T 0203/18 08-02-2021
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DOSIERSYSTEM UND DOSIERVERFAHREN
Verspätetes Vorbringen - zugelassen (nein)
Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (ja)
I. Die Einsprechende hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 2 736 657 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf die Einspruchsgründe mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit nach Artikel 100 a) EPÜ.
III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 11 gemäß Hauptantrag, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 19. Oktober 2017, ausgehend von E6 als nächstliegender Stand der Technik in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder mit der Lehre von E10 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Das Patent wurde in geänderter Fassung gemäß Hauptantrag aufrechterhalten.
IV. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) beantragte
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents
Nr. 2 736 657.
Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte
die Zurückweisung der Beschwerde, d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Basis des Anspruchssatzes gemäß Hauptantrag, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 19. Oktober 2017.
V. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 vom 3. September 2020 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge die Beschwerde zurückzuweisen wäre.
Die Einsprechende nahm zur Mitteilung mit Schriftsatz vom 5. Januar 2021 inhaltlich Stellung und reichte ein neues Dokument (D13) ein.
VI. Am 8. Februar 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen. Der Tenor der Entscheidung wurde am Schluss der Verhandlung verkündet.
VII. Die Einsprechende bezieht sich auf folgende, aus dem Einspruchsverfahren bekannte Dokumente:
E5: US 2005/0236438 A1 bzw. US 7,694,855 B2,
E6: EP 2 143 503 A1,
E10: EP 1 414 080 A2 und
E11: Wikipedia-Seite über Piezoelektrizität.
Das folgende Dokument wurde zum ersten Mal im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 5. Januar 2021 von der Einsprechenden eingereicht:
D13: "Einstieg in die Piezoaktorik", Piezomechanik
GmbH, Stand: April 2010.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (Patent wie aufrechterhalten) lautet wie folgt:
"Dosiersystem (1', 1") für einen flüssigen bis zähflüssigen Dosierstoff umfassend ein Aktorsystem (2), das mindestens ein Betätigungselement (29, 55) umfasst, und eine Düse (13) mit einer Austrittsöffnung (19), wobei das Aktorsystem (2) einen piezoelektrischen Aktor (55) umfasst und das Dosiersystem so ausgebildet ist, dass das Betätigungselement (29, 57) bei einer Bewegung in einer Verschlussrichtung (V) zuerst in einer ersten Teilbewegung so bewegt wird, dass das Betätigungselement (29, 57) von dem Verschlusselement (15) an einem bestimmungsgemäßen Anschlagort (31) getrennt ist, und dann auf das Verschlusselement am Anschlagort (31) auftrifft und einen Impuls (I) auf das Verschlusselement (15) ausübt, dadurch gekennzeichnet, dass das Betätigungselement (29, 57) einen Hebel (57) umfasst, der den Aktor (55) mit dem Verschlusselement (15) temporär verbindet."
Der unabhängige Anspruch 11 gemäß Hauptantrag (Patent wie aufrechterhalten) lautet wie folgt:
"Verfahren zum Dosieren eines flüssigen bis zähflüssigen Dosierstoffs mit Hilfe eines Dosiersystems (1', 1"), umfassend ein Aktorsystem (2), wobei das Aktorsystem (2) einen piezoelektrischen Aktor (55) umfasst und das Dosiersystem mindestens ein Betätigungselement (29, 57) umfasst, und eine Düse (13) mit einer Austrittsöffnung (19), wobei das Betätigungselement (29, 55) in einer Verschlussrichtung (V) zuerst in einer ersten Teilbewegung so bewegt wird, dass das Betätigungselement (29, 57) von dem Verschlusselement (15) an einem bestimmungsgemäßen Anschlagort (31) getrennt ist, dann auf das Verschlusselement am Anschlagort (31) auftrifft und einen Impuls (I) auf das Verschlusselement (15) ausübt, dadurch gekennzeichnet, dass das Betätigungselement (29, 57) einen Hebel (57) umfasst, der den Aktor (55) mit dem Verschlusselement (15) temporär verbindet."
IX. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Parteien wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.
1. Zulassung des Vorbringens zu den Dokumenten E5, E11 und D13 ins Verfahren
Zum Beleg des allgemeinen Fachwissens im Rahmen der Diskussion zur erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 11 gemäß Hauptantrag beruft sich die Einsprechende mit Schriftsatz vom 5. Januar 2021 auf die aus dem Einspruchsverfahren bekannten Dokumente E5 und E11 sowie auf das erstmals in diesem Schriftsatz genannte Dokument D13.
Somit liegt eine Änderung des Vorbringens der Einsprechenden gegenüber dem Einspruchsverfahren bzw. gegenüber der Begründung ihrer Beschwerde vor, deren Zulassung ins Verfahren gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 und Artikel 13 (2) VOBK 2020 im Ermessen der Kammer steht.
Die Einsprechende argumentiert zur Rechtfertigung der Änderung ihres Vorbringens, dass die Einspruchsabteilung das Dokument E11 fälschlicherweise nicht zugelassen habe (siehe angefochtenen Entscheidung, Punkt II.2). Denn E11 sei als Nachweis des allgemeinen Fachwissens, dass die Verbindung von piezoelektrischen Aktoren mit Hebeln zum Erreichen einer Übersetzung dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns zuzuordnen sei, im Einspruchsverfahren eingereicht worden. Soweit nach der vorläufigen Meinung der Kammer zu diesem Fachwissen des Fachmanns noch Zweifel bestünden (siehe Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020, Punkt 7.2.1), werde zum weiteren Nachweis auf D13 verwiesen. Dass sowohl die Verwendung von Hebeln in Dosiersystemen als auch das Erreichen einer Übersetzung mittels eines Hebels allgemeines Fachwissen sei, belege ferner das aus dem Prüfungsverfahren bekannte bzw. im Streitpatent erwähnte Dokument E5.
Die Kammer folgt der Auffassung der Patentinhaberin, dass die Diskussion über die Zulassung von E11 ins Verfahren unter Punkt II.2 der angefochtenen Entscheidung zeigt, dass das allgemeine Fachwissen im Hinblick auf die Verbindung eines piezoelektrischen Aktors mit einem Hebel bereits im Einspruchsverfahren thematisiert worden ist. Mit der Einführung von E11 im Einspruchsverfahren hat die Einsprechende bestätigt, dass der Nachweis des allgemeinen Fachwissens erforderlich ist. Dass das allgemeine Fachwissen zu belegen ist, war der Einsprechenden damit frühzeitig bekannt.
Daher hätte die Einsprechende spätestens mit der Beschwerdebegründung einen Nachweis für das allgemeine Fachwissen einreichen können und müssen, so dass die Bezugnahme auf E11 zum Beleg des allgemeinen Fachwissens des Fachmanns im Beschwerdeverfahren erst mit Schriftsatz vom 5. Januar 2021 schon nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht gerechtfertigt ist.
Jedenfalls sieht die Kammer, soweit sich die Einsprechende zum Beleg des allgemeinen Fachwissens auf E11 und weiter auf E5 und D13 erst in ihrem letzten Schriftsatz bezieht, keinen triftigen Grund, der nach Artikel 13 (2) VOBK 2020 eine Änderung des Vorbringens in diesem späten Stadium des Verfahrens, d.h. nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung, rechtfertigt.
Daher übt die Kammer ihr Ermessen gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 und Artikel 13 (2) VOBK 2020 dahingehend aus, das Vorbringen und die Argumentation zu den Dokumenten E5, E11 und D13 nicht ins Verfahren zuzulassen.
2. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
2.1 Die Einsprechende wendet sich gegen die begründete Feststellung der angefochtenen Entscheidung, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 11 gemäß Hauptantrag ausgehend von E6 als nächstliegender Stand der Technik in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen oder mit der Lehre von E10 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
Die Einsprechende erläutert, dass nach E6 Aktor (Kolben 24 und Feder 26) und Verschlusselement mittels des Betätigungselementes 20 an dem Kollisionsabschnitt 22 temporär verbunden seien (vgl. Figuren 2b und 2c von E6). Der in den Ausführungsbeispielen von E6 dargestellte Aktor könne gemäß Absatz [0038] von E6 durch einen piezoelektrischen Aktor ersetzt werden, wobei der Fachmann keinerlei Hinweis darauf erhalte, dass in diesem Fall auf eine temporäre Verbindung zwischen Aktor und Verschlusselement verzichtet werde. Der Fachmann entnehme E6 daher unmittelbar und eindeutig, dass auch ein piezoelektrischer Aktor temporär mit dem Verschlusselement verbunden sei.
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von der Offenbarung von E6 lediglich dadurch, dass das Betätigungselement einen Hebel umfasse.
Der mit dem Unterscheidungsmerkmal eines Hebels verbundene technische Effekt bestehe darin, eine Weg-/Kraftübersetzung zwischen dem Aktor und dem Verschlusselement vorzusehen (vgl. Streitpatent Absatz [0030]).
Die objektive technische Aufgabe sei darin zu sehen, eine Übersetzung zwischen dem piezoelektrischen Aktor und dem Verschlusselement bereitzustellen.
2.1.1 Zum einen argumentiert die Einsprechende, dass das Erreichen einer Übersetzung mittels eines Hebels zum allgemeinen Fachwissen gehöre.
Dabei rege bereits E6 den Fachmann zum Vorsehen einer Übersetzung an (Spalte 3, Zeilen 5 bis 11, von E6). Der Einsatz von Hebeln bei Piezoaktoren zum Erreichen einer Übersetzung sei dem Fachmann allgemein geläufig und dem allgemeinen Fachwissen zuzuordnen. Somit gelangte der Fachmann durch die einfache Verwendung eines Hebels in der bekannten Dosiervorrichtung nach E6 ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Gegenstand. Hierbei verabschiedete sich der Fachmann auch nicht von dem Prinzip der temporären Verbindung, wie sie E6 lehre. Dazu habe er keine Veranlassung. Das (einzige) zu lösende Problem sei, eine Übersetzung bereitzustellen. Und dies werde dadurch gelöst, dass das Betätigungselement einen Hebel umfasse.
2.1.2 Zum anderen gebe das Dokument E10 den Hinweis, einen Übersetzungshebel mit einem piezoelektrischen Aktor zu verwenden, um die Längenänderungen des piezoelektrischen Aktors auf das Verschlusselement zu übertragen.
Entgegen den Feststellungen der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung stimme der grundsätzliche Zweck der Lehre von E10 mit der in E6 offenbarten überein. Der Unterschied zwischen E6 und E10 sei der, dass E6 ein sogenanntes "normally open valve" offenbare, während E10 ein sogenanntes "normally closed valve" zeige. E6 und E10 unterscheiden sich in der Richtung der Bewegung des Verschlusselements zum Abgeben des Fluids. Der Fachmann sei aber ausgehend von der objektiven technischen Aufgabe nicht auf der Suche nach einem neuen Prinzip der Fluidabgabe, sondern der Gestaltung des Aktuators, der sich bei "normally open" und "normally closed" Ventilen nicht im grundsätzlichen Aufbau, sondern ebenfalls nur in der Richtung unterscheide. Das Wirkprinzip des Ventils ("normally closed" oder "normally open") ließe der Fachmann bei der Suche nach Kombinationsmöglichkeiten außer Acht, da einerseits das Wirkprinzip bereits durch E6 festgelegt sei und dem Fachmann andererseits bekannt sei, dass sowohl "normally open" als auch "normally closed" Anordnungen gängige Praxis für Dosiersysteme seien. Der Fachmann übertrage die Lehre von E10 daher auch auf einen Schließmechanismus zur Weiterbildung der Lehre von E6.
Auch wenn bei dem in der E10 offenbarten Hebelarm eine Umlenkung der Bewegungsrichtung erfolge, so zähle es zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, die Anordnung aus Aktor, Hebelarm und Betätigungselement so zu wählen, dass je nach Öffnungs- und Schließrichtung des Ventils der Hebelarm je nach Anordnung der Auflageposition seine Weg/Kraftübersetzung in die gewünschte Richtung und mit der gewünschten Übersetzung entfalte.
Ausgehend von E6 und der technischen Aufgabe, zwischen dem piezoelektrischen Aktor und dem Verschlusselement eine Übersetzung zu erreichen, verwerfe der Fachmann das in E6 offenbarte Prinzip der temporären Trennung zur Impulsübertragung nicht deshalb, weil E10 die Trennung nicht zur Impulsübertragung nutze. Der Fachmann sei auf der Suche nach einer Übersetzung zwischen dem Aktor-Hebelsystem und dem Verschlusselement und nicht auf der Suche nach einem neuen Schließsystem oder einem neuen Prinzip Fluid abzugeben.
E10 gehe von einem Problem aus, das mit der technischen Aufgabe, eine Übersetzung bereitzustellen, übereinstimme (vgl. Absatz [0005] von E10). Der Fachmann zöge demnach die technische Lehre von E10 zur Lösung der Aufgabe heran, übertrage beispielsweise die in Figur 4 von E10 gezeigte Anordnung des piezoelektrischen Aktors mit Übersetzungshebel direkt in Figur 2a von E6 und gelangte so ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Gegenstand.
2.2 Die Kammer ist von der Argumentation der Einsprechenden nicht überzeugt. Entgegen der Meinung der Einsprechenden unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag von der Offenbarung von E6 nicht nur dadurch, dass das Betätigungselement einen Hebel umfasst, sondern dadurch:
"dass das Betätigungselement einen Hebel umfasst, der den Aktor mit dem Verschlusselement temporär verbindet."
Die Einsprechende lässt in ihrer Argumentation offensichtlich die Bedeutung des Relativpronomens "der" im Unterscheidungsmerkmal außer Acht, nämlich dass der Hebel den Aktor mit dem Verschlusselement temporär verbindet. In der Folge geht die Einsprechende von einer nicht ordnungsgemäß formulierten Aufgabe aus. Die Kammer teilt die Auffassung der Patentinhaberin, dass die von der Einsprechenden formulierte Übersetzungsaufgabe bereits die Lösung, aber nicht die objektive technische Aufgabe ist.
Die Kammer folgt der Argumentation der Patentinhaberin, dass aus dem Hebel entsprechend dem Unterscheidungsmerkmal sich die technische Wirkung einer vorteilhaften Übersetzung bei dem Impulsübertrag ergibt (siehe Streitpatent Absatz [0030]). Mittels des Hebels kann der kleine, schnelle Hub des piezoelektrischen Aktors in eine Bewegung mit hoher Umfangsgeschwindigkeit und folglich besonders hoher Auftreffgeschwindigkeit am Anschlagort umgewandelt werden kann. Durch das Zusammenwirken von schnellem Piezo und Hebel wird somit ein Impulsübertrag auf das Verschlusselement erzielt, durch den das Verschlusselement noch schneller und effektiver seine Verschlusswirkung entfaltet und somit der gewünschte besonders exakte Tropfenabriss (siehe Streitpatent Absatz [0003]) erzielt wird.
Die objektive technische Aufgabe ist somit darin zu sehen, eine Verbesserung des Tropfenabrisses zu erzielen (siehe Streitpatent Absatz [0008]).
Das unstreitig als nächstliegender Stand der Technik angesehene Dokument E6 beschreibt ein Dosiersystem mit einem hydraulischen Aktorsystem, bei dem eine temporäre Verbindung zwischen dem Betätigungselement und dem Verschlusselement vorgesehen ist. In Absatz [0038] von E6 ist zwar der alternative Einsatz eines piezoelektrischen Aktors erwähnt. Allerdings ist dessen Anordnung im Dosiersystem nicht gezeigt.
Hierbei stimmt die Kammer der Einsprechenden nicht zu, dass Anspruch 1 nicht auf eine bestimmte Anordnung von Piezoaktor, Hebel und Verschlusselement beschränkt sei und jede funktionierende Anordnung von Piezoaktor, Hebel und Verschlusselement den Gegenstand des Unterscheidungsmerkmals demnach vorwegnehme. Denn entsprechend dem Vortrag der Patentinhaberin ist festzustellen, dass Anspruch 1 eindeutig formuliert, dass das Betätigungselement einen Hebel umfasst, wobei der Hebel den piezoelektrischen Aktor mit dem Verschlusselement temporär verbindet. Dadurch ist eine bestimmte Art der Anordnung von Piezoaktor, Hebel und Verschlusselement sehr wohl in Anspruch 1 aufgezeigt.
2.2.1 Dass das Auffinden der beanspruchten Anordnung von Piezoaktor, Hebel und Verschlusselement dem Fachmann keine Geschicklichkeit oder Fähigkeit abverlange, die über das bei einem Fachmann voraussetzbare Maß hinausginge, ist eine unbewiesene Behauptung der Einsprechenden.
Selbst wenn man rein argumentationshalber der Einsprechenden folgte, dass der Fachmann einen Hebel in Verbindung mit einem piezoelektrischen Aktor in das Dosiersystem von E6 einsetzte, sähe der Fachmann sich mit mehreren Fragen konfrontiert, wie der Anordnung und der Art der Verbindung von Piezoaktor, Hebel und Verschlusselement, für die er in E6 keine Antwort fände.
Entsprechend der angefochtenen Entscheidung unter Punkt II.3.2.2 ist daher festzustellen, dass durch die bloße Verwendung eines Hebels für den piezoelektrischen Aktor in E6 nicht der beanspruchte Gegenstand erreicht wird. Der Fachmann wüsste also selbst beim Einsatz eines Hebels immer noch nicht, wie er diesen im Dosiersystem nach E6 anordnete, so dass der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von der Offenbarung von E6 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen erfinderisch ist.
2.2.2 Der Lehre von Dokument E10 ist ein piezoelektrisches Aktorsystem in Verbindung mit einem Hebel zu entnehmen.
Hierbei bezweckt E10 einen dynamischen und verschleißarmen Öffnungsmechanismus für ein Ventil und keinen Schließmechanismus mit hohem Impulsübertrag. Zwar ist nach E10 eine temporäre Trennung zwischen dem Betätigungselement und dem Verschlusselement gegeben. Diese Trennung ist aber in der geschlossenen Ventilstellung vorgesehen (siehe Absatz [0021] von E10). E10 enthält keine Anregung, eine solche Trennung für eine Impulsübertragung beim Schließen vorzusehen. Denn entgegen der Meinung der Einsprechenden während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ist in Anspruch 1 eindeutig eine Bewegung in einer Verschlussrichtung angegeben.
Die Richtung der Kraftübertragung auf das Verschlusselement nach der Lehre von E10 ist also gänzlich entgegengesetzt, so dass der Fachmann vom Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag weggeleitet wird.
Aufgrund des umgekehrten Wirkprinzips - in der E6 ist ein Schließmechanismus und in E10 ein Öffnungsmechanismus offenbart - kombinierte der Fachmann E6 nicht mit E10. Der Fachmann erhält auch keinerlei Anregung, das umgekehrte Wirkprinzip des Ventils nach E10 in das bekannte Dosiersystem nach E6 einzubauen.
Die Einsprechende hat nicht überzeugend widerlegt, dass die entgegengesetzten Bewegungsrichtungen nicht kombinierbar sind, so dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag auch ausgehend von E6 in Anbetracht der Lehre von E10 erfinderisch ist.
2.3 Die Merkmale des nebengeordneten Verfahrensanspruchs 11 korrespondieren mit denen des Vorrichtungsanspruchs 1, so dass der Gegenstand von Anspruch 11 gemäß Hauptantrag entsprechend den oben unter Punkt 2.2 genannten Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3. Die Einsprechende hat somit die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zur erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 11 gemäß Hauptantrag nicht in überzeugender Weise dargelegt.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.