T 2262/17 18-03-2021
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Finisheranordnung und geschlepptes Pistenbearbeitungsgerät mit einer solchen Finisheranordnung
Spät eingereichte Tatsachen - zugelassen (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Das europäische Patent Nr. 2 314 773 (im Folgenden: Patent) betrifft eine Finisheranordnung für ein geschlepptes Pistenbearbeitungsgerät, insbesondere Schneepistenbearbeitungsgerät. Gegen das Patent wurde Einspruch eingelegt und Widerruf im gesamten Umfang beantragt. Als Einspruchsgrund wurde mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend gemacht (Artikel 100 a) EPÜ).
II. Am Ende der mündlichen Verhandlung entschied die Einspruchsabteilung, den Einspruch zurückzuweisen.
III. Die Einsprechende (im Folgenden: Beschwerdeführerin) hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt.
IV. In der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) vom 28. Mai 2020 hat die Kammer den Verfahrensbeteiligten ihre vorläufige Einschätzung der Beschwerde mitgeteilt. Insbesondere hat die Kammer ihre vorläufige Meinung kundgetan, dass ausgehend von D2 oder D4 als nächstliegendem Stand der Technik die Unterscheidungsmerkmale f) bis h) von Anspruch 1 keine technischen Merkmale sind, d. h. keine Merkmale, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Merkmalen zur Erzielung einer objektiv glaubwürdigen technischen Wirkung beitragen und als solche keine erfinderische Tätigkeit rechtfertigen können.
V. Mit Schreiben vom 13. Januar 2021 reichte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) erstmals einen Hilfsantrag ein.
VI. Die mündliche Verhandlung fand am 18. März 2021 ohne Einwände seitens der Verfahrensbeteiligten in Form einer Videokonferenz statt.
VII. Antragslage am Ende der Verhandlung:
a) Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
b) Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent in geänderter Fassung gemäß dem mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021 eingereichten Hilfsantrag aufrechtzuerhalten.
VIII. Anspruchssatz gemäß Hauptantrag
Der unabhängige Sachanspruch in der erteilten Fassung lautet folgendermaßen (die Nummerierung der Merkmale wurde in Anlehnung an die von der Beschwerdeführerin verwendete Merkmalsanalyse hinzugefügt):
a) Finisheranordnung für ein geschlepptes Pistenbearbeitungsgerät, insbesondere Schneepistenbearbeitungsgerät,
b) die zumindest abschnittsweise aus elastisch nachgiebigem Material besteht und
c) die auf ihrer einer Pistenoberfläche (S) zugewandten Unterseite mit Profilierungen (4, 5) versehen ist,
d) die bei einem Schleppbetrieb eine Profilzeichnung in die Pistenoberfläche einbringen,
e) wobei die Profilierungen (4, 5) über eine Breite der Finisheranordnung quer zur Schlepprichtung verteilt sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
f) die über die Breite der Finisheranordnung quer zur Schlepprichtung verteilten Profilierungen (4, 5) unterschiedlich gestaltete Profilierungsabschnitte aufweisen,
g) wobei wenigstens ein erster Profilierungsabschnitt (5) vorgesehen ist, der gegenüber den zweiten Profilierungsabschnitten (4) mit einer größeren Breite und
h) einer geringeren Tiefe versehen ist.
2. Beweismittel
2.1 In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin Bezug auf folgende bereits in der angefochtenen Entscheidung genannte Dokumente genommen:
D1.1: Prospekt "BR-400+" der Fa. Bombardier Inc.;
D1.2: Prospekt "Plus" der Fa. Bombardier Inc.;
D1.3: Prospekt "BR2000/275" der Fa. Bombardier Inc.;
D1.4: Prospekt "BR350" der Fa. Camoplast Industrial Inc.;
D1.5: Technische Zeichnung eines Finishers der Fa. Prinoth;
D1.6: Schriftliche Erklärung von Herrn Pelletier;
D2: US 2003/0051376 A1;
D3: US 4,726,129;
D4: US D459,733 S.
2.2 Die Beschwerdeführerin hat Auszüge des folgenden Fachbuchs zum ersten Mal mit der Beschwerdebegründung eingereicht:
D5: Fauve, M. et al, "Pistenpräparation und
Pistenpflege - Das Handbuch für den Praktiker",
WSL-Institut für Schnee- und Lawineforschung SLF,
2002, Deckblatt und Impressum (D5.1), Seite 66
(D5.2) und Seiten 32 bis 36 (D5.3)
IX. Das für diese Entscheidung relevante schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Beweismittel D5.1 bis D5.3 - Nichtzulassung in das Beschwerdeverfahren
Zusätzlich zu den im Einspruchsverfahren eingereichten Beweismitteln seien D5.1 bis D5.3 zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens des Fachmanns eingereicht worden.
b) Erfinderische Tätigkeit - D2 + Fachwissen
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik.
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern sei die erfinderische Tätigkeit zu dem für das Patent maßgebenden Stichtag anhand der im Patent enthaltenen Informationen in Verbindung mit dem zu diesem Zeitpunkt verfügbaren allgemeinen Fachwissen zu beurteilen. Zudem könne nur dann eine Erfindung vorliegen, wenn im Patent zumindest glaubhaft gemacht werde, dass die in ihr enthaltene Lehre die angeblich gelöste Aufgabe auch tatsächlich löse. Ob der beanspruchte Gegenstand die im Patent behauptete technische Wirkung tatsächlich erziele, müsse anhand der im Patent enthaltenen Offenbarung bereits glaubhaft erscheinen. Zusätzliche, nachträglich veröffentlichte Beweisstücke könnten nicht die einzige Grundlage für den Nachweis bilden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der in D2 offenbarten Finisheranordnung durch Merkmale f) bis h). Die in Absatz 5 der Patenschrift genannte subjektive Aufgabe sei in D2 bereits gelöst. Die zu lösende objektive Aufgabe müsse daher neu formuliert werden. Sie könne darin gesehen werden,
- eine Abdruckzeichnung herzustellen, die das optische Erscheinungsbild der Pistenoberfläche verbessere;
- eine gute Nutzung der Piste zu ermöglichen.
Aus Absätzen 6 und 10 der Patentschrift gehe hervor, dass die erstgenannte Teilaufgabe dank Merkmalen f) und g) gelöst werde, während die zweitgenannte Teilaufgabe dank Merkmal h) gelöst werde. Da die von der Beschwerdegegnerin bzw. im Patent behaupteten technischen Wirkungen dieser Merkmale unbewiesen und mithin bloße Behauptungen seien, dürften sie nicht berücksichtigt werden. Die erfinderische Tätigkeit sei schon allein deshalb zu verneinen. Die Behauptung der Beschwerdegegnerin, dass Merkmale f) bis h) in der Praxis ein unerwünschtes Rattern der Skier verhindere und mithin den Fahrkomfort verbesserten, könne nur dann erzielt werden, wenn die bearbeitete Piste eine Schneepiste sei. Sie könne nicht für den gesamten beanspruchten Bereich erzielt werden, denn die Finisheranordnung nach Anspruch 1 könne mit einem Strandreinigungsfahrzeug verwendet werden. Im Übrigen gehe aus Absatz 10 der Patentschrift deutlich hervor, dass unter Umständen Merkmal h) den Fahrkomfort nicht verbessern würde, sollte die Reduzierung der Tiefe kleiner als 10% oder größer als 25% sein. Dies sei ohne weiteres nachvollziehbar, denn die Tiefe des ersten Profilierungsabschnitts betrage normalerweise etwa 10 mm, so dass eine Reduzierung von 10 % einen möglichen Tiefenunterschied der eingeprägten Rillen von 1 mm bedeute. Unter Berücksichtigung der visko-elastisch-plastischen Eigenschaften der Schneedecke und der Variabilität der Eigenschaften der Schneedecke sei nicht sichergestellt, dass sich ein bemerkbarer Tiefenunterschied der Rillen in der bearbeiteten Schneedecke ergebe.
Davon abgesehen sei die Möglichkeit, eine von D2 abweichende Abdruckzeichnung zu erzeugen, auf die beanspruchte Lösung beschränkt. Nachdem D2 ein Muster mit gleich großen Stegen und Furchen offenbare, könnten alle möglichen alternativen Abdruckzeichnungen nur durch Abwechslung von parallelen Furchen und Stegen unterschiedlicher Profilierungsabschnitte eingeprägt werden. Daher sei nach D2 und dem allgemeinen Wissen die beanspruchte Lösung der erstgenannten Teilaufgabe für den Fachmann naheliegend.
Der Fachmann wisse, dass die Parameter, die in einer Abdruckzeichnung variiert werden könnten, nur zwei seien, nämlich die Breite und die Tiefe der Rillen. Es sei ihm bekannt, dass diese Parameter die Griffigkeit und mithin die Befahrbarkeit der Pistenoberfläche durch Skifahrer oder Snowboarder beeinflussten. Deshalb würde er in naheliegender Weise erkennen, dass die einzig mögliche Lösung für die gestellte Aufgabe darin liege, die Tiefe der Profilierungsabschnitte zu verringern und ihre Breite zu erhöhen. Diese begrenzte Anzahl von Parametern, die variiert werden könnten, und das allgemeine Wissen des Fachmanns im Hinblick auf die Optik und Griffigkeit der Abdruckzeichnung auf der präparierten Pistenoberfläche würden ihn deshalb zur Lösung führen. In diesem Zusammenhang stehe auch die Lehre von D2 (Absatz 41), dass die Abdruckzeichnung variiert werden könne, indem der Typ und/oder die Form der Finisheranordnung 62 bzw. der Profilierungsabschnitte 66 variiert würden (Absatz 41).
c) Erfinderische Tätigkeit - D4 + Fachwissen
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D4 als nächstliegendem Stand der Technik.
Nach der Auffassung der Einspruchsabteilung unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der in D4 offenbarten Finisheranordnung durch Merkmale g) und h). D4 offenbare aber Merkmal g), weil es offensichtlich sei, dass die in Figur 5 gezeigten Vertiefungen und Rippen unterschiedlich breite Profilierungsabschnitte verwirklichten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von D4 also nur durch Merkmal h). Dies stelle aus den vorgenannten Gründen für den Fachmann eine naheliegende Maßnahme dar, um die gewünschte Griffigkeit für Skier und Snowboards zu erzielen.
d) Erfinderische Tätigkeit - D1.4 und D1.5 + Fachwissen
In Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung (Gründe Nr. 11) gehörten die Dokumente D1.4 und D1.5 in Kombination zum Stand der Technik und dürften im Verfahren ohne Einschränkung verwendet werden.
Die Angriffslinie ausgehend von D1.4 und D1.5 als nächstliegendem Stand der Technik sei bereits in den während des Prüfungsverfahrens eingereichten Einwendungen Dritter mittelbar im Rahmen von D1 enthalten gewesen, damitnach Artikel 115 EPÜ vorgebracht worden und sei deshalb zu berücksichtigen.
Die Kombination der Dokumente D1.4 und D1.5 offenbare eine Finisheranordnung mit den Merkmalen a) bis g) des Anspruchs 1 (siehe Seitenfinisher auf Seite 3 von D1.4). Aus den bereits genannten Gründen sei das Vorsehen des zusätzlichen Merkmals h) eine naheliegende Maßnahme für den Fachmann aufgrund seiner allgemeinen Fachkenntnisse.
X. Das entsprechende Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
a) Beweismittel D5.1 bis D5.3 - Nichtzulassung in das Beschwerdeverfahren
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die erstmalig mit der Beschwerdebegründung eingereichten Beweismittel D5.1 bis D5.3 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
b) Erfinderische Tätigkeit - D2 + Fachwissen
Die Beschwerdegegnerin teile die Auffassung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung (Gründe Nr. 12.1), dass D2 und das allgemeine Fachwissen die kennzeichnenden Merkmale f), g) und h) des Anspruchs 1 weder vorwegnähmen noch nahelegten.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin würden die Unterscheidungsmerkmale f) bis h) im Vergleich zu D2 zur Lösung einer technischen Aufgabe beitragen. Diese Aufgabe sei es, eine Finisheranordnung zu schaffen, die zum einen die bereits erfolgte Bearbeitung der Pistenoberfläche für die Nutzer auch aus großer Entfernung besser erkennen lasse, und zum anderen eine gute Nutzung der bearbeiteten Pistenoberfläche ermögliche. Es sei zwar richtig, dass auch bei D2 aufgrund der gleichmäßigen Cordprofilierung bereits eine erfolgte Bearbeitung der Pistenoberfläche für die Nutzer erkennbar sei. Aus größerer Entfernung sei dies aber nicht unbedingt der Fall. Die unterschiedliche Gestaltung der Profilierungen dank Merkmalen f) bis h) lasse auch aus großer Entfernung sofort erkennen, dass die Piste durch ein Pistenbearbeitungsgerät bearbeitet worden sei (Absatz 6 der Patentschrift). Für Skifahrer und Snowboarder sei eine besonders einfache Befahrung der durch die erfindungsgemäße Finisheranordnung bearbeiteten Pistenoberfläche erzielbar, denn durch sie werde eine Rinnenbildung vermieden, die sonst negative Auswirkungen haben könnte (Absatz 10 der Patentschrift). Damit sei der zweite Teil der genannten Aufgabe gelöst. Dabei habe sich in der Praxis gezeigt, dass ein gleichmäßiges Cordmuster auf die beiden Ski eines Skifahrers beim Befahren der bearbeiteten Schneepiste unangenehme Schwingungen bewirke, die bei unterschiedlich gestalteten Profilierungen, wie erfindungsgemäß vorgesehen, nicht aufträten. Wenn in Absatz 10 der Patentschrift am Schluss noch darauf eingegangen werde, dass die Reduzierung der Tiefe nicht größer als maximal 25% der Tiefe jedes zweiten Profilierungsabschnittes sein solle, um beim Befahren negative Auswirkungen zu vermeiden, dann lasse dies keinen Schluss auf den nicht verbesserten Fahrkomfort zu. Vielmehr könne sich ausgehend von dieser Formulierung lediglich die Frage stellen, wie die Merkmale f) bis h) auszulegen seien. Mit anderen Worten, entsprechende Reduzierungen zwischen 10% und 25% ermöglichten in jedem Fall eine bessere Befahrbarkeit der bearbeiteten Schneepiste, darüber hinausgehende Reduzierungen möglicherweise nicht. Der Fachmann bekomme damit lediglich den zusätzlichen Hinweis, dass bei zu starker Abweichung bezüglich der Tiefe sich auch negative Auswirkungen für die Befahrbarkeit ergeben könnten.
Keine der im Einspruchsbeschwerdeverfahren befindlichen Druckschriften offenbare die Merkmale f) bis h). Nicht einmal Hinweise oder Anregungen in diese Richtung könne der mit der genannten Aufgabe befasste Fachmann diesen Druckschriften entnehmen. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin stehe demzufolge das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit für den erteilten Anspruch 1 außer Frage.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sei keiner der im Verfahren befindlichen Dokumente D1 bis D4 eine Veranlassung entnehmbar, warum ein Fachmann eine Variierung der Abdruckzeichnung der bearbeiteten Pistenoberfläche dahin vornehmen sollte, die parallelen Furchen und Kämme zu verändern. Zum anderen ergebe sich für einen Fachmann keineswegs lediglich die Möglichkeit, die Profilierungsabschnitte der Finisheranordnung selbst zu verändern. Wie beispielsweise D1 zu entnehmen sei, gebe es für einen Fachmann zur Änderung der Musterung der bearbeiteten Pistenoberfläche auch die Möglichkeit, die Finisheranordnung in eine Vielzahl von nebeneinander befindlichen und durch Schlitze voneinander getrennten Lappen zu unterteilen.
Soweit D2 in Absätzen 40 und 41 ausführe, dass die Profilierungsabschnitte des Finishers individuell gestaltet werden könnten, würden diese Textstellen dem Fachmann keinen Hinweis auf unterschiedlich gestaltete Profilierungsabschnitte geben. Sie besagten nämlich lediglich, dass die Gesamtheit der Profilierungen veränderbar sei, um die Gesamtheit der Strukturierung der bearbeiteten Pistenoberfläche variieren zu können. Hinweise darauf, innerhalb einer Abdruckzeichnung der bearbeiteten Pistenoberfläche unterschiedliche Gestaltungen vorzunehmen, seien dieser Offenbarung dagegen nicht zu entnehmen.
c) Erfinderische Tätigkeit - D4 + Fachwissen
Die Beschwerdegegnerin teile lediglich im Ergebnis die Auffassung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung (Gründe Nr. 12.2), dass D4 in Kombination mit dem Fachwissen die kennzeichnenden Merkmale des erteilten Anspruchs 1 weder vorwegnähmen noch nahelegten.
Im Detail halte die Beschwerdegegnerin die Begründung der Einspruchsabteilung jedoch für nicht überzeugend. D4 zeige einen unvollständigen Seitenfinisher, d. h. ohne die Montage in seiner Betriebsposition an einer Heckfräse einer Pistenraupe. Figur 1 von D4 sei zu entnehmen, dass auf der linken Seite eine Scharnieranordnung vorgesehen sei, mittels der der Seitenfinisher offensichtlich schwenkbeweglich an einer entsprechenden Schwenklagerung eines Seitenteiles der Heckfräse anzuordnen sei. Damit sei der Seitenfinisher im Betrieb der Pistenraupe bzw. Heckfräse aber noch nicht funktionsfähig. Vielmehr müssten an dem Seitenfinisher noch Hydraulikzylinder über entsprechende Befestigungs- und Lagermittel angreifen, um den Seitenfinisher auf den Untergrund drücken oder von diesem abheben zu können. Hierfür müssten entsprechende Befestigungs- und Lagermittel an dem Seitenfinisher befestigt werden. Die anhand der Figuren 1 und 2 erkennbaren, rechteckförmigen Vertiefungen seien unstreitig jeweils mit zwei zueinander beabstandeten Bohrungen versehen. Es sei somit äußerst wahrscheinlich, dass in diesen Vertiefungen im Betrieb des Seitenfinishers noch eine Leiste oder ähnliches befestigt werde, und dass der Seitenfinisher im praktischen Betrieb nicht mit diesen mit den beiden Bohrungen versehenen Vertiefungen auf einem Untergrund aufliegen werde. Es erscheine auch wahrscheinlich, dass solche Leisten, die in die Vertiefungen für den Betrieb des Seitenfinishers eingepasst würden, identische Profilierungsabschnitte aufweisen würden wie die jeweils beidseitig benachbarten Profilierungsabschnitte. Damit würden sich über die Breite des Seitenfinishers gesehen aber keine unterschiedlich gestalteten Profilierungsabschnitte ergeben (Merkmal f) von Anspruch 1). Es sei nach Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass bei betriebsfertiger Montage des Seitenfinishers die Vertiefungen in identischer Weise vorhanden sind, wie sie in D4 gezeigt sind. Die Beschwerdegegnerin bestreite daher, dass es - wie die Einspruchsabteilung ausführt - wahrscheinlich sei, dass die zwischen den Profilierungen dargestellte ,,Rille" eine Profilierung für eine Profilzeichnung in die Pistenoberfläche sei. Davon abgesehen weise diese Rille, d. h. die Vertiefung, jeweils die gleiche Breite wie die benachbarten Profilierungsabschnitte auf (Merkmal g) von Anspruch 1). Zudem sei diese Rille gegenüber der glatten Unterseite des Seitenfinishers vertieft ausgeführt, so dass sich auch für den Fall, dass diese Rille eine Profilierung für eine Profilzeichnung in eine Pistenoberfläche bilden sollte, keine geringere Tiefe (Merkmal h) von Anspruch 1), sondern vielmehr eine größere Tiefe gegenüber den benachbarten Profilierungsabschnitten ergebe. Im Ergebnis seien Merkmale f), g) und h) des Anspruchs 1 nicht in D4 offenbart. Diese Unterscheidungsmerkmale begründeten das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit aus den zu D2 genannten Gründen.
d) Erfinderische Tätigkeit - D1.4 und D1.5 + Fachwissen
Diese alternative Angriffslinie mangelnder erfinderischer Tätigkeit sei zu keiner Zeit offiziell in das Einspruchsverfahren eingeführt worden und damit im Beschwerdeverfahren verspätet. Schließlich seien die Dokumente D1.4 und D1.5 auch nicht prima-facie relevant. In D1.5 seien keine über die Breite der Finisheranordnung quer zur Schlepprichtung verteilt unterschiedlich gestaltete Profilierungsabschnitte erkennbar. Vielmehr seien die dargestellten Querschnitte mit - über die Breite gesehen - sich in identischer Weise wiederholenden Profilierungsabschnitten versehen.
1. Die revidierte Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen (Artikel 25 VOBK 2020) ist die revidierte Fassung auch auf am Tag des Inkrafttretens bereits anhängige Beschwerden anwendbar. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdebegründung vor dem 1. Januar 2020 und die Erwiderung darauf fristgerecht eingereicht. Daher ist Artikel 12 (4)-(6) VOBK 2020 nicht anzuwenden. Stattdessen ist Artikel 12 (4) VOBK 2007 sowohl auf die Beschwerdebegründung als auch auf die Erwiderung anzuwenden (Artikel 25 (2) VOBK 2020).
2. Beweismittel D5.1 bis D5.3 - Nichtzulassung in das Beschwerdeverfahren
2.1 Die Beschwerdeführerin hat die Beweismittel D5.1 bis D5.3 erstmals mit ihrer Beschwerdebegründung eingereicht, um das allgemeine Fachwissen im Hinblick auf das typische Rillenprofil einer mit einem üblichen Finisher bearbeiteten Schneepiste (Abbildung 62 in D5.2) sowie der mechanischen Eigenschaften des Schnees (D5.3) zu dokumentieren.
2.2 Artikel 12 (4) VOBK 2007 stellt es in das Ermessen der Kammer, diese neuen Beweismittel sowie das darauf gestützte Tatsachenvorbringen nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
2.3 Die Beschwerdeführerin hat keine triftigen Gründe genannt, warum diese neuen Beweismittel nicht früher im Einspruchsverfahren eingereicht wurden und ob und inwiefern die Einreichung dieser Beweismittel und das darauf gestützte Tatsachenvorbringen für die Überprüfung der von der Einspruchsabteilung angeführten Entscheidungsgründe relevant sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern das Wesen des Einspruchsbeschwerdeverfahrens darin liegt, in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu überprüfen, und nicht ein zweites Einspruchsverfahren mit neuem Tatsachenvorbringen durchzuführen.
2.4 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass diese neuen Beweismittel schon im Einspruchsverfahren eingereicht hätten werden können. So bestand nach der negativen vorläufigen Meinung der Einspruchsabteilung betreffend der behaupteten Vorveröffentlichung von D1.5 und dem Inhalt von D1.6 sowie der Offenbarung der Merkmale f) bis h) von Anspruch 1 in D1.1 bis D1.6 im Ladungsbescheid vom 14. Dezember 2016 (Punkte 6.1 und 6.2) bereits Veranlassung, weiteres Beweismaterial vorzulegen.
2.5 Die Kammer teilt außerdem die Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass der Offenbarungsgehalt von D5.1, D5.2 bzw. D5.3 für die Frage der erfinderischen Tätigkeit prima facie nicht relevant ist, insbesondere weil er nicht über jenen des bereits im Verfahren befindlichen Standes der Technik hinauszugehen scheint. Beispielsweise ist das in D5.2 gezeigte Rillenprofil (sog. "Cordspur") einer mit einem üblichen Finisher bearbeiteten Schneepiste bereits in D2 beschrieben (Absatz 40).
2.6 Die Frage der Zulassung der neu im Beschwerdeverfahren eingereichten Dokumente konnte offengelassen werden, weil die Beschwerdeführerin ihre Argumentation in der mündlichen Verhandlung nicht darauf gestützt und die Zulassung der Dokumente auch nicht ausdrücklich verfolgt hat. Die Kammer hat das schriftliche Vorbringen insoweit auch nicht für so relevant gehalten, dass die Frage der Zulassung zwingend hätte entschieden werden müssen.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1 Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Sie argumentiert im Wesentlichen, der beanspruchte Gegenstand beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit:
a) ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik aufgrund der allgemeinen Fachkenntnisse;
b) ausgehend von D4 als nächstliegendem Stand der Technik aufgrund der allgemeinen Fachkenntnisse;
c) ausgehend von D1.4 in Kombination mit D1.5 als nächstliegendem Stand der Technik aufgrund der allgemeinen Fachkenntnisse.
3.2 Angriffslinie a)
3.2.1 Die Beteiligten sind darüber einig, dass der in D2 offenbarte Finisher (62) die in Anspruch 1 aufgeführten Merkmale a) bis e) ihrem Wortlaut nach verwirklicht und dass Merkmale f) bis h) dem Dokument D2 nicht entnommen werden können.
3.2.2 Es ist zwischen den Beteiligten hingegen streitig, welche sinnvolle objektive technische Aufgabe sich der Fachmann ohne Kenntnis der Erfindung ausgehend von D2 stellen würde.
3.2.3 Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass diese Aufgabe der in Absatz 5 der Patentschrift formulierten Aufgabe entspricht. Die Kammer teilt jedoch die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass diese Formulierung bei Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes inkorrekt ist, weil sie in D2 bereits gelöst ist. Der dort beschriebene Finisher hinterlässt einen charakteristischen gleichmäßigen Abdruck in der bearbeiteten Skipiste (sog. "corduroy"-Spur, d. h. Cordspur in Absatz 40 von D2), der zum einen die bereits erfolgte Bearbeitung der Piste gut erkennen lässt und zum anderen eine gute Nutzung der bearbeiteten Piste für Skifahrer und Snowboarder ermöglicht.
3.2.4 Die zu lösende Aufgabe muss also neu formuliert werden. Hierfür ist festzustellen, welche technische Wirkung die Unterscheidungsmerkmale f) bis h) erzielen.
3.2.5 Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung mit Verweis auf Absatz 6 der Patentschrift nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass dank den Unterscheidungsmerkmalen der erste breitere Profilierungsabschnitt in der Profilzeichnung in der bearbeitete Pistenoberfläche dominiert und mithin eine optisch charakteristische Abdruckzeichnung eingebracht wird, wodurch für einen Betrachter - selbst aus großer Entfernung - gut erkennbar ist, dass die mit der charakteristischen Abdruckzeichnung versehene Pistenoberfläche bereits bearbeitet ist. Zudem dominiert der breitere Profilierungsabschnitt in der Abdruckzeichnung der geglätteten Pistenoberfläche die Gesamtoptik der Pistenoberfläche, so dass Unregelmäßigkeiten der übrigen Pistenoberfläche in den Hintergrund treten. Für den Betrachter erscheint das Bild der bearbeiteten Pistenoberfläche hierdurch perfekter.
3.3 Ferner hat die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass in der Praxis beim Befahren einer bearbeiteten Pistenoberfläche mit einer gleichmäßigen, hartgefrorenen Cordspur die Skier dazu neigen, über die präparierten Längsrillen unangenehm zu rattern und vibrieren (Resonanz), und dass dank Merkmalen f), g) und h) eine ungleichmäßige griffige Pistenoberfläche erzeugt wird, die dieses unerwünschte Rattern der Skier verhindert. Sie hat dazu ausgeführt, dass bei Schwüngen und Kurvenfahrten die Skier mit weniger Kanteneinsatz besser im Schnee griffen und die hartgefrorene Abdruckzeichnung mithin einfacher zu fahren sei. Insbesondere seien dank Merkmal h) die breiteren Profilierungsabschnitte gegenüber den Längsprofilierungen auf der Schneeoberfläche in der Höhe zurückgenommen, so dass sie keine ,,Stolperstellen" in der Schneepistenoberfläche bildeten.
3.4 Für die Kammer erscheint es anhand der im Patent enthaltenen Offenbarung (Absätz 6 und 10)und der allgemeinen Kenntnisse einer Fachperson ohne weiteres glaubhaft, dass diese von der Beschwerdegegnerin dargelegten Wirkungen der Unterscheidungsmerkmale tatsächlich erzielt werden.
3.5 Die Beschwerdeführerin bestritt dagegen die Ausführungen der Beschwerdegegnerin. Sie machte dagegen im Wesentlichen geltend, dass die mangelnde Nachvollziehbarkeit der behaupteten Wirkungen wegen fehlender Beweise im Patent und im Verfahren ein hinreichender Grund sei, diese Wirkungen nicht zu berücksichtigen. Allerdings hat die Beschwerdeführerin keinerlei Beweise für ihre Behauptung der mangelnden technischen Wirkungen angeführt. Die Beweislast liegt jedoch bei der Beschwerdeführerin, wenn sie eine als solche glaubhafte technische Wirkung in Frage stellen will.
3.6 Die Beschwerdeführerin führte insoweit insbesondere aus, dass die behauptete Verbesserung des Fahrkomforts auf einer Skipiste nicht zwangsläufig erzielt werde. Es sei nämlich ersichtlich, dass der erste, breitere Profilierungsabschnitt abhängig von seiner relativen Tiefe eine rinnen- bzw. muldenförmige Spur hinterlassen könnte, die für Skifahrer bzw. Snowboarder störend wäre. Dies bestätige die Angabe in Absatz 10 der Patentschrift. Dort sei angegeben, dass der erste Profilierungsabschnitt einen rinnenförmigen Abdruck hinterlassen könnte, der negative Auswirkungen auf das Befahren der Pistenoberfläche hätte, sollte die Tiefe des ersten Profilierungsabschnitts um mehr als 25% gegenüber der Tiefe der zweiten Profilierungsabschnitte reduziert sein. Auch dieses Argument überzeugt nicht. Der Fachmann bekommt im Absatz 10 lediglich den zusätzlichen Hinweis, dass bei zu starker Abweichung bezüglich der Tiefe sich auch negative Auswirkungen für die Befahrbarkeit der präparierten Piste ergeben können. Wie die Beschwerdeführerin selbst ausgeführt hat, beträgt die Tiefe des ersten Profilierungsabschnitts normalerweise 10 mm, so dass Merkmal h) zwangsläufig dazu führt, dass der breitere Profilierungsabschnitt in der Abdruckzeichnung der präparierten Pistenoberfläche um wenige Millimeter in der Höhe zurückgenommen ist, was keine nennenswerte Stolperstelle bilden, sondern sogar zu einer erhöhten Griffigkeit der Pistenoberfläche in diesem Bereich führen würde.
3.7 Soweit die Beschwerdeführerin argumentiert, ausgehend von D2 könne Merkmal h) die Befahrbarkeit einer bearbeiteten Sandpiste nicht verbessern, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Bei Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes ist die zu lösende technische Aufgabe objektiv, d. h. im Hinblick auf die aus den Unterscheidungsmerkmalen resultierende technische Wirkung im Vergleich zu D2 zu bestimmen. Die bloße Tatsache, dass der Anspruchswortlaut über das genaue Pistenmaterial nichts aussagt, spielt keine Rolle im Zusammenhang mit der Frage, ob es für den Fachmann naheliegend wäre, ausgehend von D2 zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen.
3.7.1 Die Kammer gelangt somit abweichend von ihrer vorläufigen Auffassung zu dem Schluss, dass die Unterscheidungsmerkmale f) bis h) Merkmale sind, die in Verbindung mit den anderen Merkmalen zur Erzielung einer objektiv glaubwürdigen technischen Wirkung beitragen.
3.8 Unter Berücksichtigung der technischen Wirkungen der Unterscheidungsmerkmale kann die Aufgabe, die sich objektiv gegenüber D2 ergibt, darin gesehen werden, eine Finisheranordnung für ein geschlepptes Pistenbearbeitungsgerät der in D2 offenbarten Art zu schaffen, das zum einen die bereits erfolgte Bearbeitung der Pistenoberfläche auch aus großer Entfernung gut erkennen lässt, und zum anderen eine bessere Nutzung der bearbeiteten Pistenoberfläche ermöglicht.
3.9 Die Beschwerdeführerin meint, die beanspruchte Lösung dieser Aufgabe sei für den Fachmann durch seine allgemeinen Fachkenntnisse nahegelegt, wie in D2 (Absatz 41) dokumentiert. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum die allgemeinen Fachkenntnisse des Fachmanns ihn dazu anregen würden, ausgerechnet die in D2 offenbarten Finisheranordnung in Richtung der beanspruchten Lösung weiterzuentwickeln. In D2 ist zwar erwähnt, dass die Abdruckzeichnung variiert werden kann, indem die Art und/oder Form der Kante 64 des Schlichtelements 62 und/oder die Form, Art und Größe der Profilierungen 66 variiert werden. Trotzdem kann man aus Absatz 41 nicht entnehmen, dass Profilierungen in einer einzigen Finisheranordnung nicht identisch zueinander sein könnten. Wie allgemein für Patentdokumente anerkannt ist, gibt das Dokument D2 als ein solches Patentdokument zudem kein allgemeines Fachwissen wieder.
4. Zusammenfassend ist die Kammer also nicht vom Vortrag der Beschwerdeführerin überzeugt, dass sich der Gegenstand von Anspruch ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik entgegen Artikel 52 (1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ in naheliegender Weise aus dem allgemeinen Fachwissen ergibt.
4.1 Angriffslinie b)
4.1.1 D4 offenbart einen Seitenfinisher für eine Pistenraupe. In Figuren 1 bis 7 ist dargestellt, dass auf einer Seite des Seitenfinishers zwei parallele Querreihen wulstförmiger Rippen angebracht sind. Es ist für den Fachmann implizit, dass diese Rippen dazu vorgesehen sind, während eines Schleppvorganges des Seitenfinishers eine rillenförmige Profilzeichnung in die Schneeoberfläche einzuprägen.
4.1.2 Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass dieser Seitenfinisher die in Anspruch 1 aufgeführten Merkmale a) bis e) ihrem Wortlaut nach verwirklicht und dass Merkmal h) diesem Dokument nicht entnommen werden kann.
4.1.3 Es ist zwischen den Beteiligten hingegen streitig, ob Merkmale f) und g) in D4 offenbart sind.
4.1.4 In dieser Frage kann die Kammer der Beschwerdegegnerin folgen. In Figuren 1 und 2 von D4 sind zwei parallele rechteckförmige Vertiefungen gezeigt, die sich zwischen den Rippenreihen erstrecken und mehrere zueinander beabstandete Bohrungen aufweisen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann D4 nicht entnommen werden, dass diese Vertiefungen überhaupt dazu dienen, beim Schleppbetrieb des Finishers eine Profilzeichnung in die Pistenoberfläche einzubringen. D4 enthält keine Angaben zur Montage des Finishers in Betriebsposition, und aus den Zeichnungen von D4 ergibt sich nicht zwangsläufig, dass nach betriebsfertiger Montage des Finishers die zwei Vertiefungen frei liegen, wie die Beschwerdegegnerin überzeugend dargelegt hat. Davon abgesehen kann den schematischen Darstellungen des Finishers in Figuren 1 bis 7 von D4 nicht entnommen werden, dass die rechteckförmigen Vertiefungen jeweils breiter als die benachbarten wulstförmigen Rippen sind.
4.1.5 Die Einspruchsabteilung hat es allerdings in ihrer Entscheidung als "wahrscheinlich" angesehen, dass Merkmal f) in D4 offenbart ist (Punkt 12.2 der Gründe).
4.1.6 Die Kammer sieht es dagegen als nicht gerechtfertigt an, bei der Bestimmung des Informationsgehalts von D4 auf die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines Merkmals abzustellen. Gemäß der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammer muss zur Beurteilung der Neuheit eines Anspruchsgegenstands im Hinblick auf einen zum Stand der Technik gehörenden Dokument außer Zweifel stehen - und nicht nur wahrscheinlich sein -, dass ein Anspruchsmerkmal im Dokument unmittelbar und eindeutig offenbart wurde, und zwar explizit oder für den einschlägigen Fachmann implizit. Im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist dieser Ansatz ebenso bei der Bestimmung des als Ausgangspunkt verwendeten "nächstliegenden" Standes der Technik anzuwenden. Hier geht es erneut um die Frage, welche Kombination der Anspruchsmerkmale vor dem Anmelde- bzw. Prioritätstag der Anmeldung bzw. des Patents tatsächlich - explizit oder implizit - der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
4.1.7 Zusammenfassend unterscheidet sich der beanspruchte Gegenstand von D4 durch Merkmale f) bis h).
4.1.8 Aus den bereits zur Angriffslinie a) genannten Gründen ist die Kammer nicht vom Vortrag der Beschwerdeführerin überzeugt, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D4 als nächstliegendem Stand der Technik entgegen Artikel 52 (1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ in naheliegender Weise aus dem allgemeinen Fachwissen ergibt.
4.2 Angriffslinie c)
4.2.1 Die Beschwerdeführerin hat Angriffslinie c) erstmals mit ihrer Beschwerdebegründung vorgebracht. Diese neue Angriffslinie basiert auf einer neuen Verknüpfung bereits seit dem Prüfungsverfahren im Verfahren befindlicher Tatsachen, nämlich konkreter Offenbarungsstellen von D1.4 und D1.5.
4.2.2 Artikel 12 (4) VOBK 2007 stellt es in das Ermessen der Kammer, dieses neue Tatsachenvorbringen nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, die eine Zulassung nicht für erforderlich gehalten hatte, ist die im Prüfungsverfahren gegen die Erteilung - hier auch nur im Rahmen einer Vorbenutzung - gerichtete Argumentationslinie nicht automatisch Gegenstand des Einspruchsverfahrens, geschweige denn des Einspruchsbeschwerdeverfahrens, da das Einspruchsverfahren ein selbstständiges, dem Erteilungsverfahren nachgeschaltetes Verfahren ist
4.2.3 Die Kammer ist der Auffassung, dass dieses neue Tatsachenvorbringen schon im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden können. Die bloße Tatsache, dass in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird (Gründe Nr. 11), dass D1.5 im Verfahren ohne Einschränkung verwendet werden könne, kann nicht als objektiv gerechtfertigte Veranlassung zu neuem Tatsachenvorbringen in der Beschwerdeinstanz angesehen werden.
4.2.4 Die Kammer sieht auch keine Veranlassung, dennoch ihr Ermessen zugunsten der Beschwerdeführerin auszuüben, denn die neu vorgetragene Angriffslinie c) ist auch nicht prima facie erfolgreich.
4.2.5 Die Beschwerdeführerin macht geltend, in D1.4 bzw. D1.5 seien Merkmale a) bis g) von Anspruch 1 verwirklicht. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass Merkmale f) und g) dort offenbart sind. Diesbezüglich hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass D1.4 und D1.5 jeweils quer zur Schlepprichtung verteilte Profilierungen zeigen, die eine gleiche Form und Größe aufweisen (Gründe Nr. 12.1). Die Kammer sieht keine Gründe, die in dieser Frage ein Abweichen von dieser Entscheidung der Einspruchsabteilung rechtfertigen könnten. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die in D1.4 bzw. D1.5 gezeigten Spalten zwischen den Finisherkämmen als erste Profilierungsabschnitte im Sinne von Anspruch 1 angesehen werden können.
4.2.6 Für die Beschwerdeführerin soll die objektive technische Aufgabe gegenüber D1.4 und D1.5 darin liegen, einen Finisher mit integral geformten Rippen und ohne Spalten zu schaffen, der denselben technischen Effekt wie der in D1.5 gezeigte Finisher biete. Die Kammer ist der Meinung, dass diese Formulierung bei Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes inkorrekt ist, weil sie bereits Lösungsansätze enthält und daher zu einer rückschauenden Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit führt.
4.2.7 Nach alledem ist die Kammer zu der Ansicht gelangt, dass Angriffslinie c) prima facie nicht relevant für die Frage der erfinderischen Tätigkeit ist. Aus diesen Gründen und unter Berücksichtigung der gebotenen Verfahrensökonomie kam die Kammer zu dem Schluss, diese alternative Angriffslinie nicht im Verfahren zu berücksichtigen (Artikel 12 (4) VOBK 2007).
5. Die Kammer kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegensteht.
6. Die Beschwerde gegen die entsprechende Entscheidung der Einspruchsabteilung bleibt mithin ohne Erfolg. Auf den Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin braucht deswegen nicht mehr eingegangen zu werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.