T 0822/93 23-05-1995
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Vorrichtung zur Aufnahme von Werkstücken während der spanabhebenden Bearbeitung
Beschwerde - gilt als nicht eingelegt
Wiedereinsetzung - Antrag zurückgewiesen
Appeal procedure - admissibility of appeal - form and time limit of appeal
Reestablishment of rights - due care - due care on the part of applicant
I. Das europäische Patent Nr. 183 010 wurde durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 25. August 1993 widerrufen.
II. Die Entscheidung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Haupt- und Hilfsantrag im Hinblick auf die der Zeichnung Nr. IS- 1006-3735-2 einer vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen offenkundigen Vorbenutzung zu entnehmenden Lehre in Verbindung mit der Lehre nach der Druckschrift JP-A- 57. 008 005 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer (Patentinhaber) am 16. September 1993 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig eine Beschwerdegebühr von DEM 1 000,00 entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 8. Dezember 1993 eingegangen.
IV. Mit Telefax vom 18. Oktober 1993 hat die Geschäftsstelle der Beschwerdekammer dem Beschwerdeführer und Beschwerdegegner (Einsprechenden) mitgeteilt, daß die Beschwerdegebühr DEM 2 000,00 betrage und daher noch DEM 1 000,00 zu bezahlen seien.
V. Mit Telefax vom 18. November 1993 hat die am Verfahren nicht beteiligte Firma Körber AG den fehlenden Betrag von DEM 1 000,00 für den Beschwerdeführer bezahlt. Ebenso hat der Beschwerdeführer laut dem Gebührenauszug des Europäischen Patentamts am 18. November 1993 diesen fehlenden Betrag von DEM 1 000,00 bezahlt.
VI. Mit Bescheid vom 3. Dezember 1993 hat die Beschwerdekammer den Beteiligten mitgeteilt, daß wegen der nicht vollständigen Zahlung der Beschwerdegebühr innerhalb der Frist gemäß Artikel 108 EPÜ die Beschwerde als nicht eingelegt gelte und auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung hingewiesen.
VII. Mit Schreiben vom 3. Juni 1994 hat die Firma Körber AG beantragt, den von ihr bezahlten Betrag zurückzuzahlen.
VIII. Zu der Feststellung der Beschwerdekammer im Bescheid vom 19. Oktober 1994, daß kein Antrag auf Wiedereinsetzung vorliege, hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. November 1994 Kopien ihres Wiedereinsetzungsantrags vom 16. Dezember 1993 und eines am 16. Dezember 1993 auf das Europäische Patentamt ausgestellten Verrechnungsscheckes vorgelegt.
In dem Antrag auf Wiedereinsetzung bringt der Beschwerdeführer vor, daß wegen der bei ihm zur Zeit des Widerrufs des Patents bestehenden Liquiditätsschwierigkeiten die Zahlung der restlichen Beschwerdegebühr erst am 18. November 1993 seitens der Firma Körber AG erfolgt ist.
IX. Mit den Bescheiden vom 14. Dezember 1994 und 26. Januar 1995, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, alle ihm zur Verfügung stehende Beweismittel für die von ihm vorgebrachten Tatsachen, im besonderen Unterlagen vorzulegen, aus denen die Anzahl, die Höhe und die Art seiner Zahlungen, die innerhalb der von ihm versäumten Frist geleistet worden sind, hervorgehen.
X. Mit Schreiben vom 3. Januar 1995 und 20. März 1995 reichte der Beschwerdeführer Kopien der Ergebnisrechnung - 2. Halbjahr 1993, der Liquiditäts- und Avalplanung 1994, des Finanzplans Nov. /Dez. 1994 + 1995 und der Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1993 ein.
XI. Der Beschwerdeführer beantragte
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Artikel 122 EPÜ.
2. Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Haupt- oder Hilfsantrags gemäß der angefochtenen Entscheidung.
3. Zurückzahlung der halben Beschwerdegebühr.
Vom Beschwerdegegner liegt kein Antrag vor.
1. Nach Artikel 108 EPÜ ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung schriftlich beim Europäischen Patentamt einzulegen. Die Beschwerde gilt jedoch erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist.
2. Die angefochtene Entscheidung war laut den Rückscheinen mit eingeschriebenen Briefen am 25. August 1993 den Beteiligten zugestellt worden. Nach Regel 78 (3) gelten diese Briefe mit dem zehnten Tag nach Abgabe zur Post als zugestellt, d. h. im vorliegenden Fall am 4. September 1993. Am 16. September 1993, d. h. innerhalb einer Frist von zwei Monaten hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und die halbe Beschwerdegebühr von DEM 1 000,00 bezahlt.
Die Zahlung der zweiten Hälfte der Beschwerdegebühr ist am 15. November 1993 (vgl. Wiedereinsetzungsantrag vom 16. Dezember 1993) veranlaßt und laut dem Gebührenauszug des Europäischen Patentamts am 18. November 1993 gebucht worden, d. h. diese Zahlung erfolgte nach Ablauf der 2- Monatsfrist. Die Beschwerde gilt daher gemäß Artikel 108 Satz 2 EPÜ als nicht eingelegt. Ob dieser Mangel behoben werden kann, hängt davon ab, ob Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde gewährt werden kann.
3. Nach Artikel 122 (1) EPÜ wird der Anmelder oder Patentinhaber, der verhindert worden ist, gegenüber dem Europäischen Patentamt eine Frist einzuhalten, auf Antrag dann wieder in den vorigen Stand eingesetzt, wenn die Fristversäumnis trotz Beachtung aller nach den Umständen gebotenen Sorgfalt erfolgt ist. Der Antrag ist innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses einzureichen (Artikel 122 (2) EPÜ). Er gilt gemäß Artikel 122 (3) EPÜ erst als gestellt, wenn die Wiedereinsetzungsgebühr entrichtet worden ist.
4. Mit Bescheid vom 3. Dezember 1993 ist dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden, daß die Frist zur vollständigen Zahlung der Beschwerdegebühr nicht eingehalten worden sei. Er wurde auch auf Möglichkeit der Wiedereinsetzung in diese Frist hingewiesen. Mit Erhalt dieses Bescheids, der gemäß Regel 78 (3) EPÜ als am 13. Dezember 1993 zugestellt gilt, ist das Hindernis, das zur Fristversäumnis geführt hat, weggefallen.
5. Nach dem Gebührenauszug des Europäischen Patentamts ist die Wiedereinsetzungsgebühr am 18. Dezember 1993 als eingegangen gebucht worden, deren Zahlung der Beschwerdeführer laut der mit Schreiben vom 8. November 1994 eingereichten Kopie einer Zahlungsanweisung am 16. Dezember 1993 veranlaßt hatte.
6. Aufgrund dieser gebuchten Zahlung ist es auch glaubhaft, daß der Beschwerdeführer gleichzeitig mit der Zahlungsanweisung, nämlich am 16. Dezember 1993, den schriftlichen Antrag auf Wiedereinsetzung entsprechend der ebenfalls mit Schreiben vom 8. November 1994 eingereichten Kopie dieses Antrags eingereicht hat, der jedoch nicht zu den Akten gelangt ist. Die 2-Monatsfrist ist demnach eingehalten worden.
7. Auch hat der Beschwerdeführer seinen Antrag begründet (Artikel 122 (3) EPÜ) und geltend gemacht, daß er zum Zeitpunkt der Entscheidung der Einspruchsabteilung erhebliche Liquiditätsprobleme hatte, wegen derer die Zahlung der vollständigen Beschwerdegebühr erst am 15. November 1993 veranlaßt werden konnte.
8. Finanzielle Schwierigkeiten können ein Wiedereinsetzungsgrund sein, unter der Voraussetzung, daß der Beschwerdeführer sich mit der gebotenen Sorgfalt um finanzielle Unterstützung bemüht hat, es sich um ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten gehandelt hat und er die Umstände für die finanziellen Schwierigkeiten nicht zu vertreten hatte (vgl. Entscheidungen J 22/88, ABl. EPA 1990, 244 und J 9/88, nicht veröffentlicht).
9. Den mit Schreiben vom 3. Januar 1995 und 20. März 1995 vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1993 ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten hatte. Aus den Unterlagen geht jedoch nicht hervor, daß der Beschwerdeführer die Umstände für die finanziellen Schwierigkeiten nicht zu vertreten hatte. Auch hat der Beschwerdeführer trotz der Aufforderung der Beschwerdekammer im Bescheid vom 26. Januar 1995, Unterlagen vorzulegen, aus denen die Anzahl, die Höhe und die Art seiner Zahlungen, die innerhalb der von ihm versäumten Frist geleistet worden sind, hervorgehen, keinen Nachweis dafür geliefert, daß er sich mit der gebotenen Sorgfalt um eine entsprechende finanzielle Unterstützung für die Zahlung der vollständigen Beschwerdegebühr bemüht hat.
10. Der Beschwerdeführer kann somit nicht in die versäumte Frist für die Zahlung der Beschwerdegebühr wieder eingesetzt werden. Daraus folgt, daß die Beschwerde gemäß Artikel 108, Satz 2 EPÜ als nicht eingelegt gilt.
11. Da mithin keine wirksame Beschwerde vorliegt, ist die Beschwerdegebühr (nach dem Gebührenauszug des Europäischen Patentamts: DEM 3 000,00) dem Beschwerdeführer zurückzuzahlen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung gilt als nicht eingelegt.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.