T 0597/93 17-02-1997
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Röntgentechnische Anlage
I. Mit Entscheidung vom 7. Juni 1993 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 89 111 790.5 (Veröffentlichungsnr. 0 353 459) mit der Begründung zurückgewiesen, daß der Gegenstand der Anmeldung angesichts der Kombination der den Druckschriften
(1) DE-A1-3 636 678 und
(2) EP-A1-0 245 160
entnehmbaren technischen Lehren keine erfinderische Tätigkeit aufweise.
II. Der Beschwerdeführer hat am 17. Juni 1993 gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt, die Gebühr entrichtet und die Begründung eingereicht. Diese Beschwerdebegründung enthält einen Hauptantrag und einen Hilfsantrag.
Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"Röntgentechnische Anlage mit einem Röntgengenerator (1), einem Röntgengerät (2), einem Spracherkennungssystem (6, 9, 10) für die Eingabe von Daten und einer Anzeigevorrichtung (7, 8) für die Datenwiedergabe, dadurch gekennzeichnet, daß alle Komponenten (1, 2, 6, 7) der Röntgenanlage über eine einzige Ringleitung (3) zusammengeschaltet sind, in der das Spracherkennungssystem (6) zur Dateneingabe und die Anzeigevorrichtung (7, 8) liegt, die derart gesteuert ist, daß auf ihr die verfügbaren und ausgeführten Kommandos wiedergegeben werden."
Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag umfaßt den Inhalt des vorgenannten Anspruchs 1 und das Merkmal des Anspruchs 4 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, nämlich:
"daß zusätzlich zum Spracherkennungssystem (6) mechanisch betätigbare Schaltmittel (10) zur Dateneingabe vorhanden sind."
III. Seine Anträge begründete der Beschwerdeführer wie folgt:
Das wesentliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag sei, daß alle Komponenten der röntgentechnischen Anlage über eine einzige Ringleitung zusammengeschaltet seien. Im Gegensatz dazu ließe die Druckschrift (2) die Möglichkeit zu, in einer einzigen Ringleitung nur einen Teil der Komponenten der röntgentechnischen Anlage anzuordnen. Welche Komponenten in der Ringleitung liegen sollten, sei in der Druckschrift (2) aber nicht weiter ausgeführt.
Die Kombination der Lehre der Druckschrift (2) mit der Lehre der Druckschrift (1) führe deshalb nicht zur vorliegenden Erfindung, denn bei dieser Kombination würde sich eine röntgentechnische Anlage mit einem Spracherkennungssystem und einer Anzeigevorrichtung ergeben, bei dem eine einzige Ringleitung vorgesehen sei, wobei sich für den Fachmann jedoch nicht ergäbe, welche der Komponenten in dieser einzigen Ringleitung angeordnet werden sollten.
Das zusätzliche Merkmal nach Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag, daß zusätzlich zum Spracherkennungssystem mechanisch betätigbare Schaltmittel zur Dateneingabe vorhanden seien, ermögliche es dem Benutzer, auch kontinuierliche Steuerungen, z. B. Verstellvorgänge, durchzuführen. Die Kombination eines Spracherkennungssystems mit mechanischen Schaltmitteln zur Dateneingabe sei durch keine der entgegengehaltenen Druckschriften nahegelegt.
IV. Der Beschwerdeführer beantragte die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des Hauptantrags oder des Hilfsantrags.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Stand der Technik
2.1. Nach dem in der Anmeldung (vgl. S. 1, Zeilen 19 - 25) dargestellten Stand der Technik sind "durch Sprachbefehle" gesteuerte Spracherkennungssysteme bekannt, die zur Steuerung der einzelnen Komponenten einer Röntgenanlage eingesetzt werden. Dies ist der Fall bei der in Druckschrift (1) offenbarten Anlage, die vom Beschwerdeführer stammt und den der Erfindung nächskommenden Stand der Technik darstellt.
Die Druckschrift (1) beschreibt eine Röntgendiagnostikeinrichtung mit einem Röntgengenerator 1, einem Röntgengerät 2 - 12, einem Spracherkennungssystem für die Eingabe von Daten 18 - 21 und einer Anzeigevorrichtung für die Datenwiedergabe 22, 24. Alle Komponenten der Anlage werden durch einen Steuerrechner 17 über die vom Spracherkennungssystem gelieferten Kommandos gesteuert. Darüber hinaus ist die Schaltung so ausgelegt, daß auf dem Display 24 die verfügbaren und die ausgeführten Kommandos dargestellt werden (vgl. Spalte 2, Zeilen 26 - 31; Spalte 3, Zeilen 63 - 67 und Spalte 4, Zeilen 27 - 38).
Von der Offenbarung in Druckschrift (1) unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, wie auch von der Prüfungsabteilung annerkannt, lediglich durch das Merkmal, wonach "alle Komponenten der Röntgenanlage über eine einzige Ringleitung zusammengeschaltet sind", und der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag dazu noch durch das weitere Merkmal, "daß zusätzlich zum Spracherkennungssystem mechanisch betätigbare Schaltmittel zur Dateneingabe vorhanden sind".
2.2. Zum Verständnis dieses Stands der Technik im Vergleich mit dem Gegenstand gemäß dem Anspruch 1 werden folgende Erläuterungen gegeben:
Der in Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag zur genaueren Bezeichnung der Ringleitung verwendete Begriff "einzige" ist in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht erwähnt. Allerdings geht aus der Beschreibung und der Zeichnung implizit hervor, daß keine andere Möglichkeit in Betracht kommt.
Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 umfaßt zwei Merkmale. Das erste Merkmal besagt, daß "alle Komponenten (1, 2, 6, 7) der Röntgenanlage über eine einzige Ringleitung (3) zusammengeschaltet sind, in der das Spracherkennungssystem (6) zur Dateneingabe und die Anzeigevorrichtung (7, 8) liegt". Der Begriff "alle" bezieht sich auf die im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Komponenten, d. h. einen Röntgengenerator, ein Röntgengerät, ein Spracherkennungssystem und eine Anzeigevorrichtung. Infolgedessen ist der zweite Satzteil "in der das Spracherkennungssystem (6) zur Dateneingabe und die Anzeigevorrichtung (7, 8) liegt" nur eine überflüssige Wiederholung der im ersten Satzteil genannten Komponenten und wird für die weitere Entscheidung außer acht gelassen.
Beim zweiten Merkmal des kennzeichnenden Teils, wonach "die (Anzeigevorrichtung) derart gesteuert ist, daß auf ihr die verfügbaren und ausgeführten Kommandos wiedergegeben werden", handelt es sich um ein funktionelles Merkmal, mit dem ein Ergebnis definiert wird. Die Beschreibung der Anmeldung geht nicht in die Einzelheiten der Ausführung der Komponenten der Anlage, insbesondere wird nicht genau gesagt, mit welchen Mitteln diese Steuerung ausgeführt wird. Bei der in Anspruch 1 vorgeschlagenen Lösung handelt es sich daher lediglich um einen prinzipiellen Lösungsgedanken.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Die in der Anmeldung (vgl. S. 1, Zeilen 27 - 30) genannte Aufgabe besteht darin, die Kommunikation zwischen dem Benutzer (Befehlsgeber) und allen Komponenten der Anlage (Befehlsempfänger) zu vereinfachen.
Diese Aufgabe gilt in der Anmeldung durch die beiden, unter der vorstehenden Nummer 2.2 der Entscheidungsgründe erwähnten Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptanspruch als gelöst. Das zweite Merkmal, das darin besteht, auf dem Monitor die verfügbaren und die ausgeführten Kommandos anzuzeigen, zielt tatsächlich darauf ab, die Kommunikation zwischen dem Benutzer und den Komponenten dadurch zu vereinfachen, daß dem Benutzer die Möglichkeit einer sofortigen und vollständigen Kontrolle geboten wird. Allerdings ist dieses Merkmal im Prinzip in der Druckschrift (1) offenbart.
Das erste Merkmal, das in Wirklichkeit das einzige Merkmal ist, in dem sich der Gegenstand dieses Anspruchs 1 von der Einrichtung nach der Druckschrift (1) (vgl. Nr. 3.2 der Entscheidungsgründe) unterscheidet, stellt die Lösung einer enger gefaßten technischen Aufgabe dar, die lediglich in der Suche nach einer Vereinfachung der Schaltung, insbesondere der Verkabelung der Anlage, besteht. Die vorgeschlagene Lösung besteht darin, alle Komponenten der Anlage in einer Ringleitung zu verbinden, d. h. über eine ringförmige Anordnung zusammenzuschalten, im Gegensatz zu der in Druckschrift (1) offenbarten Lösung, bei der die Komponenten über einen Steuerrechner, d. h. über eine sternförmige Anordnung, verbunden sind.
3.2. Der mit einer solchen enger gefaßten technischen Aufgabe konfrontierte Fachmann findet in Druckschrift (2) eine geeignete Lösung, denn diese Druckschrift beschreibt eine Röntgenanlage mit mehreren Kommunikationsnetzen, die Ringleitungen bilden, nämlich eine Hauptringleitung 10 und zwei Nebenringleitungen 11, 12.
Wie der Beschwerdeführer vorgebracht hat, trifft es zu, daß nicht alle Komponenten der Anlage in der Hauptringleitung 10 liegen (vgl. S. 5, Zeilen 9 - 22). Jedoch bezieht sich der in Druckschrift (2) erwähnte Stand der Technik (vgl. S. 1, Zeilen 16 - 24) auf eine bekannte Röntgenanlage, bei der alle Komponenten untereinander zu einem Ring zusammengeschaltet sind, um die Anordnung zu vereinfachen. Die Druckschrift EP-A-0 136 645, die im Recherchenbericht der Druckschrift (2) genannt ist und ebenfalls vom Beschwerdeführer stammt, vermittelt in dieser Hinsicht ein gutes Bild von diesem Stand der Technik. Der Fachmann kann diesen Stand der Technik nicht außer acht lassen.
Auch wenn sich der Fachmann mit der in Druckschrift (2) vorgeschlagenen komplexeren Lösung zufrieden gegeben hätte, so offenbart diese Druckschrift bereits den allgemeinen Gedanken, mehrere Geräte in einer Ringleitung zusammenzuschalten, wobei die Entkopplung in mehrere Nebenringleitungen allein dem Zweck dient, die Sättigung der Hauptringleitung zu verhindern, wenn zwischen zwei Geräten eine zu große Datenmenge fließt (vgl. S. 1, Zeilen 25 - 29). Es stand dem Fachmann also frei, entsprechend der Menge der zu verarbeitenden Daten und der Zahl der verwendeten Geräte alle Komponenten in eine einzige Ringleitung einzubeziehen oder nicht.
3.3. Die Kammer kann auch in der "Kombination" der beiden - jeweils an sich bekannten - Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 keine Erfindung sehen, denn die Anordnung in einem geschlossenen Schaltkreis und die Kontrolle der mündlich erteilten Kommandos auf dem Display betreffen die Lösung von zwei voneinander unabhängigen Teilaufgaben. Die Kontrolle der über eine Spracherkennungseinrichtung erteilten Kommandos funktioniert genausogut bei einer sternförmigen Anordnung, wie die Druckschrift (1) zeigt. Unter diesen Umständen ist es zulässig, in verschiedenen vorveröffentlichten Druckschriften nach geeigneten Teillösungen zu suchen, ohne daß dabei nach einer Anregung zur Kombination der Lehren dieser Druckschriften gesucht werden müßte (vgl. T 687/94, vom 23. April 1996, Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe; nicht veröffentlicht).
3.4. Die Aufnahme des in Anspruch 4 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung enthaltenen Merkmals in den Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag fügt dem Gegenstand dieses Anspruchs kein erfinderisches Element hinzu, denn die Verwendung von mechanisch betätigbaren Schaltmittel war sowohl aus dem in der Anmeldung erwähnten Stand der Technik (vgl. S. 1, Zeilen 10 - 17) als auch aus der Druckschrift (2) (vgl. S. 7, Zeilen 11 - 24) bereits bekannt. Neben dem Spracherkennungsmittel ein mechanisch betätigbares Schaltmittel anzuordnen, stellt also nur eine Verdoppelung bekannter funktionell gleichwertiger Mittel dar.
3.5. Aus diesen Gründen ergibt sich, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Haupt- bzw. Hilfsantrag auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
4. Daher kann im Hinblick auf Artikel 52 (1) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ ein Patent nicht erteilt werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.