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Waleed Hassanein

Erhaltung von Transplantationsorganen

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Preiskategorie
Nicht-EPO-Staaten
Technisches Gebiet
Medizintechnik
Firma
TransMedics
Hunderttausende Menschen auf der ganzen Welt warten auf lebensrettende Spenderorgane. Aber viele Organe schaffen es gar nicht erst bis zum Empfänger, da die Zeit, während derer die Organe außerhalb des Körpers am Leben gehalten werden können, begrenzt ist. Das von dem amerikanischen Herzchirurgen Waleed Hassanein entwickelte Organ Care System (OCS) bringt hier eine wesentliche Verbesserung: Es kann die Organfunktion länger aufrechterhalten und erhöht damit den Prozentsatz erfolgreich verpflanzter Organe.

Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2017

OCS wird seit 2007 in Kliniken eingesetzt und tritt an die Stelle eines jahrzehntelang verwendeten Verfahrens, der sogenannten "kalten Ischämie". Bei der kalten Ischämie wird ein Spenderorgan nach der Entnahme mit einer kühlen, sterilisierten Lösung gespült, um es von Blut zu reinigen, bevor es dann in Eis verpackt wird. So kann das Absterben des Organs um einige Stunden verzögert werden. In Hassaneins System wird das Organ außerhalb des menschlichen Körpers am Leben erhalten, indem die Vitalfunktionen aufrechterhalten werden.

Hassanein begann Anfang der 1990er-Jahre als junger Arzt an der Universität Georgetown, an diesem Meilenstein zu arbeiten. Frustriert durch die Erfahrung, hilflos miterleben zu müssen, wie Organe, die Leben hätten retten können, während der Kaltlagerung abstarben, fing er an, damit zu experimentieren, Organe in einem warmen Umfeld, umgeben von nährstoffreichem Blut, zu lagern. Auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse entwickelte er OCS. Dieses System hält die Organe nicht nur  am Leben, ohne dass ein Funktionsverlust eintritt, sondern ermöglicht es auch, sie während der Lagerung auf Schädigungen zu überprüfen. Und es rückt sogar die Vision, Infektionen außerhalb des Körpers behandeln zu können, in greifbare Nähe. Ursprünglich zur Lagerung menschlicher Herzen entwickelt, steht OCS mittlerweile auch für Lungen und Lebern zur Verfügung und wurde bereits in mehr als 800 Transplantationen erfolgreich eingesetzt.

Gesellschaftlicher Nutzen

Die Erfindung könnte die Chancen auf ein Spenderorgan für Patienten signifikant erhöhen. Nach Angaben der US-Organisation "United Network for Organ Sharing" erweitert sich die Warteliste für Spenderorgane allein in den USA alle 10 Minuten um einen neuen Namen. Jeden Tag sterben 22 Menschen, während sie auf ein Transplantat warten. In den Ländern der EU, zusammen mit Island, Norwegen und der Türkei, standen 2013 insgesamt 86 000 Patienten auf den Wartelisten für Organe. Experten gehen davon aus, dass weltweit 60 bis 65 Prozent aller Spenderherzen aufgrund der Einschränkungen der Kaltlagerung nicht zum Einsatz kommen.

OCS erweitert die Zahl verfügbarer Organe in dreifacher Weise: Erstens verlängert das System die Zeitspanne, die ein Organ auf dem Weg zum Empfänger überleben kann. Bei der Kaltlagerung beträgt diese Spanne für ein Herz etwa vier Stunden. Mittels OCS gelagerte Herzen konnten in einigen Fällen noch nach 11 Stunden erfolgreich eingepflanzt werden. Zweitens ermöglicht OCS es den Ärzten, den Gesundheitszustand der Spenderorgane außerhalb des Körpers zu überwachen und zu beurteilen, was bei der kalten Ischämie nicht möglich ist. Und drittens können dank OCS auch Spenderorgane von Menschen verwendet werden, deren Herzen bereits aufgehört haben, zu schlagen. Dadurch erhöht sich die Zahl der verfügbaren Organe beispielsweise in Großbritannien um 25 Prozent.

Wirtschaftlicher Nutzen

Mit dem großflächigen Einsatz von OCS könnte die Lagerungskette lebender Organe auf dem Weg vom Spender über die Kliniken zum Empfänger besser vernetzt werden.  Die OCS-Technologieplattform, bestehend aus OCS-Systemen für Lungen, für Herzen und für Lebern, hat in der EU bereits die CE-Kennzeichnung erhalten und ist in Australien und Kanada zugelassen. Das Verfahren für die Zulassung durch die FDA in den USA läuft noch. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die offizielle Empfehlung für den klinischen Einsatz des OCS-Systems für Herzen, die das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) 2016 ausgesprochen hat.

Um seine patentierten Erfindungen auf den Markt zu bringen, gründete Hassanein 1998 das in Massachusetts ansässige Unternehmen TransMedics. Das Unternehmen hat bereits rund 280 Mio. EUR an Risikokapital und privatem Beteiligungskapital enthalten und beschäftigt 70 Mitarbeiter.

Hassans Systeme zur Organkonservierung, die dabei sind, den seit Jahrzehnten bestehenden Standard der Kaltlagerung zu ersetzen, haben das Potenzial, den Markt für Organkonservierungssysteme neu zu beleben. Dieser wird von Experten bei Transparency Market Research derzeit auf 56,7 Mio. EUR beziffert. In den nächsten Jahren wird eine Steigerung um das Dreifache erwartet, bis 2019 wird er nach diesen Schätzungen einen Wert von 189 Mio. EUR überschritten haben.

Funktionsweise

Ein OCS-Gerät hat in etwa die Ausmaße eines kleinen Haushaltskühlschranks und kann auf Rädern in einen Rettungswagen gefahren werden. Es bildet Funktionen des menschlichen Körpers nach und versorgt das Spenderorgan durch ein "Perfusionssystem" kontinuierlich mit warmem, sauerstoffangereichertem Blut. Das Organ wird im Inneren des Perfusionsmoduls des Systems gelagert. Dabei handelt es sich um eine durchsichtige, sterile und temperierte Kammer mit einer spezifischen Form zur Aufnahme von Herzen, Lungen oder Lebern. Mithilfe eines Pumpenmotors und eines Belüftungssystems simuliert die Kammer die Funktionen des menschlichen Körpers.

Eine Reihe nicht invasiver Ultraschallsensoren überwacht kritische Parameter wie Blutdruck, Durchblutung und Blutzusammensetzung, um das Organ auf dem Transport gesund zu erhalten. Eine Lösung versorgt das Organ mit lebenswichtigen Nährstoffen und Substraten.

Der Erfinder

Waleed Hassanein wurde 1968 in einem Vorort von Kairo geboren. Er wuchs in der Nähe des Flughafens der Stadt auf und wollte eigentlich Pilot werden. Aber die Familientradition wollte es, dass er schließlich doch eine medizinische Laufbahn einschlug - war er doch in eine Familie von Ärzten hineingeboren worden.

Für die vormedizinische Ausbildung ging er nach London und studierte danach drei Jahre lang Medizin an der Universität Kairo. Nach seinem Umzug in die USA im Jahr 1990 - inzwischen ist er dort eingebürgert - promovierte der Erfinder 1993 an der Universität Georgetown in Washington DC in Medizin.

Nachdem er zwei Jahre lang am Klinikum der Universität Georgetown als Assistenzarzt in der Allgemeinchirurgie gearbeitet hatte, ging er von 1995 bis 1998 im Rahmen eines Forschungsstipendiums im Bereich der Herz-Thorax-Chirurgie das Brigham Medical Center und an das West Roxbury VA Medical Center in Boston. 1998 gründete er TransMedics, um sein völlig neuartiges Konzept "lebender Organtransplantate" auf den Weg zu bringen. Heute ist Hassanein als CEO und Präsident im Verwaltungsrat von TransMedics.

Wussten Sie das?

Spenderorgane "ex vivo" (außerhalb des menschlichen Körpers) am Leben zu erhalten, ist in Hassaneins Vision nur der erste Schritt in einer Reihe vorstellbarer Anwendungs­mög­lichkeiten seiner patentierten Technologie. Er ist überzeugt, dass es mithilfe der OCS-Technologie irgendwann auch möglich sein könnte, Chemotherapien, Gentherapien und Verfahren der regenerativen Medizin "ex vivo" an isolierten Organen vorzunehmen. Dann könnten Ärzte außerhalb des Körpers an der Reparatur von Organen arbeiten - ganz ohne die Gefahr von Nebenwirkungen, die durch aggressive Behandlungsmethoden wie der Chemotherapie ausgelöst werden können.

Dies ist übrigens nicht der einzige futuristisch anmutende Ansatz für die Reparatur von Organen, der für den diesjährigen Europäischen Erfinderpreis nominiert wurde: In der Kategorie "Forschung" finden sich Hans Clevers und sein Team vom Universitäts­klinikum Utrecht (UMC) mit ihren bahnbrechenden "Organoiden". Diese Miniaturversionen echter Organe, die heute in der Arzneimittelprüfung eingesetzt werden, könnten die Grundlage sein, auf der in Zukunft vielleicht "Ersatzorgane" in Originalgröße aus den Stammzellen von Patienten gezüchtet werden können.

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