T 0523/91 (Gefülltes Kunststoff-Granulat/BAYER) 29-03-1993
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Gefülltes Kunststoff-Granulat
Amendments agreed by Boards of Appeal
Claims - Clarity - functional features
Disclosure - sufficiency (yes)
Reimbursement of appeal fee (no)
I. Die am 7. Mai 1991 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr eingegangene und mit dem am 8. Juni 1991 eingegangenen Schriftsatz begründete Beschwerde richtet sich gegen die am 8. März 1991 ergangene Entscheidung der Prüfungsabteilung 2.1.02.013 des Europäischen Patentamtes, die europäische Patentanmeldung 85 112 660.7 (Anmeldetag 7. Oktober 1985; Veröffentlichungsnummer 0 178 561) zurückzuweisen.
Die Streitanmeldung war ursprünglich mit Ansprüchen eingereicht worden, deren erster lautete, wie folgt:
"Gefülltes Granulat, insbesondere Kunststoffgranulat, zur Weiterverarbeitung in Maschinen mit Plastifiziereinrichtungen enthaltend einen oder mehrere Kunststoffe in Verbindung mit Einlagen dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Teil der Einlagen eine Längsausdehnung -gemessen entlang einer Abwicklung - besitzen, welche mindestens um das 1,2 fache größer als die größte innerräumliche Abmessung des Kunststoffgranulats ist und daß diese Einlage in einer oder mehreren Richtungen räumlich verdichtet mit dem Kunststoffgranulat verbunden sind."
Der angefochtenen Entscheidung lagen geänderte, am 22. März 1990 eingegangene Patentansprüche 1 bis 4 zugrunde, die nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind.
II. Die angefochtene Entscheidung geht davon aus, daß der geänderte Anspruch 1 zum Teil in unzulässiger Weise geändert worden sei, wodurch sein Gegenstand gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße. Hierauf werde jedoch nicht näher eingegangen, da die Formulierung des Anspruchs 1 nach wie vor gravierende Mängel bezüglich der Klarheit (Art. 84 EPÜ) aufweise, was die Zurückweisung der Anmeldung rechtfertige. Insbesondere wurde der Ausdruck "Einlagen" als solcher und als Bestandteil der Wortfolge "in Verbindung mit Einlagen" als unklar angesehen.
Auch die Voraussetzungen des Artikels 83 EPÜ seien nicht erfüllt, da auf den Seiten 4 und 5 der Beschreibung lediglich die Produkte bzw. Wirkungen einiger denkbarer Ausführungsformen in sehr undeutlicher Art und Weise beschrieben seien, ohne daß ein Weg zu deren Realisierung offenbart werde.
Da nicht klar sei, welches Granulat eigentlich beansprucht werden solle, könne weder Neuheit, noch erfinderische Tätigkeit geprüft werden.
Die Prüfungsabteilung sehe keine Möglichkeit, die Mängel in dem angebotenen Gespräch zu klären oder zu beseitigen, und es liege kein Antrag auf mündliche Verhandlung nach Artikel 116 (1) EPÜ vor, weswegen von einer solchen Abstand genommen werde.
III. Die Beschwerdeführerin hat dem in ihrer Beschwerdebegründung widersprochen. Ihr Hauptantrag lautet auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Erteilung eines Patents auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Unterlagen.
Ein Hilfsantrag richtet sich auf die Erteilung eines Patents gemäß den der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Unterlagen, mit der Maßgabe, daß Anspruch 1 sowie Seite 1 der Beschreibung die aus ihrem Schreiben vom 4. November 1992 ersichtliche Fassung erhalten sollen. Anspruch 1 in der so geänderten Fassung lautet:
"1. Gefülltes Kunststoffgranulat zur Weiterverarbeitung in Maschinen mit Plastifiziereinrichtungen, bestehend aus einem oder mehreren Kunststoffen in Verbindung mit eine hohe Festigkeit und/oder eine hohe Abschirmwirkung verleihenden Einlagen, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Teil der Einlagen eine Längsausdehnung im gestreckten Zustand besitzt, welche mindestens um das 1,2- fache größer als die größte innerräumliche Abmessung des Kunststoffgranulats ist und daß diese Einlage gewickelt oder gefaltet mit dem Kunststoffgranulat verbunden ist."
Mündliche Verhandlung wird für den Fall beantragt, daß nicht wenigstens diesem Hilfsantrag stattgegeben werden sollte.
Die Beschwerdeführerin stützt sich in ihren Ausführungen zu den Fragen der Klarheit (Art. 84 EPÜ) und der mangelnden Durchführbarkeit (Art. 83 EPÜ) u. a. auf folgende Dokumente:
(1) EP-A2-0 124 003
(2) Mair/Roth "Elektrisch leitende Kunststoffe" (1986), Seiten 143 bis 147
(3) Duden, "Deutsches Universalwörterbuch", S. 1438.
Sie macht insbesondere geltend:
a) Die Entscheidung verstoße gegen Artikel 114 (1) EPÜ, da sich die Prüfungsabteilung nicht in zumutbarer Weise - hier durch Wahrnehmung des Gesprächsangebotes - Klarheit über den Sachverhalt verschafft habe;
b) sowohl der Begriff "Einlagen", als auch die Formulierung "in Verbindung mit Einlagen" seien jedenfalls im Hinblick auf (1) und die im nachveröffentlichten (2) angegebenen älteren Dokumente klar, was im Hinblick auf (3) auch für den Begriff "Wickel" bzw. "gewickelt" gelte;
c) die Ausführbarkeit der Erfindung ergebe sich aus der Beschreibung der Nachteile des Standes der Technik, der Aufgabe der Erfindung -Reduktion der Füllstoffmenge bei gleicher Abschirmwirkung - und der Lösung dieser Aufgabe durch Einlagen, die räumlich verdichtet mit dem Kunststoffgranulat verbunden sind. Die "räumliche Verdichtung" werde durch "Konzentration jeder Einlage auf engem Raum", d. h. durch "Wickeln" oder "Falten" gelöst.
Die Information, wie der Fachmann derart räumlich komprimierte Einlagen unter Erhaltung ihrer komprimierten Form in das Granulat einbauen könne, ohne daß die räumliche Verdichtung wieder aufgelöst werde, erhalte er auf Seite 5 der Beschreibung.
Somit erfülle die Anmeldung die Forderungen der Artikel 84 und 83 EPÜ. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung sei daher aufzuheben und das Patent zu erteilen.
1. Die Beschwerde ist zulässig (vgl. I).
2. Die Kammer sieht keine Veranlassung, die formale Zulässigkeit der Patentansprüche zu beanstanden, da diejenigen des Hauptantrags mit der ursprünglichen Fassung identisch sind und die gemäß Hilfsantrag vorgenommenen Änderungen durch die Offenbarung der ursprünglichen Unterlagen gestützt werden (Art. 123 (2) EPÜ).
2.1. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom ursprünglichen Anspruch 1 einmal dadurch, daß in Zeile 1 "Granulat, insbesondere" gestrichen wurde und in Zeile 3 "enthaltend" durch "bestehend aus" ersetzt wurde. Diese Änderungen werden, wie ohne weiteres ersichtlich, durch den Wortlaut des ursprünglichen Anspruchs 1 gedeckt.
2.2. Darüber hinaus wurden folgende Änderungen vorgenommen, die eine Untersuchung auf ihre Zulässigkeit erfordern:
a) Die Worte "gemessen entlang einer Abwicklung" wurden durch "im gestreckten Zustand" und
b) der Ausdruck "in einer oder mehreren Richtungen räumlich verdichtet" durch "gewickelt oder gefaltet" ersetzt, ferner wurden
c) im Oberbegriff vor "Einlagen" die Worte "eine hohe Festigkeit und/oder eine hohe Abschirmwirkung verleihenden" eingefügt.
2.3. Ad b)
Die ursprünglichen Ansprüche 3 und 4 offenbaren Einlagen in Form von Wickeln und solche, die gefaltet sind, d. h. gewickelte oder gefaltete Einlagen. Die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ werden von Änderung b) somit erfüllt.
2.4. Ad a)
Da die Längsausdehnung einer gewickelten Einlage naturgemäß entlang einer Abwicklung gemessen wird, hat die Kammer keine Bedenken dagegen, diese technische Aussage mit den in a) gewählten Worten auszudrücken, soweit es sich um gewickelte Einlagen handelt.
Im Falle "gefalteter Einlagen" nach dem ursprünglichen Anspruch 4 ist ein Zusammenhang zwischen "Abwicklung" und "gestrecktem Zustand" nicht so ohne weiteres ersichtlich. Zum technischen Verständnis muß deshalb die ursprüngliche Beschreibung mit herangezogen werden. Unter Berücksichtigung vor allem der Ausführungen auf Seite 4, Zeilen 13 bis 17 und Seite 5, Zeilen 10 bis 19 der ursprünglichen Beschreibung wird dann erkennbar, daß im ursprünglichen Anspruch 4 ein Granulat beschrieben wird, das gefaltete Einlagen enthält, deren Längsausdehnung entlang einer "Abwicklung" gemessen wird, was im gegebenen Zusammenhang nur "entfaltet" und somit "gestreckt" bedeuten kann.
2.5. Ad c)
Die Einfügung der Worte "eine hohe Festigkeit und/oder eine hohe Abschirmwirkung verleihenden" findet ihre Stütze auf Seite 1, Zeilen 6 bis 8 der ursprünglichen Unterlagen.
2.6. Auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags geht somit nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Art. 123 (2) EPÜ).
Gleiches gilt auch für die dazugehörigen Ansprüche 2, 3 und 4, die den ursprünglichen Ansprüchen 2, 7 bzw. 8 entsprechen, sowie für die angepaßte Beschreibung.
3. Artikel 84 EPÜ besagt, daß die Patentansprüche, die den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird, u. a. deutlich gefaßt, d. h. klar sein müssen.
3.1. Geht man hiervon aus, so gelangt die Kammer zu dem Schluß, daß Anspruch 1 gemäß Hauptantrag diese Voraussetzung nicht erfüllt, da es an der geforderten Deutlichkeit fehlt. Hierzu wäre es erforderlich, daß der Inhalt eines Patentanspruchs für den (hier aus Seite 1 der Beschreibung ersichtlichen) Fachmann möglichst beim alleinigen Lesen dieses Anspruchs, jedenfalls aber im Lichte der Beschreibung (und eventueller Zeichnungen) widerspruchsfrei erkennbar würde. Dies ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil der Ausdruck "in einer oder mehreren Richtungen räumlich verdichtet" weder aus sich selbst heraus eindeutig verständlich, noch in der Beschreibung definiert ist.
Da dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin Anspruch 1 in unveränderter Fassung zugrunde liegt, kann ihm wegen mangelnder Klarheit des vorliegenden Anspruchssatzes, insbesondere des Anspruchs 1, nicht stattgegeben werden.
3.2. Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags ist eindeutig nur ein "gefülltes" Kunststoffgranulat, dessen Bestandteile durch die Formulierung "bestehend aus" vollständig angegeben sind. Hierdurch ergibt sich automatisch die Art der "Füllung".
Was unter dem Begriff "Einlagen" zu verstehen ist, ergibt sich ebenfalls schon allein aus dem Wortlaut des Anspruchs 1, da dieser sowohl ausreichende Angaben über ihre stoffliche, wie auch über ihre räumliche Beschaffenheit enthält. Was die stoffliche Beschaffenheit betrifft, so sollen die Einlagen dem in Maschinen mit Plastifiziereinrichtungen weiter zu verarbeitenden Kunststoffgranulat "eine hohe Festigkeit und/oder eine hohe Abschirmwirkung verleihen". Die Kammer sieht diese Angabe als ein funktionelles Merkmal an, das den fachmännischen Leser des Anspruchs 1 in die Lage versetzt, die Einlagen hinsichtlich ihrer stofflichen Beschaffenheit hinreichend zu konkretisieren, wobei ihm die Ausführungen auf Seite 2, Absatz 1 und auf Seite 6 der Beschreibung sowie die gutachtlich zu würdigende Literaturstelle (2) als Beleg für allgemeines Fachwissen zusätzlich behilflich sind.
Auch die räumliche Anordnung und die Dimensionierung der Einlagen gehen aus dem Anspruch eindeutig hervor.
Die Einlagen sollen in gewickelter oder gefalteter Form mit dem Kunststoffgranulat verbunden sein und in "gestrecktem" Zustand, was in diesem Zusammenhang nur "ungewickeltem" oder "ungefaltetem" Zustand heißen kann, eine Längsausdehnung aufweisen, die durch das im Anspruch angegebene Verhältnis zur größten "innerräumlichen Abmessung" des Kunststoffgranulats bestimmt wird. Die Kammer hat keine Schwierigkeiten mit der Interpretation des letztgenannten Begriffs und sieht auch für den fach- und sachkundigen Leser keine solchen, zumal im Hinblick auf Beschreibungsseite 3, Zeilen 1 und 2.
In Anbetracht des im Anspruch angegebenen Zweckes, dem die Einlagen dienen sollen, ist auch die Formulierung "mindestens ein Teil der Einlagen" hinreichend klar, da die Mindestmenge funktionell durch den zu erreichenden Effekt - hohe Festigkeit und/oder hohe Abschirmwirkung - definiert ist.
Auch die Formulierungen "Kunststoffen in Verbindung mit Einlagen" sowie "diese Einlage gewickelt oder gefaltet mit dem Kunststoffgranulat verbunden" führen nicht zu einem unklaren Anspruchsgegenstand im Sinne des Artikels 84 EPÜ, da die Art der Verbindung zwar, wie von der angefochtenen Entscheidung erläutert, mehrere Möglichkeiten umfaßt, woraus aber wohl ein breiter, nicht aber ein unklarer Anspruchsgegenstand resultiert. Anspruchsbreite kann jedoch nicht als solche, sondern nur im Zusammenhang mit anderen Kriterien, wie z. B. Neuheit, erfinderische Tätigkeit oder Ausführbarkeit angegriffen werden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags genügt somit den Erfordernissen der Klarheit gemäß Artikel 84 EPÜ, was entsprechend auch für die Gegenstände der Ansprüche 2 bis 4 gilt.
4. Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung der angefochtenen Entscheidung, die Erfindung sei in den ursprünglichen Unterlagen nicht so deutlich und vollständig offenbart worden, daß ein Fachmann sie ausführen könne (Art. 83 EPÜ).
Wie bereits unter 3. ausgeführt, wird das Produkt im Anspruch 1 mit ausreichender Klarheit definiert.
Es kann hier also nur noch um die Frage gehen, ob ein Fachmann unter Heranziehung der Beschreibung dieses Produkt auch herstellen konnte.
Die Beschreibung sagt aus, welcher Art die zu verwendenden Kunststoffe sind (vgl. Seite 5, letzter Absatz) und welcher Art die Einlagen sein sollen (vgl. Seite 2, Absatz 1 und Seite 6). Darüber hinaus weiß der Fachmann, der sich mit der Herstellung von Kunststoffteilen beschäftigt, die eine hohe Festigkeit und/oder eine hohe Abschirmwirkung aufweisen, welche Stoffe hierfür in Frage kommen (vgl. gutachtlich (2)). Ferner wird ihm die Lehre erteilt, Einlagen, die nach Weiterverarbeitung in ihrer Dimensionierung über die räumliche Abmessung der unverarbeiteten Granulate hinausgehen, durch Wickeln oder Falten räumlich so zu verdichten, daß sie im Granulat plaziert werden können. Diese Einlagen sind entweder im Granulat selber oder direkt auf seiner Oberfläche so anzuordnen, daß sie während des Plastifizierungsprozesses gegen Zerkleinerung weitgehend geschützt sind (vgl. Seite 3, Zeilen 6 bis 11). Seite 4, Zeilen 1 bis 10 beschreibt Einlagen in Form von Wickeln -zur Bedeutung des Ausdrucks Wickeln vgl. (3) - und ihre Anordnung im Granulat, und Zeilen 11 bis 17 beschreiben gefaltete Einlagen, wobei zusätzlich erwähnt wird, daß das Falten unmittelbar vor dem Einbau in das Granulat erfolgen kann. Schließlich gibt Seite 4, letzter Absatz sowie Seite 5, Zeilen 7 bis 19 Auskunft über die Art der Fixierung der räumlichen Verdichtung vor dem Einbau in das Granulat.
Da Verfahren zur Herstellung "gefüllter" Kunststoffgranulate dem Fachmann bekannt waren und die Beschreibung ihm ausreichende Informationen über die Art der hier einzusetzenden Füllungen oder Einlagen sowie deren Herstellung und eventuelle Fixierung vermittelt, sieht die Kammer die Ausführbarkeit im Sinne des Artikels 83 EPÜ als gewährleistet an.
5. Wie in der Beschwerdebegründung bestätigt wird, hat die Beschwerdeführerin im Prüfungsverfahren weder einen Antrag gemäß Artikel 116 (1) EPÜ gestellt, noch beabsichtigt, einen solchen zu stellen. Sie hat lediglich ein Gespräch zur Klärung des Sachverhaltes angeboten. Von diesem Angebot hat die Prüfungsabteilung keinen Gebrauch gemacht, da sie keine Möglichkeit sah, die geltend gemachten Mängel in einem Gespräch zu klären, worauf sie bereits im Erstbescheid (vgl. Punkt 6) hingewiesen hatte. Hätte die Beschwerdeführerin im Hinblick auf diese Ausführungen eine Zurückweisung der Anmeldung ausschließen wollen, so hätte sie einen Antrag gemäß Artikel 116 (1) EPÜ in Form eines Hilfsantrages stellen können. Mangels eines solchen Antrages liegt ein Verstoß gegen Artikel 116 EPÜ nicht vor.
Andererseits sind die Prüfungsabteilungen gehalten, das Prüfungsverfahren zügig und ökonomisch durchzuführen. Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel, daß das Verfahren zügig durchgeführt wurde, verfahrensökonomisch war es aber nicht, vom Gesprächsangebot der Beschwerdeführerin keinen Gebrauch zu machen. Zwar hat die Prüfungsabteilung im Erstbescheid die Meinung vertreten, daß eine Beseitigung der dort beanstandeten Mängel nicht möglich sei; die Anmelderin hat jedoch in Beantwortung dieses Bescheides einen ernsthaften Versuch gemacht, den Einwänden der Prüfungsabteilung zu begegnen. Daß dieser Versuch ernsthaft war, wird auch durch das Gesprächsangebot gestützt. In Anbetracht dieses Sachverhaltes bezweifelt die Kammer, ob die Prüfungsabteilung dem in den Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt Teil C, VI unter 4.3 empfohlenen Verfahren gefolgt ist. Ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne der Regel 67 EPÜ ist in einer solchen Unterlassung aber nicht zu erblicken. Keinesfalls verstößt sie gegen die in Artikel 114 (1) EPÜ vorgesehene "Amtsermittlung", zu der das Amt nicht verpflichtet war, wenn es - in pflichtgemäßer Ermessensausübung - hierfür keinen Handlungsbedarf sah.
6. Da, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt (vgl. unter 9.), Neuheit und erfinderische Tätigkeit bisher nicht geprüft wurden kommt die Kammer trotz des Alters der Anmeldung (mehr als sieben Jahre) nicht umhin, die Angelegenheit zur - möglichst baldigen - Prüfung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung wird aufgehoben.
2. Der Hauptantrag wird zurückgewiesen.
3. Die Sache wird zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der Ansprüche vom 6. November 1992 (Hilfsantrag) an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.