T 0398/89 28-07-1992
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Verfahren zur Beseitigung der Bugmarkierung bei Maschenware
Erfinderische Tätigkeit (verneint) - Analogieverwendung einer Vorrichtung
Inventive step (no) - long felt want - analogy processes
I. Die am 13. Juni 1985 eingereichte Patentanmeldung Nr. 85 107 316.3 mit der Veröffentlichungsnummer 0 166 316 wurde von der Prüfungsabteilung mit Entscheidung vom 22. Februar 1989 zurückgewiesen wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit der Gegenstände dieser Patentanmeldung.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 31. März 1989 mit gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben und dazu am 5. Juni 1989 eine Begründung eingereicht. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
III. Während der mündlichen Verhandlung, die am 28. Juli 1992 stattfand, beantragte die Beschwerdeführerin, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Anspruch 1: wie ursprünglich eingereicht mit dem Alternativmerkmal "oder eines inerten Gases";
Anspruch 2: eingereicht mit der Beschwerdebegründung am 5. Juni 1989;
Beschreibung: wie ursprünglich eingereicht;
Zeichnung: wie ursprünglich eingereicht.
IV. Die gültigen Ansprüche lauten wie folgt:
"1. Verfahren zur Beseitigung der Bugmarkierung bei Maschenware in Schlauchform während der kontinuierlichen Einfärbung und anschließenden Fixierung der aufgebrachten Farbstoffe, dadurch gekennzeichnet, daß die Maschenware während des Fixierens der aufgebrachten Farbstoffe mindestens einmal mittels Wasserdampf oder eines inerten Gases ballonförmig aufgeblasen und wieder flachgelegt wird."
"2. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 1, bestehend aus einem Dämpfer (4) mit mindestens einem Tauchtrog (5) für die Vorhaltung der Fixierchemikalien und Umlenkrollen (11) für die Führung der Maschenware in Schlauchform (5), dadurch gekennzeichnet, daß zwischen Tauchtrog (5) und den Umlenkrollen (11) mindestens eine Düse (6) für Wasserdampf oder ein inertes Gas zum Aufblasen der Maschenware angeordnet ist."
V. Zugunsten der Patentfähigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 trug die Beschwerdeführerin vor, das Verfahren, dessen Neuheit von der Prüfungsabteilung nicht in Frage gestellt worden sei, sei erfinderisch aus folgenden Gründen:
- Bis zum Anfang der achtziger Jahre seien schlauchförmige Maschenwaren meistens durch das Kaltverweilverfahren gefärbt worden. Um diese Zeit sei ein kontinuierliches Verfahren angestrebt worden, aber dies sei nicht möglich gewesen, weil Bugmarkierungen während der Fixierungsphase an den Bugkanten aufgetreten seien, d. h. dort wo die Schlauchware während des Foulardierens mehr als der Rest der Ware gequetscht wurde.
- Trotz der Tatsache, daß mehrere Firmen sich gleichzeitig um die Lösung dieses Problem gekümmert hätten, sei es nur mit dem anmeldungsgemäßen Verfahren der Beschwerdeführerin gelungen, die schlauchförmige Ware kontinuierlich zu färben und zu fixieren, ohne daß Bugmarkierungen in dem fertigen Produkt sichtbar seien.
- Aus einem kurz vor dem Anmeldetag veröffentlichten Artikel eines anerkannten Fachmannes gehe hervor, daß es noch niemandem gelungen sei, Bugmarkierungen zu beseitigen und daß eine bugmarkierungsfreie Arbeitsweise bei der kontinuierlichen Färbetechnik für Maschenware in Schlauchform offensichtlich nicht zu verwirklichen sei.
1. Neuheit
Keine der genannten Entgegenhaltungen betrifft ein kontinuierliches Färbeverfahren zum Färben von Maschenware in Schlauchform.
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist daher neu.
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1. Das Dokument, das dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommt, ist das Dokument GB-A-2 039 966, in welchem ein Verfahren zum Färben von schlauchförmiger Maschenware beschrieben wird (siehe Anspruch 1), wonach die Maschenware foulardiert und nach dem Imprägnieren und vor dem Abquetschen mit Luft aufgeblasen wird, um die Bildung von Bugmarkierungen zu vermeiden, und anschließend die imprägnierte Ware während einiger Stunden gelagert wird, um den Farbstoff zu fixieren.
2.2. Ein solches Verfahren weist den wesentlichen Nachteil auf, daß es nicht kontinuierlich durchführbar ist, und wenn man versucht, die schlauchförmige Maschenware zu einer der für flache Gewebe üblichen Weise zu färben, d. h. durch das Imprägnieren der Ware mit einer Farbstoffflotte sowie durch eine anschließende Behandlung der Ware mit Dampf um die Farbstoffe zu fixieren (oder anhand einer Zweistufenfärbung (d. h. Färbung + Fixiermittel)) läßt es sich nicht vermeiden, daß die beim Foulardieren entstehende Bugmarkierung auch nach dem Fixieren der Farbstoffe sichtbar bleibt.
2.3. Das Ziel der Erfindung besteht somit darin, dieses einfache und wirtschaftliche Verfahren in der Weise weiterzubilden, daß beim Färben von Maschenware in Schlauchform die Bugmarkierung absolut vermieden wird.
2.4. Da die Nachteile der im Dokument GB-A-2 039 966 erwähnte Verfahrensweise ohne weiteres feststellbar waren, kann die Aufgabenstellung an sich keine erfinderische Tätigkeit zuerkannt werden.
2.5. Gelöst wird diese Aufgabe durch die im Kennzeichen von Anspruch 1 genannten Verfahrensschritte, d. h.:
- daß das Fixieren kontinuierlich erfolgt und
- daß während des Fixierens der Farbstoffe die Ware mindestens einmal mittels Wasserdampf oder eines inerten Gases ballonförmig aufgeblasen und wieder flachgelegt wird.
2.6. Der Fachmann, der das für Flachgewebe bekannte Farbverfahren (d. h. durch Imprägnierung und anschließende Dampffixierung) auf schlauchförmige Maschenware anwenden wollte konnte aus dem Dokument GB-A-2 039 966 entnehmen, daß es nach der Imprägnierung mit der Farbstoffflotte nötig war, die Ware aufzublasen um die Bugmarkierungen zu vermeiden und wenn die Ware dann trotz des Aufblasens nach der Imprägnierung mit der Farbflotte und der Fixierung weiterhin Bugmarkierungen aufwies, konnte er ohne weiteres feststellen, daß die Ursache dafür an der Fixierung lag.
Aufgrund dieser Feststellung mußte der Fachmann für die Fixierungsphase per Analogie dieselben Maßnahmen treffen wie für die Imprägnierung mit dem Farbstoff, um das gleiche Ergebnis, d. h. eine gleichmäßige Fixierung zu erzielen (siehe T 130/89, ABl. EPA 1991, 514). Was die Behandlung mit Dampf oder mit einem inerten Gas anbelangt, handelt es sich um eine an sich übliche Maßnahme, deren Ausführung keine Schwierigkeiten bereitet. Im übrigen gibt die Anmeldung selbst keinen besonderen Hinweis für die Durchführung dieser Maßnahme.
Auch wenn das Verfahren gemäß Anspruch 1 eine Fixierung mit Chemikalien ausdrücklich enthalten würde, wäre es für den Fachmann in diesem Fall naheliegend gewesen, die Ware per Analogie auch nach der Imprägnierung mit Fixiermittel aufzublasen um das Erscheinen von Bugmarkierungen zu vermeiden.
Wenn das Fixieren durch Chemikalien oder durch eine Dampfbehandlung durchgeführt wird, braucht die Ware nicht mehr zum Verweilen abgelegt zu werden und es steht deshalb einem kontinuierlichen Verfahrens nichts mehr im Wege.
2.7. Die Beschwerdeführerin macht zwar geltend, daß das aus der Entgegenhaltung GB-A-2 037 966 bekannte Verfahren nicht zu befriedigenden Ergebnissen führe.
Nach Auffassung der Kammer kann der Fachmann dieser Entgegenhaltung aber doch entnehmen, daß das Aufblasen der Schlauchware nach dem Imprägnieren mit der Farbflotte zumindest eine Verringerung der Bugmarkierung mit sich bringt. Ferner wußte der Fachmann, daß beim bekannten kontinuierlichen Zwei-Stufen-Verfahren (siehe Abschnitt 2.2 oben) die Ware beim Fixieren mit Fixierchemikalien imprägniert wird, und daß es insbesondere auch beim Behandeln von Schlauchware auf eine gleichmäßige Verteilung der Fixierchemikalien ankommt. Er mußte somit davon ausgehen, daß diese gleichmäßige Verteilung der Fixierchemikalien auf die gleiche Weise erreicht werden kann wie die aus der GB-A-2 039 966 erreichbare gleichmäßige Verteilung der Farbflotte, nämlich durch Aufblasen der Schlauchware während des Fixierens.
2.8. Es ist auch vorgebracht worden, daß viele Unternehmen sich gleichzeitig während der Jahre 1981 bis 1984 mit derselben Aufgabe, die der Erfindung der vorliegenden Anmeldung zugrunde liegt, befaßt haben, und daß trotz der Tatsache, daß ein lang bestehendes Bedürfnis vorlag, die Aufgabe ungelöst geblieben sei.
Die Kammer kann dieses Argument zugunsten einer erfinderischen Tätigkeit nicht annehmen, weil, auch wenn es bewiesen wäre, eine Zeitperiode vor vier Jahren nicht als eine lange Dauer gelten kann.
2.9. Es ist auch ein Artikel aus einer Fachzeitschrift als Beweismittel eingereicht worden, in dem kurz vor dem Prioritätstag behauptet wird, daß die Aufgabe noch nicht gelöst sei, und offensichtlich nicht lösbar sei.
Welche Fachkompetenz der Autor dieses Artikels auch immer haben mag, seine Kenntnisse können nicht als die Kenntnisse des Fachmannes, der hier bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht zu ziehen ist, angenommen werden. Dieser Artikel zeigt nur, daß es ein Bedürfnis gab.
2.10. Deswegen kann dem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 keine erfinderische Tätigkeit zuerkannt werden.
3. Der Anspruch 2 betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 1 bestehend aus einem an sich bekannten Dämpfer mit den im Oberbegriff genannten Merkmalen, in dem eine Düse für Wasserdampf oder ein inertes Gas zwischen Tauchtrog und den Umlenkrollen angeordnet ist.
Was die Düse anbelangt, ist sie auch aus dem zuvor genannten Dokument GB-A-2 039 966 bekannt (Bezugszeichen 21) und auch in analoger Lage angebracht, um die gleiche Funktion zu erfüllen. Diese Düse mit Dampf oder mit einem inerten Gas anstatt mit Luft wie in dem zitierten Dokument zu speisen, gehört zu der üblichen Tätigkeit eines Fachmannes. Durch die Kombination dieses Merkmals mit den anderen Merkmalen des Anspruchs 2 wird kein Ergebnis erzielt, das für den Fachmann unvorhersehbar wäre.
Der Gegenstand des Anspruchs 2 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.