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Innovation durch AM

Letzte Aktualisierung: 30.1.2020

Bild
3D printing coils

 

Die additive Fertigung revolutioniert klassische Ansätze für Produktdesign, Werkstofftechnik und Herstellungsverfahren und erschließt neue und breitere Innovationspotenziale.

Design

Traditionell fertigten technische Zeichnerinnen und Zeichner Entwürfe technischer Strukturen nach Angaben von Architektur- und Ingenieurbüros an. In den 1980er-Jahren stellten sie von Stift und Papier auf die computergestützte Konstruktion (CAD) um. Dank weiterentwickelter CAD-Systeme und der gestiegenen Rechenkapazität von Computern konnten bald auch dreidimensionale Strukturen "in silico" realisiert werden (3eD-CAD). Dies befeuerte wiederum die Innovation bei den AM-Systemen, da es nun möglich war, Computermodelle virtuell in Schichten zu zerlegen und diese einzeln herzustellen. Aufgrund solcher Computermodelle konnte jedes physische Teil individuell angepasst, neu konzipiert und produziert werden.

A 3D printed object

Innovative und ästhetische Entwicklungen können durch viele verschiedene geistige Eigentumsrechte geschützt werden. Patentierbar sind dagegen nur Strukturen, die eine technische Wirkung haben. Mit additiven Fertigungsverfahren können Konstrukte verwirklicht werden, die früher als unmöglich oder zu kostspielig galten, wie medizinische Implantate, die präzise auf die Anatomie des einzelnen Patienten zugeschnitten sind. Die Konzeption solcher Modelle ist die erste innovative Stufe der AM-Wertschöpfungskette.

 

Materialien

Angefangen bei Polymeren wurden über Metalle und Keramik - sowie neuerdings auch Biomaterialien, Verbundstoffe und Zemente - im Laufe der Zeit so gut wie alle Arten von Werkstoffen für AM-Systeme herangezogen.

Unterschiedliche Systeme verwenden unterschiedliche Materialien. Bei der Stereolithografie kommt ein lichtempfindliches flüssiges Material zum Einsatz, das mit einem UV-Laser auf die gleiche Weise polymerisiert wird, wie in der Zahnmedizin moderne Zahnfüllungen ausgehärtet werden. Neueste Entwicklungen ermöglichen es, Keramik- oder Metallpartikel in die Flüssigkeit einzubringen.

Pulverbettsysteme arbeiten mit diversen, meist handelsüblichen Werkstoffen. Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind hier vor allem die Fließfähigkeit des Pulvers und die Dichte des Pulverbetts.

Aus unterschiedlich zusammengesetzten und ausgeformten Stoffgemischen und Hybridmaterialien werden ferner Legierungen und Verbundstoffe geschaffen. Bestimmte Materialkombinationen, sogenannte Gradientenwerkstoffe, werden zur Herstellung von Objekten mit lokal optimierten mechanischen, chemischen und/oder physikalischen Eigenschaften eingesetzt.

Innovationen bei den verwendeten Werkstoffen sind der Schlüssel zu AM-Produkten, deren Eigenschaften die Möglichkeiten konventionell gefertigter Erzeugnisse nicht nur erreichen, sondern übertreffen.

Polymere

Welche Polymere in additiven Fertigungsverfahren verwendet werden, wird vorranging von der eingesetzten AM-Technologie bestimmt.

Für Materialextrusionsverfahren kommen eine Reihe thermoplastischer Polymere infrage, die vor der Anwendung geschmolzen werden und bei Abkühlung aushärten. Am geläufigsten sind Harze auf der Basis von PLA, PC und Styrolkunststoffen.

Bei Fotopolymerisations- und Binder-Jetting-Verfahren werden dagegen bevorzugt Acrylate, Epoxidharze und Polyurethane genutzt.

In der Pulverbettfusion werden meist Polyamidharze (z. B. PA6, PA11, PA12), PEEK oder TPU aufgetragen.

Die Polymere werden normalerweise speziell für den Einsatz in der additiven Fertigung entwickelt. Sie sind Gegenstand intensiver Forschungen, da die Endprodukte derzeit noch nicht mit herkömmlich hergestellten Erzeugnissen mithalten können - insbesondere in Bezug auf Formstabilität, mechanische Eigenschaften, Porosität, Prozessgeschwindigkeit und Auflösung. 

Metalle

Zu den Metallpulvern, die speziell für die Zwecke der additiven Fertigung entwickelt wurden, gehören unter anderem Stähle, insbesondere Edel- und Werkzeugstähle, Aluminiumlegierungen für die Luft- und Raumfahrt, Nickel- und Kobalt-Legierungen für Turbinenteile, Titanlegierungen für Implantate, Kupferlegierungen für Kühlkörper und Wärmetauscher sowie Edelmetalllegierungen für Schmuck.

Der Schwerpunkt bei der Werkstoffoptimierung liegt hier auf zwei Aspekten, nämlich

  • einer noch genaueren Anpassung der Legierungszusammensetzung, um die Wechselwirkungen zwischen Pulverlegierung und Energiestrahl zu verbessern, sowie
  • einer Optimierung der Fließeigenschaften, insbesondere hinsichtlich Form, Partikelgröße, Größenverteilung und Fließfähigkeit, um das Auftragen gleichmäßiger Pulverschichten zu vereinfachen und zu beschleunigen und die Dichte des Endprodukts anzupassen.

Außerdem ist bei der Herstellung beispielweise mittels Pulverbettfusion und direkter Energieabscheidung kein abschließender Sinterschritt erforderlich. Additiv gefertigte Teile weisen daher eine andere Mikrostruktur auf als mit herkömmlichen Verfahren wie Gießen, Schmieden oder Spritzgießen erzeugte Produkte. So werden derzeit spezielle Wärmebehandlungen entwickelt, um die Eigenschaften der Enderzeugnisse an spezifische Produktanforderungen anzupassen.

Keramik

Im Keramikbereich ist das selektive Lasersintern (SLS) das gängigste Verfahren zur Erzeugung einer dreidimensionalen Struktur. Zur Stabilisierung werden dem Keramikpulver gewöhnlich zu Beginn organische Bindemittel zugesetzt.

Bei anderen Verfahren werden bindemittelfreie Keramikpulverschichten aufgetragen und die Bindemittel anschließend selektiv auf jede neue Oberfläche aufgesprüht. Dieser Vorgang wird als Binder Jetting (deutsch auch Freistrahl-Bindemittelauftrag) bezeichnet: das Werkstück hält zusammen, wo Bindemittel hinzugefügt wird, der Rest zerfällt. Das so entstandene 3D-Objekt kann dann gesintert werden.

Das häufigste keramische Material in der additiven Fertigung ist Zirkonia (ZrO2), das in der Zahntechnik zur Herstellung von Zähnen, Kronen und anderen Maßanfertigungen verwendet wird. Alternativ wird in diesem Bereich auch Aluminiumoxid (Al2O3) eingesetzt. Keramische knochenähnliche Substanzen basieren in der Regel auf Phosphaten oder Siliciumdioxid. Das meistgenutzte nicht oxidische Keramikmaterial ist Siliciumcarbid (SiC), das vor allem für die Hochtemperaturseite von Turbinenteilen verwendet wird. Im oder im Anschluss an den Herstellungsprozess kommen hier oft Infiltrationstechniken zum Einsatz.

Biomaterialien

Bei den Biomaterialien stehen die chemischen Aspekte von Implantaten im Mittelpunkt. Solche Materialien und Produkte müssen gewisse mechanische Eigenschaften aufweisen und weitere Kriterien wie Abbaubarkeit, Stabilität, Form und Bearbeitbarkeit erfüllen. Sie müssen außerdem sinnvoll mit Proteinen, Zellen und Gewebe interagieren und gegebenenfalls für die Freisetzung von Arzneimitteln geeignet sein.

Die zur additiven Fertigung von Gewebe eingesetzten biokompatiblen Stoffgemische werden als "Biotinte" bezeichnet. Sie bestehen aus Materialien, die natürliche Zellbestandteile imitieren, und bilden dreidimensionale poröse oder hydrogelartige Strukturen, die das Gewebewachstum unterstützen oder stimulieren. Bei Hydrogelmaterialien sind die Zellen, die das neue Gewebe bilden sollen, häufig Bestandteil der Biotinte. Mit AM-Verfahren können diese Gele in komplexen Formen gedruckt werden. Die Zellen werden nach der Strukturbildung in die porösen Materialien eingesät oder wachsen nach der Implantation in die Struktur ein. Eines der dafür genutzten 3D-Druckverfahren ist die Stereolithographie, bei der auf bekannten biokompatiblen Polymeren basierende Biotinten verwendet werden, die eine Fotovernetzung ermöglichen. Solche Biotinten können passend geformte Strukturen mit hoher Porosität und Interkonnektivität aufbauen, mit denen der Gewebedefekt repariert werden kann. Inzwischen gelingt es sogar, Strukturen mit einem gedruckten Kapillarnetz zu versehen, um sicherzustellen, dass die Zellen in den Gerüsten über genügend Nährstoffe und Sauerstoff verfügen, sodass sie zu einem neuen Gewebe zusammenzuwachsen.

Beton

Die additive Fertigung verändert auch den Bausektor in großem Stil, weil sie architektonisch komplexere Entwürfe ermöglicht.

Die Konturenherstellung (engl. contour crafting), eine dem Tintenstrahldruck ähnliche Technik, war das erste additive Verfahren, mit dem Gebäude errichtet wurden. Dabei wird Beton mit großen Düsen unter hohem Druck schichtweise gespritzt.

Bei anderen Verfahren wird mittels Binder-Jetting-Technik ein reaktiver Werkstoff wie Portlandzement auf eine Sandschicht aufgetragen.

Als Pulverbett kann Portlandzement oder Calciumaluminatzement dienen, als Bindemittel eine wässrige Lösung aus Lithiumcarbonat.

Außerdem wurden 3D-druckbare Geopolymerstrukturen mit Pulverbett aus Hüttensand, Sand und gemahlenem Natronwasserglas (als Alkali-Aktivator) entwickelt.

Der 3D-Druck von nassem Beton ist mit einigen Herausforderungen verbunden. Dazu gehören die Anpassung der Pumpfähigkeit und der Eigenschaften des Frischbetons, um die erforderliche Verarbeitbarkeit und ausreichend Zeit für die Extrusion zu gewährleisten, sowie die Entwicklung der strukturellen Merkmale und insbesondere der Festigkeit. Angesichts der Komplexität und Größe der gedruckten Objekte sind diese Eigenschaften von großer Bedeutung.

 

Verfahren

Der ISO/ASTM-Standard 52900:2015 beschreibt sieben additive Fertigungsverfahren, nämlich Freistrahl-Bindemittelauftrag (binder jetting, BJT), Materialauftrag mit gerichteter Energieeinbringung (directed energy deposition, DED), Materialextrusion (MEX), Freistrahl-Materialauftrag (material jetting, MJT), pulverbettbasiertes Schmelzen (powder bed fusion, PBF), Schichtlaminierung (sheet lamination, SHL) und badbasierte Fotopolymerisation (vat photopolymerization, VPP).

Abhängig davon, ob das Material sofort verfestigt wird oder nicht, wird zwischen ein- und zweistufigen Verfahren unterschieden.

Im einstufigen Verfahren wird das Material durch Aushärten, Sintern oder Schmelzen direkt konsolidiert. Darunter fallen Verfahren wie die direkte Energieabscheidung , die Pulverbettfusion und die Materialextrusion, die auch als selektives Laserschmelzen (selective laser melting, SLM), Elektronenstrahlschmelzen (electron beam melting, EBM) und Schmelzschichtung (fused filament fabrication, FFF) bezeichnet werden.

A 3D printer at work

 

Beim zweistufigen Verfahren wird das Material zunächst vorläufig mit einem Bindemittel oder "Klebstoff" verbunden. Im zweiten Schritt wird das Objekt erhitzt, um es endgültig zu verfestigen. Ein klassischer zweistufiger Prozess ist das eigentliche 3D-Druck-Verfahren bzw. Binder Jetting.

Weitere verfahrenstechnische Unterschiede liegen darin, wie das (feste) Material zugeführt und aufgebaut wird: Pulverbett, direkte Pulver- oder Tropfenabscheidung, Drahtextrusion.

Während frühe AM-Maschinen entweder aushärtende Flüssigkeiten oder sinterbare Pulverbetten nutzten, bieten moderne Ausführungen eine breitere Materialauswahl und vielfältigere Zuführungsmethoden. Beim Laserauftragschweißen (fused metal deposition, FMD) wird der Werkstoff beispielsweise in Drahtform zugeführt und dann lokal zu Materialtropfen geschmolzen, die sich beim Auftragen verfestigen. Das Pulver kann auch lokal über eine Düse zugeführt und durch den Energiestrahl entweder direkt im Flug oder in dem entstehenden Schmelzpool geschmolzen werden. In beiden Fällen wird das Material mit hoher Genauigkeit in der richtigen Menge an der erforderlichen Stelle zugeführt.

Beim Binder Jetting bzw. 3D-Druck wird die präzise Strukturierung der additiven Fertigung mit einer eher klassischen Wärmebehandlung des Endprodukts kombiniert. Solche Erhitzungsverfahren werden seit vielen Jahren eingesetzt, und die resultierenden Produkteigenschaften sind besser vorhersehbar. Auch kann das Produkt schneller gebildet werden, weil der Werkstoff während des Prozesses nicht erhitzt oder geschmolzen werden muss. Da beide Verfahren (Aufbauen und Erhitzen) in verschiedenen Anlagen stattfinden, kann die Produktion flexibler gestaltet werden.

Je nach Material und Anwendung müssen Anforderungen in Bezug auf das Erhitzen und/oder Abkühlen sowie die Bildung einer inerten Atmosphäre oder steriler Bedingungen erfüllt werden.

Anfangs wurde die additive Fertigung hauptsächlich für die schnelle Erstellung von Prototypen verwendet, das sogenannte "Rapid Prototyping". Inzwischen kommt sie zunehmend auch bei der Herstellung von Endprodukten zum Einsatz, und Faktoren wie Schnelligkeit, Qualität, Produktivität und Prozesskontrolle sind wichtiger geworden.

Im Hinblick auf die Geschwindigkeit lag ein Schwerpunkt jüngerer Entwicklungen darauf, die Zahl der Energiequellen und/oder Materialverteiler zu erhöhen. Außerdem werden nun in einem Ansatz des "durchgängigen Prozesses" verschiedene Arbeitseinheiten kombiniert.

Neben der Produktivität ist die Qualität der Endprodukte wichtig, vor allem in den Bereichen Luft- und Raumfahrt und Medizintechnik. Indem Kontrollelemente wie Kameras, Sensoren, Steuergeräte und Kalibriervorrichtungen in die Baukammer eingebaut werden, kann die Qualitätskontrolle vor Ort stattfinden, und es kann bei Bedarf korrigierend eingegriffen werden.


Produkte

Ursprünglich diente die additive Fertigung bzw. der 3D-Druck in erster Linie zur Herstellung von Prototypen, vor allem in der Fahrzeug- und Luft- und Raumfahrtindustrie. Mittlerweile wird die Technik auch zunehmend von Privatpersonen genutzt, die zu Hause eigene Objekte produzieren und drucken möchten. Aber auch in der kommerziellen Herstellung von Endprodukten kommen immer häufiger additive Fertigungsverfahren zur Anwendung.

Besonders lohnend ist die Technologie derzeit für Firmen, die maßangefertigte bzw. individualisierte Waren anbieten wollen oder Produkte, die mit anderen Mitteln technisch oder finanziell nicht umsetzbar sind.

Personalisierte Medizin

Die additive Fertigung hat sich bereits positiv auf unseren Alltag ausgewirkt. Individuell anpassbare Werkzeuge oder Implantate und neue Medikamentenformen verhelfen Millionen von Menschen zu einer besseren Gesundheit. Sehr verbreitet sind 3D-Druck-Verfahren zur Herstellung von Prothesen und Implantaten, die an die Anatomie der Patientinnen und Patienten angepasst sind.

Je nach Art des Implantats können biologisch abbaubare resorbierbare oder auch beständige Materialien verwendet werden. Darüber hinaus ist es möglich, das Gerüst eines Implantats - beispielsweise einer Herzklappe - zu drucken und anschließend mit Zellen zu besiedeln. Ähnlich vielversprechende Fortschritte werden auch bei biotechnologischen Anwendungen verzeichnet.

In der Kieferorthopädie können individuelle Zahnspangen, Bogendrähte und als häufigster Anwendungsfall Zahnschienen auf Patientenbedürfnisse zugeschnitten werden. Seit den frühen 2000er-Jahren sind Aligner-Schienen auf dem Markt, die optisch unauffälliger sind und mehr Flexibilität ermöglichen.

Herz-Kreislauf-Implantate

Im kardiovaskulären Bereich ist der 3D-Druck eine gängige Methode zur Herstellung von anatomisch angepassten Implantaten wie Stents, Transplantaten und Herzklappen. Dazu wird die zu behandelnde Person in der Regel gescannt (MRT, CT) und nach einer Berechnung der Gefäßdynamik auf der Grundlage der erhaltenen Daten eine Prothese oder ein Implantat individuell entworfen und ausgedruckt.

Unter anderem bei Herzklappen kann ein Gerüst für ein Implantat gedruckt und anschließend mit Zellen besiedelt werden. Bei der Serienproduktion von Implantaten in Standardgröße sind 3D-Druck-Verfahren dagegen noch nicht sehr weit verbreitet, da herkömmliche Technologien weiterhin kostengünstiger sind und/oder ein Endprodukt liefern, das bessere mechanische Eigenschaften bietet.

Additiv hergestellte Gefäßstents wiederum werden gewöhnlich hinsichtlich Form, Materialauswahl, Wandstärke und radialer Festigkeit individuell angepasst. Abhängig von der Art des Implantats werden biologisch abbaubare bzw. resorbierbare Materialien (Polymere und Metalle, z. B. Magnesium) oder aber beständige Werkstoffe verwendet.

Stents erfüllen ihren Zweck während des Eingriffs und kurz danach, d. h. bis zur Heilung und Gefäßwandneubildung. Herkömmliche Stents bestehen in der Regel aus nicht resorbierbaren Metallen (Edelstahl, Titan, Nitinol) und verbleiben also auch nach der Gefäßreparatur im Gefäß, was zu Gefäßschädigungen führen kann. Um solche Schädigungen zu verhindern, wurden bioresorbierbare Stents (BRS) eingeführt.

Solche modernen Stents weisen einige signifikante Vorteile gegenüber herkömmlichen Metallstents auf, z. B. vollständige Bioresorption, mechanische Flexibilität und die Vermeidung von Bildgebungsartefakten bei der nicht invasiven Bildgebung. Konventionelle Herstellungsverfahren wie Weben oder Laserschneiden haben sich allerdings bei BRS als problematisch erwiesen. Deshalb wird untersucht, wie moderne Stents mit additiven Fertigungsverfahren hergestellt werden können.

Darüber hinaus wird die Technologie bei der patientenspezifischen Operationsplanung und der Chirurgenausbildung sowie für die Weiterentwicklung standardisierter Implantate eingesetzt. Dabei werden menschliche Gefäße mit unterschiedlichen Materialien gedruckt, um z. B. Verkalkung zu simulieren.

Prothetische Knochenimplantate

In der Prothetik werden AM-Verfahren häufig zur Herstellung individuell angepasster Prothesen eingesetzt. Bei solchen maßangefertigten Implantaten kann der Knochen in größerem Umfang erhalten werden, weil er nicht an ein standardisiertes Produkt angepasst werden muss. Auch können Proportionen und Oberflächen von Gelenkprothesen individuell auf ein Knie, eine Hüfte oder eine Schulter abgestimmt werden.

In der Traumatologie, wo häufig größere Knochenareale ersetzt werden müssen, können Implantate so angepasst werden, dass das körperliche Erscheinungsbild rekonstruiert werden kann.

Außerdem ist es möglich, die Steifigkeit der Implantate individuell einzustellen. Als besonders vorteilhaft können sich additiv gefertigte offene poröse Strukturen erweisen, weil der Knochen einwachsen kann. Derzeit werden mittels AM-Verfahren Schädel-, Kiefer- und Gesichtsimplantate, Knochenfixierungsplatten, Schrauben und Nägel hergestellt.

Seit Kurzem wird der 3D-Druck sogar direkt im menschlichen Körper angewendet. So können beispielsweise Knorpelprothesen im Inneren des Körpers hergestellt werden. Entsprechende Technologien sind beispielsweise in den Patenten WO2017205663, WO2014110590 und WO2017080646 offenbart. Am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommene chirurgische und therapeutische Maßnahmen sind allerdings nach dem EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.

Biodrucken

Das Drucken von Organen ist noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Der nächste Schritt wäre die Verwendung von Lebendmaterial zur Nachbildung und Ersetzung von Organen oder Blutgefäßen. So könnten beispielsweise Haut und Knorpel gedruckt und in einen lebenden Organismus transplantiert werden.

Fahrräder

Die additive Fertigung ermöglicht die Herstellung von komplexen einteiligen Objekten. Für die Produktion von Metallfahrradrahmen bietet sich insbesondere das selektive Laserschmelzen an. Karbonfasern können ebenfalls verarbeitet werden: sie werden als Spulen (Towpreg) zugeführt und von einem Roboterarm aufgetragen. Ein weiterer Vorteil von AM-Verfahren liegt darin, dass sich Designverbesserungen bis zum konkreten Produktionsschritt umsetzen lassen. Durch die Topologieoptimierung wird nur dort Material aufgetragen, wo es benötigt wird, sodass der Rahmen an die individuelle Körperform angepasst und mit weiteren Sondermerkmalen ausgestattet werden kann.

Durch den umfangreichen Einsatz von CAD-Algorithmen wird gewährleistet, dass der Rahmen möglichst effizient und leicht ist und gleichzeitig die erforderliche strukturelle Stabilität aufweist. Vor Kurzem haben die Firmen Carbon und Specialized gemeinsam einen leichten, atmungsaktiven 3D-gedruckten Fahrradsattel mit einer hohlen Gitterstruktur (aus EPU 41) hergestellt, der besonders gut federt. Hier ermöglichte AM-Technologie die Produktion eines Designs, das anderweitig nicht zu realisieren gewesen wäre. Darüber hinaus wurde für die Konzeption und Entwicklung nur halb so viel Zeit benötigt wie üblich, obwohl über 70 Versionen getestet wurden.

Luft- und Raumfahrt

In der Luftfahrtindustrie dreht sich alles darum, Leichtbauteile zu fertigen, die höchsten Sicherheitsansprüchen genügen. Dank der Weiterentwicklung additiver Fertigungstechnologien können immer mehr Flugzeugteile diesen Anforderungen gerecht werden. So werden bereits Teile von Strahltriebwerken additiv hergestellt, aber auch zahlreiche weitere Flugzeugkomponenten wie Boroskopaugen (Zugangsöffnungen für die Triebwerksinspektion), Türschlosselemente, Kraftstoffdüsen, Turbinenschaufeln, doppelwandige Rohre und einteilige Profilnasen mit integrierten Verbindungsmodulen, um nur einige zu nennen.

Turbinenschaufeln stellen aufgrund ihrer komplexen Geometrie ein sehr vielversprechendes Einsatzfeld für AM-Verfahren dar. Ein aktuelles Beispiel sind aus Nickel-Superlegierungspulver hergestellte Triebwerke. Additiv gefertigte Schaufeln mit verbesserter Innenkühlung sind ebenfalls als Erfolg zu verbuchen. Darüber hinaus bietet die additive Fertigung das Potenzial, die Vorlaufzeit für solche Produkte auf einige Monate zu verringern.

Bauwesen

Im Bauwesen lassen sich dank additiver Fertigung komplexe Formen umsetzen, die bisher in der Branche kaum verfügbar waren. Denkbar ist auch der Einsatz nach Naturkatastrophen: Wenn Orkane oder Erdbeben Tausende Menschen obdachlos gemacht und die Infrastruktur zerstört haben, lassen sich mit 3D-Druckern Brücken, Autobahnen und Wohnhäuser schnell wieder aufbauen.

Aufgrund niedriger Kosten und kurzer Bauzeiten werden 3D-gedruckte Häuser außerdem als praktische Option für den sozialen Wohnungsbau erwogen. Ein einstöckiges Haus mit einer Grundfläche von 60 m2 kann in nur 12 bis 24 Stunden errichtet werden, und das auch noch billiger als mit herkömmlichen Verfahren. Da es sich um ein automatisiertes Verfahren handelt, sind auch Bauarbeiten in unwirtlichen Umgebungen (oder sogar auf der Oberfläche anderer Planeten) vorstellbar, ohne dass dabei Menschen gefährdet werden.

Das 3D-Drucken von Gebäuden ist eine großformatige Anwendung der AM-Technologie und kann direkt vor Ort oder in einer Fabrik durchgeführt werden. Dafür werden neue großtechnische 3D-Drucksysteme entwickelt, wie mobile und stationäre 3D-Druckköpfe und 3D-Druckeinheiten. Ein Forschungsschwerpunkt in diesem Bereich sind sogenannte ultrahochfeste Betone. An solchen interdisziplinären Projekten wirken Fachleute aus so vielfältigen Bereichen wie Bauwesen, Architektur, Chemie, Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik mit.