T 0298/19 19-07-2022
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ANGLEICHUNG VON BANDEIGENSCHAFTEN DURCH BREITENABHÄNGIGE VORBANDKÜHLUNG
I. Das europäische Patent EP 2 841 215 B1 (im Folgenden: das Patent) betrifft ein Herstellungsverfahren für ein Metallband, sowie dafür einsetzbar ein Computerprogramm, einen Steuerrechner und ein Walzwerk.
II. Die Einspruchsabteilung kam zu dem Schluss, dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, und hat entschieden, den auf Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ gestützten Einspruch zurückzuweisen.
III. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende (im Folgenden: die Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.
IV. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalts mit. Insbesondere wies sie darauf hin, dass mit einer Zurückweisung der Beschwerde zu rechnen sei.
V. In Reaktion auf die Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 vertiefte die Beschwerdeführerin ihre Argumentation mit Schreiben vom 13. Juni 2022.
VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 19. Juli 2022 als Videokonferenz statt.
VII. Am Schluss der mündlichen Verhandlung bestand folgende Antragslage:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin (im Folgenden: die Beschwerdegegnerin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise beantragte sie, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags 1, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.
VIII. Wortlaut des in dieser Entscheidung diskutierten Anspruchs 1 des Patents
"Herstellungsverfahren für ein Metallband (1),
- wobei das Metallband (1) in einem Vorwalzwerk (2)
vorgewalzt wird, sodann in einer Kühleinrichtung (3) gekühlt wird und schließlich in einer Fertigstraße (8) mit mehreren Walzgerüsten (9) fertiggewalzt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass:
- spätestens beim Einlaufen des Metallbandes (1) in
die Kühleinrichtung (3) in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöst Anfangswerte einer ersten Eigenschaft des Metallbandes (1) erfasst werden,
- die erfassten Anfangswerte einem Walzmodell (20)
zugeführt werden,
- mittels des Walzmodells (20) für einen Ort, der bei
dem oder hinter dem ersten Walzgerüst (9) der Fertigstraße (8) liegt, in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöst Erwartungswerte einer zweiten Eigenschaft des Metallbandes (1) ermittelt werden,
- die Erwartungswerte von den jeweiligen
Anfangswerten und von jeweiligen Ansteuerwerten (S) der Kühleinrichtung (3) abhängen,
- die Ansteuerwerte (S) der Kühleinrichtung (3)
mittels des Walzmodells (20) in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöst derart ermittelt werden, dass die Erwartungswerte in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöst Sollwerten der zweiten Eigenschaft angenähert werden,
- die Kühleinrichtung (3) entsprechend den ermittelte
Ansteuerwerten (S) angesteuert wird."
Die übrigen Ansprüche wie erteilt sind von Anspruch 1 abhängig oder korrespondieren damit inhaltlich.
Der Wortlaut der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 ist für diese Entscheidung ohne Belang.
IX. Stand der Technik
Die folgenden im Einspruchsverfahren bereits zitierten Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:
D1: EP 2 280 323 A1
D3: WO 03/045599 A1
D4: JP 2008 238241 A
D4': Maschinenübersetzung von D4 ins Englische
X. Das für diese Entscheidung wesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
D3 offenbare ein Herstellungsverfahren für ein Metallband und stelle daher einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dar.
D3 sei gemäß Anspruch 15 auf ein Steuerverfahren gerichtet, das dadurch gekennzeichnet sei, "dass von ihm auch mindestens eine der Fertigstraße (3) vor- oder nachgeordnete Anlage (1, 1 ', 2, 4'), z. B. eine Vorstraße (2), ein Ofen (1'), eine Stranggießanlage (1) und/oder eine Kühlstrecke (4), gesteuert wird".
Eine derartige Stranggießanlage werde auch in der Beschreibung von D3 auf Seite 6, Zeilen 1 bis 6 in Bezug auf Figur 1 kurz beschrieben.
Somit werde in D3 die Möglichkeit beschrieben, dass eine Kühlstrecke, also eine Kühleinrichtung im Sinne von Anspruch 1 des Patents, vor dem Fertigwalzgerüst eingesetzt werden könne.
D3 offenbare daher unter anderem auch das Merkmal, wonach das Band erst "in einer Kühleinrichtung (3) gekühlt wird", bevor es schließlich in einer Fertigstraße mit mehreren Walzgerüsten fertiggewalzt werde.
Zudem zeige D3 in Figur 3, dass die Fertigstraße zwischen den einzelnen Walzgerüsten Kühleinrichtungen 12 aufweise. Fokussiere man lediglich auf das letzte Walzgerüst in Figur 3 und interpretiere man dieses als eigenständige Fertigstraße, so stelle eine in Figur 3 dargestellte Kühleinrichtung 12 eine Kühleinrichtung im Sinne von Anspruch 1 des Patents dar.
Im Übrigen lese eine Fachperson eine der Fertigstraße vorgeordnete Kühleinrichtung in D3 ohnehin mit, da es sich bei einer derartigen Kühleinrichtung um einen bekannten, üblichen Anlagenbestandteil handele. Dieses Argument werde beispielsweise durch die Offenbarung in den Absätzen [0024] und [0025] von D1 oder im letzten vollständigen Satz auf Seite 3 von D4' gestützt. Zudem bestätige auch das Patent selbst in Absatz [0009], dass einer Fertigstraße vorgeordnete Kühleinrichtungen der Fachperson bekannt seien. Dementsprechend finde sich das Merkmal, wonach eine der Fertigstraße vorgeordnete Kühleinrichtung vorliegen müsse, auch im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Patents, der der Beschreibung der bekannten Merkmale diene.
Ausgehend von D3 liege es auf der Hand, dass das in D3 beschriebene Steuerverfahren der Fertigstraße auch zur Steuerung der in D3 implizit beschriebenen, der Fertigstraße vorgeordneten Kühleinrichtung eingesetzt werde.
Sofern die Fachperson die Ortsauflösung der Ansteuerwerte in Bandbreitenrichtung nicht bereits unmittelbar aus D3 entnehme, so seien sie ihr aus D4 bekannt. Dabei sei die aus D4 angestrebte Vereinheitlichung der Temperatur in Bandbreitenrichtung eine Teilaufgabe im Rahmen der aus D3 bereits bekannten Aufgabenstellung, einen gewünschten Temperaturverlauf in der Fertigstraße zu gewährleisten. Diese Aufgabenstellung entspreche der dem Patent zugrundeliegenden Aufgabe, nämlich "dass auf einfache und zuverlässige Weise ein Metallband mit über die Bandbreite gesehen homogenen Eigenschaften hergestellt werden kann".
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Patents sei daher ausgehend von D3, insbesondere unter Berücksichtigung von D4, naheliegend.
XI. Das entsprechende Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
D3 beschreibe zwar ein Herstellungsverfahren für ein Metallband, bei dem eine Kühlstrecke eingesetzt werden könne. Bei einer Kühlstrecke handele es sich aber fachüblich um einen der Fertigstraße nachgeordneten Anlagenbestandteil. Der Einsatz einer weiteren Kühleinrichtung vor der Fertigstraße gemäß Anspruch 1 werde in D3 dagegen nicht offenbart.
In Anlehnung an die Begründung der angefochtenen Entscheidung unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem Herstellungsverfahren nach D3 unter anderem dadurch,
dass eine Kühleinrichtung vor der Fertigstraße vorhanden sei und dass spätestens beim Einlaufen des Metallbandes (1) in die Kühleinrichtung (3) in Bandbreitenrichtung Anfangswerte einer ersten Eigenschaft des Metallbandes (1) erfasst werden, wobei die Anfangswerte in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöst erfasst werden und die Erwartungswerte in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöst ermittelt werden.
Ausgehend von D3 sei es selbst unter Berücksichtigung von D4 und/oder allgemeinen Fachwissen nicht naheliegend, eine weitere Kühleinrichtung vor der Fertigstraße einzusetzen und eine entsprechende Regelung gemäß Anspruch 1 vorzusehen.
Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ
1. Beide Verfahrensbeteiligte sind sich darüber einig, dass D3 ähnlich dem Patent ein Steuerverfahren für eine Fertigstraße zum Walzen von Metall-Warmband betrifft und den nächstliegenden Stand der Technik bildet.
2. Gemäß Figur 1 der D3 umfasst die darin beschriebene "Anlage zur Erzeugung von Stahlwarmband 6 eine Stranggießanlage 1, eine Vorstraße 2, eine Fertigstraße 3 und eine Kühlstrecke 4. Hinter der Kühlstrecke 4 ist ein Haspel 5 angeordnet. Von ihm wird das von der Stranggießanlage 1 erzeugte, in den Straßen 2, 3 gewalzte und in der Kühlstrecke 4 gekühlte Warmband 6 aufgehaspelt", siehe Seite 6, Zeilen 1 bis 6.
Bei dem Herstellungsverfahren gemäß D3 werden die Anfangstemperaturen an bestimmten Bandpunkten erfasst. Diese Erfassung der Anfangstemperaturen T1 kann beim Einlaufen in die Fertigstraße erfolgen, siehe Seite 7, Zeilen 17 bis 21, oder auch schon in einer dieser vorgeordneten Vorstraße 2, siehe Seite 10, Zeilen 11 bis 15.
Auf den Seiten 7 bis 9 beschreibt D3 weiterhin in Bezug auf das zur Anlagensteuerung einzusetzende Steuerkonzept, dass
- in einem Zeittakt deltat jeweils ein Bandpunkt und zumindest dessen Anfangstemperatur erfasst und korrespondierenden Modellpunkten 101' zugeordnet wird;
- die Bandpunkte und deren Ist-Temperaturen einem
Modell für die Fertigstraße zugeführt werden;
- von dem Modell anhand der Ist-Temperaturen in
Echtzeit erwartete Ist-Temperaturen der erfassten Bandpunkte ermittelt und den erfassten Bandpunkten als neue Ist-Temperaturen zugeordnet werden;
- nach dem Auslaufen der Bandpunkte aus der
Fertigstraße deren Endtemperaturen erfasst werden, die mit anhand des Modells ermittelten erwarteten Endtemperaturen verglichen werden.
Zusammengefasst offenbart D3 daher ein Herstellungsverfahren für ein Metallband, bei dem Anfangswerte beim Einlaufen in die Vor- oder Fertigstraße erfasst und einem Walzmodell zugeführt werden.
3. Soweit die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Walzstraße von D3 auch eine der Fertigstraße vorgeordnete Kühleinrichtung aufweise, ist dies nicht überzeugend.
3.1 Die Figuren 1 und 2 von D3 offenbaren eine Walzstraße mit einer der Fertigstraße 3 nachgeordneten Kühlstrecke 4. Eine Kühleinrichtung zwischen dem Vorwalzwerk 2 und der Fertigstraße 3 wird in den Figuren 1 und 2 der D3 zweifelsfrei nicht dargestellt.
3.2 Daran ändert auch die von der Beschwerdeführerin zitierte und im Folgenden wiedergegebene generische Aussage zum Steuerkonzept auf Seite 5, Zeilen 18 bis 26 von D3 nichts, die sich auch im Wortlaut von Anspruch 15 der D3 widerspiegelt:
"Das erfindungsgemäße Steuerkonzept ist nach Bedarf erweiterbar. Insbesondere ist es möglich, dass von ihm auch mindestens eine der Fertigstraße vor- oder nachgeordnete Anlage, z. B. eine Vorstraße, ein Ofen, ein Stranggießanlage oder eine Kühlstrecke, gesteuert wird. Damit ist in der Praxis ein einziges durchgängiges, gemeinsames Steuerverfahren von der Erzeugung der Bramme bzw. dem Aufheizen der Bramme bis zum Haspeln des gewalzten Warmbandes realisierbar. Auch das Modell kann fertigstraßenübergreifend ausgebildet sein."
Bei der Auslegung der Offenbarung eines Standes der Technik ist stets die fachübliche und technisch sinnvolle Leseart der Fachperson anzuwenden, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, 2019, Kapitel C.4.1.
Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Auch wenn die konkrete Formulierung auf Seite 5, Zeilen 18 bis 26 von D3 unbestimmt ist und eine Vielzahl von theoretisch möglichen Kombinationen der genannten vor- oder nachgeordneten Anlagenteile ermöglicht, würde die Fachperson diese vage Formulierung nicht nur rein abstrakt betrachten. Vielmehr würde eine Fachperson die zitierte Textstelle aufgrund ihres Fachwissens in einen konkreten Anwendungsbezug stellen, im fachüblichen Kontext lesen und für die genannten Anlagebestandteile deren übliche Anordnung in Betracht ziehen.
Eine Fachperson würde daher zweifelsfrei und soweit auch unstreitig die Stranggießanlage, den Ofen und die Vorstraße vor einer Fertigstraße anordnen.
Bei der weiterhin in D3 aufgelisteten Kühlstrecke handelt es sich üblicherweise um denjenigen Anlagenteil, in dem ein Metallband nach dem Walzen in der Fertigstraße gekühlt wird, um die Materialeigenschaften des fertiggewalzten Metallbandes einzustellen. Die Kühlstrecke ist auch die einzige der in der genannten Passage auf Seite 5 aufgelisteten Anlagen (Vorstraße, Ofen, Stranggießanlage, Kühlstrecke), bei der eine Anordnung nach der Fertigwalzstrasse überhaupt technisch sinnvoll ist. Der Ausdruck "Kühlstrecke" bezeichnet bei fachüblicher Lesart daher keine beliebige Kühleinrichtung der Warmbandwalzstraße, sondern eine der Fertigstraße nachgeordnete Kühleinrichtung.
Diese fachübliche Auslegung der generischen Angabe auf Seite 5 korreliert auch mit der entsprechenden Darstellung der Walzstraße in den Figuren 1 und 2 von D3.
3.3 Eine fachübliche Auslegung der Offenbarung in D3 steht auch im Widerspruch zu dem Argument der Beschwerdeführerin, wonach eine der in Figur 3 von D3 dargestellten Kühleinrichtungen zwischen den einzelnen Walzgerüsten der Fertigstraße von D3 als eine Kühleinrichtung nach Anspruch 1 anzusehen sei.
Zwar zeigt Figur 3 von D3, dass in der Fertigstraße von D3 eine der Kühlung dienende Temperaturbeeinflussungseinrichtung 12 vor dem letzten Walzgerüst 3' der Fertigstraße 3 eingesetzt wird. Die in Figur 3 von D3 dargestellten Temperaturbeeinflussungseinrichtungen 12 befinden sich aber zwischen den einzelnen Walzgerüsten der Fertigstraße 3 und sind damit unzweideutig ein Teil der Fertigstraße 3 selbst, siehe auch die entsprechenden Ausführungen zu Figur 3 auf Seite 9, Zeilen 4 bis 13 von D3.
Eine von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene artifizielle Unterteilung der Fertigstraße in hypothetisch generierbare Untereinheiten entspricht daher weder der Lehre von D3 noch dem allgemeinen Verständnis der Fachperson.
3.4 Die fachübliche Auslegung der Offenbarung von D3, wonach diese keine der Fertigstraße vorgeordnete Kühleinrichtung beschreibt, wird auch nicht durch D1, D4 oder das Patent selbst in Frage gestellt.
3.4.1 Selbst wenn die Dokumente D1 und D4 sowie das Patent bestätigen sollten, dass es allgemein bekannt ist, dass eine Kühleinrichtung vor einer Fertigstraße eingesetzt werden kann (siehe D1: Absätze [0024] und [0025]; D4': Seite 3, Zeilen 2-5 vor dem Seitenende, Patent: Absatz [0009]), so ist eine derartige Kühleinrichtung vor einer Fertigstraße kein zwingender und unabdingbarer Bestandteil von Walzstraßen. Es gibt daher keinen Grund, warum eine Fachperson eine derartige Kühleinrichtung ohne jeglichen Hinweis dazu in die Lehre von D3 hineinlesen würde.
3.4.2 Auch ist die Nennung eines Merkmals im Oberbegriff eines Anspruchs kein Beleg dafür, dass dieses Merkmal zumindest inhärent von jedem beliebigen Dokument auf dem relevanten technischen Gebiet offenbart wird.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von einem nächstliegenden Stand der Technik bildet vielmehr nur dessen konkrete Lehre den Ausgangspunkt, auf Grundlage derer die Unterscheidungsmerkmale zu identifizieren sind. Eine von der konkreten Offenbarung des nächstliegenden Standes der Technik hypothetisch ableitbare Ausführungsform, unter Hinzunahme der im Oberbegriff eines Anspruchs des Patents selbst genannten Merkmale, ist keine direkte und unzweideutige Offenbarung.
3.4.3 Das Vorliegen einer weiteren Kühleinrichtung in der Walzstraße von D3 ergibt sich auch nicht inhärent aus den weiteren Angaben in D3 zur Temperaturmessung.
D3 offenbart auf Seite 7, Zeilen 9 bis 13 in Bezug auf die Figuren 3 und 4, dass eine Temperaturmessung am auslaufseitigen Ende der Fertigstraße und am Einlauf der nachgeordneten Kühlstrecke angeordnet sein kann.
Im Anschluss offenbart D3 auf Seite 7, Zeilen 17 bis 21, dass eine Anfangstemperaturmessung beim Einlaufen in die Fertigstraße erfolgt.
Diese unzweideutige Offenbarung in D3 in Bezug auf die in den Figuren 3 und 4 der D3 dargestellte Walzstraße lässt keinen Interpretationsspielraum für die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass diese Anfangstemperaturmessung im Rahmen des Offenbarungsgehalts von D3 auch in einer der Fertigstraße vorgeordneten Kühleinrichtung erfolgen könne.
3.4.4 Zusammenfassend beruht die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argumentation, wonach D3 eine der Fertigstraße vorgeordnete Kühleinrichtung offenbare, daher auf einer rein spekulativen und fachlich unüblichen Auslegung der Offenbarung von D3 und vermag nicht zu überzeugen.
4. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich folglich von der Offenbarung in D3 zumindest dadurch, dass das Metallband in einer Kühleinrichtung gekühlt wird, bevor es schließlich in einer Fertigstraße mit mehreren Walzgerüsten fertiggewalzt wird.
Dementsprechend offenbart D3 zumindest auch keines der folgenden Merkmale gemäß Anspruch 1, die in Bezug auf die Kühleinrichtung definiert werden, wonach
- spätestens beim Einlaufen des Metallbandes (1)
in die Kühleinrichtung (3) in Bandbreitenrichtung Anfangswerte einer ersten Eigenschaft des Metallbandes (1) erfasst werden,
- die Erwartungswerte von jeweiligen Ansteuerwerten
(S) der Kühleinrichtung (3) abhängen,
- die Ansteuerwerte (S) der Kühleinrichtung (3)
derart ermittelt werden, dass die Erwartungswerte Sollwerten der zweiten Eigenschaft angenähert werden,
- die Ansteuerwerte (S) der Kühleinrichtung (3)
mittels des Walzmodells (20) ermittelt werden
und
- die Kühleinrichtung (3) entsprechend den
ermittelten Ansteuerwerten (S) angesteuert wird.
Die Frage, welche der weiteren Merkmale nach Anspruch 1 zumindest inhärent von D3 offenbart werden, kann dahingestellt bleiben.
5. Gemäß Absatz [0011] des Patents soll mit dem Herstellungsverfahren nach Anspruch 1 "auf einfache und zuverlässige Weise ein Metallband mit über die Bandbreite gesehen homogenen Eigenschaften hergestellt werden".
6. Die Lösung dieser Aufgabe gemäß dem Herstellungsverfahren nach Anspruch 1 wird durch den zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt.
6.1 Ausgehend von der Walzstraße in Figur 1 von D3 besteht keinerlei Veranlassung, darin eine Kühleinrichtung vor der Fertigstraße anzuordnen und dann wie in Anspruch 1 des Patents definiert in dieser Kühleinrichtung in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöst Anfangswerte einer ersten Eigenschaft des Metallbandes zu erfassen, die mittels eines Models dazu dienen, Erwartungswerte für eine zweite Eigenschaft und die Ansteuerungswerte für die Kühleinrichtung zu bestimmen.
6.2 Dies wird auch nicht durch D4 angeregt. D4 offenbart in Figur 2 und der Zusammenfassung zwar eine Walzstraße die Temperaturregeleinheiten 9 (Heizen) und 10 (Kühlen) zwischen dem Vorwalzwerk und der Fertigstraße aufweist, wobei eine in Bandbreitenrichtung ortsaufgelöste Bandtemperaturmessung vor und nach der jeweiligen Temperaturregeleinheit durch die Thermometer 7, 7a, 7b erfolgt.
Allerdings offenbart D4 nicht, dass innerhalb einer kühlenden Temperaturregeleinheit Anfangswerte einer ersten Eigenschaft des Metallbandes (1) erfasst werden und die Kühlungsansteuerung auf Grundlage daraus modellgestützt berechneter Erwartungswerte in der Fertigstraße geregelt wird.
6.3 Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach sich eine entsprechende Lehre oder Anregung zur Umgestaltung des Verfahrens nach D3 unmittelbar und direkt aus dem allgemeinen Fachwissen ableite, stellt eine bloße Behauptung dar, da dieses von der Beschwerdeführerin bemühte Fachwissen nicht belegt wurde. Dieses Argument überzeugt daher nicht.
7. Die Ansprüche 12 bis 14 (Computerprogramm, Steuerrechner und Walzwerk) korrespondieren inhaltlich mit Anspruch 1. In Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beteiligten gilt die obige Argumentation zu Anspruch 1 gleichermaßen für den Gegenstand der übrigen erteilten Ansprüche.
8. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen daher keine Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufkommen, wonach der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 (a) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patent nicht entgegensteht.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.