T 0166/21 17-09-2021
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KUNSTSTOFFBEHÄLTER FÜR EINEN DEOROLLER
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent 2802235 zurückgewiesen worden ist.
II. Die Einspruchsabteilung fand unter anderem, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs ausgehend von D2 (EP 1 673 998 A) in Kombination mit dem Fachwissen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Mit ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte mit ihrer Beschwerdeerwiderung, die Beschwerde zurückzuweisen.
Hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung.
IV. Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt (Merkmalsgliederung wie in der angefochtenen Entscheidung):
M1:"Kunststoffbehälter für einen Deoroller, umfassend
M2: ein Aufnahmebehältnis (2) und
M3: einen Rollkäfig (3) für die unverlierbare rotierbare
Halterung einer Applikationskugel (13),
M4: wobei der Rollkäfig (3) einstückig mit dem
Aufnahmebehältnis (2) ausgebildet ist
M5: und in einem Extrusionsblasverfahren aus einem
extrudierten Kunststoffschlauch hergestellt ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
M6: der einstückig angeformte Rollkäfig (3) an einem
Übergang zum Aufnahmebehältnis (2) einen ringförmig umlaufenden Dichtbereich aufweist, und
M7: dass der Rollkäfig (3) wenigstens in diesem
Dichtbereich eine durch Koextrusion hergestellte Innenschicht aufweist,
M7.1: die weicher ist als eine Aussenschicht des Rollkäfigs
(3)."
V. In der Beschwerdebegründung befasste sich die Beschwerdeführerin ausschließlich mit der Frage der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D2. Sie führte im wesentlichen folgendes aus:
Die Einspruchsabteilung habe die Merkmale M1, M2, M3, M4 und M6 in D2 verwirklicht gesehen.
(i) Dadurch, dass die Patentinhaberin die Anordnung des Merkmals M5 im Oberbegriff des Anspruchs 1 gewählt habe, sei nachgewiesen, dass dieses Merkmal dem Fachmann allgemein bekannt sei. Das Herstellungsverfahren sei in D2 nicht in Detail beschrieben, weil das Extrusionsblasverfahren allgemein bekannt sei.
(ii) D2 offenbare einen dickeren Bereich und einen dünneren Bereich. Letzterer, da dünner, weise eine höhere Verformbarkeit auf. Diese Bereiche seien somit äquivalent zu den beanspruchten Schichten gemäß Merkmalen M7 und M7.1.
(iii) Es verbleibe somit als Unterschied gegenüber D2 nur das mehrfach erwähnten Extrusionsblasverfahren. Dieses übliche Verfahren sowie seine Vorteile (eine einfachere, kontinuierliche Produktion und mit günstigeren Werkzeugen) seien aber dem Fachmann geläufig, so dass dessen Anwendung naheliegend sei.
1. Erfinderische Tätigkeit
1.1 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 wird nicht durch die Kombination von D2 mit dem Fachwissen nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).
1.2 Die Kammer folgt der Ansicht der Einspruchsabteilung, wonach der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sich von dem Kunststoffbehälter aus D2 durch die Merkmale M5, M7 und M7.1 und nicht nur durch das mehrfach erwähnte Extrusionsverfahren unterscheidet. Insbesondere ist eine Innenschicht im Dichtbereich, die weicher als eine Außenschicht des Rollkäfigs ist, nicht in D2 offenbart (Merkmale M7 und M7.1). Dass die von der Beschwerdeführerin erwähnten dickeren und dünneren Bereiche in D2 äquivalent zu den beanspruchten Schichten seien, genügt nicht, um die Merkmale M7 und M7.1 vom erteilten Anspruch 1 vorwegzunehmen. Damit D2 diese Merkmale offenbart, müssen sie unmittelbar und eindeutig aus der Offenbarung von D2 hervorgehen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Infolgedessen überzeugt die Argumentationslinie hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D2 nicht, da die Beschwerdeführerin bei der Anwendung des Aufgabelösungsansatzes von einem fehlerhaft bewerteten Offenbarungsgehalt der D2 ausgeht.
Die Merkmale M5, M7 und M7.1 sind daher im Einklang mit der Einschätzung der Einspruchsabteilung als Unterschiede des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegenüber D2 anzusehen.
1.3 Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, warum die Fachperson ausgehend von D2 unter Berücksichtigung ihres allgemeinen Fachwissens auch bei Anerkennung der weiteren Unterscheidungsmerkmale dazu veranlasst würde, die aus D2 bekannte Vorrichtung so abzuwandeln, dass diese nicht nur die Merkmale 5, sondern auch 7 und 7.1 aufweist, also im Dichtbereich eine Innenschicht hat, die weicher als eine Außenschicht des Rollkäfigs ist. Die Kammer sieht hierzu ebenfalls weder in der D2 noch im allgemeinen Fachwissen eine Veranlassung und schließt sich daher den Ausführungen der Einspruchsabteilung an, auch was die dortigen Ausführungen betrifft, dass ein vordergründig äquivalent erscheinendes Merkmal nicht automatisch nahegelegt ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist die Einschätzung nicht zu beanstanden, dass es sich nicht nur um eine gleichwertige alternative Lösung handelt, sondern - angesichts der Lösung der Aufgabe, eine bessere Abdichtung herbeizuführen - um eine Verbesserung, die ausgehend von D2 nicht nahegelegt ist (siehe Punkt 13.4 bis 13.4.4 der angefochtenen Entscheidung).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.