T 1292/09 22-10-2010
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Polymerbeschichtete, granulierte enzymhaltige Futtermittelzusätze und Verfahren zu deren Herstellung
Verspätet vorgebrachter Antrag (zugelassen)
Änderungen - Stütze in der ursprünglichen Offenbarung (bejaht)
Änderungen - Erweiterung des Schutzumfangs (verneint)
Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit - bekannter Bestandteil - neuer Verwendungszweck (verneint)
I. Die Beschwerde der Inhaberin des Patentes EP 1 189 518 richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent zu widerrufen.
II. Die Einsprechende hatte den Widerruf des Patentes im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) sowie Artikel 100 c) EPÜ beantragt.
Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem vorgelegt:
D3: H. Mayer et al., "Herstellung magensaftresistent überzogener Enzympräparate für den Einsatz als Verdauungshilfen in der Tierernährung", Wien. Tierärztl. Mschr. 81, 1994, Seiten 103-107;
D16: WO 92/12645 A1; sowie
D23: Anlage 2 (Versuchsdaten) des Schriftsatzes der Patentinhaberin vom 22. Februar 2008.
III. Der am 12. März 2009 mündlich verkündeten und am 6. April 2009 schriftlich begründeten Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Streitpatents lagen der in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichte Hauptantrag sowie der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag 1 zugrunde. Mehrere Ansprüche des Hauptantrages enthielten Polyethylenglycolbeschichtungen ausschließende Disclaimer, die nach Auffassung der Einspruchsabteilung die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ verletzten. Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 war auf die Verwendung bestimmter futtermitteltauglicher polymerer Beschichtungsmittel zur Verbesserung der Pelletierstabilität granulierter enzymhaltiger Futtermittelzusätze gerichtet. Bezüglich dieses Hilfsantrages stellte nach Auffassung der Einspruchsabteilung D16 den nächstliegenden Stand der Technik dar. Der Seite 4 der D16 sei bereits zu entnehmen gewesen, dass eine Polymerbeschichtung zu einer weiteren Verbesserung der Enzymstabilität und damit der Pelletierstabilität führe. Weder im Streitpatent, noch in den mit D23 vorgelegten Versuchsdaten liege ein Vergleich der anspruchsgemässen Polymere mit nicht anspruchsgemäßen Polymeren vor. Daher sei kein durch die Wahl der anspruchsgemässen Polymere erreichter unerwarteter Effekt belegt, so dass die erfinderische Tätigkeit gegenüber D16 zu verneinen sei.
IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 18. Mai 2009 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. In der am 17. August 2009 eingereichten Beschwerdebegründung legte die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag sowie Hilfsanträge 1, 2, 3-A, 3-B und 3-C vor. Diese Anträge wurden mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 23. August 2010 durch gleichnamige Anträge ersetzt. Gleichzeitig wurden von der Beschwerdeführerin eingereicht
D24: R. Voigt, "Pharmazeutische Technologie für Studium und Beruf", 7. Auflage, Berlin: Ullstein Mosby, 1993, Seite 217; sowie
D25: BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE, 19. Auflage, 8. Band, Mannheim, 1989, Seite 68.
V. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 erfolgte die Antwort der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) auf die Beschwerdebegründung.
VI. Mit Bescheid vom 10. Mai 2010 wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In einer dem Bescheid beigefügten vorläufigen Stellungnahme äußerte sich die Kammer unter anderem zu den Erfordernissen des Artikels 123(3) EPÜ.
VII. Am 22. Oktober 2010 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. In der Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin ein neuer Hauptantrag eingereicht und alle übrigen Anträge zurückgezogen. Neben dem bereits schriftlich vorgebrachten Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde wurde von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung beantragt, den neuen Hauptantrag nicht zuzulassen.
Der neue Hauptantrag umfasst nur einen Anspruch, der wie folgt lautet:
"1. Verwendung eines futtermitteltauglichen polymeren Beschichtungsmittels zur Verbesserung der Pelletierstabilität granulierter enzymhaltiger Futtermittelzusätze durch Beschichten mit einem Polymer, wobei man zur Beschichtung
in einem Wirbelbett eine 10 bis 50 gew.-%ige wässrige oder nicht wässrige Lösung wenigstens eines Polymers einsetzt, das ausgewählt ist unter
(1) Polyalkylenoxid-Copolymeren, mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 4000 bis 20000, insbesondere Blockcopolymeren von Polyoxyethylen und Polyoxypropylen;
(2) Polyvinylpyrrolidon mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 7000 bis 1000000;
(3) Vinylpyrrolidon/Vinylacetat-Copolymeren mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von etwa 30000 bis 100000;
(4) Polyvinylalkohol mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 20000 bis 100 000; und
(5) Hydroxypropylmethylcellulose mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 6000 bis 80000; oder
in einem Wirbelbett eine 10 bis 40 gew.-%ige wässrige oder nichtwässrige Dispersion oder Lösung wenigstens eines Polymers einsetzt, das ausgewählt ist unter:
(6) Alkyl(meth)acrylat-Polymeren und -Copolymeren mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 100000 bis 1000000; insbesondere Ethylacrylat/Methylmethacrylat-Copolymeren und Methylacrylat/Ethylacrylat-Copolymeren; und
(7) Polyvinylacetat mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 250000 bis 700000, ggf. stabilisiert mit Polyvinylpyrrolidon; oder
in einem Wirbelbett eine Pulverbeschichtung mit einem Pulver eines festen Polymers durchführt, das ausgewählt ist unter Hydroxypropylmethylcellulosen mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 6000 bis 80000; im Gemisch mit einem Weichmacher; oder
in einem Wirbelbett oder Mischer eine Schmelze wenigstens eines Polymers verwendet, das ausgewählt ist unter:
Polyalkylenoxid-Copolymeren, mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 4000 bis 20000, insbesondere Blockcopolymeren von Polyoxyethylen und Polyoxypropylen."
VIII. Die im schriftlichen Verfahren sowie der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin können, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, wie folgt zusammengefasst werden:
Bezüglich des Antrags der Beschwerdegegnerin auf Nichtzulassung des neuen Hauptantrages sei zu berücksichtigen, dass durch diesen Antrag keine neuen Sachverhalte in das Verfahren eingeführt würden, sondern das Anspruchsbegehren auf einen einzigen Anspruch reduziert würde. Der Antrag diene daher auch der Verfahrensökonomie.
Der in Anspruch 1 enthaltene Zusammenhang zwischen der Verbesserung der Pelletierstabilität und der Verwendung eines polymeren Beschichtungsmittels sei insbesondere in Tabelle 1 der ursprünglichen Anmeldung offenbart. Ebenso fänden die in Anspruch 1 zitierten Polymere der ersten Beschichtungsalternative ihre Basis auf den Seiten 5 und Seite 6 der ursprünglichen Offenbarung. Die in diesen Textstellen ursprünglich offenbarten Polymere seien individualisiert dargestellt, so dass eine Streichung einzelner Polymere in Anspruch 1 den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ nicht zuwiderlaufe. Die in dieser Textstelle erwähnte Beschichtung eines Rohgranulats sei synonym zur anspruchsgemässen Beschichtung eines granulierten Futtermittelzusatzes. Anspruch 1 erfülle daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Bezüglich der Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ sei zu berücksichtigen, dass der erteilte Anspruch 18 einen gemäß der Entscheidung G 2/88 formulierten Verwendungsanspruch darstelle. Daher würde durch den in diesem Anspruch vorhandenen Disclaimer lediglich die Verwendung einer Polyethylenglycolbeschichtung zur Verbesserung der Pelletierstabilität ausgenommen. Geschützt sei daher durch den erteilten Anspruch die Verwendung beliebiger von Polyethylenglycol verschiedener Polymere. Im Gegensatz hierzu lasse der ebenfalls gemäß der Entscheidung G 2/88 formulierte neue Anspruch 1 nur die Verwendung bestimmter von Polyethylenglycol verschiedener Polymere zu. Somit sei der Schutzumfang des Anspruchs 1 enger als derjenige des erteilten Anspruchs 18 und die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ erfüllt.
Zur Frage der Neuheit gegenüber D3 sei zu beachten, dass D3 lediglich eine Milchauflösetemperaturstabilität nach bereits erfolgter Pelletierung, nicht jedoch die anspruchsgemässe Pelletierstabilität offenbare. Die Neuheit gegenüber D3 sei daher anzuerkennen.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei D16 als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten. D16 unterscheide sich vom Anspruchsgegenstand darin, dass eine Fett- oder Wachsschicht zwingend vorhanden sei und dass keines der anspruchsgemässen Polymere offenbart sei. Bezüglich D16 bestünde die Aufgabe darin, eine verbesserte Pelletierstabilität durch Beschichtung mit einer einzigen Schicht zu erreichen. Die Versuchsdaten in Tabelle 1 des Streitpatentes sowie in D23 belegten, dass infolge der anspruchsgemässen Polymerbeschichtung allein eine gegenüber unbeschichtetem Granulat verbesserte Pelletierstabilität erhalten würde. Die anspruchsgemäße Lösung dieses Problems sei D16 nicht zu entnehmen, da D16 nicht offenbare, dass Polymerbeschichtungen zu einer verbesserten Pelletierstabilität führten, nicht den geringsten Hinweis enthalte, welche konkreten Polymermaterialien für eine Beschichtung geeignet seien, und schließlich keine Lehre zur Verfügung stelle, die Fettschicht durch eine ausschließlich aus Polymer bestehende Einzelschicht zu ersetzen. Bezüglich einer Kombination von D16 mit D3 sei zu berücksichtigen, dass D3 nicht offenbare, das dort beschriebene Polymer zur Verbesserung der Pelletierstabilität zu verwenden. Somit sei die erfinderische Tätigkeit zu bejahen.
IX. Die im schriftlichen Verfahren sowie der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente der Beschwerdegegnerin können, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, wie folgt zusammengefasst werden:
Die von der Kammer in der mündlichen Verhandlung geäußerten Einwände, die zur Einreichung des neuen Hauptantrages geführt hätten, seien bereits im schriftlichen Vorbringen der Beschwerdegegnerin vom 18. Dezember 2009 in identischer beziehungsweise analoger Weise enthalten gewesen. Daher sei der neue Hauptantrag als verspätet vorgebracht zu betrachten und entsprechend nicht in das Verfahren zuzulassen.
Der Hauptantrag erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, da der in Anspruch 1 geforderte Zusammenhang zwischen der Verwendung der polymeren Beschichtungsmaterialien und der daraus resultierenden Verbesserung der Pelletierungsstabilität ursprünglich nicht offenbart sei. Hierbei scheide Versuch 1 als Basis aus, da er die anspruchsgemässe Verwendung nicht in der vom Anspruch geforderten Allgemeinheit offenbare. Darüber hinaus stellten die in Anspruch 1 zitierten Beschichtungsmittel eine ursprünglich nicht offenbarte Doppelauswahl aus zwei Listen dar. Schließlich fehle das ursprünglich offenbarte Merkmal des Beschichtens eines Rohgranulats in Anspruch 1. Dieser Anspruch erfülle daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Die Streichung des im erteilten Anspruch 18 enthaltenen Disclaimers führe zu einem Verstoß gegen Artikel 123(3) EPÜ. Insbesondere sei infolge dieser Streichung der Schutzumfang des Anspruchs 1 breiter als derjenige des erteilten Anspruchs 18, da in Anspruch 1 eine Polyethylenglycolbeschichtung nicht mehr ausgeschlossen sei. Ein weiterer Verstoß gegen Artikel 123(3) EPÜ läge dahingehend vor, dass Anspruch 1 eine Beschichtung mit einem Polymer vorschreibe, während der erteilte Anspruch 18 dieses Erfordernis in der Vergangenheitsform enthalte.
Dem Anspruchsgegenstand mangele es zudem an Neuheit gegenüber D3. Insbesondere sei in diesem Dokument die Verwendung von Eudragit® S, einem Copolymer aus Methacrylsäure und Methacrylsäuremethylester mit einem Molekulargewicht von 135000 Dalton, entsprechend dem anspruchsgemässen Polymer (6) zur Beschichtung eines anspruchsgemässen granulierten enzymhaltigen Futtermittelzusatzes offenbart. Ferner sei die Prüfung der Temperaturstabilität der in D3 erhaltenen beschichteten Futtermittelzusätze beschrieben und somit auch die anspruchsgemässe verbesserte Pelletierstabilität vorweggenommen. Schließlich sei die Aufbringungsart des Polymers ein das zu erhaltende Produkt definierendes Merkmal, das den im Sinne der Entscheidung G 2/88 formulierten Anspruch 1 nicht beschränken könne. Die Art der Aufbringung könne daher kein Unterscheidungsmerkmal darstellen.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei D16 als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten. D16 offenbare auf Seite 4, dass die Enzymstabilität von granulierten enzymhaltigen Futtermittelzusätzen durch Beschichten mit einem Polymer verbessert werde. Da die Verbesserung der Pelletierstabilität die zentrale Aufgabe der D16 sei, könne sich die erwähnte Enzymstabilität nur auf die Pelletierstabilität beziehen. Der einzige Unterschied bezüglich D16 bestünde daher in der Wahl der anspruchsgemässen Polymere. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die in D16 offenbarte zusätzliche Fett- oder Wachsschicht durch den Anspruch nicht ausgeschlossen sei und somit kein Unterscheidungsmerkmal darstelle. Weder im Streitpatent noch durch die experimentellen Daten D23 sei gezeigt worden, dass die Pelletierstabilität gegenüber D16 verbessert sei. Insbesondere sei nicht nachgewiesen, dass die Wahl der speziellen in Anspruch 1 genannten Polymere eine gegenüber nicht anspruchsgemässen Polymeren verbesserte Pelletierstabilität bedinge. Die objektive Aufgabe bestünde daher in der Verwendung weiterer Polymere. Die Wahl von geeigneten Polymeren stelle Teil des allgemeinen Fachwissens dar und sei darüber hinaus in Form des Eudragit® S bereits aus D3 bekannt. Dem Anspruchsgegenstand mangele es daher an erfinderischer Tätigkeit gegenüber D16 allein sowie in Kombination mit D3.
X. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Anspruchs 1, wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht.
XI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit des Hauptantrages (einziger Antrag)
Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Hauptantrag wurde während der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin eingereicht. Gemäß Beschwerdegegnerin ist dieser Antrag als verspätet vorgebracht zu betrachten und nicht in das Verfahren zuzulassen.
Nach Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern liegt es im Ermessen der Kammer, verspätet vorgebrachte Anträge zuzulassen. Bei der Ausübung dieses Ermessens sind die Komplexität des Vorbringens, der Verfahrensstand und die Verfahrensökonomie zu beachten.
Im vorliegenden Fall wurde durch den neuen Antrag die Zahl der Ansprüche von zuvor acht auf einen einzigen Anspruch reduziert, wobei im verbleibenden Anspruch 1 hinzugefügt wurde, dass die Beschichtung in einem Wirbelbett/Mischer erfolgt. Der neue Antrag ist durch die drastische Verringerung der Anspruchszahl stark vereinfacht, ohne dass durch die Hinzufügung in Anspruch 1 neue Mängel eingeführt werden (siehe unten). Der neue Antrag ist daher als nicht komplex anzusehen.
Anspruch 1 basiert auf Anspruch 1 des von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. August 2010 eingereichten vorhergehenden Hauptantrages. Die in Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale waren bereits im erteilten Anspruch 1 enthalten. Die Beschwerdegegnerin konnte somit durch diese Änderungen nicht überrascht sein. Wie von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten wurde, genügte daher die gewährte kurze Unterbrechung der Verhandlung (30 Minuten) zur vollständigen Analyse dieser Änderung.
Die Zulassung des neuen Antrags diente somit der Verfahrensökonomie und stand dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht entgegen. Der neue Hauptantrag wurde daher von der Kammer trotz des fortgeschrittenen Verfahrensstandes in das Verfahren zugelassen.
3. Auslegung des Anspruchs 1
Für die nachfolgende Analyse der Erfordernisse der Artikel 123(2), 123(3), 54 und 56 EPÜ ist die Kenntnis des durch Anspruch 1 geschützten Gegenstandes erforderlich.
Der erste Teil des Anspruchs 1 bezieht sich auf die Verwendung polymerer Beschichtungsmittel zur Verbesserung der Pelletierstabilität von Futtermittelzusätzen. Wie von beiden Parteien anerkannt wurde, stellt dieser Teil des Anspruchs einen im Sinne der Entscheidung G 2/88 (OJ EPO 1990, 93) formulierten Verwendungsanspruch dar. Beginnend mit der Formulierung "durch Beschichten mit einem Polymer" enthält der zweite Teil des Anspruchs 1 neben der Nennung bestimmter polymerer Beschichtungsmittel zusätzlich mehrere alternative Beschichtungsschritte, die hinsichtlich der Auftragung des Beschichtungsmittels (Auftragung als wässrige/nichtwässrige Lösung oder Dispersion bestimmter Konzentration, Auftragung als Pulver oder Schmelze, Auftragung in einem Wirbelbett oder Mischer) näher definiert sind. Anspruch 1 stellt somit eine Mischform zwischen
a) einem gemäß G 2/88 formulierten Verwendungsanspruch, und
b) einem Verfahrensanspruch dar.
Wie in Punkt 5.1 der Entscheidungsgründe der G 2/88 ausgeführt, stellt ein auf die Verwendung eines bestimmten Stoffes zur Erzielung einer Wirkung gerichteter Anspruch, entsprechend dem obigen Anspruchsteil a), keinen Verfahrensanspruch im Sinne des Artikels 64(2) EPÜ dar. Es ist daher nach Ansicht der Kammer nicht zulässig, Anspruch 1 dahingehend auszulegen, dass die anspruchsgemäße Verwendung (obiger Teil a)) bezüglich des Beschichtungsverfahrens (Auftragungsmerkmale in Teil b) oder bezüglich des durch ein solches Verfahren erhaltenen Produktes beschränkt ist. Anspruch 1 schützt daher ohne jede weitere Einschränkung Verwendungen der im Anspruch genannten Beschichtungsmittel zur Verbesserung der Pelletierstabilität granulierter enzymhaltiger Futtermittelzusätze.
4. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
4.1 Die Kammer stimmt mit der Beschwerdegegnerin darin überein, dass die ursprünglich eingereichte Anmeldung keinen im Sinne der Entscheidung G 2/88 formulierten, dem oben diskutierten Teil a) des Anspruchs 1 entsprechenden Anspruch enthält. Dieser Teil des Anspruchs, d.h. die Verwendung futtermitteltauglicher polymerer Beschichtungsmittel und die dadurch erzielte Wirkung der verbesserten Pelletierstabilität granulierter enzymhaltiger Futtermittelzusätze wird jedoch in der dem Versuch 1 zugehörigen Tabelle 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung beschrieben. Insbesondere enthält diese Tabelle die Überschrift "Erzielte Pelletierstabilität durch Coating - Übersicht". Hierbei bezieht sich der Ausdruck "Coating" auf die in der Tabelle genannten Polymerbeschichtungen. Der Effekt der Pelletierstabilität wird also gemäß Tabellenüberschrift durch die Polymerbeschichtung erreicht. Gleiches ergibt sich bei Betrachtung der Fußnote 2 der Tabelle, die die Verbesserung der Pelletierstabilität als die durch die Polymerbeschichtung ("Coating") hervorgerufene relative Erhöhung der Pelletierstabilität definiert (ausgedrückt als Retention der Enzymaktivität).
Von der Beschwerdegegnerin wurde vorgebracht, dass Tabelle 1 die anspruchsgemäße Verwendung nicht in der im Anspruch enthaltenen Allgemeinheit offenbare, da die Tabelle Teil des Versuchs 1 sei, der weitere nicht im Anspruch vorhandene Merkmale enthalte. Tabelle 1 beschreibt jedoch den besagten Zusammenhang für alle Beispiele 1-6 der ursprünglich eingereichten Anmeldung (siehe erste Spalte der Tabelle) und es geht aus der Tabelle selbst hervor, dass dieser Zusammenhang für verschiedene Polymere, Granulate, Coatinganteile und Pelletiertemperaturen besteht. Ferner handelt es sich bei der in Fußnote 2 der Tabelle 1 gegebenen Definition der Pelletierstabilität um eine Definition, die in der ursprüngliche eingereichten Anmeldung unabhängig von weiteren in Versuch 1 vorhandenen Merkmalen gegeben wird. Danben wird auf Seite 2, Zeile 37-40 darauf verwiesen, dass "... die erfindungsgemäßen polymerbeschichteten Futtermittelzusätze eine ausgezeichnete Pelletierstabilität besitzen,...". Die Argumentation der Beschwerdegegnerin geht daher ins Leere.
Teil a) des Anspruchs 1 erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
4.2 Anspruch 1 enthält in Teil b) mehrere verschiedene Beschichtungsalternativen. Als erste Beschichtungsalternative wird das Beschichten in einem Wirbelbett mit einer 10 bis 50 gewichtsprozentigen wässrigen oder nicht wässrigen Lösung wenigstens eines Polymers (1)-(5) genannt.
Dieses Merkmal wird auf Seite 5, Zeile 20 bis Seite 6, Zeile 7 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart, wobei die ursprünglich enthaltene Alternative einer Dispersion der genannten Polymere sowie die ursprünglich offenbarten Polyalkylenglycol- und Polyalkylenoxid-Polymere gestrichen wurden.
Gemäß Beschwerdegegnerin stellt diese Änderung eine Auswahl aus zwei Listen dar, nämlich erstens der Lösung aus der ursprünglich offenbarten Liste der Lösung und Dispersion und zweitens der Polymere (1)-(5) aus der Liste der sieben ursprünglich offenbarten Polymere a)-f). Da diese Doppelauswahl ursprünglich nicht offenbart sei, erfülle Anspruch 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Nach Auffassung der Kammer kann jedoch die Beibehaltung von fünf der sieben ursprünglich offenbarten Polymeralternativen nicht als eine durch Auswahl bedingte Individualisierung betrachtet werden, sondern stellt lediglich eine geringfügige Beschränkung der Listenmitglieder dar. Somit bleibt der ursprüngliche Grad der Allgemeinheit für die Polymere (1)-(5) bestehen. Diese Polymere konnten gemäß ursprünglicher Offenbarung entweder in Lösung oder in Dispersion aufgesprüht werden. Die Streichung einer Alternativen (d.h. Dispersion) für die Polymere kann daher nicht als Doppelauswahl aus zwei Listen angesehen werden.
Von der Beschwerdegegnerin wurde noch vorgebracht, dass das ursprünglich auf Seite 5, Zeile 21-24 offenbarte Merkmal des Beschichtens eines Rohgranulats im Anspruch fehle. Dieser Sichtweise kann sich die Kammer ebenfalls nicht anschließen. Seite 3, Zeile 1-10 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart "ein Verfahren zur Herstellung eines polymerbeschichteten, granulierten, enzymhaltigen Futtermittelzusatzes, wobei man ... Rohgranulat ... mit einem futtermitteltauglichen organischen Polymer beschichtet". Aus dieser Textstelle geht unmittelbar hervor, dass das Beschichten eines Futtermittelzusatzes synonym zum Beschichten eines Rohgranulats ist. Daher entspricht das in Anspruch 1 enthaltene Merkmal des Beschichtens eines Futtermittelzusatzes dem Beschichten eines Rohgranulats. Dieses Merkmal ist somit entgegen der Position der Beschwerdegegnerin in Anspruch 1 enthalten.
Die erste Beschichtungsalternative des Anspruchs 1 ist daher auf die ursprüngliche Offenbarung gestützt.
4.3 Gegen die weiteren in Anspruch 1 enthaltenen Beschichtungsalternativen wurden von der Beschwerdegegnerin keine Einwände erhoben. Nach Auffassung der Kammer ist jede dieser Beschichtungsalternativen in der ursprünglich eingereichten Anmeldung beschrieben. Teil b) des Anspruchs 1 ist somit auf die ursprünglich eingereichte Anmeldung gestützt.
4.4 Der nur aus dem Anspruch 1 bestehende Hauptantrag erfüllt daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
5. Änderungen - Artikel 123(3) EPÜ
5.1 Anspruch 1 geht auf den erteilten Anspruch 18 zurück. Zur Beurteilung der Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ ist zu prüfen, ob der oben unter Punkt 3 diskutierte Schutzumfang des Anspruchs 1 gegenüber demjenigen des erteilten Anspruchs 18 erweitert wurde. Hierzu ist der Schutzumfang des erteilten Anspruchs 18 zu analysieren.
5.2 Der erteilte Anspruch 18 stellt einen gemäß der Entscheidung G 2/88 formulierten Anspruch dar, der wie folgt lautet:
"Verwendung eines futtermitteltauglichen polymeren Beschichtungsmittels zur Verbesserung der Pelletierstabilität granulierter enzymhaltiger Futtermittelzusätze, welche mit dem Polymer beschichtet sind, wobei eine Beschichtung aus Polyethylenglycol, aufgebracht als Schmelze oder wässrige Lösung, ausgenommen ist."
Wie oben unter Punkt 3 bereits ausgeführt, gewährt ein im Einklang mit der Entscheidung G 2/88 formulierter Verwendungsanspruch keinen Schutz für das der Verwendung zugrundeliegende Verfahren sowie das dadurch erhaltene Erzeugnis (G 2/88, Punkt 5.1 der Entscheidungsgründe). Anspruch 18 kann daher bezüglich der Herstellung des beschichteten Granulats sowie dem daraus resultierenden beschichteten Granulat nicht beschränkt sein. Hieraus folgt, dass sich der in Anspruch 18 befindliche Disclaimer ("wobei eine Beschichtung aus Polyethylenglycol ... ausgenommen ist") nicht auf das beschichtete Granulat, sondern nur auf die anspruchsgemäße Verwendung beziehen kann. Ausgeschlossen sind durch den Disclaimer somit nur Verwendungen von Polyethylenglycol zum Zwecke der Erzielung einer verbesserten Pelletierstabilität. Daher sind durch den erteilten Anspruch 18 die Verwendung aller von Polyethylenglycol verschiedenen Polymere zur Erzielung einer verbesserten Pelletierstabilität abgedeckt.
5.3 Im Gegensatz hierzu ist, wie oben unter Punkt 3 ausgeführt wurde, der nun vorliegende Anspruch 1 auf die Verwendung bestimmter, von Polyethylenglycol verschiedener Beschichtungsmittel beschränkt. Daher ist der Schutzumfang des Anspruchs 1 enger als derjenige des erteilten Anspruchs 18. Die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ sind somit erfüllt.
5.4 Von der Beschwerdegegnerin wurde noch vorgebracht, dass ein Verstoß gegen Artikel 123(3) EPÜ dahingehend vorliege, dass Anspruch 1 eine Beschichtung mit einem Polymer in der Gegenwartsform vorschreibe ("durch Beschichten mit einem Polymer"), während der erteilte Anspruch 18 dieses Merkmal in der Vergangenheitsform enthalte ("welche mit dem Polymer beschichtet sind"). Beide Merkmale beziehen sich nicht auf die anspruchsgemäße Verwendung, sondern auf das Verfahren der Beschichtung. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist weder Anspruch 1 noch der erteilte Anspruch 18 hinsichtlich dieses Verfahrens beschränkt. Daher hat, selbst wenn ein Unterschied im Beschichtungsverfahren zwischen Anspruch 1 und dem erteilten Anspruch 18 vorliegen würde, dieser keinen Einfluss auf den Schutzumfang. Der Einwand der Beschwerdegegnerin ist somit nicht überzeugend.
6. Neuheit
6.1 Wie oben in Punkt 3 ausgeführt wurde, stellt die in Anspruch 1 zitierte Art der Aufbringung in Teil b) des Anspruchs keine Beschränkung des Anspruchs dar. Die Aufbringungsmerkmale müssen daher bei der Betrachtung der Neuheit unberücksichtigt bleiben.
6.2 D3 (rechte Spalte der Seite 104, Kapitel "Material und Methode") beschreibt die Herstellung eines Futtermitteladditivs. Die Herstellung umfasst die Granulierung eines mit Lactose verriebenen Lactaseenzyms in Anwesenheit von Polyvinylpyrrolidon in einem Pelletierteller und das sich anschließende Überziehen der erhaltenen Pellets mit einer Eudragit® S Schicht im Wirbelschichtverfahren.
Das im Granulierschritt erhaltene Produkt entspricht dem anspruchsgemässen granulierten enzymhaltigen Futtermittelzusatz. Das im sich anschließenden Schritt eingesetzte Eudragit® S stellt ein Methacrylsäure-Methacrylsäuremethylester-Copolymerisat mit einem mittleren Molekulargewicht von 135000 Dalton dar (linke Spalte der Seite 104, siebtletzte bis zweitletzte Zeile) und entspricht somit dem in Anspruch 1 genannten Polymer (6).
Es ist zu prüfen, ob das noch verbleibende Anspruchsmerkmal der Verwendung des Polymers zur Verbesserung der Pelletierstabilität ebenfalls in D3 offenbart ist. Im dem von der Beschwerdegegnerin erwähnten zweiten Absatz der rechten Spalte der Seite 104 und dem letzten Absatz der rechten Spalte der Seite 105 der D3 wird eine Prüfung der Temperaturstabilität des mit Eudragit® S überzogenen und pelletierten Enzympräparats beim Auflösen beschrieben. Im ersten Absatz der linken Spalte der Seite 106 offenbart D3 darüber hinaus, dass besagtes Enzympräparat bei einer fünfzehnminütigen Vorinkubation bei 50ºC keinen Enzymaktivitätsverlust erleidet. Die obigen Textstellen der D3 beziehen sich also ausschließlich auf eine Temperaturstabilität bei einem Auflösungs- bzw. Vorinkubationsprozess nach bereits erfolgter Pelletierung. Dies entspricht nicht einer Pelletierstabilität, die eine Stabilität der Enzyme beim Pelletiervorgang selbst darstellt. Auch in keiner anderen Textstelle der D3 wird eine Verbesserung der Pelletierstabilität offenbart. Der Verwendungszweck der verbesserten Pelletierstabilität stellt somit gegenüber D3 ein Unterscheidungsmerkmal dar.
6.3 D16 (Seite 2, Zeile 10-12) offenbart ein Enzym enthaltendes T-Granulat, welches als Komponente einer Futtermischung eingesetzt wird. Eine Komponente einer Futtermischung stellt einen Futtermittelzusatz dar. Das T-Granulat der D16 entspricht daher dem anspruchsgemässen granulierten enzymhaltigen Futtermittelzusatz.
Das T-Granulat der D16 ist mit einem Beschichtungsmittel, umfassend ein hochschmelzendes Wachs oder Fett, beschichtet (Seite 2, Zeile 11). Gemäß Seite 4,
Zeile 1-4 wird das so beschichtete T-Granulat vorzugsweise zur weiteren Erhöhung der Enzymstabilität zusätzlich mit einem Polymer beschichtet. In den der Seite 4 vorangehenden Textstellen, insbesondere Seite 1, Zeile 13-16 sowie Seite 2, Zeile 6-9, diskutiert D16 die Enzymstabilität als Stabilität der Enzyme bei der Pelletierung. Somit impliziert die auf Seite 4 offenbarte Erhöhung der Enzymstabilität infolge der Polymerbeschichtung eine Erhöhung der Pelletierstabilität durch besagte Beschichtung. Mithin offenbart D16 die anspruchsgemäße Verwendung eines Polymers zur Verbesserung der Pelletierstabilität durch Beschichten mit einem Polymer. Die Art des Polymers wird in D16 jedoch nicht näher definiert. Insbesondere werden die anspruchsgemäßen Polymere nicht offenbart.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich daher von D16 ausschließlich durch die Wahl der anspruchsgemäßen Polymere als Beschichtungsmittel. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Vorhandensein einer zusätzlichen Wachs- oder Fettschicht im Granulat der D16 entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kein Unterscheidungsmerkmal darstellt, da Anspruch 1 bezüglich des durch die Verwendung erhaltenen Granulats nicht eingeschränkt ist (siehe Punkt 3 oben).
6.4 Auch keines der weiteren im Verfahren befindlichen Dokumente offenbart eine Kombination aller Merkmale des Anspruchs 1. Aus diesem Grund ist die Neuheit des Gegenstandes des einzigen Anspruchs 1 des Hauptantrages anzuerkennen.
7. Erfinderische Tätigkeit
7.1 Das Streitpatent hat sich zum Ziel gesetzt, Futtermittelzusätze bereitzustellen, die sich durch eine verbesserte Pelletierstabilität, d. h. einer verbesserten Temperaturstabilität der Enzyme während des Pelletierprozesses, auszeichnen (Seite 2, Zeile 11-18, 27-28, 36-37 und 40-41).
Nach gängiger Rechtsprechung ist dasjenige Dokument als nächstliegender Stand der Technik auszuwählen, welches dem Streitpatent im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe und das zu erreichende Ziel am nächsten kommt.
Wie das Streitpatent befasst sich D16 mit der Problematik der Enzymstabilität während der Pelletierung enzymhaltiger Futtermittelzusätze (Seite 1, Zeile 13-20 und Seite 2, Zeile 4-9). Somit kann, wie von beiden Parteien anerkannt wurde, D16 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden.
Wie oben dargestellt, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von D16 lediglich durch die Wahl spezifischer Polymere als Beschichtungsmittel.
7.2 Die gemäß Streitpatent zu lösende Aufgabe besteht in der Verbesserung der Pelletierstabilität (Seite 2,
Zeile 11-18, 27-28, 36-37 und 40-41).
Die einzigen experimentellen Daten zur Pelletierstabilität liegen im Streitpatent in Form der Tabelle 1 auf Seite 12 vor. Ausgehend von dieser Tabelle kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass die Wahl der anspruchsgemässen Polymere zu einer Verbesserung der Pelletierstabilität gegenüber nicht anspruchsgemässen Beschichtungsmitteln führt. Im Gegenteil, die Pelletierstabilitäten, die mit den anspruchsgemässen Polymeren Polyvinylalkohol ("PVA") und Polyoxyethylen-Polyoxypropylen Blockcopolymer ("F68") erhalten werden, sind geringer als die mit nicht anspruchsgemäßem Fett oder Polyethylenglycol erreichte Pelletierstabilität (PEG 6000, Beispielnummer 6). Ausgehend vom Streitpatent ist es somit nicht glaubhaft, dass die Verwendung von anspruchsgemässen Polymeren zu Pelletierstabilitäten führt, die besser als die mit nicht anspruchsgemässen Beschichtungsmitteln erhaltenen Pelletierstabilitäten sind.
Zum gleichen Schluss gelangt man bei Betrachtung der von der Beschwerdeführerin während des erstinstanzlichen Einspruchsverfahrens eingereichten experimentellen Daten D23. Auch hieraus folgt, dass zahlreiche anspruchsgemäße Polymere zu niedrigeren Pelletierstabilitäten als nicht anspruchsgemäße Polymere führen. Beispielhaft wird auf die Verwendung des Polyethylenglycol-Polypropylenglycol Blockcopolymers (anspruchsgemäßer Polymertyp) hingewiesen, das eine Pelletierstabilität von 118% ergibt, verglichen mit Werten zwischen 142% und 156% bei Verwendung eines nicht anspruchsgemässen Polyethylenwachses.
Von der Beschwerdeführerin wurde angeführt, dass sowohl durch Tabelle 1 des Streitpatentes als auch durch D23 eine Verbesserung der Pelletierstabilität gegenüber unbeschichteten Granulaten nachgewiesen würde. Entsprechend sei das im Streitpatent genannte Problem gelöst. Der von der Beschwerdeführerin erbrachte Vergleich stellt jedoch keinen Vergleich mit der Lehre des nächstliegenden Standes der Technik D16 dar, sondern einen Vergleich mit viel weiter vom Anspruchsgegenstand entfernten unbeschichteten Granulaten. Entsprechend kann dieser Vergleich nicht belegen, dass eine Verbesserung der Pelletierstabilität gegenüber D16 erreicht wird. Der von der Beschwerdeführerin vorgenommene Vergleich ist somit bei der Betrachtung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
Aus diesen Gründen ist die im Streitpatent genannte Aufgabe der Verbesserung der Pelletierstabilität gegenüber D16 nicht gelöst. Die objektive Aufgabe muss daher weniger anspruchsvoll als das Erreichen guter Pelletierstabilität definiert werden.
7.3 Aus der oben diskutierten Textstelle in
Zeile 1-4 der Seite 4 der D16 ist dem Fachmann bereits bekannt, dass Polymerbeschichtungen die Pelletierstabilität erhöhen. Um gute Pelletierstabilitäten zu erhalten, brauchte der von D16 ausgehende Fachmann daher lediglich ein beliebiges Polymer zur Beschichtung auszuwählen. Dieses stand ihm in Form der Eudragit® S Beschichtung der D3 zur Verfügung (rechte Spalte der Seite 104, Kapitel "Material und Methode"). Durch die Wahl dieses Polymers gelangt man zu einem Gegenstand, der in den Anspruch 1 fällt. Eine willkürliche, aus dem Stand der Technik bekannte Auswahl kann aber die die erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Somit mangelt es dem Anspruchsgegenstand an erfinderischer Tätigkeit gegenüber D16 in Kombination mit D3.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen