T 0409/18 11-01-2021
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Verfahren zum Betrieb einer Kommissioniervorrichtung und Kommissioniervorrichtung
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte form- und fristgerecht gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 5. Dezember 2017, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 301 864 zurückgewiesen wurde, Beschwerde ein.
II. Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang unter Geltendmachung der Einspruchsgründe mangelnder erfinderischer Tätigkeit, mangelnder Offenbarung sowie unzulässiger Erweiterung nach Artikel 100 a) bis c) EPÜ angegriffen worden.
III. In der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 vom 23. Juni 2020 teilte die Kammer den Parteien das vorläufige Ergebnis der Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, wonach die Beschwerde voraussichtlich zurückzuweisen sein dürfte.
IV. Die Beschwerdeführerin nahm mit Schriftsatz vom 14. September 2020 dazu Stellung.
V. Am 11. Januar 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert wurde. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.
VI. Die Entscheidung wurde am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet.
VII. Verfahrensabschließend beantragten
die Beschwerdeführerin
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2301864;
die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
die Zurückweisung der Beschwerde
oder hilfsweise,
bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines der bereits im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3.
VIII. Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (die Merkmalgliederung entspricht derjenigen der Einspruchsschrift):
Verfahren zum Betrieb einer
(a) Kommissioniervorrichtung mit
(a1) einem Lager mit Vorratslagerplätzen und einem Auslagerplatz,
(a2) einem Handhabungsgerät zum Einlagern von Artikeln in die
Vorratslagerplätze und zum Auslagern aus den Vorratslagerplätzen,
(a3) einer Eingangserfassungseinheit zum Identifizieren der einzulagernden Artikel,
(a4) einer Eingabeeinheit zur Bestimmung der auszulagernden Artikel sowie
(a5) - einer Steuerung, die in Abhängigkeit von den Signalen der
Eingangserfassungseinheit das Handhabungsgerät steuert,
(b) wobei Artikel,
(b1) die vor der Identifizierung durch die Eingangserfassungseinheit bereits mittels der Eingabeeinheit als auszulagernd bestimmt worden sind,
(b2) mittels des Handhabungsgeräts
(b3) direkt zu dem Auslagerplatz transportiert werden,
dadurch gekennzeichnet,
(c) dass eine Mehrzahl von auszulagernden Artikeln mittels der Eingabeeinheit zu einem Auftrag zusammengefasst werden,
(d) wobei die Artikel des Auftrags vor der Auslagerung an dem Auslagerplatz gesammelt werden
(e) und eine Mehrzahl von Auslagerplätzen vorhanden ist,
(f) wobei unterschiedlichen Aufträgen jeweils ein oder mehrere Auslagerplätze zugewiesen werden.
IX. Anspruch 3 des Streitpatents in der erteilten Fassung (die Merkmalgliederung entspricht derjenigen der Einspruchsschrift):
Kommissioniervorrichtung mit
(a1) einem Lager mit Vorratslagerplätzen und einem Auslagerplatz,
(a2) einem Handhabungsgerät zum Einlagern von Artikeln in die
Vorratslagerplätze und zum Auslagern aus den Vorratslagerplätzen,
(a3) einer Eingangserfassungseinheit zum Identifizieren der einzulagernden Artikel,
(a4) einer Eingabeeinheit zur Bestimmung der auszulagernden Artikel sowie
(a5) einer Steuerung, die in Abhängigkeit von den Signalen der Eingangserfassungseinheit das Handhabungsgerät steuert,
(b) wobei eine Programmierung der Steuerung derart vorhanden ist, dass Artikel,
(b1) die vor der Identifizierung durch die Eingangserfassungseinheit bereits mittels der Eingabeeinheit als auszulagernd bestimmt worden sind,
(b2) mittels des Handhabungsgeräts
(b3) direkt zu dem Auslagerplatz transportiert werden,
dadurch gekennzeichnet,
(c) dass die Programmierung für eine Zusammenfassung einer Mehrzahl von auszulagernden Artikeln mittels der Eingabeeinheit zu einem Auftrag ausgestaltet ist,
(d) wobei die Artikel des Auftrags vor der Auslagerung an dem Auslagerplatz gesammelt werden
(e) und die Kommissioniervorrichtung ferner eine Mehrzahl von Auslagerplätzen aufweist
(f) und die Programmierung derart ausgestaltet ist, unterschiedlichen Aufträgen jeweils einen oder mehrere Auslagerplätze zuzuweisen.
X. Im Hinblick auf die Entscheidung der Kammer bedarf es keiner Wiedergabe der Hilfsanträge.
XI. Folgende Dokumente werden in dieser Entscheidung erwähnt:
D5: EP 1 902 976 A1,
D6: EP 1 524 209 A1.
XII. Das entscheidungswesentliche Vorbringen der Parteien wird in den Gründen im Detail diskutiert.
1. Ausführbarkeit - Artikel 100 b) und 83 EPÜ
1.1 In der angefochtenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass die Ansprüche 1 und 3 des Streitpatents den Erfordernissen des Artikel 83 EPÜ genügen.
1.2 Die Einspruchsabteilung stellte in Punkt 13 der Entscheidungsgründe insbesondere fest, dass im Kommissionierungsfachgebiet der Begriff "Artikel" allgemein immer für die physischen Artikel sowie für Artikelarten verwendet werde und es daher aus dem Wortlaut der Ansprüche für den Fachmann deutlich hervor gehe, ob mit dem Begriff "Artikel" ein physischer Artikel oder eine Artikelart zu verstehen sei.
1.3 Die Beschwerdeführerin bemängelte diese Feststellung insofern als unrichtig, als dass die kontextabhängige Auslegung des Begriffs "Artikel" als physischer Artikel oder als Artikelart bei dem Merkmal (b) des Anspruchs 1 nicht möglich oder zumindest unklar sei (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 5, letzter Absatz, und Schriftsatz vom 14. September 2020, Seite 4, Absatz 1). Merkmal (b) bestimme, dass
"Artikel, die vor der Identifizierung durch die Eingangserfassungseinheit bereits mittels der Eingabeeinheit als auszulagernd bestimmt worden sind, mittels des Handhabungsgeräts direkt zu dem Auslagerplatz transportiert werden.",
wodurch klar sei, dass in diesem mit "Artikel" der physische Artikel gemeint sei, da er nach diesem Merkmal durch die Eingangserfassungseinheit identifiziert und mittels des Handhabungsgeräts transportiert werde (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 5, letzter Absatz).
1.4 Wie die Einspruchsabteilung in Punkt 13 der Entscheidungsgründe jedoch zutreffend dargelegte, wird im Kommissionierungsfachgebiet der Begriff "Artikel" jedoch allgemein für physische Artikel sowie für die Artikelarten verwendet, so dass für den Fachmann bereits im Wortlaut "Artikel" beide Bedeutungsinhalte umfasst sind und er den Begriff so auch in dieser Vielfalt versteht.
Zudem erkennt der Fachmann in Merkmal (b) unmittelbar aus der Formulierung, nach der die Artikel
"vor der Identifizierung durch die Eingangserfassungseinheit bereits mittels der Eingabeeinheit als auszulagernd bestimmt worden sind",
dass die Kommissionierungsvorrichtung die Artikel(art) bestimmen können muss, die zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht im Lager vorhanden sind, zu deren Einlagerung sie aber möglicherweise zukünftig genutzt wird.
Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass nach ständiger Rechtsprechung der Fachmann beim Lesen eines erteilten Anspruchs gehalten ist, diesen mit der Bereitschaft auszulegen, das Patent zu verstehen und zu einem Verständnis des Anspruchs zu gelangen, das technisch sinnvoll ist und nicht mit dem Willen, es misszuverstehen (vgl. Rechsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, Kapitel II.A.6.1), sieht der Fachmann in dem Begriff "Artikel" im Merkmal (b) nicht nur allein in seiner Bedeutung als physischen Artikel, sondern auch in der abstrakteren Bedeutung als Artikelart, ohne dass er vom Wortsinn abweichen oder zur Auslegung auf die Beschreibung zurückzugreifen bräuchte.
Dieses aufgrund seines Fachwissens und der Lektüre des Anspruchs 1 erworbene breitere Verständnis des Merkmals (b) wird ihm zusätzlich durch die Offenbarung der Beschreibung, u.a. in den Absätzen [0037] und [0038], bestätigt, und er entnimmt der Beschreibung auch, wie von der Beschwerdeführerin selber auf Seite 6, Absatz 2, der Beschwerdebegründung zugestanden, ein ausführbares Verfahren.
Entgegen der unter anderem auf Seite 4 in den Absätzen 1 und 2 des Schriftsatzes vom 14. September 2020 gezeigten Darstellung der Beschwerdeführerin betrifft der Gegenstand des Anspruchs 1 damit keine andere als die in der Beschreibung wiedergegebene Erfindung und der Begriff "Artikel" weist zudem auch keine Unklarheit auf, die zu einem solchen Ergebnis führen könnten.
1.5 In Hinblick auf die in der Beschwerdebegründung auf Seite 6, Absatz 3, und in der mündlichen Verhandlung wiederholte Anmerkung der Beschwerdeführerin, dass die zu dem Verfahren nach Anspruch 1 erfolgten Einwände zur Ausführbarkeit des Anspruchs 1 entsprechend auch für die Kommissioniervorrichtung nach Anspruch 3 gelten, gelten entsprechend auch die oben in Punkt 1.4 genannten Erwägungsgründe dieser Entscheidung.
1.6 Im Ergebnis konnte die Beschwerdeführerin daher nicht darlegen, weshalb die Feststellungen der Einspruchsabteilung zu den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ bzw. zu Artikel 100 b) EPÜ unrichtig gewesen wären.
2. Änderungen - Artikel 100 c) und 123 (2) EPÜ
2.1 Die Einspruchsabteilung stellte in Punkt 15 der Entscheidungsgründe fest, dass sich das Merkmal (c) des Anspruchs 3
"dass die Programmierung für eine Zusammenfassung einer Mehrzahl von auszulagernden Artikeln mittels der Eingabeeinheit zu einem Auftrag ausgestaltet ist"
aus der Offenbarung der ursprünglich eingereichten Unterlagen auf Seite 9, Zeilen 32 bis 35 (entsprechend Absatz [0039] der A2-Schrift), ergebe.
2.2 Die Beschwerdeführerin bemängelte, dass diese Feststellung unzutreffend sei, weil Merkmal (c) besage, dass die Programmierung der Steuerung für das Zusammenfassen zu einem Auftrag ausgestaltet sei oder - anders ausgedrückt - die Steuerung für das Zusammenfassen programmiert sei (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 2, Absatz 2). Das Merkmal (c) des erteilten Anspruchs 3 umfasse damit Ausführungsformen, bei denen die Programmierung selbständig - auch ohne den Auftrag spezifizierende Bedienereingaben - mehrere Artikel zu einem bestimmten Auftrag zusammenfasse, sofern dies bloß irgendwie "mittels der Eingabeeinheit" geschehe, beispielsweise durch einen über die Eingabeeinheit eingegebenen Start-Befehl initiiert werde. Solche Ausführungsformen seien ursprünglich nicht offenbart (vgl. Schriftsatz vom 14. September 2020, Seite 3, Absatz 2).
2.3 Die Kammer ist von diesem Verständnis des Merkmals (c) nicht überzeugt, sondern versteht das Merkmal (c) vielmehr dahingehend, dass die Programmierung so ausgestaltet ist, dass ein Zusammenfassen der Mehrzahl von auszulagernden Artikeln zu einem Auftrag mittels der Eingabeeinheit erfolgt und nicht in einer - von der Beschwerdeführerin nicht näher dargelegten - selbständigen Art durch die Programmierung. Sie teilt deshalb die von der Einspruchsabteilung in Punkt 15 der Entscheidungsgründe und von der Beschwerdegegnerin auf Seite 3, erster Absatz der Beschwerdeerwiderung vertretene Ansicht, dass das Merkmal (c) nichts anderes aussagt, als das was im ursprünglichen Anspruch 2 offenbart war, nämlich dass die Eingabeeinheit das Mittel zum Zusammenfassen einer Mehrzahl von auszulagernden Artikeln zu einem Auftrag ist. Weiterhin offenbart die ursprüngliche Anmeldung auf Seite 9, Zeilen 32 bis 35, eindeutig, dass die Steuerung über die über die Eingabeeinheit beeinflusst wird, wobei die Aufträge über die Eingabeeinheit eingegeben werden. Der Fachmann konnte daher das Merkmal (c) unmittelbar und eindeutig den ursprünglichen Unterlagen entnehmen.
2.4 Die Einspruchsabteilung ist in der angefochtenen Entscheidung deshalb in richtiger Weise zu der Auffassung gelangt, dass Anspruch 3 des Streitpatents den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ genügt.
3. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 100 a) EPÜ
3.1 Die Einspruchsabteilung gelangte in der angefochtenen Entscheidung in den Punkten 16 bis 22 der Entscheidungsgründe weiter zu der Auffassung, dass das Verfahren des Anspruchs 1 ebenso wie der Gegenstand des Anspruchs 3 den Erfordernissen des Artikel 52 (1) und 56 EPÜ genügen.
In Punkt 16 der Einspruchsgründe stellte die Einspruchsabteilung zutreffend fest, dass das Dokument D6 als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten sei. Diese Feststellung wurde weder von der Beschwerdeführerin noch der Beschwerdegegnerin bestritten.
Die Einspruchsabteilung kam weiter in Punkt 17.2 und Punkt 22 der Entscheidungsgründe zu dem Ergebnis, dass sich die in Dokument D6 offenbarte technische Lehre von den Gegenständen der Ansprüche 1 und 3 durch das Merkmal (b) unterscheide, dass
"Artikel, die vor der Identifizierung durch die Eingangserfassungseinheit bereits mittels der Eingabeeinheit als auszulagernd bestimmt worden sind, mittels des Handhabungsgeräts direkt zu dem Auslagerplatz transportiert werden."
3.2 Die Beschwerdeführerin bemängelte diese Feststellung und trug vor, dass dem Dokument D6 auch das Merkmal (b) zu entnehmen sei (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 9, letzter Absatz, bis Seite 12, Absatz 3, sowie Schriftsatz vom 14. September 2020, Seite 13, Absatz 1 bis Seite 18, Absatz 3). Die Beschwerdeführerin verwies dabei insbesondere auf die Absätze [0007] und [0010] der Beschreibung und auf die Ansprüche 1 und 6 des Dokuments D6 (vgl. Schriftsatz vom 14. September 2020, Seite 8, Absatz 5).
3.3 Die Kammer ist jedoch anders als die Beschwerdeführerin nicht davon überzeugt, dass der Fachmann durch die von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Offenbarungsstellen in Dokument D6 unmittelbar und eindeutig entnehmen kann, dass der in dem Absatz [0010] erwähnte Vor-Kommissionierung einer vorgegebenen Menge von Arzneimittelpackung aufgrund einer Vorab-Fernbestellung durch einen Kunden auch der von der Beschwerdeführerin angegebene Schritt einer Einlagerung von dem Regallager neu zugeführten Stückgütern folgt, um die durch die Vorab-Fernbestellung spezifizierte Gruppe von Stückgütern zusammenzustellen. In Absatz [0010] wird lediglich beispielhaft auf eine Umlagerung von Stückgütern aus ihren Positionen verwiesen, das Thema der Einlagerung wird dort nicht adressiert. In Absatz [0007] hingegen ist die Einlagerung und Umlagerung neu zugeführten Stückgütern im Zusammenhang mit der Lagerung im Regallager aber nicht mit einer Auslagerung offenbart. Dort wird jedoch das Thema der Zusammenstellen von Gruppen von auszulagernden Stückgütern nicht adressiert.
3.4 Auch soweit in dem Dokument D6 der mit Absatz [0010] in Beziehung stehende Anspruch 6 auf den mit Absatz [0007] in Beziehung stehende Anspruch 1 zurückverweist, kann der Fachmann deshalb immer noch nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass bei einer Vorab-Fernbestellung ein Fehlen eines auszulagernden Stückguts im Bestand des Regallagers dazu führte, dass bei Einlagerung eines neu zugeführten Stückgut, dies direkt zum Auslagerungsplatz transportiert würde.
3.5 Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass der Fachmann Merkmal (b) der Offenbarung des Dokuments D6 nicht entnimmt.
3.6 In der angefochtenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung in Punkt 20 der Entscheidungsgründe begründet und in zutreffender Weise fest, weshalb der im Einspruchsverfahren zitierte Stand der Technik keine Lehre offenbart, die der Fachmann zum Lösen der gestellten Aufgabe in D6 anwenden würde und so zu einem Verfahren nach Anspruch 1 gelangen würde.
3.7 Die Beschwerdeführerin bestritt diese Feststellung nicht, trug jedoch vor, dass sich die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik der Druckschrift D6 und dem allgemeinen Fachwissen ergäben, begründete dies aber allein damit, dass das Dokument D6 dem Fachmann zumindest implizit ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 offenbare (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 12, Absatz 4).
3.8 Angesichts der in den Punkten 3.3 bis 3.5 der vorliegenden Entscheidung getroffenen Feststellung, dass Merkmal (b) nicht dem Dokument D6 entnehmbar ist, kann dieses Argument nicht überzeugen.
3.9 Die Beschwerdeführerin trug weiter nicht vor, aufgrund welchen Fachwissens der Fachmann ausgehend von dem Dokument D6 in naheliegender Weise das Merkmal (b) ergänzte und somit zu den Gegenständen der Ansprüche 1 und 3 gelangte.
3.10 Soweit die Beschwerdeführerin ferner vortrug, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 gegenüber einer Kombination der Dokumente D6 und D5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 13, Absatz 1, bis Seite 16, Absatz 2, so basiert dieser Vortrag auf der Annahme, dass das alleinige unterscheidende Merkmal zwischen den Ansprüchen 1 und 3 und dem Dokument D6 darin bestünde, dass die Sammelplätze auf den Regalböden in Dokument D6 keine "Auslagerplätze" im Sinne der Ansprüche 1 und 3 des Streitpatents darstellten (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 13, zweiter Absatz).
3.11 Das Dokument D5 offenbart jedoch ebenso wenig wie das Dokument D6 das Merkmal (b). Die auf Seite 16, erster Absatz der Beschwerdebegründung erstellte Gegenüberstellung des Inhalts des Dokument D5 zu den Merkmalen des Anspruchs 1 zeigt ebenfalls das Fehlen dieses Merkmals. Die Beschwerdeführerin trug auch nach dem entsprechenden Hinweis durch die Kammer in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 (dort Punkt 11.2) nichts Ergänzendes vor. Es bleibt daher nicht erkennbar, wie der Fachmann aus der Kombination der Dokumente D6 und D5 in naheliegender Weise zu den Gegenständen der Ansprüche 1 und 3 gelangt wäre.
3.12 Zusammenfassend gelangt die Kammer zu der Überzeugung, dass die Beschwerdeführerin nicht darlegen konnte, weshalb die Feststellungen der Einspruchsabteilung hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit fehlerhaft waren.
4. Der von der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 14. September 2020 explizit erhobene neue Einspruchsgrund, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D6 nicht neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ seien (vgl. Schriftsatz vom 14. September 2020, Punkt 3.2), wurde weder in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt, noch hat die Beschwerdegegnerin dem Einführen dieses Einspruchsgrund zugestimmt, den auch die Beschwerdeführerin ausweislich ihres Vortrags in der Beschwerdebegründung auf Seite 12 und 13, übergreifender Absatz, als verspätet anerkannt hat.
Die Frage einer Zulassung des neuen Einspruchsgrunds der fehlenden Neuheit in das vorliegende Verfahren stellt sich jedoch bereits deshalb nicht, weil in den Punkten 3.3 bis 3.5 der vorliegenden Entscheidung in der Erörterung zur erfinderischen Tätigkeit festgestellt wurde, dass das Merkmal (b) in Dokument D6 nicht offenbart ist, so dass sich unmittelbar die Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D6 ergibt.
5. Im Ergebnis konnte die Beschwerdeführerin damit die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend darlegen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.