderin die Dritte aufgrund eines Übertragungsvertrags als neue Inhaberin der Anmeldung in das Register eingetragen. Die Rechtsabteilung hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die ursprüngliche Anmelderin alle Voraussetzungen für ihren Umschreibungsantrag bereits am 10. Juni 2015 erfüllt hätte, während dies für die Beschwerdeführerin erst am 22. Juni 2015 zugetroffen habe. Gegen die durch die angefochtene Entscheidung ebenfalls ausgesprochene Zurückweisung des Antrags auf Aussetzung des Erteilungsverfahrens richtet sich die Beschwerde nicht. Das angemeldete Patent wurde erteilt und der Hinweis auf die Erteilung 13. April 2016 bekannt gemacht. Als Inhaberin des Patents wurde dort die Dritte genannt.
II. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Rechtsabteilung hätte den erforderlichen Nachweis des Rechtsübergangs zugunsten der Dritten nicht als erbracht ansehen dürfen. Sie hätte vielmehr berücksichtigen müssen, dass ihr bereits der Patentübertragungsvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und der damaligen Anmelderin vorgelegen habe, der zeitlich früher, nämlich schon am 5. Juni 2014, abgeschlossen worden war. Dieser Vertrag habe dem zweiten, erst am 9. Juni 2015 abgeschlossenen Patentübertragungsvertrag zugunsten der Dritten insoweit entgegengestanden, als die damalige Anmelderin die Patentanmeldung zu diesem Zeitpunkt mangels Rechtsinhaberschaft nicht mehr habe wirksam an die Dritte übertragen können.
III. Die Beschwerdeführerin hatte zunächst sinngemäß beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Eintragung der Dritten rückgängig zu machen und die Beschwerdeführerin als Patentanmelderin/-inhaberin in das Register einzutragen.
Hilfsweise hat sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
IV. In einem schriftlichen Ladungszusatz hatte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung der Erfolgsaussichten der Beschwerde dargelegt und letztendlich ausgeführt, die angefochtene Entscheidung betreffend die Zurückweisung der Umschreibung lasse keine Fehler erkennen und werde daher voraussichtlich Bestand haben.
V. Mit Schreiben vom 24. Februar 2017 hat die Beschwerdeführerin unter Beifügung der betreffenden Unterlagen mitgeteilt, dass sie sich mit der Dritten zwischenzeitlich im Rahmen eines Mediationsverfahrens vor dem Landgericht München I über die rechtmäßige Inhaberschaft an dem vorliegenden Patent geeinigt habe. In Erfüllung dieser Vereinbarung habe die Dritte in die Umschreibung des vorliegenden Patents auf die Beschwerdeführerin eingewilligt und am 22. Februar 2017 eine entsprechende Umschreibungsbewilligungserklärung für das Europäische Patentamt abgegeben. Damit sei dem Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs auf die Beschwerdeführerin stattzugeben. Ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr hat sie damit begründet, dass spätestens mit der jetzigen Übertragung an sie belegt sei, dass ihr Umschreibungsantrag von vornherein begründet gewesen sei. Dennoch habe die Rechtsabteilung ihren Antrag voreilig zurückgewiesen und trotz bestehender rechtlicher Zweifel an der materiell-rechtlichen Legitimierung die Dritte eingetragen. Die Zurückweisung ihres Umschreibungsantrags beruhe daher auf einem wesentlichen Verfahrensfehler, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertige.
VI. Auf die entsprechenden Anträge der Beschwerdeführerin hat die Kammer den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben und das Verfahren schriftlich fortgesetzt.
VII. Es ist nunmehr über folgende Anträge der Beschwerdeführerin zu entscheiden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Es wird angeordnet, dass die Beschwerdeführerin in das Register eingetragen wird.
3. Die Beschwerdegebühr wird erstattet.
VIII. Die Dritte hat von dem ihr eingeräumten Recht zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.
Entscheidungsgründe
1. Nach Regel 22(1) EPÜ wird der Rechtsübergang einer europäischen Patentanmeldung auf Antrag eines Beteiligten in das Europäische Patentregister eingetragen, wenn der Rechtsübergang durch Vorlage von Dokumenten nachgewiesen wird, wobei der Antrag erst als gestellt gilt, wenn eine Verwaltungsgebühr entrichtet worden ist, Regel 22(2)S.1 EPÜ.
1.1 Die Rechtsabteilung hat die angegriffene Entscheidung zu Recht damit begründet, dass der Umschreibungsantrag der Beschwerdeführerin zeitlich zwar vor dem entsprechenden Antrag der Dritten gestellt worden war, die formalen Voraussetzungen für eine Umschreibung nach Regel 22 EPÜ zugunsten der Beschwerdeführerin aber erst mit der Zahlung der erforderlichen Verwaltungsgebühr am 22. Juni 2015 vollständig vorgelegen hatten.
Die Voraussetzungen für die Umschreibung betreffend den Antrag der Dritten waren jedoch unstreitig bereits zuvor, nämlich am 10. Juni 2015, vollständig erfüllt. Folglich ist die Rechtsübertragung zugunsten der Dritten nach Regel 22(3) EPÜ an diesem Tage gegenüber dem EPA wirksam geworden, weswegen ihre Eintragung in das Register vorzunehmen war. Die Rechtsabteilung hat auch zutreffend darauf abgestellt, dass materiell-rechtliche Umstände wie die Frage nach der rechtlichen Wirksamkeit der Übertragungsverträge von ihr nicht zu überprüfen waren. Dies obliegt allein den nationalen Gerichten im Rahmen der entsprechenden Vindikationsklagen, Artikel 61(1) und Regel 14 EPÜ.
1.2. Soweit die Beschwerdeführerin demgegenüber meint, die Rechtsabteilung habe den Nachweis des Rechtsübergangs zugunsten der Dritten wegen der beiden widersprüchlichen Patentübertragungsverträge nicht als erfüllt ansehen dürfen, ist dem entgegenzuhalten, dass die Voraussetzungen der Umschreibung nach Regel 22 EPÜ rein formaler Natur sind. Auch dann, wenn zwei widerstreitende Anträge auf Umschreibung vorliegen, kommt es nicht darauf an, welcher der vorliegenden Übertragungsverträge materiellrechtlich wirksam ist. Nach alledem hat die Rechtsabteilung zutreffend entschieden.
2. Allerdings kann vorliegend über den Beschwerdegegenstand nicht mehr entschieden werden. Nach Regel 85 EPÜ in Verbindung mit Regel 22 EPÜ ist das EPA für Rechtsumschreibungen betreffend Patentanmeldungen und erteilte Patente (nur) während des Laufs der neunmonatigen Einspruchsfrist oder bis zur Beendigung eines etwa anhängigen Einspruchsverfahrens zuständig. Da im vorliegenden Fall kein Einspruch eingelegt und die Einspruchsfrist zwischenzeitlich abgelaufen ist, hat sich die Hauptsache, die auf Eintragung in das Register gerichtet war, erledigt. Anträge auf Umschreibung sind nunmehr an die nationalen Patentämter der Mitgliedsstaaten zu richten, für die das Patent jeweils Schutz beansprucht.
3. Über den Antrag der Beschwerdeführerin, die Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers aus Billigkeitsgründen nach R. 103(1)(a) EPÜ zu erstatten, ist gleichwohl zu entscheiden. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerdegebühr in voller Höhe zu erstatten, wenn der Beschwerde abgeholfen oder ihr durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Nach der Erledigung der Hauptsache kann nach dem Sinn der Vorschrift für die Erstattung der Beschwerdegebühr nur maßgeblich sein, ob die Beschwerdekammer der Beschwerde stattgegeben hätte (und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht).
3.1 Nach der bereits mit dem Ladungszusatz geäußerten Auffassung der Kammer, zu der die Beschwerdeführerin inhaltlich keine Stellung genommen hat und an der die Kammer auch zum jetzigen Zeitpunkt festhält, wie oben unter Punkt 1. dargestellt, wäre der Beschwerde nicht stattzugeben gewesen, so dass dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr schon aus diesem Grund nicht zu entsprechen ist.
3.2 Abgesehen davon hat die Beschwerdeführerin auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel dargelegt. Sie wendet sich allein gegen die aus ihrer Sicht unzutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts im Rahmen der Regel 22 EPÜ durch die Rechtsabteilung. Darin folgt ihr die Kammer jedoch nicht, siehe oben Punkt 1. Zum anderen stellte eine fehlerhafte Beurteilung von Sachfragen ohnehin keinen Mangel "im Verfahren" dar (st. Rspr. der Beschwerdekammern, siehe Entscheidungen T 690/06, Punkt 12 der Gründe, J 29/95, Punkt 10 der Gründe; J 8/13, Punkt 2.4 der Gründe), der die Erstattung der Beschwerdegebühr auslösen könnte.
4. Der vorliegende Fall weist allerdings die Besonderheit auf, dass die Prüfungsabteilung während des Laufs der Beschwerdefrist gegen die Zurückweisung des Umschreibungsantrags durch die Rechtsabteilung die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Patents bewirkt hat. Diese Vorgehensweise kann erhebliche Probleme nach sich ziehen, da mit dieser Bekanntmachung der Lauf der Einspruchsfrist gegen das erteilte Patent ausgelöst wird, Artikel 99 (1) EPÜ. Das kann, wie der vorliegende Fall zeigt, wiederum zur vorzeitigen Erledigung des Beschwerdegegenstands während des laufenden Beschwerdeverfahrens führen, obwohl die Beschwerde an sich aufschiebende Wirkung hat. Da während des Laufs der Beschwerdefrist theoretisch jederzeit mit der Einlegung einer Beschwerde und damit mit dem Eintritt der aufschiebenden Wirkung nach Artikel 106(1) letzter Satz EPÜ gerechnet werden muss (vgl. auch Entscheidung J 28/94, Punkt 5 der Gründe), sollten solche Bekanntmachungen nicht bewirkt werden. Wollte man dies anders sehen, würde nach Auffassung der Kammer die aufschiebende Wirkung der Beschwerde unterlaufen werden. Das ist aber in jedem Fall zu vermeiden.
5. Dies führt vorliegend allerdings ebenfalls nicht zu der Erstattung der Beschwerdegebühr. Zum einen hätte die Beschwerde gegen die Entscheidung der Rechtsabteilung auf jeden Fall eingereicht werden müssen, so dass keine Kausalität zwischen der zwischenzeitlichen Bekanntmachung der Erteilung und der Anfechtung der Entscheidung der Rechtsabteilung besteht. Zum anderen hat die zwischenzeitliche Bekanntmachung durch die Prüfungsabteilung auch deswegen keine Auswirkungen gehabt, weil die Kammer, wie oben bereits ausgeführt, inhaltlich der angefochtenen Entscheidung der Rechtsabteilung betreffend die Zurückweisung des Umschreibungsantrags folgt und zudem die Zurückweisung des Aussetzungsantrags letztlich von der Beschwerdeführerin nicht ebenfalls mit der Beschwerde angegriffen worden ist.
6. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 24. Februar 2017 zudem die Auffassung vertreten hat, der Umschreibungsantrag vom 22. Februar 2017 der Dritten im Mediationsverfahren vor dem Landgericht München I zugunsten der Beschwerdeführerin bestätige im Nachhinein, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Stellung ihres Umschreibungsantrags bereits materiell-rechtlich legitimierte Inhaberin der Anmeldung war, stellt sie wiederum auf materiell-rechtliche Gesichtspunkte ab, die für die Entscheidung in diesem Fall unerheblich sind.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde ist gegenstandslos.
2. Die Beschwerdegebühr wird nicht erstattet.