T 0054/16 16-10-2019
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Verfahren zur optischen Kontrolle eines Umhüllungspapierstreifens der Tabak verarbeitenden Industrie
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Spät eingereichte Beweismittel - eingereicht mit der Beschwerdebegründung
Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (ja)
Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja)
Spät eingereichte Hilfsanträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 9. November 2015, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 238 845 nach Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ und Artikel 100 (b) EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass keiner dieser Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
D1 DE 3437580 A1
D6 DE 2940408 A1
D11 WO 2009/024870 A2
D12 WO 2004/083834 A1
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende als Beschwerdeführerin am 8. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 21. März 2016 eingereicht. Dabei hat sie u.a. die folgende Entgegenhaltung eingereicht:
D14 US 2005/0172977 A1
IV. In einem Bescheid vom 12. April 2019 gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 16. Oktober 2019 in Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.
V. Die Beschwerdeführerin Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
VI. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang (Hauptantrag). Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hilfsantrags 1, der bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorlag und erneut mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde, oder eines der Hilfsanträge 2-4, eingereicht mit Schreiben vom 5. August 2019.
VII. Die unabhängigen Verfahrensansprüche der für diese Entscheidung relevanten Anträge haben den folgenden Wortlaut:
Hauptantrag
Der Anspruch 1 ist wie erteilt:
"1. Verfahren zur optischen Kontrolle eines Umhüllungspapierstreifens (21, 50) der Tabak verarbeitenden Industrie, dessen Innenseite oder Außenseite Zonen (51, 61, 61') mit brandhemmendem Material ("LIP"-Zonen) aufweist, wobei das Vorhandensein und/oder weitere Eigenschaften von LIP-Zonen (51, 61, 61') auf oder in dem Umhüllungspapier-streifen (21, 50) überprüft wird, wobei die optische Kontrolle des Umhüllungspapierstreifens (21, 50) an einem mit dem Umhüllungspapierstreifen (21, 50) umhüllten Tabakstrang (28) der Tabak verarbeitenden Industrie oder an von mit dem Umhüllungspapierstreifen (21, 50) umhüllten stabförmigen Artikeln (32, 56) der Tabak verarbeitenden Industrie erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass der Tabakstrang (28) oder die Artikel (32, 56) zur Überprüfung an einem mehrkanaligen optischen Messsystem (30) vorbei oder durch das optische Messsystem (30) hindurch gefördert werden, wobei das Signal jedes Kanals des Messsystems (30) jeweils einem Verlauf einer optischen Beschaffenheit eines streifenförmigen Bereichs oder Teilbereichs der Oberfläche des Tabakstrangs (28) oder der Artikel (32, 56) entspricht."
Hilfsantrag 1
Anspruch 1 ist wie im Hauptantrag, unter Hinzufügung der folgenden Merkmale am Ende seines Kennzeichens: "wobei aus den Signalen oder Messwerten der Kanäle des Messsystems (30) ein Summensignal, ein Summenmesswert, ein Durchschnittssignal (62, 62', 63, 63', 64, 65) oder ein Durchschnittsmesswert oder ein laufender Mittelwert gebildet wird, das oder der der Erkennung und/oder Überprüfung der LIP-Zonen zugrunde gelegt wird."
Hilfsantrag 2
Der Hilfsantrag 2 enthält die beiden unabhängigen Verfahrensansprüche 1 und 3:
Anspruch 1 ist wie im Hilfsantrag 1, unter Hinzufügung der folgenden Merkmale am Ende des Kennzeichens: "wobei als weitere Eigenschaft eine Drift der Position von LIP-Zonen (51, 61, 61') auf dem Umhüllungspapier-streifen (21, 50) bei aufeinander folgenden Artikeln (32, 56) oder bei aufeinander folgenden Abschnitten des Tabakstrangs (28) gemessen wird, die geschnittenen stabförmigen Artikeln (32, 56) entsprechen, wobei die Drift durch eine Änderung der Geschwindigkeit der Förderung des Tabakstrangs (28) vor dem Schneiden von Artikeln (32, 56) kompensiert wird, wobei die Fördergeschwindigkeit bei einem Vorauseilen der LIP-Zonen (51, 61, 61') vor ihrer Sollposition verkleinert und bei einem Nacheilen vergrößert wird."
Anspruch 3 entspricht Anspruch 1 im Hilfsantrag 1, unter Hinzufügung der folgenden Merkmale am Ende des Kennzeichens: "wobei zur Herstellung des Tabakstrangs (28) oder der Artikel (32, 56) zunächst der Umhüllungspapierstreifen (21, 50) in einer Strangmaschine der Tabak verarbeitenden Industrie von einer Bobine (22) abgerollt wird, wobei LIP-Zonen (51, 61, 61') nach dem Abrollen von der Bobine (22) auf den Umhüllungspapierstreifen (21, 50) aufgebracht werden, wobei als weitere Eigenschaft eine Drift der Position von LIP-Zonen (51, 61, 61') auf dem Umhüllungspapier-streifen (21, 50) bei aufeinander folgenden Artikeln (32, 56) oder bei aufeinander folgenden Abschnitten des Tabakstrangs (28) gemessen wird, die geschnittenen stabförmigen Artikeln (32, 56) entsprechen, wobei die Drift durch eine Vergrößerung oder Verkleinerung der Abstände bei der Aufbringung der LIP-Zonen (51, 61, 61') auf den Umhüllungspapierstreifen (21, 50) kompensiert wird.".
Hilfsantrag 3
Wie im Hilfsantrag 2, wobei die Ansprüche 1 und 3 jeweils die folgende Änderung aufweisen (von der Kammer mit Durch- und Unterstreichung hervorgehoben):
"...der Oberfläche des Tabakstrangs (28) oder der Artikel (32, 56) entspricht[deleted: .], wobei in jedem Kanal Messwerte erzeugt werden, die der optischen Beschaffenheit eines Bereichs oder Teilbereichs der Oberfläche des Umhüllungspapierstreifens (21, 50) entsprechen, deren Ausdehnung in Förderrichtung des Tabakstrangs (28) oder der Artikel (32, 56) kürzer ist als die Ausdehnung einer LIP-Zone (51, 61, 61') in derselben Richtung, wobei aus den Signalen oder Messwerten..."
Hilfsantrag 4
Wie im Hilfsantrag 3, wobei die Ansprüche 1 und 3 jeweils die folgende Änderung aufweisen (von der Kammer mit Durch- und Unterstreichung hervorgehoben):
"...der Erkennung und/oder Überprüfung der LIP-Zonen zugrunde gelegt wird[deleted: .], wobei LIP-Zonen (51, 61, 61') auf einem umhüllten Tabakstrang (28) oder einem umhüllten Artikel (32, 56) als Bereiche (60, 60') mit verändertem Grauwert oder Farbwert gegenüber Bereichen des Umhüllungspapierstreifens (21, 50) ohne LIP-Zonen (51, 61, 61') erkannt werden, wobei..."
VIII. Die Beschwerdeführerin Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Das Dokument D14 sei zum Verfahren zuzulassen, da es in Reaktion auf den Befund zur erfinderischen Tätigkeit in der angegriffenen Entscheidung eingereicht wurde. Die Hilfsanträge 2-4 seien nicht zum Verfahren zuzulassen. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 bzw. der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 der Hilfsanträge 2-4 beruhe ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1/D6 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die im Hauptantrag beanspruchte Erfindung sei nicht ausreichend offenbart, so dass dieser Einwand auch den Hilfsantrag 4 betreffe.
IX. Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Das erst mit der Beschwerdebegründung eingereichte Dokument D14 sei nicht zum Verfahren zuzulassen.
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. des Hilfsantrags 1 beruhe ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1 auf erfinderischer Tätigkeit. Im Hinblick auf Hilfsantrag 1 sei die in D6 offenbarte Auswertschaltung kein Bestandteil der D1. Die Hilfsanträge 2-4 seien zum Verfahren zuzulassen. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 der Hilfsanträge 2-4 beruhe ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1 auf erfinderischer Tätigkeit. Die im Hilfsantrag 4 beanspruchte Erfindung sei ausreichend offenbart.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur optischen Kontrolle eines Umhüllungspapierstreifens der Tabak verarbeitenden Industrie, dessen Innenseite oder Außenseite Zonen mit brandhemmendem Material (nachfolgend: LIP-Zonen) aufweist. Das Vorhandensein und/oder weitere Eigenschaften von LIP-Zonen auf oder in dem Umhüllungspapierstreifen werden mit einem mehrkanaligen optischen Messsystem überprüft, wobei das Signal jedes Kanals des Messsystems jeweils einem Verlauf einer optischen Beschaffenheit eines streifenförmigen Bereichs oder Teilbereichs der Oberfläche des Umhüllungspapierstreifens entspricht. Dabei wird die Oberfläche durch die Verwendung eines mehrkanaligen Messsystems, wobei jedem Messkanal ein streifenförmiger Oberflächenbereich zugeordnet ist, senkrecht zur Transportrichtung gescannt. Zudem wird die Oberfläche in Transportrichtung gescannt, indem ein Verlauf einer optischen Beschaffenheit des streifenförmigen Oberflächenbereichs erfasst wird. Die sich daraus ergebende orts- bzw. zeitaufgelöste Messung erlaubt eine Digitalisierung der Messwerte und eine ortsaufgelöste Erkennung von LIP-Zonen und ihrer Ränder (Patentschrift, Absätze 23 und 24).
3. Verspätetes Dokument D14
3.1 Das mit der Beschwerdebegründung als weiteres Beweismittel zur Frage der erfinderischen Tätigkeit erstmals genannte Dokument D14 ist verspätet und kann nur nach Ermessen der Kammer in das Verfahren zugelassen werden, Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 12(4) VOBK.
3.2 Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass D14 nicht zuzulassen sei, da es bereits der Einspruchsabteilung hätte vorgelegt werden können. Das Dokument sei schon während des Prüfungsverfahrens mit einer Eingabe Dritter eingereicht worden, und zudem bereits auf dem Deckblatt der Patentschrift vermerkt.
Das nicht im Recherchenbericht genannte Dokument D14 wurde der Prüfungsabteilung am 7. Dezember 2011 mit einer Eingabe Dritter übermittelt (dort A1 genannt), und die erfinderische Tätigkeit wurde ausgehend von diesem Dokument angegriffen. Die Eingabe Dritter wurde am 13. Dezember 2011 an die jetzige Beschwerdegegnerin übermittelt. Der Kammer ist bereits aus diesem Grunde nicht erfindlich, warum die erneute Vorlage der D14 mit der Beschwerdebegründung eine unbillige Überraschung der Beschwerdegegnerin darstellen sollte.
3.3 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern sollte dem im Einspruchsverfahren unterlegenen Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben werden, die Lücken in seiner Argumentation durch Einreichung weiterer Beweise in der zweiten Instanz zu schließen (RdBK, 9. Auflage 2019, V.A.4.13.1.a). Im vorliegenden Fall konnten D11 und D12 laut der angegriffenen Entscheidung für den Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit mangels eines optischen Sensors in D11 bzw. mangels LIP-Zonen in D12 nicht als nächstliegender Stand der Technik betrachtet werden (Entscheidungs-gründe, Punkte 3.1.2 und 3.2.2). Daher sieht die Kammer die Einreichung der D14 als eine zulässige Reaktion der Beschwerdeführerin Einsprechenden auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung an, mit welcher sie Lücken in ihrer Argumentation zu schließen gedenkt.
3.4 Im Verfahren vor den Beschwerdekammern können neue Tatsachen, Beweismittel und diesbezügliche Argumente in pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens der Kammer dann zum Verfahren zugelassen werden, wenn die neuen Unterlagen prima facie insofern hoch relevant sind (RdBK, V.A.4.13.2). Die Kammer hatte daher daher zu prüfen, ob D14 diese Anforderungen erfüllt.
Das Dokument D14 betrifft Zigaretten mit LIP-Zonen auf der Innen- oder Außenseite des Umhüllungspapier-streifens (Absatz 41: "LP bands"). Die Vorrichtung zur Herstellung des dazu benötigten umhüllten Tabakstrangs enthält einen optischen Sensor zur Erfassung von Synchronisierungsmarkierungen auf dem Umhüllungspapierstreifen (Absätze 12 und 53). Zweck dieser Markierungen ist, die zur Herstellung von Tabakstöcken doppelter Gebrauchslänge nötigen Schnitte des Tabakstrangs mit der Lage der LIP-Zonen derart zu synchronisieren, dass sich die LIP-Zonen an einer vorbestimmten Position befinden (Absätze 11 und 39). In einem Ausführungsbeispiel werden die Synchronisierungs-markierungen von den LIP-Zonen selbst gebildet, so dass der Sensor das Vorhandensein dieser LIP-Zonen erfasst (Absätze 12 und 40).
Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin bestreitet die prima facie Relevanz der D14 mit dem Argument, dass das Dokument keine nacharbeitbare Offenbarung eines Messsystems unter Nutzung der LIP-Zonen als Synchronisierungsmarkierungen enthalte. D14 sei nämlich nicht zu entnehmen, wie die LP-Bänder ausgeführt sein müssen, damit sie gemäß Absatz 40 eine physisch detektierbare Kante bilden. Zu diesem Zwecke sei die in Absatz 35 vorgeschlagene Einfärbung mit schwarzer, dunkelgrauer oder blauer Farbe ausgeschlossen, da ein solches Produkt nicht verkäuflich wäre. Außerdem würden die LP-Bänder bei einer Nutzung als Synchronisierungs-markierungen ihrer Funktion beraubt, weil sie wegen der Schnittlage zerteilt würden und an das filterseitige Ende eines Tabakstocks gelangten. Darüber hinaus seien mehrere LP-Bänder pro doppelt langem Taktstock vorhanden und zudem auch in unregelmäßigen Abständen zueinander angeordnet, wobei D14 keine technische Umsetzung zu deren Auswertung enthalte.
Keines dieser Argumente überzeugt die Kammer:
3.4.1 Anspruch 1 des Hauptantrags ist nicht auf LIP-Zonen beschränkt, deren optische Eigenschaften unverändert sind. Daher umfasst dieser Anspruch sogar eine Einfärbung der LIP-Zonen. Dessen ungeachtet stellt D14 bereits heraus, dass die LP-Bänder sichtbar sind, so dass der Fachmann keine zusätzliche Einfärbung dieser LP-Bänder benötigt, um LIP-Zonen optisch erfassen zu können (Absatz 17: "visible indications"; Absatz 35: "make the LP bands less visible"; Absatz 40: "made sufficiently distinct in appearance").
3.4.2 Im Hinblick auf die Schnittlage ist die Wirkung der LIP-Zonen, also das Verlöschen einer unbeaufsichtigten Zigarette, als eine vom Hersteller zu garantierende Eigenschaft der aus dem umhüllten Tabakstrang hergestellten Zigaretten anzusehen. Auch bei einer Veränderung der Schnittlage muss das sichere Verlöschen gewährleistet sein. Deswegen wird der Fachmann in D14 bei einer Synchronisierung anhand der LP-Bänder nicht den Tabakstrang innerhalb der LP-Bänder schneiden und sie dadurch an ungeeigneten Stellen der Zigarette anordnen. Stattdessen wird er die Schnittlage anpassen, so dass die von den LP-Bändern gebildeten LIP-Zonen weiterhin derart in einer fertigen Zigarette platziert sind, dass sie zu deren Verlöschen führen (Absätze 4, 8 und 27).
3.4.3 Im Hinblick auf die vermeintlich unregelmäßigen Abstände zwischen den LP-Bändern offenbart D14 regelmäßige Abstände, da sich Gruppen von LP-Bändern mit festen Abständen zueinander wiederholen (Absatz 30: "LP bands disposed in different repeating patterns", Absatz 34: "succession of reoccurring pattern panels", Absatz 40: "cyclic appearance pattern"; Hervorhebung durch die Kammer). Ein Fachmann erkennt insbesondere, dass sich selbst die ungleichen Abstände zwischen den LP-Bändern im Ausführungsbeispiel nach Figur 3(b) im Abstand von zwei Gebrauchslängen, also im Abstand der Länge zweier fertiger Zigaretten, wiederholen. Daher ist es für den Fachmann einfach möglich, anhand der bereits in D14 offenbarten individuellen Antriebe für den Bandvorschub und das Schnittrad sowie der von den Motorwellensensoren gelieferten Geschwindigkeits- und Positionsdaten die Steuereinrichtung derart anzupassen, dass sie die Abstände zwischen den LP-Bändern berücksichtigt (Absätze 47 und 49).
3.4.4 Aus diesen Gründen ist die in D14 enthaltene Lehre im Hinblick auf eine optische Erfassung von LIP-Zonen nacharbeitbar, so dass die Ausführbarkeit der darin offenbarten Erfindung der prima facie Relevanz des Dokuments nicht entgegensteht.
3.5 Bei dem Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags überprüft das optische Messsystem u.a. das Vorhandensein von LIP-Zonen an einem mit dem Umhüllungspapierstreifen umhüllten Tabakstrang. Anspruchsgemäß wird dazu der Tabakstrang an dem optischen Messsystem vorbeigefördert. Zur Frage der prima facie Relevanz war für die Kammer daher zu untersuchen, ob in D14 die vorstehende Problematik und deren Lösung angesprochen werden, oder nicht.
Das Dokument D14 nutzt einen optischen Sensor zur Erfassung von Synchronisierungsmarkierungen auf dem Umhüllungspapierstreifen, um einen Tabakstrang an geeigneten Stellen zu schneiden, so dass sich LIP-Zonen an einer vorbestimmten Position befinden (Absätze 10 und 39). In einem Ausführungsbeispiel werden die Synchronisierungsmarkierungen von den LIP-Zonen selbst gebildet, so dass der optische Sensor bei diesem Ausführungsbeispiel das Vorhandensein der LIP-Zonen erfasst (Absätze 36, 40 und 53). D14 kommt deswegen dem Gegenstand von Anspruch 1 näher als D11, das keine optische Kontrolle offenbart (D11: Seite 10, Zeilen 14-17), und als D12, das nur Zigaretten ohne LIP-Zonen betrifft (Seite 19, Zeilen 22-27). D14 ist somit relevanter als diese beiden Dokumente. Zudem ist D14 prima facie mit D1 kombinierbar, da beide Dokumente auf die optische Kontrolle eines Umhüllungsstreifens der Tabak verarbeitenden Industrie gerichtet sind (D1: Seite 4, Zeilen 19 und 20).
3.6 Aus diesen Gründen erachtet die Kammer das Dokument D14 zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags als prima facie relevant. Die Kammer entschied in Ausübung ihres Ermessens, D14 ins Verfahren zuzulassen, Artikel 12(4) VOBK.
4. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
4.1 Die erfinderische Tätigkeit des Hauptantrags wurde ausgehend von D14 angegriffen. Auch die Kammer hält D14 für einen erfolgversprechenden Ausgangspunkt, da das Dokument aus den voranstehend genannten Gründen ein Verfahren zur optischen Kontrolle des Vorhandenseins von LIP-Zonen nach dem Oberbegriff von Anspruch 1 offenbart (siehe insbesondere die Absätze 36 und 40).
4.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich von der Offenbarung der D14 durch die Merkmale seines Kennzeichens; also u.a. darin, dass der Tabakstrang zur Überprüfung an einem mehrkanaligen optischen Messsystem vorbei oder durch das optische Messsystem hindurch gefördert wird, wobei das Signal jedes Kanals des Messsystems jeweils einem Verlauf einer optischen Beschaffenheit eines streifenförmigen Bereichs oder Teilbereichs der Oberfläche des Tabakstrangs entspricht. Die den Unterscheidungsmerkmalen zugrunde liegende objektive technische Aufgabe kann - wie von der Beschwerdegegnerin Patentinhaberin formuliert - darin gesehen werden, die Erkennung von LIP-Zonen zu verbessern.
4.3 Daher muss die Kammer nun untersuchen, ob ein Fachmann das aus D14 bekannte Verfahren durch die Wahl eines anderen Sensors abwandeln würde. In diesem Zusammenhang überzeugt das Argument der Beschwerdegegnerin Patentinhaberin, wonach es ausgehend von D14 gar keinen Grund für einen Wechsel des Sensors gebe, nicht. D14 ist nämlich auf keinen bestimmten Sensor beschränkt; vielmehr hängt die Wahl des Sensortyps von den Umständen des Anwendungsfalls ab (D14, Absatz 52).
4.3.1 Die Beschwerdegegnerin bestreitet das Naheliegen der Unterscheidungsmerkmale mit dem Argument, dass der Fachmann niemals zu einem mehrkanaligen optischen Messsystem gelangen würde, da er bloß die in D14 genannte Einfärbung der LIP-Zonen verstärken müsse, um deren Erkennung zu verbessern. Die Kammer sieht das anders, da die Patentinhaberin im Zusammenhang mit der prima facie Relevanz von D14 überzeugend vorgetragen hat, dass eine Zigarette mit deutlich erkennbaren eingefärbten LIP-Zonen nicht verkäuflich sei (siehe den obigen Absatz 3.4).
Folglich sucht der Fachmann nach einer Lösung, die nicht in das optische Erscheinungsbild des umhüllten Tabakstrangs eingreift. Dabei ist entscheidungs-erheblich, ob der Fachmann dazu auch Verfahren ohne Erfassung von LIP-Zonen berücksichtigt.
4.3.2 In D14 wird die Platzierung der LIP-Zonen durch die Maschinensteuerung überwacht, damit zuverlässig gewährleistet werden kann, dass unbeaufsichtigte Zigaretten von selbst verlöschen (Absatz 8: "controlled placement of the LP bands ... to ensure the LP bands are placed at the proper location"). Die Maschinen-steuerung muss dazu auf mögliche Fehler wie fehlende Synchronisierungsmarkierungen oder einen Versatz zwischen Synchronisierungsmarkierungen und den LP-Bändern reagieren (Absätze 82 und 86, wobei die fehlenden Markierungen als BM-Fehler und der Versatz als Deltatheta-Fehler bezeichnet werden). Abschnitte des umhüllten Tabakstrangs, bei denen sich die LIP-Zonen nicht an der festgelegten Position befinden, werden infolge des Deltatheta-Fehlers ausgesondert (Absätze 99 und 100: "several rods that must be rejected" bzw. "ejects the defective rods"). Beim Auftreten eines BM-Fehlers wird die Maschine gestoppt (Absätze 95 und 97).
Obwohl D14 für den Fall des BM-Fehlers nicht explizit offenbart, was mit den betroffenen Abschnitten des Tabakstrangs geschieht, muss auch bei einem BM-Fehler das vom Hersteller zu garantierende sichere Verlöschen der Zigaretten gewährleistet sein. Für einen Fachmann offenbart D14 daher implizit, dass die betroffenen Abschnitte bei einem BM-Fehler ebenfalls ausgesondert werden müssen. BM-Fehler treten im Ausführungsbeispiel der D14, bei dem die LIP-Zonen vom optischen Sensor erfasst werden, dann auf, wenn LIP-Zonen fehlen, so dass der Fachmann auch hier die betroffenen Abschnitte aussondern muss. Das Argument der Beschwerdegegnerin, wonach nur eine statistische Überprüfung des Vorhandenseins von LIP-Zonen, nicht aber eine 100%-Kontrolle, gesetzlich gefordert sei, hat darauf keinen Einfluss. Denn selbst bei einer statistischen Kontrolle muss das Verlöschen einer unbeaufsichtigten Zigarette, die aus dem umhüllten Tabakstrang hergestellt wird, garantiert sein. Der Fachmann ist somit unabhängig von der genauen Ausgestaltung der LIP-Zonen-Überprüfung dazu gezwungen, Zigaretten ohne LIP-Zonen nicht in den Verkehr zu bringen.
Da das Fehlen von LIP-Zonen auf dem umhüllten Tabakstrang einen Fehler des Umhüllungspapierstreifens darstellt, wird ein Fachmann bei der Lösung der objektiven technischen Aufgabe nicht nur Verfahren zur Erfassung von LIP-Zonen berücksichtigen, sondern auch Verfahren zur optischen Kontrolle von umhüllten Tabaksträngen, bei denen Fehler des Umhüllungspapier-streifens detektiert werden.
4.3.3 Das Dokument D1 offenbart ein solches Verfahren. Dabei werden Fehler des Umhüllungspapierstreifens wie Löcher, Flecken, fehlende oder falsch platzierte Aufdrucke bzw. lichtreflektierende Klebstellen detektiert (Seite 4, Zeilen 19 bis 26). Der Fachmann würde deswegen die D1 zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe heranziehen.
Bei dem in D1 offenbarten Verfahren wird der Tabakstrang zur Überprüfung durch ein optisches Messsystem hindurch gefördert (Figur 2). Das optische Messsystem ist mehrkanalig ausgebildet, da das von der Strangoberfläche reflektierte Licht über eine Mehrzahl von optischen Linsensystemen auf zugeordnete Lichtempfänger in Form von opto-elektrischen Wandlern 14 gelangt (Seite 6, Zeilen 8-13). Die Wandler sind derart in regelmäßigen Winkelabständen um den zu prüfenden Tabakstrang angeordnet, dass alle Bereiche des Strangumfangs optisch abgetastet werden (Seite 7, Zeilen 14-19). Dabei erfasst jeder der Wandler 14 einen ihm zugeordneten Umfangsabschnitt 28, 28' und bildet daher einen Kanal des optischen Messsystems (Seite 14, Zeilen 28-33 i.V.m. Seite 15, Zeilen 12-22). Wegen des sich bewegenden umhüllten Tabakstrangs werden die erfassten Umfangsabschnitte 28, 28' zu streifenförmigen Bereichen der Strangoberfläche, so dass jeder Wandler 14 die optische Beschaffenheit eines streifenförmigen Bereichs oder Teilbereichs der Oberfläche des Tabakstrangs erfasst. Das Signal jedes Wandlers 14 entspricht der Intensität des vom zugeordneten Umfangsabschnitt 28 reflektierten Lichts (Seite 5, Zeilen 6-8), so dass es den Verlauf einer optischen Beschaffenheit eines streifenförmigen Bereichs oder Teilbereichs der Oberfläche des Tabakstrangs darstellt. Aus diesen Gründen offenbart D1 die Merkmale des Kennzeichens von Anspruch 1 des Hauptantrags.
4.3.4 Das analog arbeitende Messsystem der D1 hält den Fachmann nicht von einer Kombination mit D14 ab, da es ebenfalls zur Steuerung des Auswurfs von fehlerhaften Artikeln verwendet wird (Seite 5, Zeilen 10 und 11). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass D1 genau wie D14 nur ein einziges - und damit einkanaliges - Auswurfsignal generiert. Anspruch 1 des Hauptantrags ist nämlich nicht auf ein mehrkanaliges Ausgabesignal des optischen Messsystems gerichtet, so dass die in D1 offenbarte mehrkanalige interne Verarbeitung ausreichend ist, um ein mehrkanaliges optisches Messsystem zu bilden.
Daher wird ein Fachmann durch das Dokument D1 dazu veranlasst, zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe vorzusehen, dass der Tabakstrang zur Überprüfung durch ein mehrkanaliges optisches Messsystem hindurch gefördert wird, wobei das Signal jedes Kanals des Messsystems jeweils einem Verlauf einer optischen Beschaffenheit eines streifenförmigen Bereichs oder Teilbereichs der Oberfläche des Tabakstrangs entspricht.
4.4 Aus diesen Gründen wird der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1 nahegelegt.
5. Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit
5.1 Unbestritten unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 von der Offenbarung der D14 darin, dass aus den Signalen oder Messwerten der Kanäle des Messsystems ein Summensignal, ein Summenmesswert, ein Durchschnittssignal oder ein Durchschnittsmesswert oder ein laufender Mittelwert gebildet wird, das oder der der Erkennung und/oder Überprüfung der LIP-Zonen zugrunde gelegt wird. Laut dem Streitpatent liegt dem Merkmal "Summensignal" die technische Wirkung zugrunde, dass die Übergänge der LIP-freien Zonen zu LIP-Zonen deutlicher erkannt werden (Absatz 25). Deswegen kann nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz die objektive technische Aufgabe wie beim Hauptantrag darin gesehen werden, die Erkennung von LIP-Zonen zu verbessern.
5.2 Im Hinblick auf die Lösung ist ebenfalls unbestritten, dass das in D1 genannte Dokument D6 ein solches Summensignal offenbart. Die Vorrichtung der D6 enthält eine Mehrzahl von Lichtempfängern in Form von Fototransistoren 17, deren Hell- bzw. Dunkelsignale jeweils einem gemeinsamen Operationsverstärker 31 bzw. 32 zugeführt werden, um am Ausgang des optischen Messsystems ein Signal zum Auswurf eines fehlerhaften Strangabschnitts zu erzeugen (Seite 9, Zeilen 27-33 i.V.m. Seite 10, Zeilen 17-22). Dabei versteht ein Fachmann die in Figur 3 dargestellte Auswertschaltung wegen der gemeinsamen Leitungen nach den Dioden 28 bzw. 29 in dem Sinne, dass vor den Operationsverstärkern 31 bzw. 32 ein Summensignal gebildet wird.
Die Kammer muss deswegen untersuchen, ob die Offenbarung der D6 als Bestandteil der Offenbarung der D1 angesehen werden kann.
5.3 Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin bestreitet das mit dem Argument, dass die D1 nur auf die Auswertschaltung der D6 verweise,so dass diese Schaltung nicht unmittelbar und eindeutig in D1 offenbart werde (D1, Seite 16, Zeilen 5-8).
Die Kammer sieht das anders, da die Vorrichtung der D1 bereits eine Auswertschaltung für die Messsignale der Lichtempfänger aufweist, um den Auswurf fehlerhafter Artikel anhand von Abweichungen der Messsignale von vorgegebenen Sollwertsignalen zu steuern bzw. die Bildung unnötigen Ausschusses zu verhindern (Anspruch 1; Seite 4, Zeile 15: "Auswertanordnung"). Mangels einer detaillierten Offenbarung dieser Auswertschaltung in D1 versteht die Kammer den ausdrücklichen Hinweis auf die Auswertschaltung der D6 ungeachtet der als Möglichkeit zu lesenden Formulierung "kann eingesetzt werden" (Seite 16, Zeile 6) nur in dem Sinne, dass die Auswertschaltung der D6 zum Gegenstand der D1 gemacht wurde, zumal D1 auf eine Weiterbildung der D6 gerichtet ist (Seite 5, Zeilen 27-29 i.V.m. Seite 4, Zeilen 34 ff).
Folglich muss bei der Auslegung der D1, d. h. bei der Ermittlung ihres Sinngehalts für den Fachmann, die Offenbarung der D6 zur Auswertschaltung als Bestandteil der Offenbarung der D1 angesehen werden. D1 offenbart daher zusätzlich zu den in Absatz 4.3.3 genannten Merkmalen, dass aus den Signalen oder Messwerten der Kanäle des Messsystems ein Summensignal gebildet wird, das der Erkennung und/oder Überprüfung der LIP-Zonen zugrunde gelegt wird.
5.4 Aus den im Zusammenhang mit dem Hauptantrag genannten Gründen liegt die Verwendung des aus D1 bekannten mehrkanaligen optischen Messsystems bei der optischen Kontrolle des Umhüllungspapierstreifens der D14 nahe. Bei dieser Kombination wird zwangsläufig aus den Signalen der Kanäle ein Summensignal gebildet, wie im vorherigen Absatz dargelegt. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wird daher ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1/D6 nahegelegt.
6. Zulassung der Hilfsanträge 2-4
Die Hilfsanträge 2-4 wurden erst nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 5. August 2019 eingereicht,so dass ihre Zulassung im Ermessen der Kammer liegt, Artikel 13 (1) und (3) VOBK.
Anspruch 3 dieser Hilfsanträge ist als ein weiterer unabhängiger Verfahrensanspruch formuliert und betrifft eine alternative Kompensation der Drift durch Änderung der Abstände bei der Aufbringung der LIP-Zonen. Im Hinblick auf die vorgenommenen Änderungen beruht Anspruch 3 von Hilfsantrag 2 unbestritten auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 1, 3, 10 und 11, die in Anspruch 3 der Hilfsanträge 3 und 4 zusätzlich noch um die Merkmale der erteilten Ansprüche 2 bzw. 2 und 4 ergänzt wird.
Die Beschwerdeführerin hat sich bereits in ihrer Beschwerdebegründung, siehe die Seiten 31-33, mit diesen abhängigen Ansprüche auseinandergesetzt, so dass es ihr zugemutet werden konnte, sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung erneut damit auseinanderzusetzen. Somit entschied die Kammer, die Hilfsanträge 2-4 in das Verfahren zuzulassen, Artikel 13(1) VOBK.
7. Hilfsanträge 2 und 3 - erfinderische Tätigkeit
7.1 Die zusätzlichen Merkmale in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 betreffen eine Messung und Kompensation der Drift der Position von LIP-Zonen auf dem Umhüllungspapierstreifen bei aufeinander folgenden Abschnitten des Tabakstrangs.
7.2 Das Streitpatent definiert die Drift als einen Unterschied zwischen den Abständen von Gruppen von LIP-Streifen, die jeweils zu einem geschnittenen stabförmigen Artikel gehören, und der Länge der geschnittenen Artikel (Absatz 35). Eine solche Drift tritt bereits in D14 auf, wo die Papierspannung zu einer Drift des Abstands "pitch" des Musters aus LIP-Zonen im Umhüllungspapierstreifen führt (Absatz 83, wobei "pitch" laut Absatz 34 die Anordnung der LP-Bänder in einem Tabakstock doppelter Gebrauchslänge betrifft). Damit die Schnitte des Tabakstrangs mit der Lage der LIP-Zonen übereinstimmen, wird in D14 die Geschwindigkeit des Förderbandmotors 133 vor dem Schneiden von stabförmigen Artikeln verkleinert bzw. vergrößert (Absätze 74, 75 und 88).
Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass die Messung und Kompensation der Drift in D14 nur im Rahmen eines bevorzugten Ausführungs-beispiels offenbart werde (Absätze 81-88 als Teil des "best mode embodiment"), wo sie im Zusammenhang mit der optischen Erfassung von Synchronisierungsmarkierungen stehe (Absätze 52 und 53). Um zur anspruchsgemäßen optischen Erfassung von LIP-Zonen zu gelangen, müssten erst Teile der D14 miteinander kombiniert werden, was zur Ermittlung des Offenbarungsgehalts eines Dokuments nicht zulässig sei.
Die Kammer muss für die Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes darum prüfen, ob die Messung und Kompensation der Drift - wie behauptet - Unterscheidungsmerkmale gegenüber D14 bilden.
7.2.1 Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist es bei der Beurteilung der Neuheit nicht zulässig, verschiedene Bestandteile jeweils spezifischer Ausführungsarten, die in ein und demselben Dokument beschrieben sind, allein deshalb miteinander zu verbinden, weil sie in eben diesem Dokument offenbart werden, sofern nicht im Dokument selbst eine solche Verbindung nahegelegt wird (RdBK, 9. Auflage 2019, I.C.4.2 und die darin genannte Entscheidung T 305/87 "Scherenkatalog").
7.2.2 Im vorliegenden Fall wird schon in D14 eine Verbindung zwischen den in Frage stehenden Passagen nahegelegt. Laut Absatz 18 betreffen die auf diesen Absatz folgenden Teile des Dokuments, also die Absätze 19 bis 110 und somit nicht nur die Absätze 81-88, das bevorzugte Ausführungsbeispiel "best mode embodiment". Das wird auch durch die Überschrift "BEST MODE FOR CARRYING OUT THE INVENTION" zwischen den Absätzen 26 und 27 bestätigt. In Absatz 40, und damit innerhalb des "best mode embodiment", wird hervorgehoben, dass die offenbarte Erfindung nicht auf die Erfassung von Synchronisierungsmarkierungen beschränkt ist. Wegen der Formulierung "LP bands themselves may be used as synchronizing marks", was ausweislich des nachfolgenden Absatzes eine alternative Ausführungsform darstellt, legt Absatz 40 eine Verbindung zwischen der Erfassung der LIP-Zonen und der in den Absätzen 81-88 beschriebenen Kompensation der Drift durch Änderung der Fördergeschwindigkeit des Tabakstrangs nahe. Daher ist es zulässig, diese Teile der D14 miteinander zu kombinieren, um den Offenbarungsgehalt des Dokuments zu ermitteln.
7.2.3 Folglich bilden die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 aufgenommenen Merkmale keine Unterscheidungsmerkmale gegenüber D14, und die Argumentation zur fehlenden erfinderischen Tätigkeit von Hilfsantrag 1 in Absatz 5 dieser Entscheidung gilt für den Hilfsantrag 2 mutatis mutandis.
7.3 Die zusätzlichen Merkmale in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 betreffen die Auflösung des optischen Messsystems in Förderrichtung des umhüllten Tabakstrangs. Laut dem Streitpatent liegt diesen Merkmalen die technische Wirkung zugrunde, eine ortsaufgelöste Messung der Helligkeitswerte zu ermöglichen (Absatz 23). Deswegen kann nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz die objektive technische Aufgabe unbestritten darin gesehen werden, die Erkennung von LIP-Zonen zu verbessern.
7.3.1 Aus den im Zusammenhang mit dem Hauptantrag genannten Gründen liegt die Verwendung des aus D1 bekannten mehrkanaligen optischen Messsystems bei der optischen Kontrolle des Umhüllungspapierstreifens der D14 nahe.
Die Kammer muss deswegen untersuchen, wie sich das in D1 offenbarte Messsystem bei einer Messung der in D14 beschriebenen LIP-Zone verhält.
7.3.2 Laut D1 sollen Oberflächenfehler mit einer Ausdehnung von 1 mm noch erkannt werden (Seite 15, Zeilen 6-8). Ein Fachmann versteht diese Offenbarung in dem Sinne, dass das Messsystem der D1 eine Auflösung von 1 mm besitzt. Zudem weisen die LIP-Zonen der D14 unbestritten eine Breite von 7 mm in Richtung des umhüllten Tabakstrangs auf (Absätze 31, 32 und 108). Angewendet auf eine solche LIP-Zone erzeugt das Messsystem der D1 wegen seiner Auflösung in jedem Kanal Messwerte, die der optischen Beschaffenheit eines 1 mm langen Bereiches oder Teilbereiches der Oberfläche des Umhüllungspapierstreifens entsprechen. Folglich erzeugt das Messsystem zwangsläufig Messwerte, die der optischen Beschaffenheit eines Bereiches oder Teilbereiches der Oberfläche des Umhüllungspapier-streifens entsprechen, deren Ausdehnung in Förderrichtung des Tabakstrangs kürzer ist als die Ausdehnung einer LIP-Zone in derselben Richtung.
7.4 Aus diesen Gründen wird der Gegenstand von Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 und 3 ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1/D6 nahegelegt.
8. Hilfsantrag 4 - erfinderische Tätigkeit
8.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 enthält die zusätzlichen Merkmale "wobei LIP-Zonen auf einem umhüllten Tabakstrang als Bereiche mit verändertem Grauwert oder Farbwert gegenüber Bereichen des Umhüllungspapier-streifens ohne LIP-Zonen erkannt werden".
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin Einsprechenden bilden diese zusätzlichen Merkmale keine Unterscheidungsmerkmale im Sinne des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes, da ein veränderter Grau- bzw. Farbwert bereits zwangsläufig mit dem optischen Messsystem der D14 detektiert werde. Alternativ handele es sich bei dem Grau- bzw. Farbwert um eine inhärente Eigenschaft einer LIP-Zone.
8.2 Aus Sicht der Kammer versteht ein Fachmann diese Merkmale in dem Sinne, dass die LIP-Zonen auf Basis von Grau- bzw. Farbwerten des umhüllten Tabakstrangs erkannt werden, die von dem optischen Messsystem gemessen werden. Ohne eine vorherige Messung von Grau- oder Farbwerten sowie eine anschließende Auswertung dieser Messwerte können LIP-Zonen nicht "als Bereiche mit verändertem Grauwert oder Farbwert" erkannt werden. Diese Auslegung wird durch die Patentschrift bestätigt, wo die LIP-Zonen 61 und 61' vom optischen Messsystem mit dunkleren Grauwerten gemessen wurden als der Umhüllungspapierstreifen (Absatz 51, Figur 4c). Daher bezieht sich der Grau- oder Farbwert bei einer zum Verständnis bereiten Leseweise auf die Messung mit dem optischen Messsystem sowie die Durchführung der Erkennung anhand der Messwerte, und nicht auf eine inhärente Eigenschaft der LIP-Zonen.
Bei dieser Merkmalsauslegung verlangt Anspruch 1 des Hilfsantrags 4, dass zuerst Grau- bzw. Farbwerte vom optischen Messsystem ermittelt werden, und danach mit dem Ziel der Erkennung von LIP-Zonen ausgewertet werden. Die Kammer muss daher prüfen, ob D14 ein dazu geeignetes Messsystem und eine entsprechende Auswertung der Messwerte offenbart.
8.3 Die Beschwerdeführerin Einsprechende bejaht das mit dem Argument, dass der Grauwert dem Reflexionsgrad einer Oberfläche entspreche. Zudem sei die Signalstärke eines Kontrastsensors von der Helligkeit der Oberfläche abhängig, so dass der in D14 offenbarte Kontrastsensor, beispielsweise ein die Lichtreflexion messender Sensor der Firma Baumer, Grauwerte des Umhüllungspapier-streifens messe.
Die Kammer sieht das anders. D14 offenbart zwar einen Sensor "OZDM 16P1001/S14" der Firma Baumer, der wegen der Nennung eines roten Lasers implizit die Reflexion des vom Sensor ausgesandten Laserlichts am umhüllten Tabakstrang misst (Absatz 53). Zum genauen Funktionsprinzip des Sensors macht D14 aber keine Angaben. Mangels weiterer Informationen zu diesem Sensor ist die Kammer nicht in der Lage zu beurteilen, ob der Sensor der Firma Baumer den Reflexionsgrad misst und Messwerte mit einer von der Helligkeit der Oberfläche abhängenden Stärke erzeugt.
Laut D14 ist das vom Sensor erzeugte Signal ein Pulssignal (Absatz 55: "The sensors 158, 160 provide a pulsed output signal ..., one pulse for each detected synchronizing mark."). D14 enthält keine Angaben zur Stärke des Pulssignals, oder zu einer Abhängigkeit des Signals von optischen Eigenschaften der erfassten Synchronisierungsmarkierung bzw. des erfassten LP-Bands. Die Kammer hat daher starke Zweifel, dass Messwerte mit variierender Signalstärke erzeugt werden, oder dass mehrere solche Messwerte ausgewertet werden. Die Erkennung von Synchronisierungsmarkierungen bzw. von LP-Bändern erfolgt nämlich durch die Erfassung der Kante eines optisch unterschiedlich erscheinenden Bereichs (Absatz 40: "sufficiently distinct in appearance ... to provide a physically detectable edge"). Zur Kantenerfassung reicht nach fachmännischem Verständnis bereits ein einfacher Kontrastsensor aus, der das Vorhandensein des zu detektierenden Objekts durch Öffnen bzw. Schließen seines Ausgangs anzeigt. Ein solcher Sensor unterscheidet bei mehreren von ihm erfassten Objekten nicht zwischen dem Grad der jeweiligen Erfassung. Stattdessen ist das Ausgangssignal eine digitale Ausgabe im Sinne von AN/AUS oder VORHANDEN/NICHT VORHANDEN, die keine Rückschlüsse auf optische Unterschiede zwischen den erfassten Objekten erlaubt.
8.4 Daher offenbart D14 nicht unmittelbar und eindeutig, dass Messwerte erzeugt werden, deren Signalstärke vom Reflexionsgrad oder der Helligkeit der gemessenen Strangoberfläche abhängig ist. Insbesondere offenbart D14 nicht, dass zuerst Grau- bzw. Farbwerte vom optischen Messsystem ermittelt werden, und danach mit dem Ziel der Erkennung von LIP-Zonen ausgewertet werden. Folglich bilden die zusätzlichen Merkmale "wobei LIP-Zonen auf einem umhüllten Tabakstrang als Bereiche mit verändertem Grauwert oder Farbwert gegenüber Bereichen des Umhüllungspapierstreifens ohne LIP-Zonen erkannt werden" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 Unterscheidungsmerkmale im Sinne des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes.
8.5 Den Unterscheidungsmerkmalen liegt unbestritten die objektive technische Aufgabe zugrunde, die Erkennung von LIP-Zonen zu verbessern. Die Kammer muss deswegen untersuchen, ob diese Merkmale durch den verfügbaren Stand der Technik nahegelegt werden.
Die Beschwerdeführerin Einsprechende bejaht das mit dem Argument, dass der in D6 genannte Schwellwert eines Komparators als Grauwert zu verstehen sei, der vom optischen Messsystem ermittelt werde (D6, Seite 10, Zeilen 1 und 18).
Die Kammer sieht das anders:
8.5.1 Bei der in D1/D6 offenbarten Vorrichtung wird das am umhüllten Tabakstrang reflektierte Licht von Lichtempfängern in Gestalt von opto-elektrischen Wandlern 14 erfasst (D1, Seite 6, Zeile 35 i.V.m. Seite 13, Zeilen 7-9). Die Wandler 14 erzeugen jeweils ein zur Intensität des erfassten Lichts proportionales Signal (D1: Seite 5, Zeilen 7 und 8). Den Wandlern 14 der D1 entsprechen die Fototransistoren 17 der D6, welche ebenfalls ein Signal in Form einer Spannung erzeugen, die der Intensität des vom jeweiligen Fototransistor erfassten Lichts entspricht (D6, Seite 10, Zeilen 8-13). Bei der Auswertschaltung der D6 werden die Hell- bzw. Dunkelsignale der Fototransistoren 17 jeweils in Form eines Summensignals zuerst einem gemeinsamen Operationsverstärker 31 bzw. 32 und dann einem Komparator 33 bzw. 34 zugeführt. Dieser Komparator ist auf einen Schwellwert für die Hell- bzw. Dunkelsignale einstellbar (D6, Seite 10, Zeilen 1-4).
Die Kammer muss darum nun prüfen, ob der einstellbare Schwellwert der Komparatoren 33, 34 dazu führt, dass LIP-Zonen - wie behauptet - mit verändertem Grauwert erkannt werden, wenn das in D1/D6 offenbarte mehrkanalige optische Messsystem in dem aus D14 bekannten Verfahren verwendet wird.
8.5.2 Das Ausgangssignal der Komparatoren 33, 34 entspricht auch aus Sicht der Kammer einer Erkennung von LIP-Zonen. Anhand seines Fachwissens weiß ein Fachmann jedoch, dass ein analoger Komparator eine elektronische Schaltung ist, die zwei Spannungen vergleicht, und an seinem Ausgang in binärer/digitaler Form anzeigt, welche der beiden Eingangsspannungen höher ist. Das wird durch das Verhalten des in D6 offenbarten Komparators bestätigt, wo der einstellbare Schwellwert des Komparators die Vergleichsspannung darstellt, und wo der Komparator erst dann ein Ausgangssignal abgibt, wenn sein Eingangssignal den Schwellwert erreicht bzw. überschreitet (D6, Seite 10, Zeilen 17-20). Folglich entspricht das Ausgangssignal des Komparators einer digitalen Ausgabe im Sinne von AN/AUS oder VORHANDEN/NICHT VORHANDEN. Eine erkannte punktuelle Fehlstelle in Form eines schwarzen Lochs erzeugt daher dasselbe Ausgangssignal wie eine erkannte Fehlstelle in Form eines den gesamten Umfang des umhüllten Tabakstrangs bedeckenden Flecks. Das in D6 offenbarte Ausgangssignal des Komparators erlaubt daher keine Rückschlüsse auf optische Unterschiede zwischen mehreren erfassten Fehlstellen. Daher offenbart D1/D6 nicht unmittelbar und eindeutig, dass Fehler im Umhüllungspapierstreifen als Bereiche mit verändertem Grauwert (oder Farbwert) gegenüber Bereichen des Umhüllungspapierstreifens ohne diesen Fehler erkannt werden.
8.6 Aus diesen Gründen wird der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1/D6 nicht nahegelegt.
8.7 Der unabhängige Verfahrensanspruch 3 des Hilfsantrags 4 enthält ebenfalls die zusätzlichen Merkmalen "wobei LIP-Zonen auf einem umhüllten Tabakstrang als Bereiche mit verändertem Grauwert oder Farbwert gegenüber Bereichen des Umhüllungspapierstreifens ohne LIP-Zonen erkannt werden". Ausgehend von D14 werden diese Merkmale in Zusammenschau mit D1/D6 nicht nahegelegt. Die Ausführungen im Zusammenhang mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 gelten mutatis mutandis.
9. Ausreichende Offenbarung
9.1 Zur Frage der ausreichenden Offenbarung verweist der Vertreter der Beschwerdeführerin Einsprechenden auf sein schriftliches Vorbringen. In ihrer Beschwerde-begründung und mit Schreiben vom 2. August 2019 bestreitet die Beschwerdeführerin, dass das Patent die in den erteilten Ansprüchen 3, 5 und 12 genannte Bildung eines Mittelwerts, Überprüfung der Farb- oder Grauwertintensität, der Opazität, der Porosität, der Größe oder Position von LIP-Zonen sowie eine Messung der Drift der Position von LIP-Zonen so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen kann.
9.2 Die Beschwerdeführerin hat zwar formal die ausreichende Offenbarung der Hilfsanträge, und insbesondere die von Hilfsantrag 4, nicht bestritten. Die angegriffenen Merkmale sind jedoch ebenfalls in den Ansprüchen 1 und 4 des Hilfsantrags 4 enthalten. Daher gelten die Einwände der Beschwerdeführerin auch für diesen Hilfsantrag, so dass die Kammer nun die ausreichende Offenbarung der Erfindung prüfen muss.
9.3 Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Beweislast für die ausreichende Offenbarung der Erfindung bei der Patentinhaberin liege.
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern trägt im Allgemeinen der Einsprechende die Beweislast in Bezug auf unzureichende Offenbarung. Werden im Patent allerdings keinerlei Angaben dazu gemacht, wie ein Merkmal der Erfindung in die Praxis umgesetzt werden kann, so besteht nur eine schwache Vermutung, dass die Erfindung hinreichend offenbart ist. In einem solchen Fall kann der Einsprechende seiner Beweispflicht dadurch genügen, dass er glaubhaft macht, dass das allgemeine Fachwissen es dem Fachmann nicht ermöglichen würde, dieses Merkmal in die Praxis umzusetzen. Dann trägt der Patentinhaber die Beweislast für die gegenteilige Behauptung, dass das allgemeine Fachwissen den Fachmann durchaus zur Ausführung der Erfindung befähigen würde (RdBK, 9. Auflage 2019, II.C.9 und die darin genannte Entscheidung T 63/06).
Die Kammer muss daher nun prüfen, ob die erhobenen Einwände glaubhaft machen, dass das allgemeine Fachwissen es dem Fachmann nicht ermöglichen würde, die angegriffenen Merkmale in die Praxis umzusetzen.
9.3.1 Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass die Größe oder Position von LIP-Zonen wegen eines teilweisen Informationsverlusts im Signal genau gemessen werden könne. Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt, da die Absätze 24, 29 und 30 der Patentschrift auf eine Toleranz im Bereich von 1 mm verweisen, worunter ein Fachmann eine akzeptable Genauigkeit zu verstehen scheint. Dabei ist unerheblich, ob das Messsystem wegen des in Absatz 30 genannten Toleranzbereichs von 1 mm die Regelung einer Drift von 1 mm vornehmen kann, die sich laut Absatz 35 bei der Herstellung von 100 Tabakstöcken ergibt. Einerseits betrifft die Positionsmessung eine einzige LIP-Zone, so dass die durch Messungen an mindestens zwei LIP-Zonen ermittelte Drift hierauf keinen Einfluss haben kann. Andererseits wird eine Regelung der Drift gemäß Anspruch 1 durch eine Änderung der Geschwindigkeit der Förderung des Tabakstrangs erzielt, so dass sie sich nicht auf die Messung der Größe oder Position von LIP-Zonen auswirkt.
Die Beschwerdeführerin trägt ergänzend vor, dass eine Bestimmung der Größe und Position von LIP-Zonen oder der Drift nicht möglich sei, da der Fachmann bei der Messung am noch unzerteilten Tabakstrang weder das vordere Ende einer Zigarette noch den Beginn des Filters als Referenz-position heranziehen könne. Die Kammer sieht das anders, da keine absolute Position beansprucht wird. Daher kann der Fachmann bei einem unzerteilten Strang die relative Position einer beliebigen vorherigen LIP-Zone als Referenzposition nutzen. Aus der bekannten Fördergeschwindigkeit des Tabakstrangs kann er über die Erfassung der Referenz-LIP-Zone und die seit der Erfassung dieser LIP-Zone verstrichenen Zeit auch die relative Position einer nachfolgenden LIP-Zone am Tabakstrang ermitteln. Wenn der Fachmann eine vorherige LIP-Zone als Referenz für die relative Positionsmessung wählt, ist zudem die Bildung eines Mittelwertes am unzerteilten Tabakstrang möglich. Dazu muss lediglich anhand von Absatz 55 der Patentschrift das voll aufgelöste Signal des Messsystems über mehrere zeitlich aufeinander folgende Messungen gemittelt werden. Die zeitlich aufeinander folgenden Messungen betreffen die Erfassung der LIP-Zonen, so dass eine einzelne dieser zu mittelnden Messungen die Signale des Messsystems betrifft, die bis zur Erfassung der nachfolgenden LIP-Zone aufgezeichnet werden.
Im Hinblick auf die Überprüfung einer fertigen Zigarette ist es aus Sicht der Kammer unerheblich, ob ein entsprechendes Ausführungsbeispiel offenbart wird. Absatz 33 der Patentschrift verweist auf das vordere Ende der Zigarette bzw. auf den Beginn des Filters. Ein Fachmann wird diese Positionen bei einer fertigen Zigarette als Referenzposition heranzuziehen, da sie nach dem Schnitt des Tabakstrangs leicht zu ermitteln sind. Da weder die Zuordnung eines Fehlers zu einer bestimmten Referenzposition an der fertigen Zigarette noch die optische Prüfung des Umhüllungspapiers vor der Strangbildung beansprucht werden, muss die Kammer nicht untersuchen, ob solche Ausführungsformen ausreichend offenbart werden.
Der Fachmann kann die genannten Referenzpositionen an einer Zigarette oder einem unzerteilten Tabakstrang auch zur Messung der Drift der Position von LIP-Zonen nutzen, so dass diese Messung ebenfalls ausreichend offenbart ist.
9.3.2 Die Beschwerdeführerin bemängelt, dass das Streitpatent nicht offenbare, wie Vergé-Linien im Papier von LIP-Zonen unterschieden werden können. Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt, da Absatz 55 der Patentschrift offenbart, dass ein über mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Messungen gemitteltes Signal - also durch Mittelwertbildung - keinen von Vergé-Streifen hervorgerufenen Jitter enthält. Die Kammer versteht diese Offenbarung in dem Sinne, dass die Vergé-Streifen bei jeder Messung Jitter, also hochfrequentes Rauschen, in den erfassten Messsignalen erzeugen. Da jedoch die Anordnung der LIP-Zonen nicht auf die Vergé-Streifen abgestimmt ist, ist der Abstand zwischen dem Beginn einer LIP-Zone und der nächsten Vergé-Linie nicht konstant, sondern zufällig. Wenn nun die Mittelwertbildung auf Basis der Erfassung der LIP-Zonen erfolgt, also beispielsweise für Messwerte vom Beginn einer LIP-Zone bis zum Beginn der nachfolgenden LIP-Zone, wird der Effekt der Vergé-Streifen statistisch ausgemittelt.
9.3.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass an keiner Stelle des Streitpatents offenbart sei, wie die Signale zu verarbeiten sind, damit Rückschlüsse auf die Opazität oder die Porosität gezogen werden können. Die Kammer ist von diesem Einwand nicht überzeugt, da Anspruch 4 des Hilfsantrags 4 nicht auf eine exakte Ermittlung eines Zahlenwerts, sondern auf eine Überprüfung gerichtet ist. Dem Anspruch liegt daher die im Streitpatent offenbarte Idee zugrunde, dass Bereich unterschiedlicher Porosität oder Opazität ebenfalls als Bereiche mit verändertem Grauwert oder Farbwert detektiert werden können. Daher wird der Fachmann eine entsprechende Analyse der vom optischen Messsystem ermittelten Grau- oder Farbwerte vornehmen, um Bereiche mit unterschiedlicher Porosität oder Opazität zu erkennen.
9.3.4 Unter Verweis auf das in Absatz 47 der Patentschrift genannte ORIS-System bestreitet die Beschwerdeführerin, dass das Patent die an diesem System vorzunehmenden Maßnahmen offenbare, damit es nach dem in Anspruch 1 definierten Verfahren arbeite. Die Beschwerdeführerin argumentiert außerdem, dass an keiner Stelle des Streitpatents offenbart sei, wie die Signale zu verarbeiten sind, damit Rückschlüsse auf die Farb- oder Grauwertintensität gezogen werden können. Diese Argumente können nicht die ausreichende Offenbarung der Erfindung in Frage stellen, da hierfür nach ständiger Rechtsprechung die beanspruchte Erfindung zu prüfen ist (RdBK, 9. Auflage 2019, II.C.3.1). Das ORIS-System wird nicht beansprucht, so dass eine möglicherweise fehlende Offenbarung von daran vorzunehmenden Maßnahmen sich nicht auf die zu prüfende beanspruchte Erfindung auswirkt. Auch eine Farb- oder Grauwertintensität werden nicht beansprucht. Den stattdessen in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 genannten Farb- oder Grauwert erfasst der Fachmann anhand seines Fachwissens mit einem monochromen oder einem auf Farbe ansprechenden optischen Sensor.
9.4 Aus diesen Gründen machen die erhobenen Einwände nicht glaubhaft, dass das allgemeine Fachwissen es dem Fachmann nicht ermöglichen würde, die angegriffenen Merkmale in die Praxis umzusetzen. Die Beweislast für die Feststellung einer unzureichenden Offenbarung liegt daher weiter beim beschwerdeführenden Einsprechenden, der nachweisen muss, dass nach Abwägen der Wahrscheinlichkeit ein fachkundiger Leser des Patents anhand seines allgemeinen Fachwissens nicht in der Lage wäre, die Erfindung auszuführen (RdBK, 9. Auflage 2019, II.C.9). Da dieser Beweis nicht geführt wurde, kommt die Kammer zum Schluss, dass bei sinnvoller Leseweise des Anspruchswortlauts im Lichte der Beschreibung die beanspruchte Erfindung ausreichend offenbart ist. Etwaige Unklarheiten oder Widersprüche zur Beschreibung kann der Fachmann ohne weiteres und im Kontext der Gesamtoffenbarung klären.
Die obigen Überlegungen zur Ausführbarkeit gelten analog für das im unabhängigen Anspruch 3 des Hilfsantrags 4 beanspruchte Verfahren.
9.5 Da die Beschwerdeführerin Einsprechende zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen hat, bestätigt die Kammer ihre Auffassung, wonach die Patentschrift die im Hilfsantrag 4 definierte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann, Artikel 83 EPÜ.
10. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1-3 nicht gewährbar sind, da Anspruch 1 dieser Anträge nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht, Artikel 100 (a) und 56 EPÜ. Der Hilfsantrag 4 ist dagegen gewährbar, da das Streitpatent die durch die Verfahrensansprüche 1 und 3 dieses Antrags definierte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann, Artikel 83 EPÜ. Zudem beruht der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 dieses Antrags ausgehend von D14 in Zusammenschau mit D1/D6 auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ. Darüber hinaus ist die Beschreibung zulässigerweise an diesen Anspruchssatz angepasst worden.
Unter Berücksichtigung der nach dem Hilfsantrag 4 vorgenommenen Änderungen stellt die Kammer fest, dass das Patent die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, und somit nach Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Fassung aufrechterhalten werden kann.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
3.
Ansprüche:
Ansprüche 1 - 8 des mit Schriftsatz vom 5. August 2019 eingereichten Hilfsantrages 4;
Beschreibung:
Beschreibung Absätze 1 - 22, 24, 27 - 35, 37 - 60 der Patentschrift wie erteilt,
Beschreibung Absätze 23, 25, 26 und 36 wie mit Schriftsatz vom 5. September 2019 als Hilfsantrag 4 eingereicht,
Zeichnungen:
Figuren 1 - 4 der Patentschrift.