T 0569/17 08-07-2021
Download und weitere Informationen:
LICHTSCHUTZFILTERKOMBINATION MIT 2,4,6-TRIS-(BIPHENYL)-1,3,5-TRIAZIN
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - unerwartete Verbesserung
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent EP 2 280 767 unter Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Form aufrechtzuerhalten.
II. Im Rahmen des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens wurden folgende für die vorliegende Entscheidung relevante Dokumente eingereicht:
D1: |DE 10 2004 047 288 |
D4: |Versuchsbericht, eingereicht am 14. August 2015 |
D14: |"Color measurement and staining", Versuchsbeschreibung, eingereicht am 12. Mai 2017|
D15:|Versuchsbericht, eingereicht am 12. Mai 2017 |
D17:|WO 2004/085412 |
III. Im Einspruchsverfahren war das Patent unter Artikel 100(a) und 100(b) EPÜ wegen mangelnder Neuheit, mangelnder erfinderischer Tätigkeit und mangelnder Ausführbarkeit angegriffen worden.
In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die Ansprüche des geänderten Hilfsantrags 2 die Erfordernisse der Artikel 123, 83 und 56 EPÜ erfüllten. Neuheit war nicht mehr beanstandet worden. Die Einwände, die gegen die diesem Hilfsantrag angepasste Beschreibung unter Artikel 84 und 123(2) EPÜ vorgebracht worden waren, wurden verworfen.
Höherrangige Anträge der Patentinhaberin wurden wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber D1 nicht gewährt.
IV. In der Beschwerdeschrift und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die Ansprüche der aufrechterhaltenen Fassung seien das Ergebnis einer ursprünglich nicht offenbarten Auswahl an Merkmalen und verstießen daher gegen Artikel 123(2) EPÜ. Die beanspruchte Erfindung sei dem Fachmann nicht ausreichend offenbart (Artikel 83 EPÜ), da er nicht wisse, welche Substanz mit der in den unabhängigen Ansprüchen definierten Komponente a) gemeint sei. Die beanspruchten kosmetischen Zubereitungen seien ausgehend von D1 nahegelegt (Artikel 56 EPÜ), da die in den unabhängigen Ansprüchen zusätzlich zu D1 vorhandenen Komponenten Carbomer (Anspruch 1), Ethylhexylsalicylat (Anspruch 2) beziehungsweise C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) gängige Inhaltsstoffe solcher Zusammensetzungen seien. Ein unerwarteter Effekt sei mit deren Zugabe nicht verbunden; zum Nachweis dessen wurden die neuen Vergleichsdaten D15 eingereicht. Im übrigen sei der aufrechterhaltene Anspruchssatz auch unklar (Artikel 84 EPÜ), da im Zuge der durchgeführten Änderungen einige Rückbezüge abhängiger Ansprüche fehlerhaft angepasst worden seien.
V. Die Beschwerdegegnerin reichte mit ihrer Beschwerdeerwiderung einen geänderten Anspruchssatz als Hauptantrag zur Aufrechterhaltung des Patents ein, in dem die fehlerhaften Rückbezüge der abhängigen Ansprüche korrigiert wurden. Im übrigen bestritt sie die Einwände der Beschwerdeführerin und verteidigte die von der Einspruchsabteilung getroffene Entscheidung. Insbesondere brachte sie vor, dass die Komponenten, die im Vergleich zu D1 zusätzlich in den beanspruchten Zusammensetzungen vorhanden sein müssen, unerwartet zu einer verringerten Gelbfärbung führten, wie in D4 gezeigt. Die beanspruchten Zusammensetzungen seien daher dem Fachmann aus dem Stand der Technik nicht nahegelegt.
VI. Mit Ladung vom 5. September 2019 wurden die Parteien für den 9. Juli 2020 zu einer mündlichen Verhandlung geladen. Der Verhandlungstermin wurde im weiteren Verlauf wegen der andauernden Corona-Pandemie auf den 8. Juli 2021 verlegt.
VII. Die Kammer erließ am 10. Oktober 2019 eine Mitteilung unter Artikel 15(1) VOBK, in der die Parteien über deren vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage informiert wurden. Die Kammer war der vorläufigen Ansicht, die vorgebrachten Einwände der unerlaubten Erweiterung (Artikel 123(2) EPÜ) und der mangelnden Offenbarung (Artikel 83 EPÜ) wären nicht überzeugend. Der mit der Beschwerdebegründung vorgebrachte Einwand unter Artikel 84 EPÜ sei durch die Änderungen im neuen Hauptantrag ausgeräumt. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1 würde unter Berücksichtigung der verschiedenen eingereichten Testergebnisse in der Verhandlung diskutiert werden.
VIII. Am 8. Juli 2021 fand die mündliche Verhandlung statt.
Die für die entscheidungsrelevanten Fragen vorgebrachten Argumente der Parteien sind im Detail in den Entscheidungsgründen abgehandelt.
IX. Die Schlussanträge der Parteien waren die folgenden:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 280 767.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents gemäß ihres mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hauptantrags oder, hilfsweise, gemäß des Hilfsantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer.
X. Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin lauten (Hervorhebung durch die Kammer):
"1. Kosmetische Zubereitung enthaltend eine Kombination aus
a) 2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin,
b) Phenylbenzimidazolsulfonsäure und/oder deren Salze,
c) 2-(4'-Diethylamino-2'-hydoxybenzoyl)-benzoesäurehexylester,
wobei die Zubereitung ein oder mehrere Parabene und/oder Phenoxyethanol enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Zubereitung Polyacrylate (Carbomer) enthält.
2. Kosmetische Zubereitung enthaltend eine Kombination aus
a) 2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin,
b) Phenylbenzimidazolsulfonsäure und/oder deren Salze,
c) 2-(4'-Diethylamino-2'-hydoxybenzoyl)-benzoesäurehexylester,
wobei die Zubereitung ein oder mehrere Parabene und/oder Phenoxyethanol enthält, dadurch gekennzeichnet, , dass die Zubereitung Ethylhexylsalicylat enthält.
3. Kosmetische Zubereitung enthaltend eine Kombination aus
a) 2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin,
b) Phenylbenzimidazolsulfonsäure und/oder deren Salze,
c) 2-(4'-Diethylamino-2'-hydoxybenzoyl)-benzoesäurehexylester,
wobei die Zubereitung ein oder mehrere Parabene und/oder Phenoxyethanol enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Zubereitung C12-15 Alkylbenzoat enthält."
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
2.1 Der unabhängige Anspruch 1 basiert auf einer Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1, 11 und 12. Analoges gilt für die unabhängigen Ansprüche 2 und 3, die aus einer Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1, 11 und 6 bzw. 1, 11 und 8 hervorgingen, wobei in den Ansprüchen 12, 6 und 8 jeweils ein Teil der ursprünglich offenbarten Alternativen gestrichen wurde.
Dies war unstrittig.
2.2 Die Beschwerdeführerin hat eingewandt, die Auswahl der Verbindungen Polyacrylat (Carbomer) in Anspruch 1, Ethylhexylsalicat in Anspruch 2 und C12-15 Alkylbenzoat in Anspruch 3 aus den ursprünglichen Ansprüchen 12, 6 und 8 sei das Ergebnis einer erfinderischen Auswahl und füge daher der ursprünglichen Offenbarung eine Information hinzu. Diese neue Information sei nämlich, dass die Auswahl dieser drei Komponenten jeweils zu Zusammensetzungen mit verringerter Gelbfärbung führe. Zusammensetzungen mit den jetzt beanspruchten Komponenten seien aber ursprünglich nicht gegenüber anderen, jetzt nicht mehr beanspruchten Zusammensetzungen, als vorteilhaft oder besonders geeignet bezeichnet worden.
2.2.1 Die Kammer kann sich der Meinung der Beschwerdeführerin nicht anschließen. Die Zusammensetzungen als solche sind, wie von der Einspruchsabteilung zutreffend festgestellt wurde, ursprünglich offenbart. Eventuell vorteilhafte, ursprünglich nicht offenbarte Eigenschaften der beanspruchten Zusammensetzungen wurden den Ansprüchen nicht hinzugefügt. Das bloße Streichen bestimmter ursprünglich beanspruchter Ausführungsformen in dem Bemühen, sich auf diese Weise besser vom Stand der Technik abzugrenzen, fügt den nunmehr vorliegenden Ansprüchen im Vergleich zur ursprünglichen Anmeldung keine zusätzliche Information hinzu. Daran ändert auch nichts, dass im Verlauf des Verfahrens technische Argumente oder Daten eingereicht wurden, um vorteilhafte Eigenschaften der nunmehr beanspruchten Zusammensetzungen zu unterstreichen. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf G 1/93 geht ins Leere, da sich diese Entscheidung mit nicht offenbarten Merkmalen befasst, die in die Ansprüche eingefügt wurden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Mangelnde Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin leidet das Patent an mangelnder Ausführbarkeit, weil der Fachmann nicht wisse, was unter der in den Ansprüchen definierten Verbindung "2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin" zu verstehen sei. Überdies sei diese Verbindung zum Anmeldezeitpunkt nicht herstellbar gewesen.
Die Kammer kann sich dieser Ansicht nicht anschließen. Ein Fachmann versteht unter dem Namen "2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin" ein 1,3,5-Triazin, das an den Positionen 2, 4 und 6 jeweils einen Biphenylrest trägt. Es wird ja, wie von der Beschwerdegegnerin richtigerweise angeführt, in D1 diese Verbindung ebenfalls benutzt und in der vorpublizierten Schrift D17, Beispiele 1 und 2, sind Syntheseverfahren angegeben. Der Fachmann erkennt aus der dort angegebenen Strukturformel (101) auf den ersten Blick, dass in diesen Beispielen die in den Ansprüchen definierte Verbindung synthetisiert wird.
Die Beschwerdeführerin hat weiterhin eingewandt, die Bezeichnung "2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin" umfasse verschiedene denkbare Isomere. Es sei damit nicht nur ein Triazin gemeint, das durch para-Biphenyl substituiert sei, auch meta- oder orthoverknüpfte Biphenylgruppen seien mit erfasst.
Nach Ansicht der Kammer würde der Fachmann die Angabe "2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin" zunächst mit der para-Verbindung in Verbindung bringen, da diese allgemein bekannt ist. D1 und D17 benutzen dieselbe Nomenklatur. Selbst wenn durch die Bezeichnung "2,4,6-Tris-(biphenyl)-1,3,5-triazin" Verbindungen umfasst sind, die nicht spezifisch im Stand der Technik offenbart sind, führt dies nicht dazu, dass die beanspruchte Erfindung für den Fachmann nicht ausführbar ist. Triazine sind eine seit langem bekannte Substanzklasse. Es erschließt sich der Kammer nicht, weshalb ein Fachmann, selbst in Abwesenheit detaillierter Vorschriften, nicht in der Lage gewesen hätte sein sollen, eine derartige Verbindung herzustellen. Die Beschwerdeführerin hat dazu keine technischen Argumente vorgebracht.
Einen Mangel an Offenbarung kann die Kammer daher nicht erkennen.
4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
4.1 Das Patent beschäftigt sich mit Zusammensetzungen zum Lichtschutz. Gemäß Absatz [0009] der Patentschrift sollten diese Zusammensetzungen verschiedene Kriterien erfüllen, unter anderem möglichst wenig gelb gefärbt sein.
4.2 Nächster Stand der Technik
Nächster Stand der Technik ist D1, das ebenso kosmetische Lichtschutzemulsionen offenbart. Insbesondere die in Beispiel 6 offenbarte Zusammensetzung enthält die in den vorliegenden unabhängigen Ansprüchen definierten Komponenten (a), (b) und (c); Komponente (c) ist dabei unter ihrem Handelsnamen "Uvinul A Plus®" aufgeführt. Die vorliegenden unabhängigen Ansprüche unterscheiden sich davon dadurch, dass den Zusammensetzungen Polyacrylate (Carbomer, Anspruch 1), Ethylhexylsalycat (Anspruch 2) bzw. C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) hinzugefügt wird.
Dies alles war unstrittig.
4.3 Aufgabe und Lösung
4.3.1 Komponente (c)("Uvinul A Plus®") hat einen gelblichen Farbton. Ausgehend von Beispiel 6 der D1 als nächstem Stand der Technik stellte sich die Aufgabe, Zusammensetzungen mit einem verringerten Gelbwert aufzufinden. Die beanspruchte Lösung besteht in den in den unabhängigen Ansprüchen 1-3 definierten Zusammensetzungen, die sich insbesondere durch die Anwesenheit der oben erwähnten Zusatzstoffe Polyacrylate (Carbomer, Anspruch 1), Ethylhexylsalycat (Anspruch 2) bzw. C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) auszeichnen.
4.3.2 Strittig zwischen den Parteien war, ob durch die Zugabe dieser Verbindungen tatsächlich eine Verringerung der Gelbwerte belegt ist. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei auf die in D15 dokumentierten, im Beschwerdeverfahren eingereichten Testresultate, die Beschwerdegegnerin berief sich auf D4. Die Einspruchsabteilung hatte, naturgemäß gestützt auf D4 alleine, einen solchen Effekt als belegt angesehen (Punkt 4.3 der Einspruchsentscheidung).
4.3.3 D4 vergleicht die Zusammensetzung gemäß Beispiel 6 der D1 mit je einer Zusammensetzung, die zusätzlich Carbomer (Anspruch 1), Ethylhexylsalicylat (Anspruch 2) beziehungsweise C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) enthält. Nach Aufdrucken auf Baumwolle und Trocknen wurde in allen drei Fällen eine Verringerung des Gelbwerts b**(*) festgestellt.
4.3.4 D15 vergleicht die Zusammensetzung gemäß Beispiel 6 der D1 mit je zwei Zusammensetzungen, die Ethylhexylsalicylat (Anspruch 2) beziehungsweise C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) in verschiedenen Konzentrationen enthalten. Gemäß D14 werden die Zusammensetzungen im Verhältnis 1:9 verdünnt und dann ebenfalls auf ein Textil aufgebracht. Die Zeile "before washing" in D15 zeigt die Gelbwerte. Es zeigt sich, dass von den vier getesteten anspruchsgemäßen Zusammensetzungen drei einen geringeren Gelbwert zeigen, als die Vergleichszusammensetzung der D1, eine nicht.
4.3.5 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin kann D4 keine allgemein gültige Verringerung des Gelbwerts für anspruchsgemäße Zusammensetzungen zeigen. Es sei kein technisches Konzept erkennbar, weshalb chemisch so unterschiedliche Verbindungen wie Carbomer (Anspruch 1), Ethylhexylsalicylat (Anspruch 2) beziehungsweise C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) einen solchen Effekt zeigen sollten, falls es sich nicht einfach um einen Verdünnungseffekt bei Zugabe zusätzlicher Komponenten handle. Falls überhaupt, so sei ein Effekt nur für die spezifisch verwendeten Konzentrationen gezeigt. Auch aus D15 ergebe sich eine gewisse Streuung der Messwerte, die unterstreiche, dass nicht von einem systematischen Effekt gesprochen werden könne. Zudem fehlten in den Vergleichstests die im Anspruch verlangten Konservierungsmittel, so dass ein Effekt für anspruchsgemäße Zusammensetzungen ohnehin nicht gezeigt sei. Im Übrigen seien die gemessenen Unterschiede im Gelbwert so gering, dass sie für das Auge des Verbrauchers unsichtbar seien. Insofern sei eine eventuell gemessene Verbesserung kommerziell uninteressant und daher nicht gewerblich relevant.
4.3.6 Die Beschwerdegegnerin hat dagegen darauf verwiesen, dass in D4 unbestreitbar ein numerischer Effekt gezeigt wurde, der bis auf eine der vier Messungen auch in der von der Beschwerdeführerin eingereichten Tests der D15 zu sehen sei. Ein wissenschaftlich nachvollziehbares Konzept sei vom EPÜ nicht verlangt. Es lägen keine Daten vor, die einen Einfluss der im Anspruch definierten Konservierungsmittel belegten, ebenso wenig wie eine entscheidende Rolle der in den Tests verwendeten Konzentrationen der Komponenten belegt sei. Ob ein Verbraucher die gemessenen Gelbwerte unterscheiden könne, oder nicht, hänge von vielen Umständen ab, wie den Lichtverhältnissen oder dem individuellen Farbsehvermögen. Eine physikalische Messgröße sei daher objektiv besser geeignet, um einen Farbeffekt nachzuweisen.
4.3.7 Nach Ansicht der Kammer ist in der Zusammenschau der Ergebnisse durch die Vergleichsversuche in D4 und D15 eine verringerte Gelbfärbung anspruchsgemäßer Zusammensetzungen im Vergleich zu denen des Beispiels 6 der D1 als nächstliegendem Stand der Technik nachgewiesen.
In den Vergleichstests der D4 zeigen alle Zusammensetzungen, die ausgehend von Beispiel 6 der D1 zusätzlich Carbomer (Anspruch 1), Ethylhexylsalicylat (Anspruch 2) beziehungsweise C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) enthalten, eine Verringerung des Gelbwerts. Ebenso ist dieser Effekt in drei von vier getesteten Zusammensetzungen in D15 gezeigt. Die von der Beschwerdeführerin eingereichten Testergebnisse in D15 bestätigen daher eher die Ergebnisse der D4, als sie zu erschüttern.
Es ist richtig, dass die Beschwerdegegnerin kein theoretisches Konzept angegeben hat, das die Abnahme der Gelbwerte erklären könnte. Dies ist aber, wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, kein Erfordernis des EPÜ für die Patenterteilung. Es scheint ja sogar eher so zu sein, dass ein auftretender Effekt umso überraschender ist, je weniger er zunächst durch ein theoretisches Konzept erklärt werden kann.
Ein wesentlicher Einfluss der Menge der zugegebenen Substanzen in dem Sinne, dass ein Effekt nur in den spezifisch in D4 eingesetzten Konzentrationen erzielbar sei, wurde nicht belegt. Ebenso wenig wurde ein Einfluss der im Anspruch verlangten Konservierungsstoffe substantiiert. Die entsprechenden Behauptungen der Beschwerdeführerin bleiben daher unbelegt.
Die Kammer ist auch mit der Beschwerdegegnerin der Meinung, dass eine physikalische Messgröße zur Bestimmung des Farbwerts objektive Daten liefert, die einen Effekt glaubhaft belegen können. Die Patentinhaberin ist zunächst in der Wahl der Nachweismethode für einen bestimmten Effekt frei, solange dadurch zuverlässige Aussagen getroffen werden können. Ein Nachweis, ob Verbraucher sich eines solchen Effekts bewusst werden, ist hierzu nicht erforderlich.
Im Ergebnis hält die Kammer die auf D4 beruhende Einschätzung der Einspruchabteilung für korrekt. Die zusätzlich im Beschwerdeverfahren eingereichten Versuchsergebnisse D15 ändern daran nichts.
4.3.8 Die in den unabhängigen Ansprüchen definierten Zusammensetzungen lösen daher ausgehend von D1 die technische Aufgabe, Zusammensetzungen zum Sonnenschutz mit geringerer Gelbfärbung zu finden.
4.4 Naheliegen der Lösung
4.4.1 Es wurde von der Beschwerdeführerin kein Dokument des Standes der Technik angeführt, aus dem ein Fachmann entnehmen könnte, dass die Zugabe von Polyacrylaten (Carbomer, Anspruch 1), Ethylhexylsalicylat (Anspruch 2) bzw. C12-15 Alkylbenzoat (Anspruch 3) zur Verringerung der Gelbfärbung von Zusammensetzungen für den Sonnenschutz führt. Eine solche Lehre existiert im Stand der Technik nicht. Ein Fachmann hatte daher ausgehend von D1 keine Veranlassung, zur Lösung der technischen Aufgabe die aus D1 bekannten Zusammensetzungen anspruchsgemäß zu modifizieren.
4.4.2 Die Beschwerdeführerin hat zwar richtigerweise vorgebracht, dass die zugesetzten Komponenten an sich als Bestandteile von Sonnenschutzmitteln bekannt sind; dies wurde von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten. Dies ändert aber nichts daran, dass ein Fachmann auf der Suche nach einer Lösung der ihm gestellten Aufgabe keinen Hinweis hatte, die Zusammensetzungen der D1 in der beanspruchten Weise abzuändern.
4.5 Die Ansprüche des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin beruhen daher auf erfinderischer Tätigkeit.
5. Der Hauptantrag erfüllt die relevanten Erfordernisse des EPÜ. Das Patent kann daher unter Artikel 101(3)(a) auf Basis diesen Antrags in geänderter Form aufrechterhalten werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung das Patent aufrechtzuerhalten auf Basis der Ansprüche 1-10 des Hauptantrags, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung am 3 August 2017, und der Beschreibung wie eingereicht am 17. November 2016 während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung.