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Was ist patentierbar?

Letzte Aktualisierung: Mai 2024

Chemist with blue gloves, holding up petri dish with red colour and materials. Test tubes in the background of laboratory

Neue Erfindungen auf allen Gebieten der Technik, und damit auch auf dem Gebiet der Biotechnologie, sind patentierbar. Es gelten dieselben Regeln und Voraussetzungen wie für jedes andere Gebiet der Technik. Allerdings gibt es einige zusätzliche Regeln, die sich darauf beziehen, wie eine biotechnologische Erfindung definiert ist und was aus ethischen und moralischen Gründen von der Patentierbarkeit ausgenommen ist.

Was ist patentierbar und was gehört nicht zum Bereich der Biotechnologie?

Grundsätzlich sind biotechnologische Erfindungen genau wie alle anderen Erfindungen im Einklang mit dem Gesetz patentierbar, und es werden dieselben allgemeinen Patentprüfungsregeln und -verfahren angewandt wie für Erfindungen in anderen technischen Gebieten.

Nach den allgemeinen Voraussetzungen für die Patentierbarkeit muss eine Erfindung im Vergleich zu allem, was bereits existiert und bekannt ist, insbesondere neu und erfinderisch sein, damit sie patentiert werden kann. Außerdem muss der Anmelder seine Erfindung in der Patentanmeldung so deutlich und vollständig beschreiben, dass ein Fachmann (z. B. ein Wettbewerber) sie verstehen und ausführen kann. 

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Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation haben sich zusätzlich auf eine Reihe von Sonderregeln geeinigt, die festlegen, was auf dem Gebiet der Biotechnologie patentierbar ist und was nicht. Diese Regeln stehen im Einklang mit der Biopatentrichtlinie der EU und betreffen u. a. "lebende Materie", insbesondere Erfindungen im Zusammenhang mit Pflanzen und Tieren. Das Gesetz gibt auch Orientierung zu Erfindungen, die aus ethischen Gründen nicht patentiert werden können.

Patentierbarkeit von Pflanzen: Regeln und Praxis
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Pflanzen, die durch Züchtungsverfahren erzeugt werden, die klassische Züchtungsschritte wie Kreuzung und Selektion beinhalten, sind nicht patentierbar. Das EPA erteilt weder auf solche Pflanzen noch auf die dabei eingesetzten Verfahren Patente. Diese Züchtungsmethode wird häufig mit Worten wie "biologisch", "traditionell", "standardmäßig" oder "konventionell" beschrieben, um sie beispielsweise von gentechnischen Methoden abzugrenzen. Dieser Ausschluss von der Patentierbarkeit betrifft auch Teile von biologisch erzeugten Pflanzen wie Saat- oder Pflanzgut und anderes Vermehrungsmaterial. Auch Patente auf Pflanzensorten sind gesetzlich nicht zulässig. Eine Pflanzensorte kann definiert werden als eine pflanzliche Gesamtheit der untersten botanischen taxonomischen Rangstufe oder, einfacher ausgedrückt, als eine Gruppe von Pflanzen einer bestimmten Art, die einen Satz erblicher Merkmale gemeinsam haben. Der Begriff "Pflanzensorte" ist in Regel 26 (4) EPÜ definiert. Bekannte Beispiele für Pflanzensorten sind z. B. die Apfelsorten "Granny Smith" und "Cripps Pink". 


Dagegen lassen sowohl das EPÜ als auch die EU-Biopatentrichtlinie ausdrücklich Patente auf Pflanzen zu, die nicht durch biologische, sondern durch technische Verfahren gewonnen werden. Darunter fallen auch Pflanzen, die gentechnisch verändert wurden oder bei denen eine genetische Veränderung (Mutation) mit technischen Mitteln erzeugt wurde, beispielsweise eine neue Eigenschaft der Pflanze wie Resistenz gegen Schädlinge oder Dürre oder eine Ertragssteigerung. Im Rahmen seiner Prüfungspraxis stellt das EPA sicher, dass europäische Patente, die für solche gentechnisch veränderten Pflanzen erteilt werden, keine Pflanzen erfassen, die durch biologische Verfahren erzeugt wurden und dieselbe Eigenschaft haben. 

Damit eine Pflanze patentierbar ist, reicht es natürlich nicht aus, dass sie durch ein technisches Verfahren erzeugt wurde. Die betreffende Erfindung muss auch alle weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für die Patentierbarkeit erfüllen, z. B. neu und erfinderisch sein. Damit gewährleistet ist, dass das EPA den relevanten Stand der Technik bei der Prüfung umfassend berücksichtigt, tauscht es Daten mit dem Gemeinschaftlichen Sortenamt (CPVO) aus. So können die Patentprüfer feststellen, ob Pflanzen mit einem bestimmten Merkmal in der Datenbank des CPVO für geschützte Pflanzensorten aufgeführt sind. 

Die meisten der europäischen Patentanmeldungen und erteilten europäischen Patente für Pflanzen betreffen gentechnisch veränderte, transgene Pflanzen. Seit 1995 wurden in Europa rund 9 100 solcher Patente angemeldet und etwa 3 300 erteilt. 

Nach dem für das Einheitspatent geltenden Recht dürfen Züchter durch europäische Patente geschützte Pflanzen und Saatgut (d. h. Pflanzen/Saatgut, die durch technische Verfahren verändert wurden) ohne Lizenz für die Weiterzucht verwenden. Dieses "Züchterprivileg" sichert den Zugang zu Zuchtmaterial und sorgt für kontinuierliche Innovation im Bereich der Pflanzenzucht. 

Das Verbot der Patentierbarkeit von Pflanzen, die durch im Wesentlichen biologische Verfahren gewonnen werden, haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation am 1. Juli 2017 eingeführt. Seitdem wird es auf alle neu eingereichten europäischen Patentanmeldungen angewandt. Vor diesem Zeitpunkt galten solche Pflanzen als patentierbar, und eine Reihe von Fällen, für die noch das frühere Recht gilt, sind noch immer beim EPA anhängig. Weitere Informationen hierzu und Antworten auf weitere häufig gestellte Fragen zur Patentierbarkeit von Pflanzen finden Sie hier. Die genauen Vorschriften für die Patentprüfer des EPA im Bereich der pflanzenbezogenen Erfindungen finden sich in G-II, 5.4 der Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt

Patentierbarkeit genetisch veränderter Tiere

Die Patentanmeldungen beim EPA betreffen auch gentechnisch veränderte Tiere, die in der Landwirtschaft oder in der medizinischen Forschung eingesetzt werden, die Bekämpfung von Krankheiten ermöglichen oder zum Erhalt der Artenvielfalt bei Tieren beitragen. 

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Wie bei den Pflanzen sind auch Tiere, die ausschließlich aus Kreuzung und Selektion umfassenden Züchtungsverfahren hervorgehen, beispielsweise Nutztiere, nicht patentierbar. Dasselbe gilt für Tierrassen wie Holsteinkühe oder Labradorhunde. 

Erfindungen in der Biotechnologie tragen zum Tierwohl bei, indem sie Gene korrigieren, die für Erbkrankheiten verantwortlich sind, oder indem sie Tieren das Überleben unter sich verändernden Umweltbedingungen sichern. Die Veränderung von Tieren kann auch bei der Bekämpfung von Krankheiten helfen, die beispielsweise durch Insekten übertragen werden. Viele der beim EPA eingehenden Patentanmeldungen betreffen jedoch gentechnisch veränderte Tiere zur Verwendung in der medizinischen Forschung. Diese Tiere – Mäuse, Ratten, aber auch andere Arten – werden in der Regel so verändert, dass sie beispielsweise eine bestimmte Krankheit entwickeln, so dass die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen an ihnen getestet werden kann. Bei dieser Forschung geht es häufig um lebensbedrohende Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Krebs. In der EU und in den Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation gelten strenge Vorschriften hinsichtlich der Bedingungen für die Verwendung von Tieren in der wissenschaftlichen Forschung. 

Nach dem EPÜ und im Einklang mit der Biopatentrichtlinie der EU können solche genetisch veränderten Tiere nur dann patentiert werden, wenn das Leiden der Tiere durch den erwarteten medizinischen Nutzen und den Wert der Erfindung für die Menschheit aufgewogen wird. Alle relevanten Faktoren werden sorgfältig gegeneinander abgewogen, einschließlich gesellschaftlicher Einstellungen zu Tierversuchen und möglicher Risiken für die Umwelt. 

Ethische und moralische Überlegungen bei der Patentprüfung
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Bei der Prüfung europäischer Patentanmeldungen und der Erteilung von Patenten bezieht das EPA auch ethische Überlegungen ein. Erfindungen, deren Verwertung gegen die in der europäischen Gesellschaft allgemein anerkannten Standards und Normen von Recht und Unrecht verstößt, sind nicht patentierbar. Die 39 Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation haben in Übereinstimmung mit der EU-Biopatentrichtlinie gesetzlich festgelegt, welche biotechnischen Erfindungen nicht patentierbar sind. Dabei handelt es sich insbesondere um Erfindungen, die die menschliche Würde und Integrität gefährden, wie zum Beispiel das Klonen von Menschen, die kommerzielle Nutzung menschlicher Embryonen und Verfahren zur Herstellung von Chimären aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Menschen und Tieren. Das EPA hat auch die Entwicklung alternativer Technologien im Blick, die den gleichen Nutzen für die Menschheit bringen und bei denen die Würde und Integrität des Menschen gewahrt werden. So erteilt das EPA im Einklang mit den europäischen Vorschriften beispielsweise Patente auf die Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen, die aus Parthenoten gewonnen werden, sowie auf deren Verwendung in der Zelltherapie.

 

Traditionelles Wissen respektieren

Bei der Recherche, ob die in einer Patentanmeldung beanspruchte Erfindung neu ist oder nicht, verwendet das EPA leistungsstarke Tools und sehr umfangreiche Datenbanken.

Um die unzulässige Privatisierung von bereits öffentlich zugänglichem traditionellem Wissen zu verhindern, hat das EPA Verbesserungen bei der Klassifikation von Informationen in diesem Bereich vorangetrieben und recherchiert auch in spezialisierten Datenbanken, die Informationen über traditionelle Medizin zur Verfügung stellen, insbesondere Datenbanken, in denen traditionelles chinesisches und koreanisches Wissen gespeichert ist. 

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