Jacques Lewiner
Rauchmelder, Internetverbindungen, sichere Schlüsselkarten und viele mehr
Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2018
Menschen, die so produktiv sind wie der französische Erfinder, Physiker und Unternehmer Jacques Lewiner, sind Ausnahmeerscheinungen. In seiner mehr als vier Jahrzehnte umspannenden Forschungskarriere hat er weltweit mehr als 500 Patente angemeldet und ist Inhaber von 68 erteilten europäischen Patenten.
Nur wenige Erfinder können ein derart umfangreiches innovatives Output vorweisen wie das von Jacques Lewiner. Und noch weniger können ihm das Wasser reichen, wenn es um die Bandbreite seiner Innovationen geht: Mit Erfindungen auf den Gebieten der Elektronik, der medizinischen Sensoren, der Sicherheit und der Telekommunikation beweist Lewiner, dass die Vielfalt seiner Interessen beinahe ebenso groß ist wie die Anzahl seiner Erfindungen.
Der gemeinsame Nenner liegt darin, dass sie modernste Technologien und wissenschaftliche Erkenntnisse in praktische Lösungen für ganz alltägliche Probleme übersetzen - wobei häufig unterschiedliche Fachgebiete miteinander verknüpft werden. Sein Leben lang hat Lewiner sich dafür eingesetzt, die Lücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu überbrücken, und so unterstützt er auch andere Forscher und Studierende dabei, ihre Forschungsergebnisse in praktische Anwendungen umzusetzen.
Dem heute 74-Jährigen, der ein Fürsprecher für den Schutz des geistigen Eigentums ist, ist es gelungen, einige seiner Patente in erfolgreiche Produkte zu verwandeln. So gründete er im Jahr 2000 die auf Brandmeldesysteme spezialisierte Firma Finsecur, um die von ihm entwickelte neuartige Rauchmeldetechnik zu vermarkten. Aus diesen Anfängen ist inzwischen ein Unternehmen mit 34 Millionen EUR Jahresumsatz geworden.
Gesellschaftlicher Nutzen
Jacques Lewiners Erfindungen haben Millionen von Menschen auf der ganzen Welt mehr Sicherheit gebracht. 1977 ließ er eine Bettunterlage patentieren, die Alarm auslöst, wenn sie Veränderungen bei Vitalfunktionen wie Atmung oder Herzschlag erkennt. Eine solche Unterlage ist ideal zur Überwachung von Patienten mit Schlafapnoe oder von Neugeborenen. Im Gegensatz zu früheren Erfindungen in diesem Bereich wie dem sogenannten Sensorpatch ermöglicht es dem Überwachten volle Bewegungsfreiheit.
Lewiner entwickelte auch ein algorithmusbasiertes Codiersystem, eine der ersten Technologien für den Einsatz von Magnetkartenschlössern. Für das System wurde 1989 ein europäisches Patent erteilt und Lewiner schätzt, dass die Technik seither zur Sicherung Hundertausender Hotelzimmer eingesetzt wurde.
1991 erhielt der "Serienerfinder" ein Patent für die Verbesserung des ionisierenden Rauchmelders, die ihn weniger anfällig für Fehlalarm machte. Dies nämlich war damals ein häufig auftretendes Ärgernis, denn bereits eine plötzliche Windböe genügte, um den Alarm auszulösen. Die verbesserten Detektoren werden seither in Wohnhäusern rund um den Globus eingebaut.
Wirtschaftlicher Nutzen
Lewiners ionisierender Rauchmelder lieferte das erste geistige Eigentumsrecht, auf dem das 1999 von Lewiner mitgegründete Unternehmen Finsecur S.A. seine Spezialisierung auf Brandmeldesysteme aufbaute. Seitdem ist Finsecurs Patentportfolio auf mehr als 120 Patente angewachsen, und das Unternehmen mit heute 168 Mitarbeitern hat einen Jahresumsatz von 34 Millionen EUR.
An vielen von Lewiners Projekten waren verschiedene technische und wissenschaftliche Gebiete beteiligt, in denen man sozusagen "grenzüberschreitend" zusammenarbeitete, und einige der von Lewiner auf den Weg gebrachten Start-ups gründete er in Kooperation mit ehemaligen Studenten der renommierten technischen Hochschule ESPCI Paris. Eines der erfolgreicheren dieser Unternehmen ist Inventel, das er mit seinem ehemaligen Studenten Éric Carreel gründete. Es wurde 2005 von dem französischen Unternehmen Thomson SA (heute Technicolor SA), das in der Branche der Kommunikations- und Unterhaltungsmedien tätig ist, zum Preis von 146 Millionen EUR aufgekauft.
Ein neuerer Stern am Unternehmenshimmel ist Sculpteo, das sich mit dem 3D-Druck beschäftigt und von Lewiner, Éric Carreel und Clément Moreau gegründet wurde. Die jüngsten Zahlen, die für das Geschäftsjahr 2017 berichtet wurden, sprechen von 55 Mitarbeitern und einem bisher aufgebrachten Investitionsvolumen von rund 9 Mio. EUR. Sculpteo betätigt sich im globalen Markt für 3D-Druck, der 2017 auf einen Wert von rund 5,3 Mrd. EUR beziffert wurde und bis 2023 ein Umsatzvolumen von schätzungsweise 26,5 Mrd. erreicht haben soll.
Funktionsweise
Lewiners Bettunterlage zur Überwachung von Vitalfunktionen während der Nacht wandelt biologische Funktionen wie Atmung oder Herzschlag in elektromechanische Signale um. Da Atmung und Herzschlag zyklisch sind, führt eine Änderung in diesem Zyklus auch zu einer Änderung im elektromechanischen Zyklus der Unterlage und löst dadurch einen Alarm aus.
Seine Innovation für Magnetkartenschlösser war relativ einfach, aber höchst effektiv. Normalerweise funktioniert ein codiertes Schloss mit nur einem Code, der den Zugang verschafft. Lewiner hingegen entwickelte einen mathematischen Algorithmus, der mit zwei Codes arbeitet. Sobald der erste Code benutzt wird, wird automatisch ein zweiter Code generiert. Wenn der zweite Code benutzt wird, so wird dieser zum Hauptcode und generiert wiederum einen neuen Code, und so weiter.
Lewiners Verbesserung für Feuermelder war genauso einfach und wirkungsvoll. In früheren Modellen erzeugten ionisierte Luftpartikel in einer speziellen Kammer im Detektor einen elektrischen Strom. Wenn Rauchpartikel den Stromfluss behinderten, ging der Alarm los. Jedoch konnte ein plötzlicher Luftzug oder Windstoß Luftpartikel aus ihrer Position verdrängen und damit ebenfalls den Alarm auslösen. Lewiner integrierte eine zusätzliche Ionisationskammer in den Detektor, um störende Luftströme zu kompensieren, so dass der Alarm nicht mehr fälschlicherweise ausgelöst wurde.
Der Erfinder
Jacques Lewiner wurde 1943 in Vic-sur-Cère in Frankreich geboren. Schon als Kind machte er gerne Experimente im Garten seines Elternhauses. Dabei erfand er ein Alarmsystem, das ihn vor potenziellen Eindringlingen warnen sollte.
Nachdem er an der Universität Paris in Physik promoviert hatte, lehrte er an der Catholic University of America in Washington D.C. Sein Spezialgebiet waren die elektrischen Eigenschaften von Feststoffen. 1968 trat er in das Nationale Zentrum für Wissenschaftliche Forschung (CNRS) in Paris ein und meldete 1970 sein erstes Patent an.
1973 erhielt Lewiner an der berühmten ESPCI Paris (École Supérieure de Physique et de Chimie Industrielles de la ville de Paris) den Lehrstuhl für Elektromagnetismus. Später leitete er die Hochschule zusammen mit dem Nobelpreisträger Georges Charpak.
Ausgezeichnet wurde er unter anderem 2017 mit dem Prix Spécial Marius Lavet , außerdem erhielt er 2016 die Ehrendoktorwürde der israelischen Universität Technion. 2002 war er zum "Ritter des nationalen Ordens der Ehrenlegion" (französischer Verdienstorden) ernannt worden. Aktuell ist er ehrenamtlicher wissenschaftlicher Direktor an der ESPCI Paris sowie "Dean of Innovation and Entrepreneurship" an der Université PSL (Paris Sciences & Lettres) und denkt noch lange nicht ans Aufhören.
Wussten Sie das?
"Serienerfinder" wie Jacques Lewiner sind rar gesät, aber einige Gewinner und Finalisten des Europäischen Erfinderpreises reichen doch an seine unermüdliche Produktivität heran. So beispielsweise der als "Mann der tausend Patente" bekannte deutsche Erfinder Artur Fischer (Gewinner in der Kategorie "Lebenswerk" 2014), der insbesondere für die Erfindung des Spreizdübels und sein Spielzeugunternehmen Fischertechnik berühmt wurde.
2016 gewann der niederländische Ingenieur Anton Van Zanten den Preis in der Kategorie "Lebenswerk" für sein Antiblockiersystem - einem seiner 180 erteilten Patente, von denen 36 die Fahrzeugsicherheit betreffen.
Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch der Schweizer Erfinder Elmar Mock (Finalist in der Kategorie "Lebenswerk" 2017), der das Ultraschallschweißen (das in den Swatch-Armbanduhren zur Anwendung kommt) erfunden hat und dann das als Innovationsschmiede erfolgreiche Unternehmen Creaholic gründete.
Last but not least sei hier auch noch der französische Erfinder Raoul Parienti (Finalist in der Kategorie "Lebenswerk" 2009) genannt: Bekannt wurde er mit seiner Lesehilfe "Top Braille". Unter seinen zahlreichen Patenten finden sich jedoch auch Haushaltsgeräte, elektronische Bezahlsysteme und GPS-Lösungen.
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