T 1524/19 02-12-2020
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VERFAHREN ZUM BETRIEB EINES FERTIGUNGSSYSTEMS ZUM FÜGEN UND FERTIGUNGSSYSTEM ZUM FÜGEN VON VORMONTIERTEN STRUKTUREN
Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit über beanspruchte Breite (ja)
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, das Streitpatent in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten.
II. In der angefochtenen Entscheidung wird unter anderem von folgenden Entgegenhaltungen ausgegangen, die auch der vorliegenden Entscheidung zugrunde liegen:
D1: WO 2006/082061 A1
D2: DE 20 2008 012 602 U1
D6': DE 690 08 839 T2.
III. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 in der erteilten Fassung entgegen der Auffassung der Einsprechenden die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllen, jedoch nicht neu gegenüber unter anderem D1 und D2 seien.
Weiterhin sah die Einspruchsabteilung die Einwände bzgl. Artikel 100(c) EPÜ in Verbindung mit Artikel 123(2) EPÜ und bzgl. Artikel 100(a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ (D1) und Artikel 56 EPÜ in Bezug auf den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 1 als unbegründet an.
IV. Am 2. Dezember 2020 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts statt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2544943.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags 1, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, oder eines der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 2 bis 6.
V. Der Hauptantrag umfasst einen unabhängigen Verfahrensanspruch 1, sowie einen unabhängigen Produktanspruch 4. Die Merkmale der unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags lauten wie folgt (Merkmalsgliederung 1.1 bis 1.18 und 4.1 bis 4.14 von der Kammer hinzugefügt):
Anspruch 1:
1.1 Verfahren zum Betrieb eines Fertigungssystems (1, 10, 15, 18, 21, 22, 29) zum Fügen, Transportieren und Handhaben von vormontierten Strukturen (7, 7'), insbesondere von Kraftfahrzeugkarosseriebaugruppen, welche durch zuvor lose montierte Bauteile (6a, 6b) gebildet sind, umfassend:
1.2 - einen ersten Bauteilträger (2) zur Aufnahme einer ersten Art von vormontierten Strukturen (7; 7'),
1.3 - eine Beladeeinheit (3), welche einen ersten Manipulator (3b) umfasst, wobei die erste vormontierte Struktur (7) in der Beladeeinheit (3) von dem ersten Manipulator (3b) auf den Bauteilträger (2) gesetzt wird,
1.4 - eine Fügeeinheit (4), welche wenigstens einen Fügeroboter (4c - 4f) umfasst, mit welchem die erste vormontierte Struktur (7) zusammengefügt wird und
1.5 - eine Transporteinheit (5), durch welche der Bauteilträger (2) zwischen der Beladeeinheit (3) und der Fügeeinheit (4) bewegbar ist,
1.6 - wobei die Transporteinheit (5) den mit der ersten vormontierten Struktur (7) bestückten Bauteilträger (2) in die Fügeeinheit (4) transportiert und
1.7 - wobei in der Fügeeinheit (4) Geo-Verbindungen (8) der ersten vormontierten Struktur (7) durch den oder die Fügeroboter (4c - 4f) hergestellt werden,
1.8 - wobei die Fügeeinheit (4) einen zweiten Manipulator (4b) umfasst, welcher die vormontierte Struktur (7) nach dem Fügen der Geo-Verbindungen (8) durch den oder die Fügeroboter (4c - 4f)von dem Bauteilträger (2) abhebt,
1.9 - wobei die Transporteinheit (5) den Bauteilträger (2) in die Beladeeinheit (3) zurückfördert während der bzw. die selben Fügeroboter (4c - 4f) Ausfüge-Verbindungen herstellt bzw. herstellen,
1.10 - wobei hierzu die durch die Geo-Verbindungen stabilisierte Struktur (7) von dem Manipulator (4b) in Pfeilrichtung (z) von dem Tisch (4a) der Fügestation (4) von einem Geo-Niveau I auf ein Ausfüge-Niveau II um eine Höhe Hl in eine Fertigfüge-Position III angehoben wird,
1.11 - wobei es durch ein Fertigfügen der Struktur (7) in einer Schwebeposition möglich ist, den Bauteilträger (2) vor dem Ende der Fügeoperation aus der Fügeeinheit (4) zu entnehmen und in der Beladeeinheit (3) wieder zu bestücken,
1.12 - wobei der Bauteilträger (2) in der Beladeeinheit (3) von dem ersten Manipulator (3b) mit einer zweiten vormontierten Struktur (7') bestückt wird und
1.13 - wobei der zweite Manipulator (4b) die fertig gefügte Struktur (7) aus dem Fertigungssystem (1, 10, 15, 18, 21, 22, 29) entlädt bevor der neu bestückte Bauteilträger (2) mit der zweiten vormontierten Struktur (7') in die Fügeeinheit (4) eingefahren wird,
1.14 - wobei die Fügeeinheit (4) zwischen der Beladeeinheit (3) und einer Hubeinheit (11) angeordnet ist und das Fertigungssystem (10, 15, 18, 21, 22, 29) wenigstens einen zweiten Bauteilträger (2) zur Aufnahme einer zweiten Art bzw. weiteren Arten von vormontierten Strukturen (7, 7') aufweist,
1.15 wobei einer der Bauteilträger (2)
1.16 - entweder in der Hubeinheit (11) geparkt wird während das Fertigungssystem (1, 10, 15, 18, 21,22, 29) mit einem anderen der Bauteilträger (2) betrieben wird
1.17 - oder wobei einer der Bauteilträger (2) aus einer Arbeitsebene (El), in welcher die Geo-Verbindungen (8) erstellt werden, herausbewegt wird und unter oder über der Arbeitsebene (El) in einer Rückführebene (E2) insbesondere durch einen Tunnel (4g) der Fügeeinheit (4) von der Hubeinheit (11) zu der Beladeeinheit (3) gefördert wird
1.18 und wobei die Beladeeinheit (3) zur Übernahme des rückgeförderten Bauteilträgers (2) in die Rückführebene (E2) angehoben oder abgesenkt wird.
Anspruch 4:
4.1 Fertigungssystem (1, 10, 15, 18, 21, 22, 29) zum Fügen, Transportieren und Handhaben von vormontierten Strukturen (7, 7'), insbesondere von Kraftfahrzeugkarosseriebaugruppen, welche durch zuvor lose montierte Bauteile (6a, 6b) gebildet sind, umfassend:
4.2 - einen ersten Bauteilträger (2) zur Aufnahme einer ersten Art von vormontierten Strukturen (7,7');
4.3 - eine Beladeeinheit (3), welche einen ersten Manipulator (3b) umfasst, wobei die erste vormontierte Struktur (7) in der Beladeeinheit (3) von dem ersten Manipulator (3b) auf den Bauteilträger (2) gesetzt wird,
4.4 - eine Fügeeinheit (4), welche wenigstens einen Fügeroboter (4b) umfasst, mit welchem die erste vormontierte Struktur (7) zusammengefügt wird und
4.5 - eine Transporteinheit (5), durch welche der Bauteilträger (2) zwischen der Beladeeinheit (3) und der Fügeeinheit (4) bewegbar ist,
4.6 - wobei die Transporteinheit (5) den mit der ersten vormontierten Struktur (7) bestückten Bauteilträger (2) in die Fügeeinheit (4) transportiert und
4.7 - wobei in der Fügeeinheit (4) Geo-Verbindungen (8) der ersten vormontierten Struktur (7) durch den oder die Fügeroboter (4c - 4f) hergestellt werden,
4.8 - wobei die Fügeeinheit (4) einen zweiten Manipulator (4b) umfasst, durch welchen die vormontierte Struktur (7) nach dem Fügen der Geo-Verbindungen (8) durch den oder die Fügeroboter (4c - 4f) von dem Bauteilträger (2) abhebbar ist,
4.9 - wobei die vormontierte Struktur (7) in eine Fertigfüge-Position (III) abhebbar ist und
4.10 - wobei der Bauteilträger (2) aus der Fügeineinheit (4) in die Beladeeinheit (3) zurückförderbar ist während der bzw. die selben Fügeroboter (4c - 4f) Ausfüge-Verbindungen daran herstellt bzw. herstellen, während der Bauteilträger (2) aus der Fügeeinheit (4) in die Beladeeinheit (3) zurückförderbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
4.11 - die Fügeeinheit (4) zwischen der Beladeeinheit (3) und einer Hubeinheit (11) angeordnet ist und das Fertigungssystem (1, 10, 15, 18, 21, 22, 29) wenigstens einen zweiten Bauteilträger (2) zur Aufnahme einer zweiten Art bzw. weiteren Arten von vormontierten Strukturen (7, 7') aufweist,
4.12 - wobei einer der Bauteilträger (2) in der Hubeinheit (11) parkbar ist
4.13 oder wobei einer der Bauteilträger (2) aus einer Arbeitsebene (El), in welcher die Geo-Verbindungen (8) erstellt werden, herausbewegbar ist und unter oder über der Arbeitsebene (El) in einer Rückführebene (E2) von der Hubeinheit (11) zu der Beladeeinheit (3) förderbar ist und
4.14 - wobei die Beladeeinheit (3) zur Übernahme des rückgeförderten Bauteilträgers (2) in die Rückführebene (E2) anhebbar oder absenkbar ist.
VI. Der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag 1 umfasst einen unabhängigen Verfahrensanspruch 1 sowie einen unabhängigen Produktanspruch 3.
Anspruch 1 ist bis einschließlich Merkmal 1.13 identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags. Im weiteren lautet Anspruch 1 des Hilfsantrags 1:
- dadurch gekennzeichnet, dass die Fügeeinheit (4) zwischen der Beladeeinheit (3) und einer Hubeinheit (11) angeordnet ist und das Fertigungssystem (10, 15, 18, 21, 22, 29) wenigstens einen zweiten Bauteilträger (2) zur Aufnahme einer zweiten Art bzw. weiteren Arten von vormontierten Strukturen (7, 7') aufweist,
wobei einer der Bauteilträger (2)
- aus einer Arbeitsebene (El), in welcher die Geo-Verbindungen (8) erstellt werden, herausbewegt wird und unter oder über der Arbeitsebene (El) in einer Rückführebene (E2) insbesondere durch einen Tunnel (4g) der Fügeeinheit (4) von der Hubeinheit (11) zu der Beladeeinheit (3) gefördert wird und wobei die Beladeeinheit (3) zur Übernahme des rückgeförderten Bauteilträgers (2) in die Rückführebene (E2) angehoben oder abgesenkt wird,
- wobei der Hubeinheit (11) wenigstens eine Parkeinheit (16, 19) zugeordnet ist, in welcher einer der Bauteilträger (2) bei Nicht-Bedarf auf der Arbeitsebene (El) und/oder auf der Rückführebene (E2) aus einem Bauteilträgerkreislauf ausgeschleust wird und/oder aus welcher einer der Bauteilträger (2) bei Bedarf auf der Arbeitsebene (El) und/oder auf der Rückführebene (E2) in einen Bauteilträgerkreislauf eingeschleust wird.
Anspruch 3 ist bis einschließlich Merkmal 4.11 identisch mit Anspruch 4 des Hauptantrags. Im weiteren lautet Anspruch 3 des Hilfsantrags 1:
- wobei einer der Bauteilträger (2) aus einer Arbeitsebene (El), in welcher die Geo-Verbindungen (8) erstellt werden, herausbewegbar ist und unter oder über der Arbeitsebene (El) in einer Rückführebene (E2) von der Hubeinheit (11) zu der Beladeeinheit (3) förderbar ist und
- wobei die Beladeeinheit (3) zur Übernahme des rückgeförderten Bauteilträgers (2) in die Rückführebene (E2) anhebbar oder absenkbar ist
- wobei das Fertigungssystem (1, 10, 15, 18, 21, 22, 29) wenigstens eine Parkeinheit (16, 19) umfasst, welche benachbart zu der Hubeinheit (11) angeordnet ist und auf der Arbeitsebene (El) und/oder auf der Rückführebene (E2) einen Parkplatz für einen der Bauteilträger (2) aufweist, wobei einer der Bauteilträger (2) bei Nicht-Bedarf aus einem Bauteilträgerkreislauf auf einen der Parkplätze ausschleusbar ist und/oder wobei einer der Bauteilträger (2) bei Bedarf in einen Bauteilträgerkreislauf eingeschleusbar [sic!] ist.
1. Artikel 100(b) EPÜ in Verbindung mit Artikel 83 EPÜ
Die Kammer sieht die Ausführbarkeit des Verfahrens nach Anspruch 1 und des Fertigungssystems nach Anspruch 4 über die beanspruchten Breite als gewährleistet an.
1.1 Merkmale 1.3 und 1.18 bzw. 4.3 und 4.14
1.1.1 Der Einwand wurde in Bezug auf den Hauptantrag erhoben. Die betroffenen Merkmale finden sich jedoch auch in allen Hilfsanträgen 1-6.
1.1.2 Die Einsprechende argumentiert, dass gemäß Merkmal 1.18 die gesamte Beladeeinheit angehoben oder abgesenkt werden solle. Gemäß Merkmal 1.3 umfasst die Beladeeinheit lediglich einen Manipulator, der an sich nicht anhebbar oder absenkbar sei. Tatsächlich werde in der Streitschrift ein Hubtisch angehoben oder abgesenkt, der jedoch nicht beansprucht ist. Daher sei die Erfindung nicht im beanspruchten Umfang ausführbar.
1.1.3 Der Wortlaut des Merkmals 1.3 "wobei die erste vormontierte Struktur in der Beladeeinheit [...] auf den Bauteilträger gesetzt wird" kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Beladeeinheit neben dem Manipulator zumindest ein zusätzliches, nicht weiter definiertes Element umfasst. Weiterhin weiß der Fachmann, dass zur Ausführung der in Merkmal 1.18 genannten "Übernahme des rückgeförderten Bauteilträgers" nicht notwendigerweise der Manipulator angehoben oder abgesenkt werden muss. Folglich schließt er daraus, dass auch ein Teil, z.B. das in Merkmal 1.3 nicht weiter definierte Element der Beladeeinheit anhebbar oder absenkbar sein kann. Wie vom Patentinhaber vorgetragen, kann sich der Fachmann hierfür technische Lösungen vorstellen.
Aber selbst wenn der Fachmann Merkmal 1.18 wörtlich verstünde, wäre es technisch prinzipiell möglich, die gesamte Beladeinheit einschließlich des Manipulators anhebbar oder absenkbar auszuführen.
1.2 Merkmale 1.9 und 1.17/ 1.18
1.2.1 Der Einwand wurde insbesondere im Hinblick auf den Hauptantrag erhoben.
1.2.2 Die Einsprechende sieht in dem in Merkmal 1.9 genannten Zurückfördern des Bauteilträgers in die Beladeeinheit durch die Transporteinheit und während des Herstellens der Ausfüge-Verbindungen einen Widerspruch zu den Merkmalen 1.17 und 1.18. Dieser entstehe dadurch, dass Merkmal 1.9 ursprünglich auf einen Pendelbetrieb und die Merkmale 1.17 und 1.18 ursprünglich auf einen Kreisbetrieb bezogen waren. Nun solle einerseits die Rückförderung des Bauteilträgers 2 über die Transporteinheit 5 erfolgen und andererseits von einer Hubeinheit 11 über eine Rückführebene E2.
Zusätzlich widerspreche sich die zeitliche Anforderung des Rückförderns während des Herstellens der Ausfüge-Verbindungen. Dies sei auch in Verbindung mit einem in Merkmal 1.14 definierten zweiten Bauteilträger gar nicht möglich, da ein solcher dem ersten Bauteilträger im Wege stehe.
Die Merkmale seien folglich technisch nicht kompatibel.
1.2.3 Die Kammer stimmt dieser Argumentation nicht zu. Der vermeintliche Widerspruch bzgl. der Rückführung löst sich aus Sicht der Kammer dadurch, dass der Beschreibung der A1-Offenbarung (WO 2011/110328), S. 11, Z. 27-29 mit Fig. 3b, zu entnehmen ist, dass sich die Transporteinheit 5 sowohl in der Ebene E1 als auch in der Ebene E2 befindet. Folglich ist das Merkmal 1.9 sowohl auf der Ebene E1 (Transport von der Beladeinheit zur Fügeeinheit (M1.5) und zurück in die Beladeinheit (M1.9)), als auch in Verbindung mit M1.17 und M1.18 auf der Ebene E2 erfüllt (Transport von der Beladeinheit zur Fügeeinheit (M1.5) in der Ebene E1 und zurück in die Beladeinheit in der Ebene E2 (M1.9)).
Ein (abschließendes) Rückführen in die Beladeeinheit während der Herstellung der Ausfüge-Verbindungen ist in Abhängigkeit der Ausfügedauer technisch prinzipiell im Pendelbetrieb wie im Kreisbetrieb möglich. Weiterhin definiert Anspruch 1 nicht, wo sich der zweite Bauteilträger im System befindet. Dem Fachmann sind durchaus technische Lösungen bekannt, einen zweiten Bauteilträger derart in das Fertigungssystem zu integrieren, dass er den ersten Bauteilträger nicht blockiert. Technisch nicht sinnvolle Lösungen schließt der Fachmann aus.
1.3 Folglich sind die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt.
2. Artikel 100(c) EPÜ in Verbindung mit Artikel 123(2) EPÜ
Die Einwände betreffen den Hauptantrag, die relevanten Merkmale finden sich jedoch auch in den Hilfsanträgen 1, 2 und 6.
Die Kammer bestätigt die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt sind (Entscheidung, Punkt 2.1).
2.1 M1.9, M4.10 die "selben" Fügeroboter
2.1.1 Die Einsprechende betont die fehlende wörtliche Basis in der ursprünglichen Offenbarung (WO 2011/110328 A1) für die im Prüfungsverfahren vorgenommene Änderung. Tatsächlich lasse die gesamte ursprüngliche Offenbarung offen, welche und wie viele Fügeroboter bei der Herstellung der jeweiligen Verbindung beteiligt seien. Auf S. 2, Z. 1-9, und S. 4, Z. 9-10, werde lediglich offenbart, dass ein Fügen der Geo-Verbindungen durch den oder die Fügeroboter erfolgt und im Weiteren der bzw. die Fügeroboter Ausfüge-Verbindungen herstellen. Welche Fügeroboter dies im Vergleich zu den erstgenannten sind, werde nicht spezifiziert. Auch in den Figurenbeschreibungen finde sich keine Aussage, welche Roboter die Ausfüge-Verbindungen herstellen. Es könne daher sein, dass z.B. bei den vier dargestellten Robotern zwei mit einem ersten Werkzeug ausgestattet sind zur Herstellung der Geo-Verbindungen und zwei andere mit einem zweiten Werkzeug zur Herstellung der Ausfüge-Verbindungen. Dass tatsächlich die selben Fügeroboter sowohl die Geo- als auch die Ausfüge-Verbindungen herstellen, sei an keiner Stelle offenbart. Eine deduktive Herangehensweise, dass nur vier Fügeroboter dargestellt und beschrieben sind und folglich keine anderen Roboter die Ausfüge-Verbindungen herstellen könnten, sei nicht ausreichend.
2.1.2 Die Argumente sind nicht überzeugend. In den von der Einsprechenden aufgeführten Textstellen wie auch in den Merkmalen 1.7 und 1.9 werden die Fügeroboter mit bestimmten Artikeln genannt. Daraus versteht sich, dass es sich bei den Fügerobotern um die bereits genannten, sprich "die selben" handelt. Dies wird auch durch die Verwendung der gleichen Referenzzeichen in den Merkmalen 1.4, 1.7 und 1.9 belegt.
Der A1-Offenbarung ist weiterhin zu entnehmen, dass (S.9, Z. 13-19) die Fügeroboter 4c, 4d, 4e und 4f die Geo-Verbindungen 8 fügen. Die Beschreibung bezieht sich hierbei auf Fig. 2c und 2d, in denen diese vier Fügeroboter gezeigt sind. Im gleichen Kontext wird auf S. 10, Z. 10-12 offenbart, dass die erste Struktur, an der zuvor die Geo-Verbindungen 8 hergestellt wurden, inzwischen vollständig gefügt wurde. In Zusammenschau mit den von der Einsprechenden aufgeführten Textstellen (z.B. S. 2, Z. 1-9) offenbart sich dem Fachmann eine durchgängige Lehre, die als eindeutige und unmittelbare Offenbarung für das Einfügen des Wortes "selben" in M1.9 und M4.10 anzusehen ist.
2.2 Merkmale 1.9, 1.10 in Kombination mit den Merkmalen 1.17, 1.18
2.2.1 Das Merkmal 1.10 wurde im Prüfungsverfahren hinzugefügt und basiert auf S. 9, Z. 32-36 der A1-Offenbarung. Die Merkmale 1.17 und 1.18 sind Teil des erteilten Anspruchs 2.
2.2.2 Die Einsprechende argumentiert, dass die Merkmale 1.9 und 1.10 sich ausschließlich auf den Pendelbetrieb bezögen, und somit ursprünglich nicht in Kombination mit den (den Kreisbetrieb beschreibenden) Merkmalen 1.17 und 1.18 offenbart gewesen seien.
Die Basis für M1.10 beziehe sich auf die Figurenbeschreibung von Fig. 2a-2f, in der lediglich ein Pendelbetrieb beschrieben sei. Die Merkmale 1.17 und 1.18, die sich auf einen Kreisbetrieb bezögen, seien in Verbindung mit dem Ausführungsbeispiel der Fig. 3a und 3b offenbart.
Auch sei das in M1.10 enthaltene Merkmal der Fertigfüge-Position III nicht in Verbindung mit dem Ausführungsbeispiel der Figuren 3a und 3b offenbart.
2.2.3 Es wird auf die Ausführungen zu Punkt 1.2 verwiesen, woraus sich neben der Ausführbarkeit auch die Offenbarung des Merkmals 1.9 in Verbindung mit den Merkmalen 1.17 und 1.18 erschließt. Insbesondere offenbart Fig. 3b, dass sich die Transporteinheit 5 sowohl in der Ebene E1, als auch in der Ebene E2 befindet. Folglich ist das Merkmal 1.9 sowohl auf der Ebene E1 als auch in Verbindung mit M1.17 und M1.18 auf der Ebene E2 erfüllt.
Weiterhin sieht die Kammer auf S. 11, Z. 7-10, der A1-Offenbarung das Merkmal 1.10 in Verbindung mit der Ausführung der Fig. 3a und 3b offenbart. Die Fertigfüge-Position III ist implizit offenbart, da diese der Position des Bauteilträgers auf dem Ausfüge-Niveau II entspricht.
3. Hauptantrag: Neuheit gegenüber D1
3.1 Das Verfahren des Anspruchs 1 sowie das Fertigungssystem des Anspruchs 4 erfüllen die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ.
3.2 Umstritten sind die Merkmale 1.14 bis 1.18 bzw. 4.11-4.14. Die folgenden Ausführungen werden auf den Verfahrensanspruch 1 beschränkt, gelten jedoch entsprechend für den Produktanspruch 4.
3.3 Die Merkmale 1.14 bis 1.16 definieren in einer ersten Alternative eine Hubeinheit zum Parken eines Bauteilträgers, wohingegen die Merkmale 1.14 mit 1.17 und 1.18 in einer zweiten Alternative eine Hubeinheit für einen Kreisbetrieb der Bauteilträger definieren. Dem Wortlaut des Anspruchs folgend sind die beiden Alternativen unabhängig voneinander zu betrachten.
3.4 Alternative 1: Merkmale 1.14 und 1.16
3.4.1 Umstritten ist, ob D1 eine Hubeinheit im Sinne des Anspruchs offenbart und ob der D1 eine Anordnung mit einer Fügeeinheit zwischen einer Beladeinheit und einer Hubeinheit entnehmbar ist.
3.4.2 Die Einsprechende argumentiert in einer ersten Angriffslinie, dass das Merkmal "Hubeinheit" nicht näher definiert sei. Zwar sei dem Fachmann klar, dass es sich um eine Einheit handle, die einen Hub ausführt, eine Richtung sei dadurch jedoch nicht offenbart. Der Literaturstelle "Wikipedia: Hub (Mechanik)" sei entnehmbar, dass eine Hubeinheit auch als Verschiebemagazin 31 gemäß der D1, S. 13, Z. 19-21, ausgebildet sein könne (z.B. Fig. 2 und 6), da alle Bewegungen eines Objektes von A nach B auf einer geraden Strecke und unabhängig von der Richtung als Hub bezeichnet werden könnten.
Das als Verschiebemagazin ausgebildete Zusatzmagazin 31 (S. 13, Z. 10-24, Fig. 2 und 6) diene dem Parken eines Bauteilträgers (8), während das Fertigungssystem 2 mit einem anderen Bauteilträger (4, 5, 6, 7) betrieben wird.
Den Figuren 2 und 6 sei weiterhin zu entnehmen, dass die als Bearbeitungsstation 22 bezeichnete Fügeeinheit der D1 sowohl räumlich als auch funktional zwischen der als Ladeeinrichtung 21 bezeichneten Ladeeinheit und dem als Hubeinheit angesehenen Zusatzmagazin 31 angeordnet sei (Beschwerdebegründung, S. 5, Absatz 4).
Auch der Fig. 7 sei mit der Beschreibung, S. 15, Absatz 2, unmittelbar zu entnehmen, dass ein Zusatzmagazin derart angeordnet werde (z.B. bei Position C in Fig. 7), dass sich eine Anordnung gemäß Merkmal 1.14 ergebe.
Folglich werde die erste Alternative in der D1 offenbart.
3.4.3 Die Patentinhaberin entgegnet, dass der Hub einer Hubeinheit lediglich in vertikaler Richtung verlaufe. Der Begriff "Heben" werde im Streitpatent durchgängig mit einer vertikalen Bewegung in Verbindung gebracht, wie z. B. aus dem Merkmal 1.8 oder 1.10 hervorgehe. Daher könne das Werkzeugmagazin 31 der D1 entgegen den Ausführungen der Einsprechenden nicht als Hubeinheit interpretiert werden. Des Weiteren sei die Fügeeinheit 22 nicht zwischen der Beladeeinheit 21 und dem Werkzeugmagazin angeordnet.
3.4.4 Die Kammer stimmt entgegen der Ansicht der Einspruchsabteilung (Punkt 3.3 der Entscheidung) und der Patentinhaberin (Erwiderung, S. 4, vorletzter Absatz) der Einsprechenden dahingehend zu, dass unter den Wortlaut des Anspruchs 1 für die erste Alternative durchaus auch ein horizontaler Hub fällt. Die Hubeinheit ist nicht weiter definiert und dient lediglich dem Parken. Somit kann das als Verschiebemagazin ausgeführte Zusatzmagazin 31, in dem gemäß D1, S. 13, Z. 10-21, zu den Bauteilträgern äquivalente Werkzeuge bevorratet werden können, als Hubeinheit betrachtet werden. Das Bevorraten im Sinne der D1 entspricht der Funktion des Parkens in Merkmal 1.16.
Allerdings ist der D1, wie von der Patentinhaberin vorgetragen (Erwiderung, S. 4, letzter Absatz), keine Anordnung gemäß Merkmal 1.14 mit einer Fügeeinheit 22 zwischen der Beladeeinheit 21 und der Hubeinheit entnehmbar. Vielmehr sind in Fig. 2 und 6 die Füge- und Hubeinheit um die Beladeeinheit, umfassend den Drehtisch 11 und den Manipulator 21 (D1, S. 7, Z. 25-28 mit S. 9, Z. 9-11), in Umfangsrichtung versetzt zueinander angeordnet. Wird lediglich der Manipulator 21 als Beladeeinheit angesehen, befindet sich die Fügeeinheit 22 neben der Beladeeinheit.
Auch funktional (Erwiderung der Einsprechende vom 30. Oktober 2020) liegt die Fügeeinheit 22 nicht zwischen der Beladeeinheit 20 und dem Zwischenmagazin 31. Ein Bauteilträger 4, 5, 6, 7, 8 wird vom Zusatzmagazin 31 auf den Drehtisch 11, zur Fügeeinheit 22, und zurück über den Drehtisch transportiert. Folglich könnte vielmehr die Beladeeinheit als zwischen der Hubeinheit und der Fügeeinheit liegend angesehen werden.
Die Fig. 7 selbst zeigt kein Zusatzmagazin. Zwar offenbart S. 15, Z. 21-28, in Verbindung mit Fig. 7, dass Werkzeuge bei Bedarf ausgetauscht und Ausschleusungen angeordnet werden können, eine unmittelbar offenbarte Anordnung gemäß Merkmal 1.14 ergibt sich daraus jedoch nicht.
3.4.5 In einer zweiten Angriffslinie geht die Einsprechende von folgender Offenbarung der D1 aus: Auf S. 2, Z. 12 bis 16 und S. 8, Z. 1 bis 7 wird die Ausbildung der Ladestation zur Aufnahme mehrerer Werkzeuge als Drehtisch 11 und alternativ als kreis- oder ringförmiger Umlaufförderer offenbart. Der S. 18, Z. 1 bis 12, ist zu entnehmen, dass der Drehtisch statt der in den Figuren gezeigten vertikalen Drehachse auch eine horizontale Drehachse haben kann. Durch die Gleichwertigkeit von Drehtisch und Umlaufförderer sei für den Fachmann somit auch ein Umlaufförderer mit horizontaler Drehachse in der D1 offenbart.
Bei einem solchen Umlaufförderer sei insbesondere mit Bezug auf Fig. 7 (vgl. Beschwerdebegründung S. 12, Absatz 2 zur erfinderischen Tätigkeit) die Bearbeitungseinrichtung bzw. Fügeeinheit 22, 22' gemäß Merkmal 1.14 zwischen der Beladeeinheit (21) und einer vom absteigenden Ast des Umlaufförderers gebildeten Hubeinheit angeordnet (Beschwerdebegründung, S. 7, Absätze 2 und 3).
Im Reversierbetrieb des Umlaufförderers 11 könne ein zweiter Bauteilträger in dieser Hubeinheit geparkt werden, während das Fertigungssystem mit dem ersten Bauteilträger betrieben werde.
3.4.6 Die Kammer stimmt entgegen der Ansicht der Einspruchsabteilung (Entscheidung, Punkt 3.3 , letzter Absatz) der Einsprechenden insoweit zu, dass D1 auch einen kreis- oder ringförmigen Umlaufförderer mit horizontaler Drehachse offenbart. Details hierzu z.B. in Form eines Ausführungsbeispiels sind der D1 allerdings nicht zu entnehmen. Auch weist die Kammer darauf hin, dass die Einsprechende selbst einen Hub als eine Bewegung eines Objekts von Punkt A nach Punkt B auf einer geraden Strecke definiert (Beschwerdebegründung S. 4, letzter Absatz bis S. 5, erste Absatz). Bei einem ähnlich dem Drehtisch 11 in Fig. 2, 6 oder 7 der D1 ausgeführten kreis- oder ringförmigen Umlaufförderer mit horizontaler Drehachse kann folglich der absteigenden Ast des Umlaufförderers keine Hubeinheit bilden, da die Bewegung des Objekts nicht gerade, sondern auf einer Kurvenbahn erfolgt.
3.4.7 Fig. 7 offenbart eine Fügeeinheit 22 (Fügeroboter 23), die an der Ladeeinheit (20 mit Manipulator 21 und Drehtisch 11) selbst angeordnet ist. Der Drehtisch 11 der Ladeeinheit dient auch als Transporteinheit vom Manipulator 21 zum Fügeroboter 23 und zurück (M1.5, M1.9, vgl. auch D1, S. 15, Z. 30 - S. 16, Z. 20). Das Fertigungssystem 2 weist einen zweiten Bauteilträger 5, 6 zur Aufnahme einer zweiten Art bzw. weiteren Arten von vormontierten Strukturen bzw. Bauteilen 3 auf (S. 15, Z. 14-17).
Der Auslegung der Einsprechenden nach müsste der Fachmann bei einer Ausführung nach Fig. 7 einen Abschnitt des Umlaufförderers 11 als Transporteinheit (M1.5, in Fig. 7 von A nach D und zurück) und einen anderen Abschnitt des Umlaufförderers als Hubeinheit (in Fig. 7 Bereiche C, B) verstehen. Ein in dieser Hubeinheit "geparkter" Bauteilträger 5, 6 (bei B, C) würde im Reversierbetrieb ständig mitbewegt, was dem Begriff "parken" entgegensteht. Auch wird in der D1, S. 15, Z. 14-21 ein weiterer Bauteilträger auf dem Drehtisch nicht in Verbindung mit einem "Parken", sondern in Verbindung mit mehreren Bearbeitungsstationen 22, 22' offenbart. Wie die Einsprechende auf S. 10 der Beschwerdebegründung selbst ausführt (letzter Absatz), hat in der D1 das Zusatzmagazin 31 die Funktion der Parkaufnahme. Über Ausschleusungen 29 werden die Bauteilträger in das oder aus dem Magazin geschleust. Auch für die Ausführung der Fig. 7 sind derartige Ausschleusungen vorgesehen (S. 15, Z. 25-28). Somit wird dem Fachmann kein Abschnitt des Umlaufförderers als Hubeinheit zum Parken einen Bauteilträgers gemäß M1.16 offenbart.
3.4.8 Zusammenfassend offenbart keine der beiden Angriffslinien eindeutig und unmittelbar die in den Merkmalen 1.14 mit 1.16 definierte erste Alternative.
3.5 Alternative 2: Merkmale 1.14 mit 1.17, 1.18
3.5.1 Die Einsprechende geht von der zweiten Angriffslinie aus, bei der der Drehtisch der Beladeeinheit als Umlaufförderer mit horizontaler Drehachse ausgebildet ist, wobei die Hubeinheit vom absteigenden Ast des Umlaufförderers gebildet werde.
Im Falle einer Umlauf- bzw. Förderbewegung z.B. im Uhrzeigersinn in Fig. 7 werde einer der Bauteilträger 7 aus einer Arbeitsebene für die Herstellung der Geo-Verbindungen herausbewegt und unter der Arbeitsebene in einer vom unteren Umlauftrum gebildeten Rückführebene von der Hubeinheit zu der Beladeeinheit gefördert. Die Beladeeinheit beinhalte das andere aufrechte Fördertrum und werde zur Übernahme des rückgeförderten Bauteilträgers oder Werkzeugs in die Rückführebene abgesenkt. Dies entspreche dem im Patent gezeigten Ausführungsbeispiel, in dem die Beladeeinheit einen vertikalen Förderer in Form eines Hubtischs aufweist und die Beladung der Bauteilträger nur in der oberen Position stattfindet.
3.5.2 Unbestritten wird in Verbindung mit Merkmal 1.17 und 1.18 der zweiten Alternative ein Hub als eine Bewegung in vertikaler Richtung angesehen. Die Argumente der Einsprechenden sind dennoch aus den folgenden Gründen nicht überzeugend:
Ausgehend von der Ausführungsform der Fig. 7 könnte bei einem Umlaufförderer 11 mit horizontaler Drehachse ein absteigender Ast (von D nach C) bei großzügiger Auslegung einer im Wesentlichen geraden Bewegung des Bauteilträgers als Hubeinheit angesehen werden, da die Hubeinheit in der zweiten Alternative nicht zum Parken, sondern zum Transport genutzt wird. Es ist anzumerken, dass diese Auslegung bereits auf einer rückschauenden Betrachtungsweise basiert, da der zur Beladeinheit gehörende Umlaufförderer (S. 2, Z. 12-16, S.15, Z. 8-14, S. 16, Z. 13-17) vom Fachmann nicht nur als Transporteinheit (M1.5 von A nach D, M1.9 von B nach A), sondern in einem Abschnitt zusätzlich auch als Hubeinheit (M1.14 von D nach C) angesehen werden müsste.
Selbst bei der Auslegung, dass in Fig. 7 die Fügeeinheit 22 zwischen der Ladeeinheit 21 und der Hubeinheit (von D nach C) liegt und das untere Umlauftrum C als Rückführebene angesehen würde, fehlt es an der Offenbarung des Merkmals 1.18, wonach die Beladeeinheit zur Übernahme des Bauteilträgers in die Rückführebene angehoben oder abgesenkt werden soll.
Wird der Drehtisch bzw. Umlaufförderer 11 der Beladeeinheit zugeordnet, der gleichzeitig als Transporteinheit dient (S. 16, Z. 13-17), ist keine Übernahme des rückgeförderten Bauteilträgers erforderlich, da dieser sich immer auf der Beladeeinheit befindet und mit dieser mitbewegt wird.
Wird als Beladeeinheit lediglich der Manipulator 21 betrachtet, wird bei einem Umlauf der Bauteilträger aus der Rückführebene C zur Beladeeinheit 21 bei A angehoben.
3.5.3 Die zweite Alternative ist in der D1 somit nicht offenbart.
4. Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit - D1 mit Fachwissen
4.1 Das Verfahren des Anspruchs 1 und das Fertigungssystem nach Anspruch 4 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Ausgehend von D1 in Verbindung mit Fachwissen wird die in den Merkmalen 1.14 und 1.16 definierte erste Alternative von der D1 nahegelegt.
4.2 Ausgehend von der ersten Angrifflinie unterscheidet sich die erste Alternative des Anspruchs 1 von der D1, Fig. 7, dadurch, dass die Fügeeinheit zwischen der Beladeeinheit und einer als Verschiebemagazin 31 ausgebildeten Hubeinheit angeordnet ist.
4.3 Die Patentinhaberin argumentiert, dass dem Fachmann aus der D1, Fig. 2 oder Fig. 6, bereits Lösungen mit einem Zusatzmagazin offenbart werden. Die Figurenbeschreibung zu Fig. 7 auf S. 16, ab Z. 13 bis S. 17, erster Absatz, lege die Anordnung eines Zusatzmagazins für diese von Fig. 2 oder 6 abweichende Ausführungsform nicht nahe.
4.4 Die Argumente der Patentinhaberin sind nicht überzeugend. In Bezug auf Fig. 7 wird in der D1, S. 15, Z. 21-28, offenbart, dass Werkzeuge "bei Bedarf in der vorbeschriebenen Weise ausgetauscht" und Ausschleusungen angeordnet werden können. Die Einsprechende verweist auf S. 13, Z. 10-24, worin eben dieser Austausch von Werkzeugen über Zusatzmagazine erfolgt. Somit stellt sich dem Fachmann die Aufgabe, festzulegen, wo das Zusatzmagazin bei einem Fertigungssystem nach Fig. 7 anzuordnen ist, um einen Austausch von Werkzeugen "in der vorbeschriebenen Weise" zu realisieren.
4.5 Die Kammer ist der Ansicht, dass wie von der Einsprechenden vorgetragen, die Anordnung des Zusatzmagazins 31 z.B. im Bereich C der Fig. 7 auf naheliegende Weise zu einem Verfahren mit dem Merkmal 1.14 bzw. einem Fertigungssystem mit dem Merkmal 4.11 führt. Die Fügeeinheit 22 liegt dann räumlich zwischen der Ladeeinrichtung 21 und der Hubeinheit 31, wobei der Drehtisch 11 als Transporteinheit angesehen wird. Der Bereich C wird vom Fachmann als eine naheliegende Möglichkeit angesehen, da im Bereich B bereits eine weitere Bearbeitungsstation 22' vorgeschlagen wird und somit im Bereich C entsprechend Platz zur Verfügung steht.
4.6 Folglich erfüllen das Verfahren des Anspruchs 1 sowie das Fertigungssystem nach Anspruch 4 nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
5. Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
5.1 Das Verfahren des Anspruchs 1 und das Fertigungssystem nach Anspruch 3 beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
5.2 Die beiden unabhängigen Ansprüchen beschränken sich auf die zweite Alternative und wurden um die Merkmale des erteilten Anspruchs 3 bzw. die Merkmale des erteilten Anspruchs 7 ergänzt. Darin wird zusätzlich zur Hubeinheit eine Parkeinheit für einen der Bauteilträger beansprucht.
5.3 D1 mit Fachwissen
5.3.1 Die Einsprechende geht in ihrer Argumentation von der zweiten Angrifflinie aus, wonach in D1, Fig. 7 die Hubeinheit von einem absteigenden Ast eines Umlaufförderers mit horizontaler Drehachse gebildet werde. Die zusätzliche Parkeinheit werde in Form des Zusatzmagazins 31 offenbart (Erwiderung der Einsprechenden vom 30. Oktober 2020, S. 8, Absatz 5).
5.3.2 Ungeachtet einer der zweiten Angriffslinie evtl. zugrunde liegenden rückschauenden Betrachtungsweise fehlt es der D1 entsprechend obiger Neuheitsbetrachtung zumindest an der Offenbarung des Merkmals 1.18, wonach die Beladeeinheit zur Übernahme des Bauteilträgers in die Rückführebene angehoben oder abgesenkt werden soll.
Die Aufgabe besteht somit darin, eine Alternative für den Rücktransport des leeren Bauteilträger in einem geschlossenen Kreislauf zu schaffen.
5.3.3 Die D1 löst diese Aufgabe in der Ausführung nach Fig. 7 bereits durch einen Drehtisch 11 oder einen Umlaufförderer, auf dem der Bauteilträger in einer Kreisbewegung vom Manipulator 21 der Beladeeinheit zu den Fügerobotern 23 und wieder zum Manipulator 21 befördert wird. Angesichts dieser Ausführung liegt es nicht nahe, eine anhebbare oder absenkbare Beladeeinheit anzuordnen und den vorhandenen Umlauf zu unterbrechen. Der Bauteilträger der D1 wird entweder immer auf der Beladeeinheit (Drehtisch bzw. Umlaufförderer 11) mitbewegt oder, im Falle, dass lediglich der Manipulator 21 als Beladeeinheit betrachtet wird, aus der Rückführebene C zur Beladeeinheit 21 angehoben.
5.4 D1 mit D6'
5.4.1 D6' offenbart ein Fertigungssystem mit Bauteilträgern (Paletten 10), die an mehreren Beladeeinheiten 11, 12, 13, 16 an verschiedenen Positionen P2, P4, P5, P6, P8 mit losen Bauteilen beladen werden (S. 3, Absatz 3, S. 5 letzter Absatz). An den Positionen P12, P13 (Fig. 3c) befinden sich Fügeeinheiten in Form von Schweißstationen mit Schweißrobotern 22, 23 (S. 7, Absatz 2). An der Position 16 wird die leere Palette bis zu einer Höhe einer Rückführstraße 25 abgefahren, die die Palette zur Startposition P1 zurückführt (Fig. 3c, S. 8, Absatz 1, letzter Satz). S. 6, Absatz 2 offenbart weiterhin eine Vorrichtung zum Bewegen der Palette vertikal von der unterirdischen Rückführstraße zur Position P1.
D6 offenbart weiterhin seitliche Parkflächen 18 zum Absetzen von beschädigten Paletten (S. 7, Absatz 1, letzter Satz mit Fig. 3b).
5.4.2 Die Einsprechende argumentiert, dass endseitige Hubeinrichtungen zum vertikalen Umsetzten der Paletten offenbart seien (Beschwerdebegründung, S. 13, letzter Absatz). Die Kombination von D1 und D6' lege folglich das Verfahren des Anspruchs 1 und das Fertigungssystem des Anspruchs 3 nahe.
5.4.3 Die Kammer sieht weder in der D1 noch in der D6 einen Anlass für den Fachmann, die in der D1 als vorteilhaft bzgl. Flexibilität, Bau- und Platzaufwand beschriebene Anordnung mit einem Drehtisch oder Umlaufförderer mit der großräumigen Anlage der D6 zu kombinieren, nur um eine alternative Anordnung des Kreisbetriebs zu schaffen. Selbst wenn ein Fachmann die D6 berücksichtigen würde, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Position P1 lediglich um eine Startposition handelt. Das Beladen beginnt erst an Position P2 (S. 6, letzter Absatz). Somit wird auch in der D6' keine Beladeeinheit offenbart, die angehoben oder abgesenkt wird. Folglich führt auch die Kombination von D1 mit D6' nicht zum beanspruchten Verfahren bzw. Fertigungssystem.
5.5 D2 als nächstliegender Stand der Technik
5.5.1 D2 offenbart die Merkmale 1.1-1.13 bzw. 4.1-4.10, vgl. hierzu Entscheidung der Einspruchsabteilung, Punkt II 2.2.2 mit D2, z.B. in Fig. 1 und den Absätzen [0027-0029], [0046-0048] und in Absatz [0051]. Die Werkstückträger (4, 5; 6) können dabei in verschiedenen vertikal beabstandeten Trägerebenen entlang einer gemeinsamen Förderachse 19 von einer Beladeeinheit zu einer Fügeeinheit und zurück transportiert werden (Absätze [0029, 0030]). Absatz [0030] offenbart weiterhin, dass an der oder den Arbeitsstellen 7 eine Höhenverstellung der Werkstückträger 4, 5 auf ein gemeinsames Arbeitsniveau erfolgen kann (Fig. 8).
5.5.2 Ausgehend von der D2, Fig. 8 und Absatz [0030] unterscheidet sich Anspruch 1 des Streitpatents dadurch, dass die Fügeeinheit zwischen Belade- und Hubeinheit angeordnet ist (M1.14) und dass die Beladeeinheit zur Übernahme des rückgeförderten Beauteilträgers in die Rückführebene angehoben oder abgesenkt wird.
5.5.3 Die Aufgabe kann somit darin gesehen werden, eine alternative Anordnung zur Rückführung der Bauteilträger zu schaffen.
5.5.4 Die Einsprechende argumentiert, dass der Fachmann die Lösung der gestellten Aufgabe in D6' finde. Die Kammer kann sich dem nicht anschließen. D6' offenbart zwar einen geschlossenen Kreislauf, ein solcher ginge jedoch auf Kosten der in D2 angestrebten Flexibilität (D2, Absätze [0005, 0011, 0012]), wonach z.B. auch mehrere Ladestellen an eine Fügeeinheit angeschlossen werden können. Eine Kombination der D2 mit der D6' wäre für den Fachmann somit nicht naheliegend. Selbst wenn er versuchen würde, den Kreislauf der D6' in die D2 zu integrieren, würde der Fachmann nicht zum beanspruchten Verfahren/ Fertigungssystem gelangen, da auch in der D6' keine anhebbare oder absenkbare Beladeeinheit offenbart ist.
5.5.5 Die Einsprechende argumentiert, dass D1 mit dem darin offenbarten Umlaufförderer ebenfalls eine Lösung für die gestellte Aufgabe zeige, so dass die Kombination von D2 mit D1 zum beanspruchten Verfahren führe. Dabei geht die Einsprechende von der zweiten Angriffslinie aus. Dem Vortrag der Einsprechende ist jedoch nicht entnehmbar, wie der Umlaufförderer der D1 in das Fertigungssystem der D2 zu integrieren wäre.
Unabhängig davon wird dem Fachmann weder in der D2 noch in der D1 eine anhebbare oder absenkbare Beladeeinheit offenbart oder nahegelegt.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1 bis 4 des Hilfsantrags 1 wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
- Beschreibung Spalten 1-12 wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung;
- Figuren 1a bis 8 wie im erteilten Patent.