Per-Ingvar Brånemark
Titanschraube und Verankerungsvorrichtung für Implantate
Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2011 in der Kategorie Lebenswerk
Menschliches Gewebe reagiert mit einer natürlichen Abstoßung auf Fremdkörper, auch wenn es sich dabei um wiederherstellende Implantate und Endoprothesen handelt. Als der schwedische Orthopäde Per-Ingvar Brånemark eine Ausnahme von dieser Regel entdeckte, revolutionierte er damit praktisch die gesamte Implantologie.
Der massive Verlust von Zähnen - sei es durch Unfall, Krankheit oder schlicht und einfach Karies - führt oft zu einer erheblichen Verschlechterung der Lebensqualität.
Deshalb hat die Wiederherstellung des Kauvermögens hohe Priorität bei der Zahnversorgung.
Aufgrund der natürlichen Abstoßungsreaktion des menschlichen Gewebes gegenüber Fremdkörpern waren die Möglichkeiten der Zahnimplantologie lange sehr eingeschränkt, und manchen Patientengruppen konnte noch vor wenigen Jahrzehnten überhaupt nicht geholfen werden.
Im Jahr 1952 erfuhr Brånemark von einem Versuch an der Universität Cambridge, bei dem Forscher erfolgreich einem Kaninchen eine Kammer aus Tantal in das Weichgewebe des Ohres implantierten.
Brånemark beschloss, den Versuch zu wiederholen, wobei er eine Kammer aus Titan in das Schienbein eines Kaninchens implantierte, um die Interaktion mit Knochengewebe zu untersuchen. Später stellte er fest, dass Implantate aus Titan mit dem menschlichen Knochengewebe eine sichere Verbindung eingehen können.
Als Brånemark 1965 erstmals einem Patienten erfolgreich ein Zahnimplantat einsetzte, bedeutete dies für die Implantologie einen gewaltigen Schritt nach vorne. Im Zuge seiner ärztlichen Laufbahn hat er seine Methode - die Osseointegration (vom lateinischen Wort "os" für Knochen) - so verfeinert, dass sie heute weltweit zum Goldstandard der Zahnimplantologie geworden ist.
Seitdem haben mehr als acht Millionen Patienten von der bahnbrechenden Erfindung Brånemarks profitiert.
Die Hauptvorteile dieser Technik sind der relativ leichte chirurgische Eingriff sowie das durch die Prothese wiederhergestellte normale Kauvermögen.
Nachdem das schwedische Gesundheitsministerium im Jahr 1978 Brånemark grünes Licht für die klinische Anwendung seiner Implantationsmethode gegeben hatte, begann der schwedische Rüstungshersteller Bofors mit der Vermarktung der Dentaltechnologie.
Zusammen mit Brånemark gründete Bofors 1981 die Tochtergesellschaft Nobelpharma (heute Nobel Biocare), die Zahnersatz auf der Grundlage der patentierten Technik des Erfinders anbietet.
Heute deckt die Firma Nobel Biocare mit weltweit mehr als 2 200 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 581,4 Mio. EUR (2009) rund 35 % des Weltmarkts für Zahnimplantate ab.
Titanimplantate stellen heute das Standardverfahren der Zahnimplantologie dar. In den ersten zwei Jahren nach dem Eingriff beträgt die Erfolgsquote beeindruckende 90 - 95 % und über die durchschnittliche Lebensdauer erstaunliche 98 %.
Brånemarks Erfindung hatte weitreichende Auswirkungen für die Prothetik, und seine revolutionäre Methode findet heute auch über die zahnmedizinische Versorgung hinaus Anwendung. Seit den 1970er-Jahren wird sie in der Gesichtschirurgie zur Wiederherstellung von Ohren, Augen oder Nasen bei Tumorerkrankungen, Verletzungen und angeborenen Missbildungen angewandt. Ein weiteres Einsatzgebiet sind knochenverankerte Hörgeräte. In den 1980er-Jahren begann Brånemark damit, sein Osseointegrationsverfahren in der Orthopädie anzuwenden; heute werden die Forschungen in diesem Bereich von seinem Sohn Rickard fortgesetzt, der Brånemarks Methode für die Verankerung von Arm- und Beinprothesen weiterentwickelt.
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