T 0208/84 (computerbezogene Erfindung) 15-07-1986
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1. Auch wenn der einer Erfindung zugrunde liegende Gedanke auf einer mathematischen Methode beruht, wird mit einem Anspruch, der auf ein technisches Verfahen gerichtet ist, bei dem diese Methode verwendet wird, kein Schutz für die mathematische Methode als solche begehrt.
2. Ein Computer bekannten Typs der so vorbereitet ist, dass er nach einem neuen Programm arbeitet, kann nicht als Teil des Stands der Technik im Sinne des Artikels 54(2) EPÜ gelten.
3. Ein Anspruch auf ein technisches Verfahren, das programmgesteuert abläuft (wobei das Programm durch Hardware oder Software realisiert sein kann), kann nicht als auf ein Computerprogramm als solches gerichtet angesehen werden.
4. Ein Anspruch, der als auf einen Computer gerichtet angesehen werden kann, der so vorbereitet ist, dass er ein technisches Verfahren nach einem bestimmten Programm (das durch Hardware oder Software realisiert sein kann) steuert order durchführt, kann nicht als auf ein Computerprogramm als solches gerichtet angesehen werden.
Mathematische Methode
Computerprogramm
Sachverhalt und Anträge
I. Die am 22.5.1979 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 79 300 903.6 (Veröffentlichungsnummer 0 005 954), die eine US-Priorität vom 26.5.1978 in Anspruch nimmt, wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts vom 13.4.1984 zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die am 25.1.1984 eingereichten Patentansprüche 1 bis 12 zugrunde.
II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß sich die unabhängigen Verfahrensansprüche 1, 3, 5 und 12 auf eine mathematische Methode bezögen, die nach Artikel 52 (2) a) und (3) EPÜ nicht patentfähig sei, daß ferner die abhängigen Verfahrensansprüche 2, 4, 6 und 7 entgegen Regel 29 (1) EPÜ keine technischen Merkmale angäben und daß die Vorrichtungsansprüche 8 bis 11 im Hinblick auf die Artikel 52 (1) und 54 EPÜ nicht gewährbar seien, weil sie die neue Vorrichtung nicht ausreichend offenbarten. Außerdem vertrat die Prüfungsabteilung die Auffassung, daß die normale Ausführung der beanspruchten Verfahren mittels eines auf einem bekannten Computer ablaufenden Programmes nicht als Erfindung im Sinne des Artikels 52 (2) c) und (3) EPÜ angesehen werden könne.
III. Die Anmelderin legte gegen diese Entscheidung am 12.6.1984 Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet, die Begründung am 16.8.1984 nachgereicht.
IV. In der Beschwerdebegründung machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes geltend:
Die Prüfungsabteilung scheine bei ihrer Begründung davon ausgegangen zu sein, daß es sich bei der Offenbarung um mathematische Operationen handle, die mit einem konventionellen Universalrechner ausgeführt werden könnten, und daß die Vorrichtung nichts anderes als ein entsprechend programmierter konventioneller Rechner sei, da keine ausführliche Beschreibung der Schaltung einer für diesen besonderen Zweck konzipierten Hardware vorliege. Die Offenbarung beziehe sich jedoch auf Spezialhardware, die voraussetze, daß der Fachmann Schaltungen entwerfe, die die in der Beschreibung ausführlich erläuterten speziellen Operationen durchführen könnten. Diese Operationen seien in der Beschreibung durch mathematische Ausdrücke genau definiert; eine unzureichende Offenbarung sei hier nicht gegeben, da es durchaus üblich sei, Filter durch mathematische Operationen zu definieren, denn von einem Filter konstrukteur müsse erwartet werden, daß er ein mathematisch definiertes Filter auf seine Schaltungsform "reduzieren" könne. Der Einfachheit halber sei die Beschreibung des Punktoperators und der Maskenschaltungen - wie auf diesem schwierigen technischen Gebiet üblich - mathematisch erfolgt, was dann vom einschlägigen Fachmann als Bezugnahme auf eine Reihe von logischen Schaltungen verstanden werde, die die durch die mathematische Beschreibung angegebene Funktion ausführen könnten. Die Mathematik sei hier also nur eine Kurzschrift zur Beschreibung einer technischen Funktion und stelle nicht die Erfindung als Ganzes dar. In den Ansprüchen seien die Verfahrensschritte sozusagen mittels eines neuen Algorithmus definiert. Die Prüfungsabteilung vertrete anscheinend die Ansicht, daß ein als Algorithmus definierter Sachverhalt von vornherein nicht patentfähig sei.
Die Beschwerdeführerin sei hingegen der Auffassung, daß Artikel 52 (2) EPÜ zwar einen Algorithmus an sich möglicherweise ausschließe, ein Verfahren, das entsprechend einem Algorithmus ausgeführt werde, jedoch eindeutig nicht. Eine Definition in Form eines Algorithmus unterscheide sich grundsätzlich nicht von allen anderen technischen Definitionen eines Verfahrens; Artikel 52 (2) EPÜ biete insbesondere im Hinblick auf Artikel 52 (3) EPÜ keine Grundlage dafür, zwischen algorithmischen und anderen Definitionen zu unterscheiden. Die Patentierbarkeit müsse sich nach dem Inhalt des beanspruchten Sachverhalts und nicht nach der Art der Definition richten.
Nach Artikel 52 (1) EPÜ würden Patente für Erfindungen erteilt, die a) neu seien, b) auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten und c) gewerblich anwendbar seien. Die Beschwerdeführerin vertreibe ein Produkt, das unter die anmeldungsgemäßen Ansprüche falle; dies zeige deutlich, daß die vorliegende Erfindung gewerblich anwendbar sei.
In dem Abschnitt über "Mathematische Methoden" in den Prüfungsrichtlinien (Teil C, Kap. IV, Nr. 2.3) heiße es wie folgt:
"Eine mathematische Methode für das Entwerfen von elektrischen Filtern ist nicht patentierbar; jedoch können Filter, die nach dieser Methode entworfen worden sind, patentierbar sein, sofern sie ein neues technisches Merkmal aufweisen, auf das ein Erzeugnisanspruch gerichtet werden kann."
Ein neues technisches Merkmal liege eindeutig nicht nur bei der Hardware vor, sondern auch bei der in den vorliegenden Ansprüchen genannten Methode. Die Erfindung bringe außerdem einen technischen Vorteil mit sich, nämlich eine erhebliche Erhöhung der Verarbeitungsgeschwindigkeit gegenüber dem Stand der Technik. Die Digitalfilterung im allgemeinen und die digitale Bildverarbeitung im besonderen seien "reale" Vorgänge, die in der realen Welt (mit einem Bild) begönnen und in der realen Welt (mit einem Bild) endeten. Was dazwischen geschehe, sei kein abstraktes Verfahren, sondern die physikalische Manipulation der das Bild darstellenden elektrischen Signale nach den in den Ansprüchen definierten Verfahren. Das EPÜ biete keine Grundlage dafür, Digitalfilter anders als analoge Filter zu behandeln.
Die Beschwerdeführerin habe somit einen neuen, wertvollen Beitrag zum Wissensstand geleistet; der Patentschutz für diesen Beitrag könne ihr nicht mit der Begründung versagt werden, daß die Erfindung aufgrund der Art und Weise, wie sie definiert sei, unter die Ausnahmen von der Patentierbarkeit nach Artikel 52 (2) EPÜ zu fallen scheine.
Die Erfindung beziehe sich auf die Verwendung neuer Spezialhard ware und Verfahrensschritte und offenbare diese dem Fachmann in ausreichender Weise; diese technischen Merkmale seien in den Ansprüchen angegeben.
V. In dem Bescheid vom 30.9.1985 teilte der Berichterstatter der Kammer der Beschwerdeführerin mit, daß die Erteilung eines Patents in Aussicht genommen werden könne, falls sie ihre Verfahrens ansprüche so ändere, daß sie sich auf die digitale Verarbeitung von Bildern in Form von zweidimensionalen Datenfeldern richteten. Die Kammer werde die Sache wahrscheinlich an die Prüfungsabteilung zurückverweisen, damit diese sie noch auf die Einhaltung anderer Erfordernisse des EPÜ als der Patentfähigkeit nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ hin überprüfe.
VI. Die Beschwerdeführerin reichte daraufhin am 11.11.1985 geänderte Ansprüche 1 bis 12 ein und beantragte die Erteilung eines europäischen Patents auf der Grundlage dieser Ansprüche. Die Ansprüche 1 und 8 lauten wie folgt:
1. Verfahren zur digitalen Verarbeitung von Bildern in Form zweidimensionaler Datenfelder bzw. Daten-Arrays mit in Zeilen und Spalten angeordneten Elementen, die mit einer Operator matrix gefaltet werden, die wesentlich kleiner ist als das Datenfeld, wobei die Elemente des Datenfeldes mit der Operatormatrix sequentiell abgetastet werden, dadurch gekennzeichnet, daß bei dem Verfahren der Vorgang des sequentiellen Abtastens des gesamten Datenfeldes mit einer kleinen generierenden Kernfunktions-Operatormatrix zur Erzeugung eines gefalteten und damit neuen Felds zyklisch wiederholt wird, wobei die Operatormatrix jeweils für eine Abtastung des gesamten Datenfelds unverändert bleibt, und, obwohl sie mehrere Elemente aufweist, wesentlich kleiner ist als eine herkömmliche Operatormatrix, die lediglich einmal mit dem Datenfeld gefaltet wird, und daß der Zyklus für jedes zuletzt erhaltene Datenfeld durch Auswahl der kleinen generierenden Kernfunktionsmatrizen und die Anzahl der Zyklen entsprechend der herkömmlichen Fehlerminimierungstechnik solange wiederholt wird, bis das letzte erzeugte Datenfeld im wesentlichen der gewünschten Faltung des Originaldatenfelds mit einer herkömmlichen Operatormatrix entspricht.
8. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit einer Dateneingangseinrichtung (10) zur Aufnahme des Datenfelds und der Daten für die Operatormatrix zum Abtasten des Datenfeldes, um die gewünschte Faltung der Operatormatrix und des Datenfeldes zu erzielen, dadurch gekennzeichnet, daß eine Rückkopplungseinrichtung (50) zur Übertragung des Ausgangs der Maskeneinrichtung (20) zu der DateneingangsEinrichtung und eine Steuereinrichtung (30) vorgesehen sind, die bewirkt, daß das Abtasten und Übertragen des Ausgangs der Maskeneinrichtung (20) zur Dateneingangseinrichtung eine bestimmte Anzahl von Malen wiederholt wird.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.
2. In der angefochtenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die Auffassung vertreten, daß das Verfahren zur digitalen Filterung eines zweidimensionalen Datenfeldes (das ein gespeichertes Bild darstellt) entsprechend dem der Prüfungsabteilung vorgelegten Anspruch 1 eine mathematische Methode sei, weil zumindest der kennzeichnende Teil des Anspruchs nur ein anderes mathematisches Konzept enthalte und keinen neuen technischen Sachverhalt durch technische Merkmale definiere. Die Ansprüche beträfen außerdem nur ein mathematisches Verfahren zur näherungsweisen Berechnung der Übertragungsfunktion eines zweidimensionalen FIR-Filters, das durch direkte oder herkömmliche Faltung realisiert werde. Und schließlich sei die digitale Bildverarbeitung als solche nur eine Rechenoperation, die mit zweidimensionalen Zahlenfeldern (die Punkten eines Bildes entsprächen) unter Verwendung bestimmter Algorithmen zum Glätten oder Schärfen des Kontrasts zwischen benachbarten Datenelementen in einem Feld ausgeführt werde. Die Digitalfilterung sei daher als mathematische Operation anzusehen.
3. Die Frage, ob ein Verfahren zur Bildverarbeitung gewerblich anwendbar ist (Art. 57 EPÜ), ist zwar im Verfahren vor der Prüfungsabteilung nicht ausdrücklich gestellt worden, sollte aber geklärt werden, bevor auf die Gewährbarkeit der Ansprüche nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ eingegangen wird.
Die Kammer ist der Ansicht, daß die Frage zu bejahen ist. Selbstverständlich kann ein Verfahren zur Erzeugung oder Wiedergabe eines Bildes eines physikalischen oder auch nur simulierten Objekts (wie bei der rechnergestützten Konstruktion und Fertigung (CAD/CAM)) etwa zur Untersuchung von Eigenschaften des Objekts oder zur Gestaltung eines gewerblichen Erzeugnisses verwendet werden und ist damit gewerblich anwendbar. Analog dazu ist auch ein Verfahren zur Verbesserung oder Wiederherstellung eines solchen Bildes ohne Anreicherung seines Informationsgehalts als gewerblich anwendbar im Sinne des Artikels 57 EPÜ anzusehen. Das Argument der Beschwerdeführerin, die Tatsache, daß sie einen Rechner verkaufe, der neue Hardware oder Software enthalte, sei ein Beweis für die gewerbliche Anwendbarkeit, kann die Kammer jedoch insofern nicht gelten lassen, als es hier um das durch diese Hard- oder Software gesteuerte Verfahren geht. Daß ein Rechner ein gewerbliches Erzeugnis ist, bedeutet nicht zwangsläufig, daß das von ihm gesteuerte Verfahren gewerblich anwendbar ist. Dieses könnte ja z. B. auch ein Spiel sein.
4. Die derzeit gültigen Verfahrensansprüche 1 bis 7 und 12 sind auf Verfahren zur digitalen Bildverarbeitung gerichtet. Zu den im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu klärenden Grundsatzfragen gehört daher auch die Frage, ob ein solches Verfahren nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgenommen ist, weil es sich um eine mathematische Methode als solche handelt.
5. Es besteht wohl kaum ein Zweifel daran, daß jede Verarbeitung eines elektrischen Signals mathematisch beschrieben werden kann. Die Eigenschaften eines Filters etwa lassen sich als mathematische Formel ausdrücken. Ein grundlegender Unterschied zwischen einer mathematischen Methode und einem technischen Verfahren ist jedoch darin zu sehen, daß eine mathematische Methode oder ein mathematischer Algorithmus mit Zahlen (die etwas Beliebiges darstellen können) ausgeführt wird und zu einem in Zahlen ausgedrückten Ergebnis führt, da die mathematische Methode oder der Algorithmus nur ein abstraktes Konzept ist, das beschreibt, wie mit diesen Zahlen zu verfahren ist. Durch die Methode als solche wird kein unmittelbares technisches Ergebnis erzielt. Wird eine mathematische Methode hingegen in einem technischen Verfahren verwendet, so wird dieses Verfahren durch ein technisches Mittel auf eine physikalische Erscheinung (die ein materielles Objekt, aber auch ein als elektrisches Signal gespeichertes Bild sein kann) angewandt und bewirkt damit bei dieser eine gewisse Veränderung. Zu den technischen Mitteln können auch Rechner mit geeigneter Hardware oder entsprechend programmierte Universalrechner gehören.
6. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß ein Anspruch, der auf ein technisches Verfahren gerichtet ist, bei dem eine mathematische Methode verwendet wird, auch dann nicht Schutz für die mathematische Methode als solche anstrebt, wenn die der Erfindung zu grunde liegende Idee möglicherweise in der mathematischen Methode liegt.
7. Dagegen bleibt ein "Verfahren zum digitalen Filtern von Daten" ein abstrakter Begriff, der sich so lange nicht von einer mathematischen Methode unterscheidet, wie nicht angegeben ist, welche physikalische Erscheinung durch die Daten dargestellt wird und den Gegenstand eines technischen Verfahrens bildet, d. h. eines Verfahrens, das gewerblich anwendbar ist.
8. Regel 29 (1) EPÜ verlangt, daß in den Patentansprüchen die "technischen Merkmale der Erfindung anzugeben" sind. Die Kammer hält diese Bedingung für erfüllt, wenn die in den Ansprüchen genannten Merkmale vom Fachmann als Bezugnahmen auf die technischen Mittel zur Ausführung der mit den Merkmalen angegebenen Funktionen verstanden werden. Wo es zweckdienlich ist, sind daher mathematische Ausdrücke (Addition, Multiplikation, Faltung, logische Konjunktionen usw.) zulässig, wobei jedoch stets gilt, daß der Anspruch deutlich und knapp gefaßt sein muß (Art. 84 EPÜ) und der Fachmann der Beschreibung in Verbindung mit seinem allgemeinen Fachwissen entnehmen können muß, welche technischen Mittel hierzu erforderlich sind (Art. 83 EPÜ).
9. Aus allen diesen Gründen ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 (und damit auch der der anderen Verfahrensansprüche 2 - 7 und 12) durch Artikel 52 (2) a) und (3) EPÜ nicht vom Patentschutz ausgeschlossen wird.
10. Die Kammer untersucht nun das Argument der Prüfungsabteilung, daß die Ausführung der beanspruchten Verfahren zur Bildverarbeitung durch den Ablauf eines Programms auf einem Computer nach Artikel 52 (2) c) und (3) EPÜ nicht als Erfindung gelten könne, was auf die Behauptung hinausläuft, daß ein auf einen solchen Gegenstand gerichteter Anspruch Schutz für ein Computerprogramm als solches anstrebt.
11. Die Beschwerdeführerin betont zwar, daß die Anmeldung neue Hardware zur Ausführung der beanspruchten Verfahren offenbart, räumt jedoch gleichzeitig ein, daß es zumindest grundsätzlich möglich ist, das anmeldungsgemäße Verfahren und die anmeldungsgemäße Vorrichtung auch mit einem entsprechend programmierten herkömmlichen Rechner auszuführen, auch wenn dieser möglicherweise für die digitale Bildverarbeitung nicht optimal geeignet ist (vgl. S. A-2 der Beschwerdebegründung).
12. Die Kammer ist der Auffassung, daß ein Anspruch, der auf ein technisches Verfahren gerichtet ist, das programmgesteuert abläuft (wobei das Programm durch Hardware oder Software realisiert sein kann), nicht als Anspruch auf ein Computerprogramm als solches im Sinne des Artikels 52 (3) EPÜ angesehen werden kann, da es sich dabei um die Anwendung eines Programmes zur Festlegung der Schrittfolge in dem Verfahren handelt, für das eigentlich Schutz begehrt wird. Ein solcher Anspruch ist daher nach Artikel 52 (2) c) und (3) EPÜ gewährbar.
13. Der Vorrichtungsanspruch 8 ist nach Ansicht der Prüfungsabteilung nicht gewährbar, weil die neue Vorrichtung nicht hinreichend offenbart wird. In der angefochtenen Entscheidung heißt es, daß der Anspruch, wenn man die Beschreibung und die Zeichnungen berücksichtige, lediglich die Verwendung eines herkömmlichen Rechners nahelege, was keine Grundlage für einen gewährbaren Erzeugnisanspruch im Sinne der Artikel 52 (1) und 54 EPÜ darstelle. Die Kammer schließt daraus, daß die Prüfungsabteilung einen herkömmlichen Rechner, der so programmiert ist, daß er ein Verfahren nach einem oder mehreren der Verfahrensansprüche durchführen kann, nicht für neu hält.
14. Nach Auffassung der Kammer läßt Artikel 54 EPÜ jedoch keine solche Auslegung zu. Ein Rechner bekannten Typs, der so vorbereitet ist, daß er nach einem neuen Programm arbeiten kann, kann nicht als Teil des Stands der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ angesehen werden. Dies wird im vorliegenden Fall besonders deutlich, da die Ansprüche 8 bis 11 eindeutig auch die Verwendung besonderer Hardware - auf die die Beschreibung einige Hinweise enthält - sowie Mischlösungen umfassen, bei denen spezielle Hardware mit einem geeigneten Programm kombiniert wird.
15. Da sich einige Überlegungen der Prüfungsabteilung auch auf die Vorrichtungsansprüche zu beziehen scheinen (vgl. Nr. 10), muß noch geprüft werden, ob der vorliegende Vorrichtungsanspruch 8 aufgrund von Artikel 52 (2) c) in Verbindung mit Artikel 52 (3) EPÜ zu beanstanden ist. Die Kammer ist aus ähnlichen Gründen wie den unter Nummer 12 genannten der Auffassung, daß dies weder hier noch bei den anderen Vorrichtungsansprüchen 9 bis 11 der Fall ist. Ganz allgemein gilt, daß Ansprüche, die auf einen Rechner gerichtet sind, der so vorbereitet ist, daß er ein technisches Verfahren nach einem bestimmten Programm (das durch Hardware oder Software realisiert sein kann) steuert oder ausführt, nicht als Anspruch auf ein Computerprogramm als solches gelten und daher nicht aufgrund des Artikels 52 (2) c) und (3) EPÜ beanstandet werden kann.
16. Dieser Schlußfolgerung liegt auch die Überlegung zugrunde, daß eine Unterscheidung zwischen der Ausführung derselben Erfindung entweder in Hardware oder Software unangebracht ist, da man zu Recht davon ausgehen kann, daß die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten nicht im Wesen der Erfindung liegt, sondern auf technischen und wirtschaftlichen Überlegungen beruht, die mit dem erfinderischen Konzept als solchem nicht in Zusammenhang stehen.
Im allgemeinen darf eine Erfindung, die nach den herkömmlichen Kriterien der Patentierbarkeit patentfähig ist, nicht allein deshalb vom Schutz ausgeschlossen werden, weil für ihre Durchführung moderne technische Mittel in Form eines Computerprogramms verwendet werden. Entscheidend ist vielmehr, welchen technischen Beitrag die im Anspruch definierte Erfindung als Ganzes zum Stand der Technik leistet. Schließlich erscheint es unlogisch, wenn einem durch einen entsprechend programmierten Computer gesteuerten technischen Verfahren Schutz gewährt würde, nicht aber dem zur Steuerung vorbereiteten Computer selbst.
17. Man könnte sich zumindest theoretisch die Frage stellen, ob Ansprüche, die auf eine Vorrichtung zur Ausführung einer bestimmten Funktion gerichtet sind, die Vorrichtung nur zum Gegenstand haben dürfen, wenn sie diese Funktion auch tatsächlich ausübt; im vorliegenden Fall hieße dies, daß der Computer programmgesteuert eine Reihe verschiedener Schaltzustände durchläuft und dabei das das Bild darstellende elektrische Signal verarbeitet. Die Kammer lehnt eine solche Betrachtungsweise jedoch ab, da dadurch die Möglichkeiten des Patentinhabers zur Durchsetzung seiner Rechte ungebührlich eingeschränkt würden.
18. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß das auf Seite 14, Zeilen 16 ff. der Beschreibung genannte Computerprogramm lediglich dazu dient, die Elementwerte des kleinen generierenden Kerns und die Gewichtungswerte zu berechnen. Es ist nicht Bestandteil der beanspruchten Bildverarbeitungsverfahren und ist auch nicht in den Vorrichtungsansprüchen enthalten. Ein solches Programm wäre im Hinblick auf die obigen Ausführungen der Kammer auch nicht patentierbar.
19. Die Prüfungsabteilung hat im Verlauf des Verfahrens auch das Fehlen einer erfinderischen Tätigkeit sowie unzureichende Offenbarung beanstandet. Diese Fragen sind zwischen der Prüfungsabteilung und der Beschwerdeführerin anscheinend noch nicht endgültig geklärt worden.
20. Um der Beschwerdeführerin nicht die Prüfung in zwei Instanzen vorzuenthalten, hält es die Kammer entsprechend dem von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung geäußerten Wunsch für angezeigt, die Sache an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen, damit diese die genannten Punkte nach eigenem Ermessen regelt und sich mit den Änderungen befaßt, die unter anderem im Hinblick auf die Artikel 83 und 84 und die Regeln 27 und 29 EPÜ möglicherweise vorgenommen werden müssen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 13. April 1984 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage der am 11. November 1985 eingereichten Ansprüche 1 bis 12 an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.