T 0034/01 18-02-2003
Download und weitere Informationen:
Wasserarmatur
I. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr. 0 681 127 eingelegte, auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende erfinderische Tätigkeit) gestützte Einspruch führte zu der am 20. November 2000 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung, in der festgestellt wurde, daß das Patent unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.
Von den im Einspruchsverfahren zum Stand der Technik genannten Druckschriften haben im Beschwerdeverfahren nur noch die (D4) DE-A-3 707 705, die (D6) DE-A-3 332 773 und die (D8) DE-C-3 119 313 eine Rolle gespielt.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 30. Dezember 2000 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 14. März 2001 eingegangen.
III. Am 18. Februar 2003 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), d. h. das Patent im geänderten Umfang mit den folgenden, der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentanspruch 1, eingereicht am 11. Oktober 2000 und Ansprüche 2 bis 10 gemäß Patentschrift,
Beschreibung, Spalten 1, 2, eingereicht am 11. Oktober 2000 und Spalte 3 der Patentschrift,
Zeichnung, Figuren 1 bis 5 der Patentschrift
oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patent in geändertem Umfang auf der Basis der mit Schreiben vom 16. Januar 2003 eingereichten Ansprüche 1 bis 8.
Der Anspruch 1 nach dem Hautantrag lautet wie folgt:
"Wasserarmatur, insbesondere Einlochmischbatterie für Wasch- und/oder Spültische o. dgl., mit einem wenigstens eine Anschlußöffnung (10) für den Wasserzufluß und eine Wasserauslaßöffnung (11) aufweisenden Gehäuse (1), wobei im Gehäuse (1) ein Aufnahmeraum (12) für einen Ventilkartuscheneinsatz (4,5) ausgebildet ist, in dem jede Wasserzuflußleitung (2) in einer eigenen Anschlußöffnung (10) angeordnet ist, in der Stecklage an der Innenseite eines Gehäusebodens (13) mit einem Ringbund axial abgestützt ist und mit wenigstens einem Dichtring (22) gedichtet in den Ventilkartuscheneinsatz (4,5) hineingeführt ist, wobei der Ringbund als separater Sprengring (3) ausgebildet ist, der in der Stecklage in eine Ringnut (211) eines Steckerteils (21) der Zuflußleitung (2) einbringbar ist und der Sprengring (3) in seiner Raststellung in der Ringnut (211) von dem eingebauten Ventilkartuscheneinsatz im Gehäuse (1) verriegelt ist."
IV. Die Beschwerdeführerin argumentiert im wesentlichen wie folgt:
Bei der in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents als bekannt eingeräumten Wasserarmatur sei jede Wasserzuflußleitung in der Stecklage innerhalb der Anschlußöffnung an der Innenseite des Gehäusebodens der Wasserarmatur mit einem Ringbund axial abgestützt. Solche Leitungsbefestigungen seien im Prinzip schon aus der Druckschrift D8 oder der DE-A-2 331 000 (D9) bekannt. Um vom Stand der Technik zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zu kommen, genüge es, den zur Halterung dienenden Ringbund jeder Wasserzuflußleitung gemäß der Lehre des Anspruchs 1 als separaten Sprengring auszubilden. Die weiteren, in den letzten Zeilen des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale, nämlich daß der Sprengring in der Stecklage in eine Ringnut eines Steckersteils der Zuflußleitung einbringbar ist und in seiner Raststellung in der Ringnut von dem eingebauten Ventilkartuscheneinsatz im Gehäuse verriegelt ist, seien eine notwendige Folge der Verwendung des Sprengrings.
Es sei bekannt, wie z. B. die D4 zeige, Steckverbindungen von Rohren durch Sprengringe axial zu sichern. Dabei handle es sich um die allgemein bekannte typische Funktion eines Sprengrings. Auch die D6 offenbare nach dem Vorbild ihrer Figur 3, daß der in der Figur 5 gezeigte, als Sicke 310 ausgebildete Ringbund durch einen Federring ersetzt werden könne. Ein Sprengring und ein Federring seien funktionell gleichwertige Maschinenelemente. Es sei daher schon aufgrund des allgemeinen Fachwissens naheliegend, bei den im Streitpatent eingangs beschriebenen, bekannten Wasserarmaturen anstelle des am Ende der Leitungen fest angebrachten Ringbundes einen Sprengring zur Axialsicherung anzubringen, wodurch, wie aus der D6 (Figur 3) bekannt sei, die Wasserzuflußleitungen von unten in das Gehäuse der Wasserarmatur eingeschoben und verriegelt werden könnten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
V. Die Beschwerdegegnerin widersprach diesem Vorbringen und betonte, daß die in der D6 bekannte Verwendung eines Federrings nicht mit der beanspruchten Anordnung eines Sprengrings vergleichbar sei. Bei der D6 müsse der Federring beim Einschieben der Leitungen zusammengedrückt werden, wobei er sich bei Erreichen der Endlage durch Einrasten in eine Gehäusenut wieder ausdehne. Falls der bekannte Federring eine lösbare Verbindung verwirkliche, dann sei ein Lösen der Zuflußleitungen aus ihrer Stecklage z. B. bei Wasserschlägen möglich. Im Falle der Verwendung eines aus der Haltenut nicht mehr lösbaren Federringes sei die Verriegelung im Falle eines Austausches der Zuflußleitungen nicht mehr aufzuheben. Der Stand der Technik nach der D6 unterscheide sich wesentlich vom beanspruchten Gegenstand, der daher durch den Stand der Technik nicht nahegelegt sei.
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ. Sie ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Der Wortlaut des Anspruchs 1 läßt sich in folgende Teilmerkmale aufgliedern:
(A) Wasserarmatur, insbesondere Einlochmischbatterie für Wasch- und/oder Spültische od. dgl.
(B) Die Wasserarmatur hat ein wenigstens eine Anschlußöffnung (10) für den Wasserzufluß und eine Wasserauslaßöffnung (11) aufweisendes Gehäuse (1).
(C) In dem Gehäuse (1) ist ein Aufnahmeraum (12) für einen Ventilkartuscheneinsatz (4,5) ausgebildet.
(D) In dem Ventilkartuscheneinsatz (4,5) ist jede Wasserzuflußleitung (2) in einer eigenen Anschlußöffnung (10) angeordnet.
(E) Jede Wasserzuflußleitung (2) ist in der Stecklage an der Innenseite eines Gehäusebodens (13) mit einem Ringbund axial abgestützt und mit wenigstens einem Dichtring (22) gedichtet in den Ventilkartuscheneinsatz (4,5) hineingeführt.
(F) Der Ringbund ist als separater Sprengring (3) ausgebildet.
(G) Der Sprengring (3) ist in der Stecklage in eine Ringnut (211) eines Steckerteils (21) der Zuflußleitung einbringbar.
(H) Der Sprengring (3) ist in seiner Raststellung in der Ringnut (211) von dem eingebauten Ventilkartuscheneinsatz im Gehäuse (1) verriegelt.
Eine Wasserarmatur mit den Teilmerkmalen A bis E ist, wie die Beschwerdegegnerin ausdrücklich eingeräumt hat, offenkundig vorbenutzt worden und zählt daher zum Stand der Technik. Bei derartigen Wasserarmaturen müssen die Wasserzuflußleitungen mit ihren für den Anschluß an das Versorgungsleitungsnetz vorgesehenen, relativ langen Rohrabschnitten von dem Aufnahmeraum des Armaturengehäuses aus durch die Anschlußöffnungen bis zur Anlage ihres Ringbundes am Gehäuseboden durch die Anschlußöffnungen geschoben werden. Dieser Montagevorgang ist daher aufwendig und erfordert des weiteren einen kleinen Durchmesser für die Zuflußleitungen.
Dem Streitpatent liegt daher die Aufgabe zugrunde, die bekannte Anschlußvorrichtung zu verbessern und insbesondere ein kostengünstiges, variables und sicheres Stecksystem für die Zuleitungen zu schaffen, bei dem auch Schläuche als Zuflußleitung eingesetzt werden können.
Infolge der im Anspruch 1 des Streitpatents beanspruchten Ausbildung des Ringbundes als separater Sprengring (Teilmerkmal F), der in der Stecklage der Zuflußleitung in eine Ringnut eines Steckerteils der Zuflußleitung einbringbar ist (Teilmerkmal G), wird der Sprengring in seiner Raststellung in der Ringnut von dem eingebauten Ventilkartuscheneinsatz im Gehäuse verriegelt (Teilmerkmal H). Der Sprengring wird also, nach dem von der Anschlußseite her erfolgenden Durchstecken der Zuflußleitungen durch die Anschlußöffnungen, in die aus dem Gehäuseboden hervorragende Ringnut jeder Anschlußleitung eingeschoben, wobei nach dem Einschnappen des als Sicherungsring wirkenden Sprengrings in die Ringnut und dem Aufsetzen des Ventilkartuscheneinsatzes der Sprengring zwischen der Innenseite des Gehäusebodens und dem Ventilkartuscheneinsatz sowohl axial als auch radial formschlüssig gehalten und verriegelt ist.
2.2. Die in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents gewürdigte und von der Beschwerdegegnerin als bekannt bezeichnete Wasserarmatur offenbart, wie erwähnt, lediglich die Teilmerkmale A bis E aus dem Anspruch 1 des Streitpatents. Auch die Druckschriften D8 und D9 kommen unbestritten dem beanspruchten Gegenstand zumindest nicht näher als der als bekannt bezeichnete Gegenstand.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist im Vergleich zum aufgedeckten Stand der Technik unbestritten neu.
2.3. Diesem Stand der Technik ist kein Hinweis zu entnehmen, die axiale Abstützung der Wasserzuflußleitung anders als in der durch sie offenbarten Weise auszuführen, nämlich durch Anbringung eines Ringbundes am Ende der Wasserzuflußleitung, der die axiale Sicherung zwischen dem Bodenteil und dem Kartuscheneinsatz der Wasserarmatur gewährleistet.
Um das nachteilige Durchschieben der Zuflußleitungen von der Kartuschenseite her zu vermeiden, erhält der Fachmann aus der Druckschrift D6 die Empfehlung, die Wasserzuflußleitungen von der unteren Anschlußseite her in das Bodenteil der Wasserarmatur bis zu einem Anschlag gegen einen Absatz der Anschlußöffnungn einzustecken, wobei sich gemäß Anspruch 1 der D6 ein radial vor- und zurückspringender Bereich der Anschlußleitung nach unten in Löserichtung des Steckers an einer Gegenhalteeinrichtung abstützt, die ebenfalls von der Unterseite des Bodenteils her an das Bodenteil herangeführt und an diesem befestigt ist. Dabei kann nach dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 und 2 der vor- und zurückspringende Bereich ein durch Stauchen der Zulaufleitung erzeugter Ringbund sein, wobei die Gegenhalteeinrichtung eine gegen die Unterseite des Bodenteils geschraubte, den Ringbund axial sichernde Platte darstellt. Bei einer weiteren Ausführungsmöglichkeit nach den Figuren 3 und 4 der D6 ist im Mantel des Zulaufrohres eine rillenartige Vertiefung angebracht, in die als Gegenhalteeinrichtung ein Federring eingelegt ist, der beim Einschieben der Zuflußleitung in eine Nut in der Wand der Aufnahmebohrung für die Zuflußleitung einfedert und dadurch die eingesteckte Wasserzuflußleitung axial sichert. Bei der Wasserarmatur nach der D6 erfolgt demnach das Einstecken der Wasseranschlußleitungen sowie deren axiale Sicherung ausschließlich von der Unterseite der Wasserarmatur her, wobei eine Montage der Anschlußleitungen, im Gegensatz zum Streitpatent, auch noch dann erfolgen kann, wenn Gehäuseboden und Ventilkartuscheneinsatz schon aneinander befestigt sind. Die D6 verweist somit einem fachmännischen Leser in eine vom Streitpatent wegführende Richtung, indem sie neben dem von der Unterseite her erfolgenden Einstecken der Anschlußleitungen auch deren Sicherung, im Gegensatz zur beanspruchten Wasserarmatur, von unten her empfiehlt. Gemäß D6 wird nämlich in der Aufnahmebohrung ein Anschlag vorgesehen, während beim Streitpatent die Enden der Anschlußleitungen durch den Gehäuseboden hindurchgeschoben werden, so daß die axiale Sicherung der Anschlußleitung mittels eines auf der Oberseite des Gehäusebodens in eine Nut der Anschlußleitung einschiebbaren Sprengrings erfolgen kann. Die beanspruchte Montage der Anschlußleitungen setzt beim Streitpatent also voraus, daß der Gehäuseboden nicht vor dem Einrasten des Sprengrings mit dem Ventilkartuscheneinsatz zusammengebaut wird. Von der D6 geht jedoch keine Empfehlung aus, die axiale Sicherung der Anschlußleitung von der Oberseite des Gehäusebodens her, also ventilkartuschenseitig zu bewerkstelligen.
Bei der Armatur nach der D4 sind im Bodenteil Rohrstutzen 3 eingelötet, die an ihrem äußeren Ende einen Adapter aufweisen, in dessen Innenbohrung die Anschlußleitungen von unten her eingeschoben und durch einen den Adapter teilweise durchsetzenden Sprengring axial gesichert werden. Auch diese bekannte Lösung führt in eine vom Streitpatent wegweisende Richtung, da die axiale Sicherung der Zuflußleitungen an einem Adapter außerhalb der Armatur erfolgt.
Die Argumentation der Beschwerdeführerin, daß es beim Stand der Technik mit den Teilmerkmalen A bis E des Streitpatents aufgrund der Druckschriften D4 und D6 nahegelegen habe, den an der Wasserzuflußleitung angeordneten Ringbund durch einen Sprengring zu ersetzen, beruht auf einer bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit nicht zulässigen, rückschauenden Betrachtung, denn die Lösungen nach der D4 und D6 offenbaren in allen Ausführungen Verriegelungseinrichtungen die innerhalb des Gehäusebodens der Wasserarmatur oder darunter angebracht sind und sich somit wesentlich von der oberhalb des Gehäusebodens erfolgenden Sprengring-Sicherung beim beanspruchten Gegenstand unterscheiden. Bei dem in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents erwähnten gattungsgemäßen Stand der Technik sowie bei den Wasserarmaturen nach den Druckschriften gemäß D8 und D9 erfolgt die axiale Sicherung zwar auch oberhalb des Gehäusebodens, jedoch wird dabei die Sicherung abweichend vom Streitpatent mittels eines an den Zuflußleitungen angeformten Ringbunds durchgeführt, wobei die Anschlußleitungen, gleichfalls im Gegensatz zum Streitpatent, über ihre ganze Länge von oben her bis zur Anlage des Ringbunds am Gehäuseboden durch diesen hindurchgeschoben werden müssen. Der Fachmann erhält daher weder von der D4 und der D6 noch vom weiteren Stand der Technik eine Anregung, die armaturseitigen Enden der Zuflußleitungen von unten her völlig durch den Gehäuseboden hindurchzuschieben und dann die axiale Sicherung mittels eines Sprengrings von oben her zu bewerkstelligen.
3. Aus diesen Gründen kommt die Beschwerdekammer zu dem Schluß, daß der Gegenstand nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht nur neu ist, sondern auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Das Patent hat somit auf der Basis der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Unterlagen gemäß Hauptantrag Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.