T 0900/17 20-04-2021
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Montageeinheit für ein elektrisches Leistungsteil in einem Flurförderzeug
SEMIKRON Elektronik GmbH & Co. KG
Linde Material Handling GmbH
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Änderung des Beschwerdevorbringens
I. Die Einsprüche gegen das europäische Patent Nr. 2 460 760 wurden mit der am 15. Februar 2017 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung zurückgewiesen. Dagegen wurde von den Einsprechenden 1 und 2 form- und fristgerecht gemäß Artikel 108 EPÜ Beschwerde eingelegt.
II. Es fand am 20. April 2021 eine mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerinnen I und II (Einsprechenden 1 und 2 ) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung (Hauptantrag), oder hilfsweise in geänderter Fassung im Umfang eines der Hilfsanträge 1 bis 3 eingereicht mit Schreiben vom 4. März 2020.
III. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Montageeinheit für das elektrische Leistungsteil in einem batteriebetriebenen Flurförderzeug, mit einer an einem Haltebauteil des Flurförderzeugs anbringbaren Montageplatte (10), einer die Leistungselektronik tragenden Halbleiterplatte (24) und einem die Halbleiterplatte (24) abdeckenden Gehäusedeckel (22), dadurch gekennzeichnet, dass die Halbeiterplatte (24) unter Einsparung eines Grundkörpers unmittelbar oder über eine Wärmeleitfolie (41) an der Montageplatte (10, 43) angebracht ist."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 hat folgenden Wortlaut:
"Montageeinheit für das elektrische Leistungsteil in einem batteriebetriebenen Flurförderzeug, mit einer an einem Haltebauteil des Flurförderzeugs anbringbaren Montageplatte (10), einer die Leistungselektronik tragenden Halbleiterplatte (24) und einem die Halbleiterplatte (24) abdeckenden Gehäusedeckel (22), dadurch gekennzeichnet, dass die Halbeiterplatte (24) unter Einsparung eines Grundkörpers unmittelbar oder über eine Wärmeleitfolie (41) an der Montageplatte (10, 43) angebracht ist, wobei der Gehäusedeckel (22) mit der Montageplatte (10) derart verbindbar ist, dass der Gehäusedeckel (22) die Halbleiterplatte (24) gegen die Montageplatte (10) presst."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 hat folgenden Wortlaut:
"Montageeinheit für das elektrische Leistungsteil in einem batteriebetriebenen Flurförderzeug, mit einer an einem Haltebauteil des Flurförderzeugs anbringbaren Montageplatte (10), einer die Leistungselektronik tragenden Halbleiterplatte (24) und einem die Halbleiterplatte (24) abdeckenden Gehäusedeckel (22), dadurch gekennzeichnet, dass die Halbeiterplatte (24) unter Einsparung eines Grundkörpers unmittelbar oder über eine Wärmeleitfolie (41) an der Montageplatte (10, 43) angebracht ist, wobei der aus Kunststoff bestehende Gehäusedeckel (22) über eine umlaufende Dichtung (36) unmittelbar an der Montageplatte (10) anliegt und mit der Montageplatte (10) derart verbindbar ist, dass der Gehäusedeckel (22) die Halbleiterplatte (24) gegen die Montageplatte (10) presst."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass der Wortlaut "an der Montageplatte (10, 43) angebracht ist" durch den Wortlaut "an der Montageplatte (10, 43) angebracht ist, wobei der aus Kunststoff bestehende Gehäusedeckel (22) über eine umlaufende Dichtung (36) unmittelbar an der Montageplatte (10) anliegt und mit der Montageplatte (10) derart verbindbar ist, dass der Gehäusedeckel (22) die Halbleiterplatte (24) gegen die Montageplatte (10) presst, an der ein Notausschalter und eine Schutzeinheit (30) befestigt sind, wobei zu der Schutzeinheit (30) Gleichstrom von einer Batterie des Flurförderzeugs über Kabel (26, 28) geführt ist" ersetzt wird.
IV. Die Einsprechenden führten aus, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags für den von E15 (JP H05 32 139 A; in Verbindung mit E15a (Patent Abstracts of Japan) und E15b (machine-generated translation)) ausgehenden Fachmann im Hinblick auf E16 (DE 196 30 173 A1), E17 (DE 10 2006 006 425 A1) oder E18 (EP 1 411 549 A1) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Insbesondere offenbare E15 eine Montageplatte 5 für ein elektrisches Leistungsteil in einem batteriebetriebenen Flurförderzeug, wobei eine Steuereinheit 7 auf einem Grundkörper 8 angebracht sei, welcher unmittelbar an der Montageplatte 5 angeordnet sei. Die aus Steuereinheit 7 und Grundkörper 8 bestehende Einheit enthalte notwendigerweise eine die Leistungselektronik tragende Halbleiterplatte, die Struktur dieser Einheit sei aber in E15 nicht näher spezifiziert. Der Fachmann stehe folglich vor der Aufgabe, eine solche Einheit auszusuchen, umfassend eine die Leistungselektronik tragende Halbleiterplatte, die eine möglichst einfache Struktur habe und eine einfache Montage ermögliche. Aus dem Dokument E16 (bzw. aus E17 oder E18) biete sich dem Fachmann in naheliegender Weise die Lösung dieser Aufgabe an, da E16 eine besonders einfache Konstruktion mit einer unmittelbar auf der Montageplatte angeordneten Halbleiterplatte 1 offenbare (E16, Figur 1, Zusammenfassung). Damit werde die Verwendung einer Grundplatte vermieden und gelange der Fachmann unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die Hilfsanträge 1 bis 3 seien nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen, weil sie nicht mit der Beschwerdeerwiderung, erst nach der Mitteilung der Beschwerdekammer und damit verspätet eingereicht seien. Zudem genügten diese Hilfsanträge auch prima facie nicht den Anforderungen des EPÜ.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 beruhe im Hinblick auf E15 und E16 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Tatsächlich könnten die hinzugefügten Merkmale keine erfinderische Tätigkeit begründen, insofern als es dem Fachmann allgemein bekannt sei z.B. zum Zweck der elektrischen Isolierung einen aus Kunststoff bestehenden Gehäusedeckel zu verwenden. Weiter sei gemäß E16 eine am Gehäuse umlaufend angebrachte Dichtung offenbart, sowie ein Gehäuse welches mit Druckkraft die Halbleiterplatte gegen die Montageplatte presse.
V. Die Patentinhaberin legte dar, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags im Hinblick auf E15 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Fachmann werde durch die Kombination von E15 und E16 nicht in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand gelangen, weil die Konfiguration und die Struktur der Montageeinheit gemäß E15 nicht den Darlegungen der Einsprechenden entspreche. Tatsächlich stelle das Bauteil 5 (in E15a, E15b als "sub-weight" bezeichnet) keine Montageplatte sondern den Grundkörper dar (E15, Figuren 1 bis 3), während das Bauteil 8 nicht den Grundkörper sondern die Halbleiterplatte darstelle. Folglich sei das Bauteil 2, welches auf dem Rahmen 1 (des Flurfördererzeugs) angebracht sei (in E15a, E15b als "frame back plate" bezeichnet), als Montageplatte anzusehen. Daraus ergebe sich, dass die Kombination von E15 und E16 nicht zum beanspruchten Gegenstand führe, weil die Halbleiterplatte 8 gemäß E15 zur Halbleiterplatte 1 gemäß E16 äquivalent sei, und der Fachmann von E15 ausgehend auch im Hinblick auf E16 keinen Grund habe, den Grundkörper 5 wegzulassen. Der Grundkörper 5 sei nämlich gemäß E15 gerade dafür konzipiert und vorgesehen, um eine einfache Montage der Steuereinheit 7 an der Montageplatte 2 zu ermöglichen. Zusätzlich sei es für den Fachmann auch deswegen nicht naheliegend den Grundkörper wegzulassen, weil dies nicht unbedingt von Vorteil sei, insofern als sich dadurch nämlich das thermische Gleichgewicht des thermischen (geschlossenen) Systems (mit Grundkörper) wesentlich verändere. Schließlich stelle auch den in E16 offenbarten Kühlkörper keine Montageplatte dar.
Die Hilfsanträge 1 bis 3 seien zulässig, da sie als Reaktion auf die Mitteilung der Beschwerdekammer eingereicht seien und die (zumindest in den Hilfsanträgen 1 und 2) vorgenommenen Änderungen auf erteilte Ansprüche basierten, wobei im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 zusätzlich lediglich eine Präzisierung hinsichtlich der Definition der Montageplatte stattgefunden habe.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil die hinzugefügten Merkmale einen weiteren erfinderischen Beitrag leisteten. Tatsächlich unterscheide sich der nun beanspruchte Gegenstand von der Montageeinheit gemäß E15 zusätzlich durch die Merkmale (i) (d.h."aus Kunststoff bestehende Gehäusedeckel (22)"), (ii) ("Gehäusedeckel über eine umlaufende Dichtung (36) unmittelbar an der Montageplatte (10) anliegt") und (iii) ("Gehäusedeckel ... mit der Montageplatte (10) derart verbindbar ist, dass der Gehäusedeckel (22) die Halbleiterplatte (24) gegen die Montageplatte (10) presst"). Der Fachmann habe ausgehend von E15 keine Motivation den in E15 offenbarten Gehäusedeckel aus Metall mit einem Plastikdeckel zu ersetzen und auch keinen Grund am Gehäusedeckel eine umlaufende Dichtung anzubringen, da die Steuereinheit 7 mit dem Gehäusedeckel 9,12 bereits in dem Bauteil 3 (in E15a, E15b als "balance weight" oder Ausgleichsgewicht bezeichnet) untergebracht und geschützt sei. Wenn überhaupt, habe der Fachmann lediglich eine Motivation eine Dichtung am äußeren, auf den Rahmen 1 liegenden Randbereich des Ausgleichsgewichts 3 anzubringen. Schließlich sei für den Fachmann auch das Merkmal (iii) nicht naheliegend, da in der Vorrichtung gemäß E15 der Deckel 9, 12 keinen Druck auf die Halbleiterplatte ausübe und dies auch nicht nötig und sinnvoll sei, da der Deckel aus Metall sei und die Steuereinheit 7 durch das Ausgleichsgewicht 3 schon abgeschirmt und geschützt sei.
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist für den von E15 ausgehenden Fachmann im Hinblick auf E16 naheliegend (Artikel 56 EPÜ).
In Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beschwerdeführerinnen ist das Bauteil 5 ("sub-weight") als Montageplatte anzusehen, und nicht das Bauteil 2 ("frame back plate") (entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin). Dies aus mehreren Gründen.
Zunächst ist festzustellen, dass das Bauteil 2 gemäß E15 eindeutig ein Teil des Rahmens 1 des Flurförderzeugs darstellt, wie aus den Figuren 1 und 2 hervorgeht, wobei speziell die Figur 3 eine aus den Bauteilen 1 und 2 bestehende Einheit zeigt, die klar und unmissverständlich von der aus den Bauteilen 5,7,8,9 und 12 bestehenden Einheit getrennt und separat dargestellt wird. Zudem zeigt auch die Figur 2 eine Explosionsansicht der aus den Bauteilen 5,7,8,9 und 12 bestehenden Einheit, wobei diese Darstellung die aus den Bauteilen 1 und 2 bestehenden Einheit nicht enthält. Die Bezeichnung "body frame 1" und "frame back plate 2" in E15a, E15b deuten auch eindeutig darauf hin, dass das Bauteil 2 ein Teil des Rahmens des Flurförderzeugs ist. Daraus ergibt sich insgesamt, dass das Bauteil 2 keine Montageplatte entsprechend dem Wortlaut des Anspruchs 1 sein kann, welcher die Montageplatte eindeutig als Teil der Montageeinheit definiert.
Folglich ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beschwerdeführerinnen das Bauteil 5 als Montageplatte und das darauf montierte Bauteil 8 sinnvollerweise als Grundkörper anzusehen, insbesondere weil es in E15a, E15b als Grundplatte ("base plate 8") definiert ist und mit der Steuereinheit 7 verbunden ist. Die Steuereinheit 7 enthält eine in E15 nicht gezeigte Leistungselektronik (Leistungshalbleiterelemente), die notwendig auf einer tragenden Platte oder Halbleiterplatte angeordnet ist.
Ausgehend von E15 stellt sich nun dem Fachmann die Aufgabe, für die aus Grundkörper 8 und Steuereinheit 7 bestehende Einheit eine solche Konfiguration auszusuchen, die eine möglichst einfache Struktur hat und eine einfache Montage ermöglicht. Hierfür würde sich dem Fachmann unmittelbar z.B. das Dokument E16 anbieten, welches das Anbringen der Halbleiterplatte 1 (E16, Figuren 1,2) unmittelbar auf dem Kühlkörper offenbart (E6, Spalte 3, Zeilen 46-53; Spalte 4, Zeilen 63-68). Bei der Übertragung dieser Lehre auf die Vorrichtung gemäß E15 würde der Fachmann an Stelle des Grundkörpers 8 die Halbleiterplatte vorsehen und diese direkt mit der Montageplatte 5 verbinden, die notwendig auch als Kühlkörper geeignet ist, wie sich aus der in E15 gezeigten Konfiguration ergibt. Dadurch ergibt sich sogar eine bessere Wärmeabfuhr, weil durch das Wegfallen des Grundkörpers auch den durch den Grundkörper erzeugten Wärmeleitungswiderstand entfällt.
Schließlich wird festgestellt, dass die Argumente der Beschwerdegegnerin betreffend die beanspruchte Montageplatte, die keinen Kühlkörper umfassen könne, da eine Montageplatte in der Streitpatentschrift anders definiert sei, nicht nachvollziehbar sind. In der Tat offenbart das Streitpatent selbst, dass die Montageplatte auch eine Wärmeabfuhr - und Kühlfunktion haben kann (siehe z.B. Absatz [0008]) und eine Definition einer Montageplatte findet sich weder im Streitpatent noch im Anspruch 1. Insbesondere schließt der Wortlaut des Anspruchs 1 in keiner Weise aus, dass die Montageplatte auch einen Kühlkörper umfassen kann.
Im Ergebnis ergibt sich somit der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise aus E15 und E16.
3. Der Hilfsantrag 1 wurde von der Beschwerdekammer im Hinblick auf Artikel 13 (1) VOBK 2020 (Verfahrensordnung der Beschwerdekammern) nicht zum Beschwerdeverfahren zugelassen, während der Hilfsantrag 2 zum Beschwerdeverfahren zugelassen wurde. Es erübrigt sich im Einzelnen die Gründe hierfür darzulegen, weil der Gegenstand des Anspruchs 1 dieser Hilfsanträge jedenfalls nicht den Anforderungen der erfinderischen Tätigkeit genügt (siehe die nachfolgenden Ausführungen).
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 ist für den von E15 ausgehenden Fachmann im Hinblick auf E16 naheliegend (Artikel 56 EPÜ).
Zunächst ist festzustellen, dass es für den Fachmann naheliegend ist, entsprechend seinen allgemeinen Kenntnissen ein Kunststoffgehäuse gemäß Merkmal (i) zu verwenden, um eine sicherere elektrische Isolierung der Leistungselektronik nach außen hin zu erreichen. Der Fachmann würde auch in naheliegender Weise die Konstruktion der Montageeinheit weiter vereinfachen und den Hinweisen in Dokument E16 weiter folgen, welches zeigt, dass die (die Leistungshalbleiterelemente tragende) Halbleiterplatte 1, über die Halbleiterplatte und den Gehäusedeckel 20 durchdringende Befestigungsmittel 40, direkt auf der Montageplatte (Kühlkörper) montiert ist, womit die Halbleiterplatte und der Gehäusedeckel mit denselben Befestigungsmittel 40 gemeinsam am Kühlkörper befestigt sind (E6, Anspruch 1, Spalte 4, Zeilen 63-68). Diesem einfachen Gedanken folgend würde der Fachmann in der Vorrichtung gemäß E15 für das nunmehr als Halbleiterplatte 8 anzusehende Bauteil 8 (siehe obige Ausführungen zum Hauptantrag) und für den Gehäusedeckel 9 an Stelle der separaten Befestigungsmittel 10, 11 (E15, Figuren 1 bis 3) dieselben identischen Befestigungsmittel vorsehen, um die Halbleiterplatte und den Gehäusedeckel mit der Montageplatte 5 zu verbinden. Dies würde der Fachmann, nach entsprechender Anpassung der Geometrie oder Form der Halbleiterplatte und des Gehäusedeckels, z.B. durch die (teilweise) Überlagerung der jeweiligen äußeren Randbereiche (oder Flansche) der Halbleiterplatte und des Deckels erreichen. Damit würde zwingend auch der Gehäusedeckel (22) die Halbleiterplatte (24) gegen die Montageplatte (10) pressen (siehe Merkmal (iii)).
Schließlich würde der Fachmann in naheliegender Weise auch für eine geeignete Abdichtung der Halbleiterplatte und der Leistungshalbleiterelemente nach außen hin sorgen, um einen sicheren und von äußeren Störfaktoren (z.B. Wasser oder Unreinheiten) freien Betrieb zu gewährleisten. Eine am Gehäusedeckel (22) angebrachte umlaufende Dichtung ist auch in E16 offenbart (E16, Spalte 4, Zeilen 10-14) und der Fachmann würde in naheliegender Weise eine analoge Dichtung in der Vorrichtung gemäß E15 zwischen (z.B. einem äußeren Randbereich vom) Gehäusedeckel und der Montageplatte anordnen, um damit das gesamte innere Volumen der Montageeinheit gegenüber der Umgebung abzudichten (siehe Merkmal (ii)).
Folglich wird der beanspruchte Gegenstand für den von E15 ausgehenden Fachmann durch E16 nahegelegt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 erfüllt damit ebenfalls nicht die Anforderungen der erfinderischen Tätigkeit, weil es sich vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 nur darin unterscheidet, dass es das Merkmal (ii) nicht enthält.
5. Der Hilfsantrag 3 wurde nicht mit der Beschwerdeerwiderung der Beschwerdegegnerin eingereicht, sondern erst nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung und nach der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020. Damit stellt dieser Antrag eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne von Artikel 13 (1) VOBK 2020 dar und deren Zulassung steht im Ermessen der Beschwerdekammer.
Für das verspätete Vorbringen wurden keine triftigen Gründe genannt, da eine Reaktion auf die Mitteilung der Beschwerdekammer im speziell vorliegenden Fall keinen solchen Grund darstellen kann. Tatsächlich enthielt die Mitteilung der Beschwerdekammer nur eine Feststellung der in der mündlichen Verhandlung zu diskutierenden Einwände der Beschwerdeführerinnen, welche bereits mit den Beschwerdebegründen vorgetragen wurden. Zusätzlich wurde auch bemerkt, dass nach vorläufiger Auffassung der Beschwerdekammer das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen überzeugender zu sein schien als dasjenige der Beschwerdegegnerin. Folglich enthielt die Mitteilung keine neuen und überraschenden Fakten oder Argumente.
Die Beschwerdekammer hat im Rahmen ihres Ermessens entschieden, den verspäteten Hilfsantrag 3 nicht zuzulassen, da die vorgenommenen Änderungen prima facie im Hinblick auf die von den Beschwerdeführerinnen vorgebrachten Einwände nach Artikel 123(3) EPU und Artikel 84 EPU nicht zulässig sind (siehe z.B. Eingabe vom 18. März 2020). Insbesondere wirft der Hilfsantrag 3 Fragen der ursprünglichen Offenbarung und der Klarheit auf, die sich erstmals im Beschwerdeverfahren stellen. So ist prima facie nicht ersichtlich, wo das dem Hilfsantrag 3 hinzugefügte Merkmal ("... Montageplatte, an der ein Notausschalter und eine Schutzeinheit befestigt sind, wobei zu der Schutzeinheit Gleichstrom von einer Batterie des Förderfahrzeugs über Kabel geführt ist") in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart ist. Die Patentinhaberin hat dazu auch nichts ausgeführt. Des weiteren stellen sich Fragen zur Klarheit, da Figur 2 des Streitpatents eine deutliche Beabstandung der Schutzeinheit von der Montageplatte zeigt, der Anspruch aber eine Befestigung der Schutzeinheit an der Montageplatte definiert.
Insgesamt war folglich auch nicht ersichtlich, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 in der Lage war, die Einwände der Beschwerdeführerinnen auszuräumen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent wird widerrufen.