T 0064/18 05-05-2021
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DOSIERSYSTEM FÜR EINE GESCHIRRSPÜLMASCHINE
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 7. November 2017, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 642 908 nach Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass keiner der erhobenen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgende Entgegenhaltung zitiert:
D1: WO 2010/006761 A2
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende als Beschwerdeführerin am 5. Januar 2018 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 16. März 2018 eingereicht.
IV. In einem Bescheid vom 29. Juni 2020 gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 5. Mai 2021 per Videokonferenz statt. In der mündlichen Verhandlung lies die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin ihre bis dahin geltenden Haupt- und Hilfsanträge 1 und 2 fallen.
V. Die Beschwerdeführerin Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
VI. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der Hilfsanträge 3 - 5, eingereicht mit der Erwiderung zur Beschwerdebegründung vom 18. Juli 2018.
VII. Der unabhängige Anspruch 1 des für diese Entscheidung relevanten Hilfsantrags 3 hat den folgenden Wortlaut, wobei die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 mittels Durch- und Unterstreichung hervorgehoben sind:
"Dosiersystem (1) zur Abgabe von wenigstens einer Reinigungsmittelzubereitung (A,B,C) ins Innere einer Geschirrspülmaschine, umfassend ein ein frei beweglich in der Geschirrspülmaschine durch einen Benutzer positionierbares Dosiergerät (2) mit einer Lichtquelle (4) und eine mit dem Dosiergerät (2) [deleted: kuppel]koppelbaren Kartusche (3), in der wenigstens eine fließfähige Zubereitung (A,B,C) bevorratet ist, dadurch gekennzeichnet, dass
- die Kartusche (3) ein Breite (b) -Tiefen (t) -Verhältnis von 3:1 bis 20:1 aufweist und
- die Kartusche (3) ein Höhen (h) -Tiefen (t) -Verhältnis von 3:1 bis 20:1 aufweist und
- die Wände der Kartusche (3) zumindest abschnittsweise einen Transmissionsgrad im Wellenlängenbereich zwischen 700nm -1mm, bevorzugt 700nm-1000nm von 75%-99% aufweisen,
- die fließfähige Zubereitung (A,B,C) einen Transmissionsgrad im Wellenlängenbereich zwischen 700nm-1mm, bevorzugt 700nm-1000nm von 75%-99% aufweist,
- die nach Außen gerichtete Oberfläche der Kartusche (3) zumindest abschnittsweise eine Oberflächenrauhigkeit zwischen 0,5-5 microns, bevorzugt zwischen 0,75-2,5 micron, insbesondere bevorzugt zwischen 1-1,5 microns aufweist
- die Lichtquelle (4), die Licht zumindest in einem Wellenlängenbereich zwischen [deleted: 700nm - 1 mm, bevorzugt ]700nm-1000nm aussendet, in die Kartusche einstrahlt,
- die Lichtquelle (4) einen Abstrahlwinkel alpha größer als 5°, bevorzugt zwischen 5° und 60° aufweist und
- die Lichtquelle (4) und die Kartusche (3) in der Art konfiguriert sind, dass die mittlere Weglänge des Lichtstrahls (L) durch die Kartusche (3) [deleted: zwischen 0,1*10]**(5)[deleted: -10*10]**(5)[deleted: , bevorzugt] zwischen 0,5*10**(5)-7,5*10**(5), ganz besonders bevorzugt zwischen 1,0*10**(5)-6,5 *10**(5) mal der Wellenlänge des von der Lichtquelle (4) ausgesendeten Lichts entspricht, wobei die Lichtquelle (4) im gekoppelten Zustand von Dosiergerät (2) und Kartusche (3) und in Betriebsposition des Dosiersystems derart unterhalb der Kartusche (3) positioniert und auf den Boden der Kartusche (3) gerichtet ist, dass sie in die Kartusche (3) hinein strahlt."
VIII. Die Beschwerdeführerin Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes vorgetragen:
Die in Anspruch 1 beanspruchte Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Zudem beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D1 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
IX. Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes vorgetragen:
Die in Anspruch 1 beanspruchte Erfindung sei so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Zudem beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
2.1 Die Erfindung nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 betrifft ein Dosiersystem zur Abgabe einer Reinigungsmittelzubereitung ins Innere einer Geschirrspülmaschine, wobei das Dosiersystem ein Dosiergerät und eine mit dem Dosiergerät koppelbare Kartusche mit der fließfähigen Reinigungsmittel-zubereitung umfasst. Die Kartusche weist ein Breite-Tiefen-Verhältnis von 3:1 bis 20:1 und ein Höhen-Tiefen-Verhältnis von 3:1 bis 20:1 auf (von den Parteien als Merkmale (e) und (f) bezeichnet). Eine Lichtquelle im Dosiergerät dient zur optischen Kommunikation mit der Geschirrspülmaschine. Dazu sendet die Lichtquelle Licht in einem Wellenlängenbereich zwischen 700nm - 1000nm aus (Merkmal (j)), das in die Kartusche einstrahlt und von deren Oberfläche an die Geschirrspülmaschine abgestrahlt wird. Die Lichtquelle und die Kartusche sind in der Art konfiguriert, dass die mittlere Weglänge des Lichtstrahls durch die Kartusche zwischen 0,5*10**(5)-7,5*10**(5) mal der Wellenlänge des von der Lichtquelle ausgesendeten Lichts entspricht (Merkmal (l)). Außerdem weisen die Wände der Kartusche zumindest abschnittsweise einen Transmissionsgrad im Wellenlängenbereich zwischen 700nm -1 mm von 75%-99% auf, und die nach Außen gerichtete Oberfläche der Kartusche zumindest abschnittsweise eine Oberflächen-rauhigkeit zwischen 0,5-5 microns auf (Merkmale (g) und (i)). Durch diese Oberflächenrauhigkeit wird eine hinreichende Streuung des Lichts durch die Kartusche bewirkt, so dass die Gefahr eines Signalschattens oder einer Signalabschirmung verringert wird (Patentschrift, Absatz 0012).
2.2 Der Anspruch 1 kombiniert die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 2. Zudem ist der Wellenlängebereich auf den bevorzugten Bereich von 700nm-1000nm eingeschränkt, und die allgemeine Angabe aus der Beschreibung, Seite 9, erster Absatz, dass das Dosiergerät frei beweglich durch den Benutzer positionierbar ist, eingefügt worden. Diese Änderungen erfüllen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ; die Beschwerdeführerin hat auch keine Einwände unter Artikel 123 erhoben.
3. Ausreichende Offenbarung
3.1 Die Einsprechende als Beschwerdeführerin bestreitet, dass das Patent die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Nach ihrer Auffassung würden der im Anspruch genannte Transmissionsgrad bzw. die Oberflächenrauhigkeit in der Patentschrift nicht zueinander in Beziehung gesetzt, so dass der Fachmann nicht wisse, ob ein bestimmter Transmissionsgrad für eine gegebene Oberflächenrauhigkeit überhaupt erzielbar sei. Zudem werde die Größe der durch den im gleichen Zusammenhang verwendeten Begriff "abschnittsweise" definierten Abschnitte nicht offenbart. Außerdem wisse der Fachmann wegen des großen Bereiches für den Abstrahlwinkel und wegen der fehlenden Angaben zur Größe der Kartusche nicht, wie er diese dimensionieren solle.
3.2 Die Kammer kann sich dieser Sichtweise aus den folgenden Gründen nicht anschließen:
3.2.1 Die im Anspruch genannten Begriffe Transmissionsgrad und Oberflächenrauhigkeit betreffen die Art und Weise, wie die optische Kommunikation zwischen dem Dosiersystem und der Geschirrspülmaschine erfolgt. Dabei wird das von der Lichtquelle ausgesandte Licht in die Kartusche eingestrahlt und von deren Oberfläche an die Geschirrspülmaschine diffus - also gestreut und somit gleichzeitig in mehrere Richtungen - abgestrahlt, um die Gefahr von Signalschatten oder Signalabschirmung zu verringern (Patentschrift, Absatz 0012). Damit das Licht die Wände der Kartusche überhaupt passieren kann, müssen diese im beanspruchten Wellenlängenbereich lichtdurchlässig sein. Es gehört zum allgemeinen Fachwissen, dass auf einen Körper auftreffendes Licht reflektiert, absorbiert oder (insofern nicht reflektiert oder absorbiert) durchgelassen wird. Der beanspruchte Transmissionsgrad betrifft folglich den Anteil des durchgelassenen Lichts am auftreffenden Licht. Erfindungsgemäß soll zudem das Licht von der Kartusche diffus, also in viele Richtungen gestreut abgestrahlt werden. Laut Fachwissen ist dazu eine optisch raue Oberfläche nötig, die durch die beanspruchte Oberflächenrauhigkeit charakterisiert wird. Aus diesem Funktionsprinzip der optischen Kommunikation per Transmission und Streuung folgt, dass sich die beanspruchten Bereiche für Transmissionsgrad und Oberflächenrauhigkeit auf dieselben Abschnitte der Kartusche beziehen müssen. Das wird von den Parteien auch so gesehen und zudem durch das detaillierte Ausführungsbeispiel in den Absätzen 0101 und 0102 der Patentschrift bestätigt, wo die Angaben zur Rauhigkeit bzw. zum Transmissionsgrad die gesamte nach Außen gerichtete Oberfläche der Kartusche bzw. - wegen der Verwendung des bestimmten Artikels "die Wände" - deren gesamte Wände betreffen. Folglich verlangt die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 definierte Erfindung, dass Bereiche der Kartuschenwände sowohl einen Transmissionsgrad von 75%-99% als auch eine Oberflächenrauhigkeit von 0,5-5 Mikrometern haben.
3.2.2 Die Einsprechende als Beschwerdeführerin bestreitet, dass die beanspruchten Werte für Transmissionsgrad und Rauhigkeit gleichzeitig erfüllbar seien. Dabei macht sie sich die in der angegriffenen Entscheidung vertretene Sichtweise zu eigen, wonach eine Lichtdurchlässigkeit - also ein Transmissionsgrad - von 99% nicht vereinbar mit einer gleichzeitigen Lichtstreuung durch die aufgraute Oberfläche sei (Entscheidungsgründe, Seite 6, letzter Absatz). Die Kammer sieht das anders. Aus den oben genannten Gründen bezeichnet der Transmissionsgrad den Anteil des durchgelassenen Lichts am insgesamt auftreffenden Licht. Anders formuliert verlangt der Anspruch somit, dass zwischen 75% und 99% des auftreffenden Lichts von den Wänden der Kartusche durchgelassen wird. Eine optische Transparenz der Kartusche in diesem Bereich (bis zu 99%) steht keinesfalls im Widerspruch zu einer durch die beanspruchte Oberflächenrauhigkeit verursachten Streuung des ausgesendeten Lichts, da die Streuung keinen weiteren Mechanismus neben der Transmission, der Reflektion und der Absorption bildet. Die Streuung des Lichts geht folglich im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin nicht zu Lasten der Transparenz, sondern beschreibt den Mechanismus, wonach durchgelassenes Licht aus der Kartuschenaußenwand tritt. Somit wird durchgelassenes Licht gestreut. Das ist dem Fachmann auch aus seinem Alltag bekannt, wo eine satinierte Glühlampe oder ein Milchglasfenster prinzipiell eine hohe Transparenz aufweisen, aber dennoch das durchgelassene Licht streuen.
Im Hinblick auf den Einwand gegen die nicht genannte Größe der in den beiden Merkmalen definierten Abschnitte wird der Fachmann eine Größe wählen, die genügend Licht durchlässt und es ausreichend streut, damit es von der Geschirrspülmaschine erfasst werden kann. Solche Optimierungen liegen im Rahmen des üblichen Handelns eines Fachmannes und stehen der Ausführbarkeit nicht entgegen.
3.2.3 Bezüglich der Merkmale, die Werte für die Wellenlänge und die mittlere Weglänge definieren, stimmen die Parteien darin überein, dass die Merkmale wegen des 50.000-fachen bis 750.000-fachen der Wellenlänge im Wellenlängenbereich von 700-1000 Nanometern auf eine mittlere Weglänge des Lichtstrahls durch die Kartusche von 3,5 bis 75 Zentimetern gerichtet sind.
Einem Fachmann sind die üblichen Rastermaße von Küchengeräten bekannt (z.B. 60 cm Breite und Tiefe). Daraus kann er ohne unzumutbaren Aufwand die maximalen Abmessungen der Kartusche für eine Geschirrspülmaschine ableiten, die im Spülraum unterzubringen ist. Die mittlere Weglänge des Lichtstrahls entspricht etwa dem Lichtmaß - also der Breite oder Höhe - der Kartusche. Das Lichtmaß in Anzahl Wellenlängen ausgedrückt führt für die beanspruchten Wellenlängenwerte zu Multiplikationsfaktoren, die im beanspruchten Bereich für die mittlere Weglänge liegen (z.B. ergibt ein Kartuschenlichtmaß von etwa 30cm eine mittlere Weglänge von 3 - 4.3 * 10**(5 )Wellenlängen). Umgekehrt lassen sich nun aus der beanspruchten mittleren Weglänge und der Wellenlänge realistische maximale Werte für das Lichtmaß errechnen: z.B. 10 * 10**(5) x 1000 nm = 1m.
Welche Werte der Fachmann dann für die Breite, Höhe und Tiefe der Kartusche bzw. den Abstrahlwinkel der Lichtquelle innerhalb der beanspruchten Bereiche wählt, ist erneut Sache einer fachüblichen Optimierung. Dazu erhält der Fachmann durch die bildliche Darstellung der Kartusche in Figur 1 der Patentschrift ausreichende Angaben, um die Kartusche ohne einen unzumutbaren Aufwand dimensionieren zu können.
3.3 Aus diesen Gründen offenbart die Patentschrift die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 definierte Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann, Artikel 83 EPÜ.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Die erfinderische Tätigkeit wurde ausgehend von D1 angegriffen. Auch die Kammer hält dieses Dokument für einen erfolgversprechenden Ausgangspunkt. Unbestritten wird dort ein Dosiersystem zur Abgabe von wenigstens einer Reinigungsmittelzubereitung ins Innere einer Geschirrspülmaschine offenbart. Das Dosiergerät 2 ist durch einen Benutzer z.B. im unteren Geschirrkorb 41b positionierbar und umfasst eine Lichtquelle in Form der optischen Sende- und Empfangseinheit 111 und eine mit dem Dosiergerät koppelbare Kartusche 1, siehe die Figuren 36 und 37 und Absatz 5 auf Seite 78.
4.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von der Offenbarung der D1 unbestritten unter anderem durch das Merkmal, dass die nach Außen gerichtete Oberfläche der Kartusche zumindest abschnittsweise eine Oberflächenrauhigkeit zwischen 0,5-5 microns aufweist.
Als Wirkung dieses Merkmals nennt das Patent die Erzielung einer hinreichenden Lichtstreuung des von der Lichtquelle ausgesandten Lichts über die Oberfläche der Kartuschenwände, um die Gefahr eines Signalschattens oder einer Signalabschirmung zu verringern (Patentschrift, Absatz 0012). Da das Dokument D1 bereits das Problem von Signalschatten erkannt hat, aber eine andere Lösung vorschlägt (Seite 55, zweiter Absatz; Seite 56, drittletzter Absatz; siehe die nachfolgende Diskussion der D1 für Details), besteht die objektive technische Aufgabe darin, einen Signalschatten auf alternative Weise zu verringern.
4.3 Die Beschwerdeführerin hat ihre Behauptungen, wonach die zumindest abschnittsweise Oberflächenrauhigkeit zwischen 0,5-5 microns eine willkürliche Auswahl betreffe und keine Verbesserung der Lichtstreuung bzw. keine Verringerung des Signalabschirmung bewirke, trotz der auf ihrer Seite liegenden Beweislast nicht durch Beweise z.B. in Form von Versuchen gestützt. Dessen ungeachtet ist die Kammer aus technischen Gründen von diesen Argumenten nicht überzeugt. Es gehört nämlich zum allgemeinen Fachwissen auf dem Gebiet der Wellenoptik, dass Lichtstreuung an rauen Oberflächen dann erfolgt, wenn die Rauhigkeiten eine Ausdehnung in der Größenordnung der Wellenlänge des Lichtes haben. Der beanspruchte Bereich der Oberflächenrauhigkeit von 0,5-5 microns, also 500 bis 5000 Nanometern, umfasst den im Merkmal (j) genannten Bereich der Wellenlänge von 700 bis 1000 Nanometern, so dass die obige Bedingung für die Ausdehnung der Rauhigkeiten erfüllt ist. Da in den beanspruchten Bereichen das von der Lichtquelle ausgesandte Licht an der Oberfläche der Kartuschenwände gestreut wird, wird die objektive technische Aufgabe gelöst.
4.4 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Frage, ob der beanspruchte Gegenstand eine naheliegende Lösung für eine objektive technische Aufgabe darstellt, danach zu fragen, ob der Fachmann in der Erwartung, die Aufgabe zu lösen, die Lehre der nächstliegenden Entgegenhaltung angesichts anderer Lehren des Stands der Technik so abgewandelt hätte, dass er zu der beanspruchten Erfindung gelangt wäre (RdBK, 9. Auflage 2019, I.D.5 "Could-would approach"). Mithin hängt die Entscheidung zur erfinderischen Tätigkeit im vorliegenden Fall davon ab, ob der von D1 ausgehende Fachmann durch sein allgemeines Fachwissen ohne eine unzulässige rückschauende Betrachtungsweise zum beanspruchten Bereich für die Oberflächenrauhigkeit der Kartuschenwände gelangt.
4.4.1 Das Dokument D1 selbst enthält keinen Hinweis darauf, zwecks Verringerung der Signalschatten das Licht zu streuen, geschweige denn, dazu die Kartuschenaußenwand aufzurauen. Stattdessen werden dort mehrere alternative Lösungen thematisiert (Seite 21, zweiter Absatz; Seite 54, vorletzter Absatz; Seite 55, zweiter und fünfter Absatz; Seite 56, drittletzter Absatz: Mehrfachreflexionen mit bzw. an den Spülraumwänden infolge der Beleuchtungsstärke des optischen Signals, des Glanzgrades der Wände des Spülraums oder des Reflexionsgrades der Wände des Spülraums; Reflektionselemente an der Spülraumwand; eine Sendeeinheit mit wenigstens zwei maschinenseitigen LEDs in einem um 90° zueinander versetzten Abstrahlwinkel). Aufgrund der dabei eingesetzten Mehrfachreflexionen basieren all diese Lösungen bereits auf dem Prinzip, das von der Lichtquelle ausgesandte Licht auf einer Vielzahl von Wegen zum Empfänger der Geschirrspül-maschine gelangen zu lassen.
4.4.2 Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach auch durch Lichtstreuung eine Vielzahl von Wegen für das ausgesandte Licht bereitgestellt werden kann, ist zwar technisch zutreffend. Das Prinzip der Lichtstreuung an optisch rauen Oberflächen ist nämlich in der Optik hinlänglich bekannt. Es wird zudem in vielen Alltagsgegenständen genutzt, wie bei der bereits genannten satinierten Glühlampe oder dem Milchglasfenster. Für die Frage, ob dadurch die Erfindung nahegelegt wird, ist jedoch entscheidend, ob der von D1 ausgehende Fachmann dieses Prinzip auf die Signalübertragung zwischen der Lichtquelle des Dosiergeräts und der Geschirrspülmaschine anwenden wird, und zudem die nach außen gerichtete Oberfläche der Kartusche so ausgestalten wird, dass das abgestrahlte Licht dort gestreut wird. Dem Fachmann, ein Entwicklungsingenieur auf dem Gebiet der Geschirrspülmaschinen, mag aus seinen Grundkenntnissen der Physik das Prinzip der Streuung bekannt sein. Der Kammer zufolge ist ihm aber dadurch nicht geläufig, dass er dieses Prinzip zur verbesserten Kommunikation einsetzen kann. Ein solcher Einsatz wird auch nicht nahegelegt durch die Verwendung von Streuung in Glühlampen oder Milchglasfenstern. Die Beschwerdeführerin hat nicht belegt, dass es zum Fachwissen eines Fachmanns auf dem Gebiet der Geschirrspülmaschinen gehört, das Prinzip der Lichtstreuung an Oberflächenrauhigkeiten zur Verringerung von Signalschatten einzusetzen, und das ist auch aus Sicht der Kammer nicht der Fall. Daher sieht die Kammer für diesen Fachmann keine Veranlassung in D1, zur Verringerung des Signalschattens die Lichtstreuung des von der Lichtquelle ausgesendeten Lichts durch eine Modifikation der Oberfläche der Kartuschenwände zu beeinflussen.
4.5 Folglich beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem angezogenen Stand der Technik, Artikel 56 EPÜ.
5. Die Kammer bejaht aus den obengenannten Gründen die ausreichende Offenbarung der Erfindung und die erfinderische Tätigkeit für den Hilfsantrag 3 im Lichte der genannten Entgegenhaltungen. Weitere Einwände sind nicht geltend gemacht worden.
Unter Berücksichtigung der nach dem Hilfsantrag 3 vorgenommenen Änderungen stellt die Kammer fest, dass das Patent die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, und somit nach Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Fassung aufrechterhalten werden kann, die Anpassung der Beschreibung vorausgesetzt.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent in der Fassung des mit der Beschwerdeerwiderung am 18. Juli 2018 eingereichten Hilfsantrags 3 mit den Ansprüchen 1 - 7 nebst einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.