W 0004/93 (Zeolith-Suspensionen) 05-11-1993
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1. Die in Regel 68.3 e) PCT geforderte Überprüfung der Berechtigung einer Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Gebühr für die internationale vorläufige Prüfung ist ausschließlich auf der Grundlage der in der Zahlungsaufforderung enthaltenen Gründe im Lichte der von der Anmelderin in ihrer Widerspruchsbegründung vorgebrachten Tatsachen und Argumente durchzuführen. Dies verbietet das Nachschieben neuer Gründe und Beweismittel im Zuge der Mitteilung des Ergebnisses dieser Überprüfung (Punkt 2.1 und 2.2 der Gründe).
2.In der Mitteilung des Ergebnisses der Überprüfung der Zahlungsaufforderung nach Regel 68.3 e) PCT ist auf die Widerspruchsgründe einzugehen (Punkt 2.3 der Gründe).
3. Das Recht des Anmelders, auch mündlich mit der IPEA zu verkehren (Art. 34 (2) a) PCT), beinhaltet keinen Anspruch auf eine förmliche mündliche Verhandlung. Eine formlose Anhörung nach Regel 66.6 PCT ist im Widerspruchsverfahren nach Regel 68.3 c) PCT in der Regel nicht sachdienlich (Punkt 9 der Gründe).
IPEA
Beurteilung der Einheitlichkeit a posteriori
Objektive Kriterien, jedoch keine rein theoretische Betrachtungsweise -
Teilweise Rückzahlung der zusätzlichen Gebühren
Mündliche Verhandlung (nein)
Mündliche Verhandlung (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Mit Bescheid vom 3. März 1993 hat das EPA, gemäß Vereinbarung zwischen der EPO und der WIPO nach dem PCT vom 7. Oktober 1987 (ABl. EPA 1987, 515) handelnd als mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde (im folgenden "IPEA" genannt), der Anmelderin mitgeteilt, ihre Euro-PCT-Anmeldung ... betreffe vier verschiedene, nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbundene Erfindungen. Gleichzeitig wurde die Anmelderin aufgrund von Artikel 34 (3) a) in Verbindung mit Regel 68.2 PCT zur Einschränkung der Ansprüche oder Zahlung von drei zusätzlichen Prüfungsgebühren in Höhe von insgesamt 9 000 DEM aufgefordert.
Die genannte Euro-PCT-Anmeldung betrifft ein Verfahren zur Stabilisierung von wäßrigen Zeolithsuspensionen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man den Suspensionen mindestens ein nichtionisches Tensid ausgewählt aus der Gruppe, die von
a) Guerbetalkoholpolyethylenglycolethern der Formel (i),
R1-O-(CH2CH2O)mH
in der R1 für einen verzweigten Alkylrest mit 16 bis 20 Kohlenstoffatomen und m für Zahlen von 3 bis 15 steht,
b) Fettalkoholpolyethylenglycolethern der Formel (II),
R2-O-(CH2CH2O)nH
in der R2 für einen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest mit 12 bis 22 Kohlenstoffatomen und 1, 2 oder 3 Doppelbindungen und n für Zahlen von 1 bis 10 steht,
c) Fettalkoholpolyglycolethern der Formel (III),
R3-O-(CH2C(CH3)HO)p(CH2CH2O)qH
in der R3 für einen Alkylrest mit 6 bis 10 Kohlenstoffatomen, p für Zahlen von 1 bis 5 und q für Zahlen von 3 bis 15 steht, und
d) Alkyl- und/oder Alkenylglykosiden der Formel (IV),
R4-O-(g)x
in der R4 für einen Alkyl- oder Alkenylrest mit 6 bis 22 Kohlenstoffatomen, G für eine Glykose-Einheit, die sich von einem Zucker mit 5 oder 6 Kohlenstoffatomen ableitet, und x für eine Zahl zwischen 1 und 10 steht,
gebildet wird, zusetzt.
II. Die Anmelderin hat am 25. März 1993 (Tag der Gutschrift auf dem Konto des EPA) die zusätzlichen Gebühren unter Widerspruch (Regel 68.3 c) PCT) zusammen mit der für die Prüfung des Widerspruchs durch die Beschwerdekammer vorgeschriebenen Gebühr (Regel 68.3 e) PCT in der ab 1. Juli 1992 geltenden Fassung) entrichtet. Mit Datum vom 11. Mai 1993 übersandte die IPEA der Anmelderin zusammen mit einem Bescheid nach Regel 66 PCT den Bericht über das Ergebnis der in Regel 68.3 e) PCT vorgesehenen Überprüfung, in dem festgestellt wurde, daß die Zahlungsaufforderung berechtigt war. Am 26. Mai 1993 hat die Anmelderin mitgeteilt, daß sie den Widerspruch aufrechterhält.
III. Die IPEA hat in der Zahlungsaufforderung vom 3. März 1993 ausgeführt, aus Seite 2 und 3 der Anmeldungsbeschreibung gehe bereits deutlich hervor, daß die Idee, ein nichtionisches Tensid zur Stabilisierung wäßriger Zeolithsuspensionen zu verwenden, bekannt war. Daher könne der Einsatz der durch die Formeln (i) bis (IV) nach Anspruch 1 näher gekennzeichneten vier strukturell unterschiedlichen Klassen nichtionischer Tenside nicht mehr als Verwirklichung einer einzigen allgemeinen erfinderischen Idee betrachtet werden. In der Mitteilung über das Ergebnis der Überprüfung des Widerspruchs vom 11. Mai 1993 hat sie diesen Einwand zusätzlich auf 5 in der Zahlungsaufforderung nicht genannte Dokumente, darunter
(5) EP-A-0 294 694,
gestützt.
IV. Die Anmelderin begründet ihren Widerspruch in ihren am 25. März und 26. Mai 1993 eingegangenen Schriftsätzen damit, daß der in der Beschreibung gewürdigte Stand der Technik ausschließlich die Stabilisierung wäßriger Zeolithsuspensionen mit Gemischen aus nichtionischen Fettalkoholpolyglycolethern und anionischen Sulfattensiden lehre. Die allgemeine erfinderische Idee im Sinne der Regel 13.1 PCT bestehe daher in der Erkenntnis, daß die Stabilisierung auch in Abwesenheit der anionischen Tenside gelinge. Unter Berufung auf die Entscheidung W 8/87 (ABl. EPA 1989, 123) führt sie ferner aus, die Zahlungsaufforderung sei nicht rechtsverbindlich, weil zu ihrer Begründung in unzulässiger Weise nur die angeblich uneinheitlichen Erfindungen aufgezählt worden seien. Ferner sei die IPEA gemäß der Entscheidung W 3/88 (ABl. EPA 1990, 126) grundsätzlich nicht berechtigt, einen Nichteinheitlichkeitseinwand "a posteriori", d. h. gestützt auf den objektiv vorhandenen Stand der Technik, zu erheben. Es komme vielmehr lediglich auf die subjektive Auffassung des Anmelders bei der Abfassung der Patentansprüche an. Daher könne ein Einwand nur erhoben werden, wenn die unabhängigen Ansprüche offensichtlich nicht durch eine erfinderische Idee verknüpft seien und/oder der gewählte Oberbegriff für eine Markush-Gruppe willkürlich sei bzw. erkennbar durch den Stand der Technik neuheitsschädlich getroffen werde. Die Anmelderin habe jedoch bei Abfassung der Anmeldung keinen die Neuheit des Anmeldungsgegenstands in Frage stellenden Stand der Technik gekannt. Bei Feststellung der Uneinheitlichkeit erst nach Erstellung des Recherchenberichts sei zwar gegebenenfalls eine Teilung der Anmeldung erforderlich; jedoch werde hierfür keine zusätzliche Gebühr fällig.
Selbst wenn sich die Anmelderin die Auffassung der IPEA zu eigen machen würde, so betreffe die Anmeldung bestenfalls zwei voneinander unabhängige Erfindungen, da die nichtionischen Tenside der Formeln I bis III alle Anlagerungsprodukte von Ethylen- bzw. Propylenoxid an verschiedene Alkohole seien und somit einer einzigen Verbindungsklasse angehörten.
V. Die Anmelderin beantragt, dem Widerspruch stattzugeben und die Rückzahlung sämtlicher unter Widerspruch entrichteter Gebühren anzuordnen. Hilfsweise beantragt sie, zwei der drei zusätzlichen Gebühren zurückzuerstatten und weiter hilfsweise, "die Beschwerde mündlich zu verhandeln".
Entscheidungsgründe
1. Der Widerspruch ist zulässig.
2. Nach Kenntnis der Kammer ist im vorliegenden Fall erstmals über die Begründetheit eines Widerspruchs zu entscheiden, bei dem gemäß der seit 1. Juli 1992 geltenden Regel 68.3 e) PCT, die das EPA als IPEA seit 1. Oktober 1992 anwendet (Regel 104 a) EPÜ, siehe ABl. EPA 1992, 342 f., 547), eine Überprüfung der Berechtigung der Zahlungsaufforderung stattgefunden hat. Aus dem der Anmelderin am 11. Mai 1993 mitgeteilten Ergebnis der in Regel 68.3 e) PCT vorgeschriebenen Überprüfung ergibt sich, daß die IPEA eine nochmalige vollständige Untersuchung der Frage der Einheitlichkeit vorgenommen hat und dabei weitere, in der Zahlungsaufforderung nicht erwähnte Gründe und Beweismittel angeführt hat.
2.1 Dies veranlaßt die Kammer zu dem Hinweis, daß der Ausdruck "Überprüfung, ob die Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Gebühr berechtigt war" nicht bedeutet, daß die Berechtigung der Einbehaltung dieser Gebühr unabhängig von den in der Zahlungsaufforderung angegebenen Gründen nochmals zu beurteilen ist. Aus der in Regel 68.2 PCT festgelegten Verpflichtung zur Begründung der Zahlungsaufforderung ergibt sich vielmehr, daß diese nur insoweit "berechtigt" im Sinne der Regel 68.3 e) PCT sein kann, als sie dieser Begründungspflicht entsprochen hat (siehe auch W 4/85, ABl. EPA 1987, 63 und W 7/86, ABl. EPA 1987, 67). Gegenstand der in Regel 68.3 e) PCT festgelegten Überprüfung ist also ausschließlich die Berechtigung der Zahlungsaufforderung im Hinblick auf die der Anmelderin darin mitgeteilten Gründe im Lichte der von der Anmelderin in ihrer Widerspruchsbegründung vorgebrachten Tatsachen und Argumente. Nichts anderes ist auch Aufgabe der Beschwerdekammer im Rahmen der Prüfung des Widerspruchs gemäß Regel 68.3 c) PCT, denn diese Regel bezieht sich auf die Zahlungsaufforderung, nicht aber auf das Ergebnis von deren Überprüfung gemäß Regel 68.3 e) PCT. Demgemäß kann die Kammer bei dieser Prüfung von der IPEA verspätet, d. h. erst im Rahmen der Überprüfung nach Regel 68.3 e) PCT vorgebrachte neue Tatsachen und Argumente nicht berücksichtigen (siehe auch W 3/93 vom 5. November 1993, zur Veröffentlichung im ABl. EPA vorgesehen, Punkt 4 der Gründe).
2.2 Ein Nachschieben neuer Gründe und Beweismittel im Zuge der Mitteilung des Überprüfungsergebnisses verbietet sich nach Überzeugung der Kammer auch deshalb, weil der Anmelder durch die in der Zahlungsaufforderung angegebenen Gründe in die Lage versetzt werden muß, darüber zu entscheiden, ob er seine Ansprüche einschränkt oder zusätzliche Gebühren bezahlt. Hierfür ist es unerläßlich, daß die Gründe für die Forderung zusätzlicher Gebühren in der Zahlungsaufforderung vollständig und abschließend dargelegt werden. Ein Anmelder, der im guten Glauben auf die Vollständigkeit der Begründung in der Zahlungsaufforderung keine Notwendigkeit zur Einschränkung der Ansprüche sieht und daher bei Zahlung der geforderten Gebühren aufgrund seiner Gegendarstellung im Widerspruch mit deren Rückzahlung rechnen darf, muß sich durch das Nachschieben neuer Gründe zur Untermauerung der Zahlungsaufforderung im Überprüfungsverfahren jedenfalls dann getäuscht sehen, wenn ihn die Kenntnis dieser neuen Gründe zur Einschränkung veranlaßt hätte.
2.3 Darüber hinaus verfehlt die Überprüfung der erlassenen Zahlungsaufforderung nach Regel 68.3 e) PCT ihren Zweck, wenn auf die hiergegen vorgebrachten Widerspruchsgründe in der in dieser Regel vorgeschriebenen Mitteilung über das Ergebnis dieser Überprüfung nicht eingegangen wird, sondern nur, wie hier, der bereits vorgetragene Standpunkt wiederholt wird. Es ist vielmehr nach Überzeugung der Kammer selbstverständlich, daß die in Kapitel VI, 5.7 der am 1. März 1993 von der WIPO veröffentlichten Richtlinien zur Durchführung der internationalen vorläufigen Prüfung nach dem PCT geforderte technische Begründung des Ergebnisses dieser Überprüfung diejenigen Gründe enthalten muß, die zur Aufrechterhaltung der Zahlungsaufforderung im Lichte des Widerspruchsvorbringens geführt haben. Die genannten Richtlinien sind sowohl für die IPEA als auch für die hier als "besondere Instanz" der IPEA im Sinne der Regel 68.3 c) PCT handelnde Beschwerdekammer verbindlich (siehe G 1/89, ABl. EPA 1991, 155). Daher ist in der genannten Mitteilung auf die Widerspruchsgründe einzugehen. Dies ist in der Mitteilung der IPEA vom 11. Mai 1993 nicht geschehen; dieses Versäumnis beruht hier möglicherweise auf dem Rechtsirrtum, eine Antwort auf die Widerspruchsbegründung erübrige sich angesichts der neu eingeführten, die Zahlungsaufforderung stützenden Gründe.
2.4 Im Hinblick auf das bisherige Fehlen einer Praxis für das neu eingeführte Überprüfungsverfahren und im Interesse einer zügigen Erledigung des Widerspruchsverfahrens sieht die Kammer hier davon ab, wegen der genannten Mängel des Überprüfungsverfahrens eine Zurückverweisung an die in Regel 68.3 e) vorgesehene Überprüfungsinstanz zur Beseitigung dieser Mängel anzuordnen und prüft die Berechtigung der Zahlungsaufforderung anhand der dargelegten Kriterien selbst.
3. Die Kammer entnimmt der Zahlungsaufforderung, daß die IPEA den Einwand mangelnder Einheitlichkeit nicht darauf gestützt hat, daß der geltende unabhängige Patentanspruch rein formell die Anwesenheit von anionischen Tensiden nicht ausschließt, sondern davon ausgegangen ist, daß Gegenstand der Anmeldung nur die Verwendung der im Anspruch genannten Tenside und deren Mischungen ist (siehe Beschreibung, Seite 5, 1. Absatz). Diese Betrachtungsweise steht im Einklang mit der Vorschrift in Kapitel III, 7.6 der genannten Richtlinien zur Durchführung der internationalen vorläufigen Prüfung nach dem PCT. Danach soll mangelnde Einheitlichkeit nur in klaren Fällen beanstandet werden, wobei kein enger, am Wortlaut haftender oder akademischer Standpunkt vertreten werden soll. Auch die Kammer geht daher von dieser durch die Beschreibung gestützten Auslegung des geltenden Anspruchs 1 aus.
4. Die IPEA hat die Berechtigung der Zahlungsaufforderung ausschließlich darauf gestützt, die alleinige Verwendung nichtionischer Tenside zur Stabilisierung wäßriger Zeolithsuspensionen, also das von der Anmelderin geltend gemachte allen vier in Anspruch 1 enthaltenen Alternativen gemeinsame erfinderische Konzept, gehöre zum Stande der Technik, wie er auf den Seiten 2 und 3 der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung dargestellt worden sei. Den einzigen Sachverhalt, aus dem dies hergeleitet werden könnte, findet die Kammer im letzten Absatz der Seite 2 und im ersten Absatz auf Seite 3. Dort ist angegeben, gemäß der Lehre der
DE-A-3 423 351 (1A)
könnten Zeolithsuspensionen u. a. auch durch Zusatz von Polyglycolethern, Fettsäurealkanolamiden oder Fettsäuremonoglyceriden bei pH 9 bis 10 stabilisiert werden. Ferner sei aus der Literatur die Verwendung von zahlreichen weiteren Stabilisatoren bekannt, beispielsweise Alkylphenolpolyglycolethern, siehe
DE-A-3 401 861 (6),
Isotridecylpolyglycolethern, siehe
DE-A-3 444 311 (7)
und Anlagerungsprodukten von Ethylenoxid an Oxoalkohole, siehe
DE-A-3 719 042 (5A).
Bei den genannten Verbindungsklassen handelt es sich offensichtlich um nichtionische Tenside. Dies wird auch von der Anmelderin nicht bestritten, die lediglich vorgetragen hat, die Verwendung solcher Tenside gehöre nicht zur Lehre der in diesem Zusammenhang in der Beschreibung genannten Druckschrift (1A). Nach Meinung der Kammer wäre es zwar wünschenswert gewesen, wenn die Zahlungsaufforderung die genannten Fundstellen genau bezeichnet hätte. Der Hinweis auf die Seiten 2 und 3 der Beschreibung war aber nach Überzeugung der Kammer im vorliegenden Falle hinreichend, um sowohl der Anmelderin, die diesen Stand der Technik selbst genannt hatte, als auch der Kammer die Überprüfung der Stichhaltigkeit des erhobenen Einwands zu ermöglichen. Es trifft also nicht zu, daß die Zahlungsaufforderung, wie die Anmelderin meint, nur eine Aufzählung der verschiedenen uneinheitlichen Gegenstände enthält. Sie enthält vielmehr darüberhinaus eine zwar kurze, aber noch verständliche Begründung für den erhobenen Einwand. Die Zahlungsaufforderung leidet daher nicht an einem Begründungsmangel.
5. Der Widerspruch richtet sich nicht gegen eine Forderung zusätzlicher Recherchengebühren, sondern gegen eine Forderung zusätzlicher Gebühren für eine internationale vorläufige Prüfung gemäß Kapitel II des PCT. Der vorliegende Sachverhalt ist daher mit demjenigen, der der - im übrigen durch die bereits genannte Entscheidung G 1/89 nicht bestätigten - Entscheidung W 3/88 zugrundelag, nicht vergleichbar. Dem Widerspruch kann deshalb nicht, wie die Anmelderin meint, schon allein deshalb stattgegeben werden, weil sie bei Abfassung der Anmeldung subjektiv der Auffassung sein konnte, daß alle beanspruchten Verfahrensvarianten auf einer einzigen erfinderischen Idee beruhten. Gemäß Kapitel III, 7.5 der genannten verbindlichen Richtlinien zur Durchführung der internationalen vorläufigen Prüfung nach dem PCT ist vielmehr bei der Prüfung der Einheitlichkeit auch der bei der Recherche ermittelte Stand der Technik in Betracht zu ziehen. Es ist daher selbstverständlich, daß auch der in der Beschreibung der Anmeldung gewürdigte Stand der Technik berücksichtigt werden muß.
6. Dies verpflichtet die IPEA allerdings nach Überzeugung der Kammer dazu, die Richtigkeit der dort gemachten Angaben zu überprüfen, bevor darauf Einwände gestützt werden, denn zum hier zu berücksichtigenden Stand der Technik gehören nicht ohne weiteres alle Sachverhalte, die in der Beschreibung subjektiv und möglicherweise irrtümlich als bekannt dargestellt worden sind, sondern nur diejenigen, die objektiv bekannt waren. Eine solche Nachprüfung hat die IPEA hier offensichtlich nicht vorgenommen, sonst hätte sie feststellen müssen, daß der Druckschrift (1A), die eine Zusatzanmeldung zu der in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung ebenfalls genannten DE-A-3 330 220 ist, die behaupteten Sachverhalte nicht zu entnehmen sind. Deshalb können sie auch nicht die Lehre dieser Druckschrift ausmachen. Nach den Feststellungen der Kammer hat die Anmelderin in ihrer Widerspruchsbegründung vielmehr zutreffend ausgeführt, daß diese Druckschrift ausschließlich die Verwendung von Gemischen aus einem nichtionischen Tensid und einem Aniontensid zur Stabilisierung wäßriger Zeolithsuspensionen lehrt. Der laut Beschreibung der vorliegenden Anmeldung angeblich aus Druckschrift (1A) hervorgehende Sachverhalt stützt daher die in Regel 68.2 PCT vorgeschriebene Begründung der Zahlungsaufforderung nicht. Die Kammer kann also diesen Sachverhalt bei der Prüfung des Widerspruchs, wie dargelegt, nicht berücksichtigen, auch wenn er sich nachträglich aus anderen Dokumenten als bekannt herausgestellt haben sollte. Unter diesen Umständen kann auch nicht unterstellt werden, daß sich die IPEA auf den in Druckschrift (1A) in Form von Vergleichsbeispielen angegebenen Stand der Technik beziehen wollte; denn hierzu hätte es detaillierter Angaben bedurft, die - unzulässigerweise - erst im Ergebnis der Überprüfung mitgeteilt worden sind.
7. In der Beschreibung der Anmeldung auf Seite 3, Zeilen 5 bis 6 wird ferner auf die Druckschriften (6) und (7) verwiesen. Von diesen Druckschriften betrifft (6) nach den Feststellungen der Kammer in Übereinstimmung mit den Angaben in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung die Verwendung von ethoxylierten Alkylphenolen und (7) die Verwendung von ethoxylierten Isotridecylalkoholen (diese sind, wie der Name zum Ausdruck bringt, verzweigt) zur Stabilisierung von u. a. Zeolith A (siehe jeweils Ansprüche 1 und 4). In Anbetracht dieses Standes der Technik hat es die Kammer nicht für erforderlich gehalten, Druckschrift (5A) noch zu berücksichtigen, da deren hier relevanter Inhalt nicht über denjenigen der Druckschrift (5) hinausgehen kann. Diese Druckschrift, in der u. a. die Priorität der Druckschrift (5A) in Anspruch genommen wird, betrifft die Stabilisierung wäßriger Suspensionen von u. a. Zeolith A mit Gemischen ethoxylierter Oxoalkohole mit 10 bis 15 Kohlenstoffatomen, deren Alkylgruppen teilweise verzweigt sind (Ansprüche 1 und 4), also einen ähnlichen Sachverhalt wie Druckschrift (7).
Aus dem genannten, in der Anmeldungsbeschreibung gewürdigten Stand der Technik ergibt sich somit, daß das Problem der Stabilisierung wäßriger Zeolithsuspensionen mit nichtionischen Tensiden bereits bekannt und mehrfach gelöst worden war. Das von der Anmelderin geltend gemachte einigende Band einer gemeinsamen erfinderischen Idee ist also zerstört. Anspruchsgemäß werden vier weitere Lösungen dieses Problems vorgeschlagen, die aufgrund der Strukturunterschiede der vorgeschlagenen Tensidgruppen nicht auf einem gemeinsamen Lösungsprinzip beruhen. Die IPEA hat also in der Zahlungsaufforderung im Ergebnis zu Recht festgestellt, daß den vier in Anspruch 1 enthaltenen alternativen Stabilisierungsverfahren keine allgemeine erfinderische Idee zugrundeliegt. Dem Hauptantrag der Anmelderin, sämtliche zusätzlich geforderte Gebühren zurückzuzahlen, kann daher nicht stattgegeben werden.
8. Hilfsweise begehrt die Anmelderin die Rückerstattung von zwei der drei zusätzlich entrichteten Gebühren für die internationale vorläufige Prüfung. Sie vertritt die Auffassung, daß die Tenside der Formeln (i) bis (III) strukturell so nahe verwandt seien, daß die Beanspruchung der Verfahrensvarianten a), b) und c) des Anspruchs 1 in einer einzigen Anmeldung gerechtfertigt sei. Damit beruft sie sich offensichtlich auf allgemeine Grundsätze, nach denen bei der Beurteilung der Einheitlichkeit eines Erfindungskomplexes bzw. einer Gruppe von Erfindungen eine formale Betrachtungsweise und eine unnötige Zerstückelung der Anmeldung zu vermeiden ist. Diese Grundsätze sind auch in Kapitel III, 7.6 und 7.10 der in Punkt 2.3 genannten verbindlichen Richtlinien zur Durchführung der internationalen vorläufigen Prüfung nach dem PCT verankert, denn danach soll eine enge und akademische Betrachtungsweise vermieden werden und eine Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Gebühren dann unterbleiben, wenn zur vollständigen Prüfung der Anmeldung nur ein geringer zusätzlicher Arbeitsaufwand erforderlich ist. Offenbar im Hinblick auf diesen Hilfsantrag der Anmelderin hat die IPEA als Ergebnis der Überprüfung nach Regel 68.3 e) PCT das Argument nachgeschoben, bei der materiellrechtlichen Prüfung der von Anspruch 1 umfaßten Alternativen sei jeweils von unterschiedlichen Druckschriften als nächstem Stand der Technik auszugehen. Es kann aus den in Punkt 2 dargelegten Gründen nicht Aufgabe der Kammer sein, diese nachgeschobene Begründung zu überprüfen. Im übrigen ist für die Kammer nicht ersichtlich, warum hier nicht zur Ermittlung der anmeldungsgemäß bestehenden Aufgabe von einem einzigen Dokument ausgegangen werden kann. Die Kammer hält es daher im vorliegenden Falle für gerechtfertigt, die drei genannten, durch die enge strukturelle Verwandtschaft der zu verwendenden Tenside miteinander verbundenen Verfahren im Hinblick auf ihre technologische Zusammengehörigkeit und aus Gründen der Arbeitseffizienz gemeinsam zu behandeln, um eine unnötige Zerstückelung der Anmeldung zu vermeiden. Die Forderung nach drei zusätzlichen Prüfungsgebühren ist daher hier nicht gerechtfertigt, so daß dem Hilfsantrag der Anmelderin stattgegeben werden kann.
9. Schließlich hat die Anmelderin noch hilfsweise beantragt, "die Beschwerde mündlich zu verhandeln". Nach Artikel 34 (2) a) PCT hat der Anmelder das Recht, auch mündlich mit der IPEA zu verkehren. Dieses Recht eröffnet jedoch keinen Anspruch auf eine förmliche mündliche Verhandlung, wie sie z. B. in Artikel 116 EPÜ vorgesehen ist, sondern bedeutet lediglich, daß die Anmelderin der IPEA ihren Standpunkt auch mündlich vortragen und zu Protokoll geben darf. Von diesem Recht hat die Anmelderin hier keinen Gebrauch gemacht. Darüber hinaus steht es nach Regel 66.6 PCT im Ermessen der IPEA und damit sinngemäß der hier als besondere Instanz der IPEA handelnden Kammer, mit dem Anmelder eine formlose Anhörung zu vereinbaren. Eine solche Anhörung ist jedoch im Widerspruchsverfahren nach Regel 68.3 c) PCT, in dem es - anders als bei der Prüfung nach Artikel 33 (1) PCT - lediglich um die Formfrage der Einheitlichkeit und im Zusammenhang damit um die Höhe der nach dem PCT zu entrichtenden Gebühren geht, in der Regel nicht sachdienlich. Der vorliegende Fall rechtfertigt keine Ausnahme von dieser Regel, denn die Anmelderin hat sich in der Widerspruchsbegründung und ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Überprüfung des Widerspruchs durch die IPEA nach Regel 68.3 e) bereits ausführlich zur Sache geäußert. Sie hat auch nicht dargetan, daß darüber hinaus zusätzliche, noch nicht schriftlich vorgetragene und eine Anhörung rechtfertigende Gesichtspunkte berücksichtigt werden sollten. Dieser Hilfsantrag der Anmelderin wird deshalb abgelehnt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag auf mündliche Verhandlung wird abgelehnt.
2. Der Hauptantrag wird zurückgewiesen.
3. Dem Hilfsantrag wird stattgegeben. Die Rückzahlung von 6000 DEM wird angeordnet.