W 0012/07 03-09-2007
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Verwendung von amphiphilen Blockcopolymeren zur Herstellung von Polymerblends
Zulässigkeit des Widerspruchs (bejaht)
Auszureichende Begründung (verneint)
I. Die Internationale Patentanmeldung PCT/EP/2006/062467 wurde am 19. Mai 2006 mit 19 Patentansprüchen beim Europäischen Patentamt eingereicht. Die unabhängigen Ansprüche 1, 11 und 14 lauteten wie folgt:
"1. Verwendung von Blockcopolymeren als Verträglichkeitsvermittler zur Herstellung von Blends aus mindestens zwei verschiedenen Polymeren, dadurch gekennzeichnet, dass die Blockcopolymere
o mindestens einen hydrophoben Block (a), welcher im Wesentlichen aus Isobuteneinheiten aufgebaut ist, sowie
o mindestens einen hydrophilen Block (b), welcher im Wesentlichen aus Oxyalkyleneinheiten aufgebaut ist
umfassen.
11. Verfahren zum Herstellen von Polymerblends, indem man mindestens zwei verschiedene Polymere in Gegenwart eines oder mehrerer Blockcopolymere als
Verträglichkeitsvermittler unter Erwärmen intensiv miteinander vermischt, dadurch gekennzeichnet, dass die eingesetzten Blockcopolymere
o mindestens einen hydrophoben Block (a), welcher im Wesentlichen aus Isobuteneinheiten aufgebaut ist, sowie
o mindestens einen hydrophilen Block (b), welcher im Wesentlichen aus Oxyalkyleneinheiten aufgebaut ist
umfassen.
14. Polymerblends umfassend mindestens zwei verschiedene Polymere sowie eines oder mehrere Blockcopolymere als Verträglichkeitsvermittler, dadurch gekennzeichnet, dass die Blockcopolymere
o mindestens einen hydrophoben Block (a), welcher im Wesentlichen aus Isobuteneinheiten aufgebaut ist, sowie
o mindestens einen hydrophilen Block (b), welcher im Wesentlichen aus Oxyalkyleneinheiten aufgebaut ist,
umfassen."
Die Ansprüche 2 bis 10, 12 bis 13, und 15 bis 19 waren abhängige Ansprüche.
II. Mit Bescheid vom 14. August 2006 forderte das Europäisches Patentamt als zuständige Internationale Recherchenbehörde (IRB) die Anmelderin gemäß Artikel 17.3 (a) und Regel 40.1 PCT zur Zahlung von einer zusätzlichen Recherchengebühr auf, da die Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit gemäß Regel 13.1 PCT nicht genüge. Die internationale Anmeldung enthalte folgende Gruppen von Erfindungen:
1. Ansprüche 1 bis 10:
Die Verwendung von Blockcopolymeren als Verträglichkeitsvermittler wie im Anspruch 1 definiert; und
2. Ansprüche 11-19
Ein unabhängiges Verfahren zum Herstellen von Polyblends umfassend mindestens zwei verschiedene Polymere unter Erwärmen wie im Anspruch 11 definiert.
Der Anmelderin wurde als Begründung folgendes mitgeteilt:
"Die vorliegenden Anmeldungsansprüche offenbaren verschiedene Erfindungen im Kontext dass die "entsprechenden technischen Besonderheiten" von einer Verwendung von Blockcopolymeren als Verträglichkeitsvermittler als im Anspruch 1 definiert, nicht neu und erfinderisch sind (Siehe US20040154216, DE10321734, US5225492 etc.).
Im Kontext dass die "entsprechenden technischen Besonderheiten" nicht neu und erfinderisch sind, haben die vorliegenden Anmeldungsansprüche keine "speziellen" Technischbesonderheiten im Sinne von Regel 13.1 PCT, und als Folge erfüllt die vorliegende Anmeldung nicht die Regel 13.2 PCT Erfordernisse für Einheitlichkeit der Erfindung."
III. Am 2. September 2006 zahlte die Anmelderin die zusätzliche Recherchengebühr unter Widerspruch, sowie die Widerspruchgebühr.
In ihrem Schreiben vom 1. September 2006, die die obengenannten Zahlungen angekündigte, führte die Anmelderin im wesentlichen folgendes aus:
(i) Dokument US 2004/0154216 beschreibe eine Mischung zweier verschiedener Blockcopolymere aus Polyisobutenblöcken sowie verschiedenen hydrophilen Blöcken. Bei den hydrophilen Blöcken könne es sich auch um Oxyalkyleneinheiten handeln.
(ii) Dokument US 2004/0154216 offenbare in den Ansprüchen 11 und 12 verschiedene Verwendungen für die Blockcopolymere. Genannt seien die Verwendung als Korrosionsinhibitor, als Tensid oder als Treibstoffzusatz.
(iii) Die Verwendung als Verträglichkeitsvermittler zur Herstellung von Blends aus mindestens zwei verschiedenen Polymeren sei aber in diesem Dokument nicht genannt.
(iv) Der Gegenstand der Anmeldung sei daher neu gegenüber diesem Dokument. Darüber hinaus gebe es auch keine Passagen in diesem Dokument, die eine derartige Verwendung nahe legen könnten.
(v) Dokument DE 103 21 734 offenbare ein Blockcopolymer aus Polyisobuten und Polyoxyalkyleneinheiten.
(vi) Die Verwendung dieser Blockcopolymere als Verträglichkeitsvermittler zur Herstellung von Blends aus mindestens zwei verschiedenen Polymeren sei aber nicht offenbart.
(vii) Dokument US 5 225 492 beschreibe ein Verfahren zur Herstellung von Poly(isobutylen-beta-methylvinylether).
(viii) Diese Blockcopolymere wiesen aber keine Oxyalkyleneinheiten auf.
(ix) Die Verwendung als Verträglichkeitsvermittler zur Herstellung von Blends aus mindestens zwei verschiedenen Polymeren sei auch nicht offenbart.
(x) Daher sei die Behauptung der IRB, daß die Verwendung der anmeldungsgemäßen Verträglichkeitsvermittler zur Herstellung von Polymerblends bereits aus diesen Dokumenten bekannt sei, nicht korrekt.
IV. Mit Bescheid vom 29. Januar 2007 teilte die IRB der Anmelderin nach Überprüfung des Widerspruchs mit, dass die Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Recherchengebühren berechtigt gewesen sei. Als Begründung wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt:
(i) Die Anmelderin habe in ihrem Schreiben vom 1. September 2006 argumentiert, dass die Verwendung von Blockcopolymeren als Verträglichkeitsvermittler zur Herstellung von Polymerblends in US 2004/0154216, DE 103 21 734 oder US 5 225 492 nicht offenbart worden sei.
(ii) Im Dokument US 2004/0154216 seien aber die folgenden Passagen zu finden:
"..emulsions according to the invention may also contain further components in addition to the abovementioned constituents. These are. .polyethylene glycol ethers and esters,..and block copolymers...", und,
"A combination of one or more of the above mentioned together with the novel compounds and/or mixtures thereof is preferably used for the emulsions".
(iii) In diesem Kontext zeigten die Offenbarungen in Dl [sic] und D2 [sic], dass die Verwendung von Blockcopolymeren wie in der Anmeldung definiert nicht neu und erfinderisch sei.
(iv) Die vorliegende Anmeldung, und auch das Schreiben der Anmelderin hätten keine speziellen technischen Besonderheiten und/oder eine einzige allgemeine erfinderische Idee im Sinne von Regel 13.2 PCT etabliert.
(v) Deshalb vertrat die Prüfungskommission die Meinung, dass die vorliegende Anmeldung nicht einheitlich sei, und dass die zusätzliche Recherchengebühr nötig sei, um die Anmeldungsansprüche zu recherchieren.
V. In ihrem Schreiben vom 5. Februar 2007, bestätigte die Anmelderin, dass die Widerspruchgebühr bereits mit der Abbuchungsauftrag vom 1. September 2006 entrichtet worden sei. Gleichzeitig nahm sie noch einmal sachlich zu der Einheitlichkeitsbeanstandung Stellung.
1. Zulässigkeit des Widerspruchs
1.1 Das Anmeldedatum der internationalen Anmeldung ist der 19. Mai 2006. Daher kommt im vorliegenden Fall die Ausführungsordnung zum PCT in ihrer Fassung vom 1. April 2005 zur Anwendung.
1.2 Die Kammer stellt zunächst fest, dass die zusätzliche Recherchegebühr und die Widerspruchgebühr am 2. September 2006 bezahlt worden sind.
1.3 Da die Aufforderung zur Bezahlung der zusätzlichen Recherchegebühr am 14. August 2006 erging, sind die zusätzliche Recherchegebühr und die Widerspruchsgebühr innerhalb der in der Regeln 40 (1) (ii) and 40.1 (iii) vorgesehenen Fristen bezahlt worden.
1.4 Gemäß Regel 40.2 (c) PCT, erster Satz, muss dem Widerspruch der Anmelderin eine Begründung des Inhalts beigefügt werden, dass die Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfülle.
1.5 Nach Auffassung der Kammer erscheint, angesichts des Schreibens der Anmelderin vom 1. September 2006, der Widerspruch ausreichend begründet.
1.6 Daher kommt die Kammer zur Schlussfolgerung, daß der Widerspruch Regel 40.2 (c) und 40.2 (e) PCT entspricht. Der Widerspruch ist damit zulässig.
2. Mangelnde Einheitlichkeit a posteriori
2.1 Nach Regel 40.1 PCT sind in der Aufforderung gemäß Artikel 17 (3)(a) PCT zusätzliche Gebühren zu zahlen die Gründe für die Feststellung anzugeben, warum die internationale Annmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nicht entspricht. Das bedeutet, dass mit der Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Gebühren eine verständliche Begründung gegeben werden muss (siehe Entscheidung W 3/94 (ABl EPA 1995, 775; Punkt 6 der Entscheidungsgründe).
2.2 Ein pauschaler, nicht konkretisierter und somit gedanklich nicht nachvollziehbarer Bezug auf eine undefinierte Anzahl von Druckschriften wie im vorliegenden Fall (siehe Absatz III oben, "US20040154216, DE10321734, US5225492, etc." (Hervorhebung durch die Kammer)), der es dem Leser überlässt, die relevanten Offenbarungsstellen zu suchen und aus ihnen zu schließen, weshalb die in den unabhängigen Ansprüchen definierten Erfindungen nicht neu oder nicht erfinderisch sein sollen, genügt dem Erfordernis der Begründungspflicht nicht (siehe Entscheidung W 26/91 vom 8. September 1992 (nicht offenbart in ABl EPA; Punkte 3.1 bis 3.3 der Entscheidungsgründe; und Entscheidung W 18/06 vom 5. März 2007 (nicht offenbart in ABl EPA; Punkt 27.2 der Entscheidungsgründe).
2.3 Diese Schlussfolgerung kann nicht durch die Tatsache geändert werden, dass die Anmelderin in ihrem Schreiben vom 1. September 2006 zur Zahlungsaufforderung sachlich Stellung genommen hat, weil dies nicht dahingehend gedeutet werden kann, daß die IRB eine ausreichende Begründung gegeben hat (siehe auch Entscheidung W 18/04 vom 14. Dezember 2005 (nicht offenbart in ABl EPA; Punkt 3.4 der Entscheidungsgründe).
2.4 Es ist ebenfalls nicht relevant, daß die Überprüfungsstelle in ihrem Bescheid vom 29. Januar 2007 Gründe genannt hat, weshalb Dokument US 2004/0154216 als neuheitsschädlich betrachtet werden soll, weil solche nachgeschobenen Gründe nicht bei der Beantwortung der Frage berücksichtigt werden können, ob die Zahlungsaufforderung der IRB mangels ausreichender Begründung rechtswirksam war oder nicht (siehe W 18/04, Punkt 4.1 der Entscheidungsgründe; siehe auch analog. Entscheidung W 4/93 ABl EPA 1994, 939; Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe).
2.5 Darüber hinaus fehlt der Zahlungsaufforderung eine Auseinandersetzung mit der Aufgabe der Erfindung. Nach den Entscheidungen W 59/90 vom 20. Mai 1991 und W 14/91 vom 3. Juni 1991 (beide nicht offenbart in ABl. EPA) sind in "a-posteriori"-Fällen Ausführungen zur zu lösenden Aufgabe vor und nach Auffinden der neuheitsschädlichen Druckschrift erforderlich, wenn durch die Vorwegnahme Uneinheitlichkeit eintritt. Da in der Zahlungsaufforderung auch diese Auseinandersetzung fehlt, rechtfertigt dies alleine schon die Rückerstattung der Recherchengebühr.
3. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Zahlungsaufforderung der IRB unter Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Regel 40.1 PCT ergangen ist. Daher ist diese Zahlungsaufforderung rechtsunwirksam.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der zusätzlich entrichteten Recherchengebühr und der Widerspruchsgebühr wird angeordnet.