T 0773/19 (Eingabeverfahren für Sonderzeichen auf einem Touchscreen) 26-08-2021
Download und weitere Informationen:
Verfahren und Vorrichtung zur Eingabe alphanumerischer Zeichen
Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Änderung des Beschwerdevorbringens - Änderung gibt Anlass zu neuen Einwänden (ja)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung zurückzuweisen.
II. Die Prüfungsabteilung entschied, dass der Gegenstand des Anspruches 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfülle. Ferner erfülle Anspruch 1 gemäß Hauptantrag bzw. gemäß Hilfsanträgen 1 bis 3 nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
III. In ihrer Entscheidung hat die Prüfungsabteilung unter anderem das folgende Dokument berücksichtigt:
D1|US 5 623 682 A, 22. April 1997|
IV. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage eines der Anträge, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Auffassung mit, dass die unabhängigen Ansprüche aller Anträge nicht die Erfordernisse der Artikel 56 und 123(2) EPÜ erfüllen. Ferner wurden Einwände unter Artikel 84 EPÜ erhoben.
VI. Mit ihrem Schreiben vom 21. Juli 2021 reichte die Beschwerdeführerin zusätzliche Hilfsanträge 0, 1A, 1B, 2A, 3A und 3B ein.
VII. Es fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Die Beschwerdeführerin beantragte am Ende dieser Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrages zu erteilen, hilfsweise auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 0, 1, 1A, 1B, 2, 2A, 3, 3A, 3B oder des während der Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 4.
VIII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt (Nummerierung von der Kammer eingeführt):
Vorrichtung zur Eingabe alphanumerischer Zeichen, umfassend eine Anzeigeeinheit, auf der Hauptzeichen oder Sonderzeichen darstellbar sind, wobei mittels eines Eingabemittels ein dargestelltes alphanumerisches Zeichen zur Eingabe in ein Infotainment-System auswählbar ist,
(i) wobei die Sonderzeichen in mindestens zwei Gruppen eingeteilt sind,
(ii) wobei die gruppenweise zusammengefassten Sonderzeichen jeweils einem Hauptzeichen zugeordnet sind,
(iii) wobei die Sonderzeichen gruppenweise in einer Sonderzeichenbox (7) darstellbar sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(v) wobei ein Hauptzeichen über Druck auf ein gewünschtes angezeigtes Zeichen auswählbar ist, und
(vi) wobei eine Auswahl der Sonderzeichenbox (7) über das Hauptzeichen erfolgt.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 0 ist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags dahingehend geändert, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(vi) wobei eine Auswahl der Sonderzeichenbox (7) über das Hauptzeichen erfolgt.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(v) wobei ein Hauptzeichen über Druck auf ein gewünschtes angezeigtes Zeichen auswählbar ist, und
(vi) wobei eine Auswahl der Sonderzeichenbox (7) über das Hauptzeichen erfolgt,
(vii) wobei die Sonderzeichen zumindest einen Teil der auswählbaren Hauptzeichen überlappend darstellbar sind.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1A umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(v) wobei ein Hauptzeichen über Druck auf ein gewünschtes angezeigtes Zeichen auswählbar ist, und
(vi) wobei eine Auswahl der Sonderzeichenbox (7) über das Hauptzeichen erfolgt,
(vii') wobei die Sonderzeichenbox mit zumindest einem Teil der darstellbaren Hauptzeichen überlappend darstellbar ist.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1B umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(vi) wobei eine Auswahl der Sonderzeichenbox (7) über das Hauptzeichen erfolgt,
(vii') wobei die Sonderzeichenbox mit zumindest einem Teil der darstellbaren Hauptzeichen überlappend darstellbar ist.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(v) wobei ein Hauptzeichen über Druck auf ein gewünschtes angezeigtes Zeichen auswählbar ist,
(vi') wobei ein Öffnen der Sonderzeichenbox (7) über die Auswahl eines Hauptzeichens erfolgt.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2A umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(vi') wobei ein Öffnen der Sonderzeichenbox (7) über die Auswahl eines Hauptzeichens erfolgt.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(v) wobei ein Hauptzeichen über Druck auf ein gewünschtes angezeigtes Zeichen auswählbar ist,
(vi'') wobei ein Öffnen einer Sonderzeichenbox (7) über die Auswahl eines Hauptzeichens erfolgt,
(vii) wobei die Sonderzeichen zumindest einen Teil der auswählbaren Hauptzeichen überlappend darstellbar sind.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3A umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(v) wobei ein Hauptzeichen über Druck auf ein gewünschtes angezeigtes Zeichen auswählbar ist,
(vi'') wobei ein Öffnen einer Sonderzeichenbox (7) über die Auswahl eines Hauptzeichens erfolgt,
(vii') wobei die Sonderzeichenbox mit zumindest einem Teil der darstellbaren Hauptzeichen überlappend darstellbar ist.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3B umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(vi'') wobei ein Öffnen einer Sonderzeichenbox (7) über die Auswahl eines Hauptzeichens erfolgt,
(vii') wobei die Sonderzeichenbox mit zumindest einem Teil der darstellbaren Hauptzeichen überlappend darstellbar ist.
Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 umfasst die Merkmale, dass
(iv) das Eingabemittel als Touch-Screen ausgebildet ist,
(vi) wobei eine Auswahl der Sonderzeichenbox (7) über das Hauptzeichen erfolgt,
(vii'') wobei die Sonderzeichenbox mit zumindest einem Teil der darstellbaren Hauptzeichen auf dem ausgewählten Hauptzeichen überlappend darstellbar ist."
1. Die vorliegende Anmeldung hat ein Eingabeverfahren für Sonderzeichen auf einem Touchscreen zum Gegenstand.
2. Hauptantrag
2.1 Hinzugefügter Gegenstand (Artikel 123(2) EPÜ)
2.1.1 In der angefochtenen Entscheidung kam die Prüfungsabteilung zu dem Schluss, dass das Merkmal (vi) "impliziert, dass dem Nutzer [...] eine Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen, einem Hauptzeichen zugeordneten, Sonderzeichenboxen angeboten wird". Dies sei jedoch der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht zu entnehmen.
In der Beschwerdebegründung bringt die Beschwerdeführerin vor, dass "diese vermeintlich mögliche Auslegung nicht gegeben ist, da aufgrund der zuvor genannten Merkmale [...] klar und eindeutig ist, dass die Sonderzeichen in mindestens zwei Gruppen eingeteilt sind, die gruppenweise eingeteilten Sonderzeichen in einer Sonderzeichenbox dargestellt sind und die gruppenweise zusammengefassten Sonderzeichen jeweils einem Hauptzeichen zugeordnet sind".
Die Kammer hält die Argumente der Beschwerdeführerin für überzeugend, da Anspruch 1 in der Tat dahingehend beschränkt ist, dass "die gruppenweise zusammengefassten Sonderzeichen jeweils einem Hauptzeichen zugeordnet sind", wobei "die gruppenweise eingeteilten Sonderzeichen in einer Sonderzeichenbox dargestellt sind". Somit ist anspruchsgemäß je eine Sonderzeichenbox einem Hauptzeichen zugeordnet. Die Auswahl des Hauptzeichens impliziert somit die Auswahl einer zugeordneten Sonderzeichenbox. Das diskutierte Merkmal ist daher aus der ursprünglichen Offenbarung zweifelsfrei ableitbar.
2.1.2 Die Kammer stellt demgegenüber aber fest, dass sich die Kombination des Merkmales (v) mit den übrigen Merkmalen des Anspruches 1 nicht der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung entnehmen lässt.
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Beschreibung auf Seite 1, dritter Absatz, offenbart, dass "[bei] Systemen mit Touchscreen [...] die Auswahl unmittelbar durch Druck auf das gewünschte angezeigte Zeichen [erfolgt]." Dies impliziere das Merkmal (v), da es bei einem Touchscreen keine andere Möglichkeit gebe als ein Zeichen durch Druck auszuwählen. Da Dreh-Drückgeber und Touchscreen als alternative Ausführungsformen offenbart seien (vgl. ursprünglicher Anspruch 16 sowie Absatz 2 auf Seite 5), sei für den Fachmann erkennbar, dass die Eingabe mittels Touchscreen auch im Zusammenhang mit den nun beanspruchten Merkmalen offenbart sei.
Die Kammer ist von diesen Argumenten nicht überzeugt, da sich das auf Seite 1, dritter Absatz erwähnte Eingabeverfahren mit Touchscreen nicht auf die Erfindung, sondern auf den Stand der Technik bezieht. Die Kammer stellt nicht in Frage, dass der ursprüngliche Anspruch 16 und Seite 5, Absatz 2 die Verwendung eines Touchscreens als alternatives Eingabemittel offenbaren, geschweige denn, dass eine Auswahl bei einem Touchscreen durch Druck auf den Touchscreen auszuüben ist. Hingegen lässt es die ursprüngliche Offenbarung offen, wo genau auf den Touchscreen gedrückt werden soll, wenn die Auswahl eines Hauptzeichens mittels Touchscreen erfolgt. Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin nicht zu, dass die beanspruchte Auswahl durch Druck auf das angezeigte Zeichen die einzige Möglichkeit aus Sicht des Fachmanns ist. Es wäre durchaus möglich, die Auswahl des Hauptzeichens durch z.B. andere virtuelle Tasten erfolgt. Folglich kann der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht eindeutig entnommen werden, dass diese bekannte Funktion eines Touchscreens dahingehend verändert wird, dass durch Druck auf ein angezeigtes Zeichen die Auswahl eines (Haupt-)zeichens erfolgt, wie im Merkmal (v), welche jedoch die Auswahl einer Sonderzeichenbox bewirkt, wie im Merkmal (vi).
2.1.3 Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
3. Hilfsantrag 0
3.1 Hinzugefügter Gegenstand (Artikel 123(2) EPÜ)
Die Kammer stellt fest, dass die Merkmale des vorliegenden Anspruches 1 den ursprünglichen Ansprüchen 1, 4, 6, 16 entnommen sind, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen.
Daher erfüllt Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
3.2 Unterscheidungsmerkmal (Artikel 56 EPÜ)
Es wird nicht bestritten, dass Dokument D1 die Merkmale des Oberbegriffes des Anspruches 1 offenbart.
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass Dokument D1 offenbart, dass die darin in Abbildung 4 gezeigte Sonderzeichenbox durch eine Tastenkombination (gleichzeitigen Druck von Hauptzeichen und weiterer Taste) ausgewählt wird. Somit offenbare Dokument D1 jedoch nicht, dass die Sonderzeichenbox "über das Hauptzeichen" ausgewählt werde, wie dies die beanspruchte Erfindung vorsehe.
Die Kammer ist der Auffassung, dass Merkmal (vi) eine breitere Auslegung gestattet. Die Formulierung "über das Hauptzeichen" schließt ein, dass das Hauptzeichen und eine weitere Taste gleichzeitig (statt nacheinander) gedrückt werden, wie dies in Dokument D1 (vgl. Spalte 6, Zeilen 44-52) offenbart ist. Folglich ist Merkmal (vi) nicht neu.
Die Kammer stellt somit fest, dass Merkmal (iv) das einzige Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 darstellt.
3.3 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Die Prüfungsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, dass der durch das Unterscheidungsmerkmal hervorgerufene technische Effekt darin bestünde, "auf die Nutzung einer mechanischen Tastatur verzichten zu können". Das objektive technische Problem könne beispielsweise sein, dass "damit die zur Darstellung von Informationen nutzbare Geräteoberfläche um die ansonsten für die Platzierung der mechanischen Tastatur benötigte Fläche vergrößert" wird. Dieser Vorteil von touchscreenbasierten Tastaturen sei zum Prioritätszeitpunkt der vorliegenden Anmeldung bereits weit bekannt gewesen. Die Prüfungsabteilung kam daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruches 1 nicht erfinderisch sei.
Die Beschwerdeführerin bringt demgegenüber vor, dass die objektive technische Aufgabe darin bestünde, eine Eingabe von Sonderzeichen zu vereinfachen. Da Touchscreens zum Prioritätszeitpunkt nur in primitiver Form bekannt gewesen wären, hätte der Fachmann lediglich "den zur Auswahl der Sonderzeichenbox verwendeten physisch ausgebildeten 'predetermined key' der D1 durch eine virtuelle Taste auf dem Touch-Screen [ersetzt]", nicht jedoch die vollständige Tastatur. Dabei wäre er überdies auf das Problem gestoßen, dass damalige Touchscreens nicht multi-touch-fähig waren. Somit wäre der Fachmann nicht zur beanspruchten Erfindung gelangt.
Die Kammer ist von den Argumenten der Beschwerdeführerin nicht überzeugt. Die Kammer geht nicht davon aus, dass die Verwendung eines Touchscreens als Eingabemittel die Eingabe unbedingt vereinfacht. Führt der Gegenstand des Anspruchs 1 jedoch nicht zu einer Vereinfachung bzw. Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik, liegt die objektive Aufgabe lediglich darin, eine Alternative zu dem in Dokument D1 offenbarten Eingabemittel bereitzustellen. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass Touchscreens zum Prioritätszeitpunkt bekannt waren. Damit stellt die Verwendung eines Touchscreens als Eingabemittel in Dokument D1 eine naheliegende Alternative dar. Ob Touchscreens zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich nicht multi-touch-fähig waren ist dabei nicht weiter von Belang, da sich die entsprechende Funktionalität statt durch gleichzeitiges Betätigen zweier Tasten ohne Weiteres auch durch eine sequentielle Eingabe erreichen lässt.
Folglich kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruches 1 des Hilfsantrags 0 nicht erfinderisch gegenüber dem aus Dokument D1 Bekannten ist.
4. Hilfsanträge 1 und 1A
Aus den in Abschnitt 2.1.2 genannten Gründen erfüllt Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. 1A nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
5. Hilfsantrag 1B
5.1 Änderungen
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1B unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 0 dadurch, dass ferner festgelegt wird, dass gemäß Merkmal (vii') "die Sonderzeichenbox mit zumindest einem Teil der darstellbaren Hauptzeichen überlappend darstellbar ist".
5.2 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
In der angefochtenen Entscheidung stellte die Prüfungsabteilung fest, dass das hinzugefügte Merkmal nicht erfinderisch sei. Es löse das technische Problem, die insgesamt zur Darstellung der möglichen Eingabezeichen verwendete Fläche auf dem Bildschirm zu verringern. Die partiell überlappende Nutzung bestimmter Bildschirmbereiche zur Darstellung von nur temporär relevanten Informationen sei zum Prioritätszeitpunkt der vorliegenden Anmeldung jedoch weit bekannt gewesen.
Demgegenüber argumentiert die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung, dass das hinzugefügte Merkmal mehrere technische Effekte bewirke. Einerseits werde die vorhandenen Anzeigefläche besser ausgenutzt, andererseits der Weg zwischen Haupt- und Sonderzeichen verkürzt und schließlich dem Nutzer die Hierarchieebene der Eingabe verdeutlicht. Daher liege eine erfinderische Tätigkeit vor. Da Dokument D1 keinen Touchscreen offenbare, sei insbesondere die Entfernung zwischen den Zeichen auf dem Bildschirm nicht von Belang.
Die Kammer stellt einerseits fest, dass es sich bei der guten oder effizienten Ausnutzung der Anzeigefläche nicht um einen technischen Effekt sondern um eine Sache des Layoutdesigns handelt (siehe auch Entscheidung T 1562/11, Ziffer 2.5). Andererseits ist der vorgebliche Effekt des verkürzten Weges nicht aus dem Anspruchswortlaut ableitbar, da die Position der Sonderzeichenbox nicht festgelegt ist. Schließlich handelt es sich bei der Verdeutlichung der Hierarchieebene bei der Eingabe nicht um einen technischen Effekt (siehe auch Entscheidung T 1741/08, Ziffer 2.1.6), der zudem bereits durch die aus Dokument D1 bekannte Anzeige der Sonderzeichenbox an sich bewirkt wird, mithin nicht durch ein Unterscheidungsmerkmal. Da die Kammer keinen durch das hinzugefügte Merkmal bewirkten technischen Effekt zu erkennen vermag, gelten für den betrachteten Anspruch ebenfalls die zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 0 getroffenen Erwägungen hinsichtlich des Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit.
6. Hilfsantrag 2
Aus den in Abschnitt 2.1.2 genannten Gründen erfüllt Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
7. Hilfsantrag 2A
7.1 Änderungen
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2A unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 0 dadurch, dass Merkmal (vi) zu Merkmal (vi') umformuliert wurde.
7.2 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Da auch Merkmal (vi') aus Dokument D1 bekannt ist (vgl. wiederum Abbildung 4 und die entsprechende Passage der Beschreibung), gelten für den betrachteten Anspruch ebenfalls die zu Anspruch 1 des Hilfsantrages 0 getroffenen Erwägungen hinsichtlich des Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit.
8. Hilfsanträge 3 und 3A
Aus den in Abschnitt 2.1.2 genannten Gründen erfüllt Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 bzw. 3A nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
9. Hilfsantrag 3B
9.1 Änderungen
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3B unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1B dadurch, dass Merkmal (vi) zu Merkmal (vi'') umformuliert wurde.
9.2 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Auch unter Berücksichtigung der leicht anderen Formulierung ist Merkmal (vi'') aus den in Abschnitt 7.2 für Merkmal (vi') genannten Gründen aus Dokument D1 bekannt.
Folglich gelten für den betrachteten Anspruch ebenfalls die zu Anspruch 1 des Hilfsantrages 1B getroffenen Erwägungen hinsichtlich des Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit.
10. Hilfsantrag 4
10.1 Änderungen
Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1B dadurch, dass Merkmal (vii') zu Merkmal (vii'') umformuliert wurde. Es enthält nun die zusätzliche Formulierung "auf dem ausgewählten Hauptzeichen".
10.2 Zulässigkeit (Artikel 13(1) VOBK)
Die Beschwerdeführerin legt dar, dass die im - während der mündlichen Verhandlung eingereichten - Hilfsantrag 4 enthaltene Änderung durch Abbildungen 2 und 5 sowie Seite 2, Absatz 6 und Seite 3, Absatz 2 der Beschreibung gestützt sei. Insbesondere beziehe sich Abbildung 5 nicht explizit auf einen Dreh-Drückgeber, so dass die Kombination der Abbildung 5 mit einem Touchscreen ableitbar sei.
Die Kammer stellt jedoch fest, dass die zu Abbildungen 2 und 5 gehörigen Textpassagen der Beschreibung je einen "Cursor" erwähnen (vgl. Seite 6, Absatz 2, Zeile 7 ff. und Seite 7, fünftletzte Zeile), was auf die Verwendung eines Dreh-Drückgebers anstatt eines Touchscreens hinweist. Daher ist die im Hilfsantrag 4 enthaltene Änderung aus der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht unmittelbar und eindeutig ableitbar. Somit gibt Hilfsantrag 4 Anlass zu einen neuen Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ und ist daher prima facie nicht gewährbar.
10.3 Folglich entscheidet die Kammer, in Ausübung ihres durch Artikel 13(1) VOBK eingeräumten Ermessens, Hilfsantrag 4 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
11. Da somit kein gewährbarer Antrag vorliegt, muss die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.