T 1606/19 07-03-2023
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Haustür-türblatt sowie Herstellverfahren hierfür
Hauptantrag - Neuheit (ja) - Erfinderische Tätigkeit (nein)
Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit (ja)
I. Die Patentinhaberin und die Einsprechende legten beide Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung ein, wonach das Streitpatent in der Fassung des damaligen Hilfsantrags 2 die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
Die Einspruchsabteilung hatte unter anderem befunden, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sowie von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nicht neu gegenüber E3 (Figur 2) sei.
II. Am 7. März 2023 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
III. Am Ende der Verhandlung lauteten die für die Entscheidung relevanten Anträge der Parteien wie folgt.
Die Beschwerdeführerin 1 (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 7. März 2023.
Die Beschwerdeführerin 2 (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
IV. Die folgenden Entgegenhaltungen werden in der vorliegenden Entscheidung verwendet:
E1: DE 10 2009 032 040 A1
E3: EP 1 918 501 B1
E7: FR 2 891 575 A1
E8: EP 0 022 167 A1
E9: DE 103 24 164 A1
E10: EP 2 045 430 A2
Anlage A3: Ergebnisse einer Google-Bildersuche zum Begriff "Halbschale", von der Beschwerdeführerin 1 am 11. Juli 2022 eingereicht.
V. Anspruch 1 des erteilten Patents (Hauptantrag) lautet (mit Merkmalsgliederung der Beschwerdeführerin 2):
"Haustür-Türblatt (14) mit einem Türblattrahmen (40) und die Türblattbreitseiten (26, 30) bildenden Paneelen (28, 32) und mit einer Isolierung (38) zwischen den Paneelen (28, 32), wobei der Türblattrahmen (40) aus einer Metallhalbschale (42) und einer Kunststoffhalbschale (44) gebildet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
ein erstes der Paneele (28) auf der Metallhalbschale (42) diese zu einem Großteil überdeckend aufliegt und das zweite Paneel (32) auf der Kunststoffhalbschale (44) diese zu einem Großteil überdeckend aufliegt."
Anspruch 1 des während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch das weitere Merkmal:
"und dass die Isolierung (38) durch Ausschäumen des zwischen dem Türblattrahmen (40) und den auf diesen aufliegend aufgebrachten Paneelen (28, 32) gebildeten Türblatthohlraums (82) gebildet ist".
VI. Die Beschwerdeführerin 1 trug im Wesentlichen die folgenden Argumente vor.
Hauptantrag - Neuheit gegenüber E3
E3 offenbare für den Türblattrahmen in Figur 2 weder Halbschalen noch, aus welchen Materialien die Profile 7 und 12 bestünden. Daher sei der erteilte Anspruch 1 neu gegenüber E3.
Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3
Es gebe im Stand der Technik keinen Hinweis und sei daher nicht naheliegend, den Türblattrahmen aus einer Kunststoffhalbschale und einer Metallhalbschale zu bilden. Daher beruhe der erteilte Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit, E3
Absatz [0032] der E3 offenbare kein Ausschäumen des Türblatthohlraums. Dies sei angesichts der in E3 geforderten Beweglichkeit der Profilteile des Türblattrahmens gegeneinander auch nicht naheliegend.
VII. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin 2 können wie folgt zusammengefasst werden.
Hauptantrag - Neuheit gegenüber E3
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber E3. Insbesondere offenbare das Ausführungsbeispiel von Figur 2 der E3 einen zweischichtigen Aufbau des Türblattrahmens aus einer Kunststoffhalbschale 12 und einer Metallhalbschale 7.
Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3
Das Profil 7 aus Metall zu fertigen stelle eine fachübliche, naheliegende Materialwahl dar. Daher beruhe der erteilte Anspruch 1 jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit, E3
Absatz [0032] der E3 offenbare bereits ein Ausschäumen des Türblatthohlraums. Dies sei zudem eine fachübliche, in E3 selbst ebenso wie in E1, E7 und E8 nahegelegte Möglichkeit zur Herstellung der Isolierung gewesen, die die in E3 geforderte Beweglichkeit der Profilteile gegeneinander nicht beeinträchtige. Daher beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Hauptantrag
1.1 Neuheit gegenüber E3 (Figur 2)
1.1.1 E3 offenbart unstreitig ein Haustür-Türblatt (Figur 1) mit einem Türblattrahmen ("châssis/ossature"; 7, 12, Figur 2) und die Türblattbreitseiten bildenden Paneelen ("panneaux" 5, 6, Absatz [0018]) und mit einer Isolierung zwischen den Paneelen (13, 14, Figur 2; Absatz [0032]; Anspruch 2).
Der Türblattrahmen ist dabei im Ausführungsbeispiel der Figur 2 aus einer ersten Komponente (Profil 7) und einer zweiten Komponente (Profil 12) gebildet, wobei ein erstes der Paneele (5) auf der ersten Komponente (7) diese zu einem Großteil überdeckend aufliegt und das zweite Paneel (6) auf der zweiten Komponente (12) diese zu einem Großteil überdeckend aufliegt.
1.1.2 Streitig war, ob die Profile 7 und 12, wie in Anspruch 1 verlangt, "Halbschalen" darstellen und aus Kunststoff bzw. Metall bestehen.
1.1.3 "Halbschalen"
Die Beschwerdeführerin 1 verwies auf das fachübliche Verständnis des Begriffs "Halbschale", wie dies anhand einer Google-Bildersuche des Begriffs (Anlage A3 vom 11. Juli 2022), der Abbildung "A" aus ihrer Beschwerdebegründung und den Abbildungen "B" und "C" im Schreiben vom 11. Juli 2022 illustriert sei. Sie hob hervor, dass Halbschalen an den Rändern zusammenpassen und aufeinander aufliegen müssten, um eine Gesamtschale zu bilden. Dadurch ergebe sich eine breite Abstützung und eine hohe Stabilität bzw. Steifigkeit des Türblattrahmens (vgl. Absatz [0033] des Streitpatents).
Wie von der Beschwerdeführerin 2 im Hinblick auf E9 (Absatz [0002], Figur 1) und E10 (Absatz [0002], Figur 4) vorgetragen, wird der Begriff "Halbschale" im Fachgebiet von Rahmenprofilen im Fenster- und Türenbau jedoch breiter verwendet als bei einfachen Kugel- oder Zylindergeometrien. Dies ist auch in den Figuren des Streitpatents selbst ersichtlich, in denen Halbschalen im Querschnitt mit seitlichen Rücksprüngen und Überständen sowie mit einer komplexen Innenstruktur gezeigt sind. Die schematische Skizze der Abbildung "A" aus der Beschwerdebegründung hat daher für das Verständnis des Begriffs "Halbschale" in Anspruch 1 ebenso wenig Aussagekraft wie Analogien zu Alltagsgegenständen oder aus anderen Fachgebieten, wie sie in Anlage A3 und den Abbildungen "B" und "C" mit dem Schreiben der Beschwerdeführerin 1 vom 11. Juli 2022 vorgelegt wurden.
Zurecht argumentierte die Beschwerdeführerin 2 auch, dass bei der Anspruchsauslegung keine Merkmale mitgelesen werden dürfen, die nur in abhängigen Ansprüchen oder der Beschreibung angegeben, aber nicht in Anspruch 1 selbst aufgenommen sind. Anspruch 1 aber verwendet nur den Begriff "Halbschale", ohne weitere Erläuterungen oder Merkmale. So verlangt Anspruch 1 noch nicht einmal, dass es sich bei den Halbschalen um Hohlprofile bzw. Profile mit gleichbleibendem Querschnitt handelt. Anspruch 1 schreibt insbesondere nicht vor, dass die Halbschalen eine "Gesamtschale" bilden oder an ihren - wie auch immer gearteten - seitlichen Rändern zusammenpassen oder aufeinander aufliegen müssen. Entsprechende Weiterbildungen, etwa, dass es sich um Hohlprofile handelt (Anspruch 4), die im Wesentlichen eine U-Form aufweisen (Anspruch 6), in Dickenrichtung des Türblatts unterschiedliche Stärken aufweisen dürfen (Anspruch 11), über Nut-Feder-Verbindungen miteinander befestigt sind (Anspruch 3) und an ihren Verbindungsstellen miteinander einen bündigen Übergang aufweisen (Streitpatent, Absatz [0069]), sind erst in den abhängigen Ansprüchen oder der Beschreibung gefordert. Nach Ansicht der Kammer schreibt daher im vorliegenden Fall der Begriff "Halbschale" allein keine bestimmte Form oder Größe vor.
Gemäß Anspruch 1 ist der Türblattrahmen aus zwei Halbschalen "gebildet". Die die Türblattbreitseiten bildenden Paneele liegen jeweils auf einer der Halbschalen diese zum Großteil überdeckend auf. Die Kammer stimmt daher der Auffassung der Beschwerdeführerin 2 zu, dass die "Schalen" der beiden Halbschalen im vorliegenden Fall als in Dickenrichtung des Türblatts aufeinanderfolgende "Schichten" zu verstehen sind. Anspruch 1 verlangt somit einen Aufbau des Türblattrahmens aus zwei aufeinanderfolgenden "Schichten" in Dickenrichtung des Türblatts.
Die Profile 12 und 7 in Figur 2 der E3 bilden zusammen den Türblattrahmen und stellen einen zweischichtigen Aufbau in Dickenrichtung des Türblatts dar. Die Profile 12 und 7 sind - mangels weiterer Einschränkungen dieses Begriffs - folglich als "Halbschalen" im Sinne von Anspruch 1 anzusehen.
1.1.4 Kunststoff/Metall
Absatz [0023] der E3 bezieht sich auf Figur 2 und beschreibt darin ein wärmebrückenunterbrechendes Element aus Hartplastik, zum Beispiel aus PVC, zwischen den Paneelen, vorzugsweise in Form eines extrudierten Profils. Die Figur 2 zeigt nur die beiden Profile 7 und 12 zwischen den Paneelen, so dass nur eines dieser Profile das wärmebrückenunterbrechende Element darstellen kann. Auf dieses nimmt der sich anschließende Absatz [0024] mit "Ce profilé 12" Bezug. E3 offenbart folglich eindeutig, dass das Profil 12 in Figur 2 aus Kunststoff besteht und - mit dem oben dargelegten Verständnis - somit eine Kunststoffhalbschale darstellt.
Absatz [0020] in E3 offenbart den prinzipiellen Aufbau des Türblatts. Demnach verfügen die Paneele über einen innenliegenden Türblattrahmen, der aus extrudierten Profilen 7, 12 zusammengesetzt ist. Diese können miteinander und mit den Paneelen auf verschiedene Weise verbunden sein. Absatz [0020] offenbart zudem, dass die Profile insbesondere metallisch sein können.
Es ist jedoch aus Absatz [0020] nicht eindeutig zu entnehmen, ob das Profil 7 im Ausführungsbeispiel der Figur 2 aus Metall besteht. Dies liegt vor allem daran, dass beide Profile 7 und 12 als insbesondere metallisch ("métalliques" im Plural) bezeichnet werden, was nicht mit der ausdrücklichen Offenbarung der Absätze [0023] und [0024] über das Ausführungsbeispiel der Figur 2 vereinbar ist. Zudem betrifft Absatz [0020] allgemein die Verbindung der Paneele mit dem innenliegenden Rahmen, der aus extrudierten Profilen 7 und 12 zusammengesetzt ist, was nicht nur auf die Figur 2 zutrifft. Insbesondere offenbart die Figur 5 einen Rahmen aus zwei Profilen 7 und 12, die beide aus Aluminium hergestellt sind, zwischen die ein zusätzliches wärmebrückenunterbrechendes Profil 15 eingefügt ist.
Es ist daher der E3 nicht eindeutig zu entnehmen, dass das Profil 12 aus Kunststoff in dem Ausführungsbeispiel der Figur 2 mit einem Profil aus Metall kombiniert ist. Folglich offenbart dieses Ausführungsbeispiel nicht, dass die Halbschale 7 aus Metall besteht.
1.1.5 Somit ist der Gegenstand von Anspruch 1 neu gegenüber dem Ausführungsbeispiel der Figur 2 der E3.
1.2 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 (Figur 2)
1.2.1 Da E3 für das Profil 7 kein eindeutiges Material offenbart, kann die objektive technische Aufgabe, wie von der Beschwerdeführerin 2 vorgetragen, darin gesehen werden, bei der Umsetzung der Lehre der E3 eine geeignete Materialwahl für das Profil 7 zu treffen.
1.2.2 Metall bzw. Aluminium wird nicht nur bereits in E3 als geeignetes Material vorgeschlagen (Absätze [0020], [0030] und [0031]). Es handelt sich dabei auch um eine allgemein fachübliche Möglichkeit. Dem widersprach auch die Beschwerdeführerin 1 nicht. Daher war es naheliegend, das Profil 7 aus Metall herzustellen.
1.2.3 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags beruht ausgehend von dem Ausführungsbeispiel von Figur 2 der E3 folglich nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1.3 Daher steht der Einspruchsgrund von Artikel 100 (a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 56 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag der Beschwerdeführerin 1 entgegen.
2. Hilfsantrag 1
2.1 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 (Figur 2)
2.1.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 verlangt zusätzlich, dass "die Isolierung durch Ausschäumen des zwischen dem Türblattrahmen und den auf diesen aufliegend aufgebrachten Paneelen gebildeten Türblatthohlraums gebildet ist".
2.1.2 Absatz [0032] der E3 offenbart, dass der genannte Türblatthohlraum mit einem Füllmaterial mit wärme- und schallisolierenden Eigenschaften versehen ist. Dabei kann es sich beispielsweise um ein Material auf Basis eines (ein)gespritzten Polyurethanschaums handeln ("matériau à base de mousse de polyuréthane injectée").
Die Beschwerdeführerin 2 trug vor, der Begriff "injectée" in Absatz [0032] müsse sich wegen des vorangehenden Satzes, in dem es um das Ausfüllen des Bereichs zwischen den Paneelen gehe, auf den Türblatthohlraum beziehen. Außerdem unterscheide E3 zwischen dem Ausschäumen ("injectée") und vorher expandierten Schäumen ("mousse de polystyrène expansé").
Absatz [0032] verwendet zwar den Begriff "injectée", erläutert aber nicht, wohinein der Polyurethanschaum (ein)gespritzt wurde. Der Absatz offenbart damit insbesondere nicht zweifelsfrei ein Einspritzen in den Türblatthohlraum. Hinzu kommt die Formulierung, dass es sich bei dem Füllmaterial um ein "Material auf Basis" eines solchen Polyurethanschaum handelt. Daher kann Absatz [0032] auch so verstanden werden, dass ein zuvor "gespritztes" Formteil aus Polyurethanschaum anschließend in den Türblatthohlraum eingebracht wird.
Der Unterschied zwischen den Begriffen "injectée" und "expansé" beruht darauf, dass Polyurethanschäume und expandiertes Polystyrol (EPS) auf unterschiedliche Weise hergestellt werden. Es handelt sich daher um verschiedene Fachbegriffe. Der Vergleich dieser Begriffe lässt daher nicht den Schluss zu, der Hohlraum müsse mit Polyurethan ausgeschäumt und nicht mit zuvor geschäumten Formteilen ausfüllt worden sein.
Auch den Figuren der E3 lässt sich kein Hinweis entnehmen, dass der Hohlraum ausgeschäumt sein könnte. Das Isoliermaterial ist darin nur schematisch blockartig gezeigt, umfasst aber stets mindestens zwei separate Komponenten und belässt meist auch einen Abstand zu den Profilen. Dass das Material 14 in Figur 3 bis zum Profil 7 reicht und dessen Hinterschneidung ausfüllt, kann aufgrund der schematischen Natur der Figuren ebenfalls nicht als Beleg für ein Ausschäumen des Türblatthohlraums dienen.
Somit offenbart E3 das zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 nicht unmittelbar und eindeutig. Es stellt folglich ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von Anspruch 1 gegenüber dem Ausführungsbeispiel von Figur 2 der E3 dar.
2.1.3 Wie von der Beschwerdeführerin 2 vorgetragen, löst dieses weitere Unterscheidungsmerkmal die weitere unabhängige Teilaufgabe, eine geeignete Ausgestaltung der Isolierung zwischen den Paneelen anzugeben.
2.1.4 Die Beschwerdeführerin 2 argumentierte, es sei fachbekannt, dass man Hohlräume durch Ausschäumen wärmeisolierend ausführen könne. Ein Ausschäumen des Türblatthohlraums sei in E3 durch den Ausdruck "mousse de polyuréthane injectée" zumindest nahegelegt. Auch E1 (Anspruch 19) sowie die im schriftlichen Verfahren zitierten Entgegenhaltungen E7 (Anspruch 1, Figur 1) und E8 (Anspruch 1, Figur 1) offenbarten das Ausschäumen eines Türblatts.
2.1.5 Die Beschwerdeführerin 1 bestritt nicht, dass das Ausschäumen eine fachbekannte Möglichkeit zur Herstellung der Isolierung eines Türblatts war. Sie argumentierte aber, dass der Fachmann diese Technik in E3 nicht eingesetzt hätte, da das Ausschäumen die in E3 erfindungsgemäß verlangte freie Beweglichkeit der beiden den Türblattrahmen bildenden Profile gegeneinander beeinträchtigt hätte.
2.1.6 In der Tat beschäftigt sich die Erfindung der E3 mit dem Problem der thermischen Verformung des Türblatts bei Temperaturunterschieden zwischen Innen- und Außenseite (Absätze [0001] bis [0009]). Als Lösung hierfür schlägt die E3 vor, dass der Türblattrahmen aus zwei gegeneinander in mindestens zwei Richtungen mit Spiel gleitend beweglichen Teilen aufgebaut sein soll ("mobiles", "au moins deux degrés de liberté", "avec jeu", "glissement", Absätze [0010] bis [0011]).
2.1.7 Die Parteien waren sich einig, dass das zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 bedeutet, dass der Türblatthohlraum im Wesentlichen vollständig ausgeschäumt wird. Dabei kommt es folglich zum Kontakt des Schaums mit den Halbschalen des Türblattrahmens. Es war ebenso unstreitig, dass bei der Schaumbildung ein hoher Expansionsdruck entsteht. Aus diesem Grund wird ein Türblatt beim Ausschäumen in einer Presse gehalten, um zu verhindern, dass sich die Türblattseiten verformen (vgl. E8, Seite 7, Zeilen 1 bis 21).
Wie von der Beschwerdeführerin 1 mit Verweis auf E8 vorgetragen, besitzt Polyurethan, das üblicherweise zum Ausschäumen verwendet wird, eine hohe Klebekraft und führt zu einer festen und dauerhaften Verbindung ("le polyuréthane adhère aux deux panneaux et aux cadres et il se forme un lien solide et durable", E8, Seite 7, Zeilen 18 und 19). Schon dadurch, dass der Schaum an den Profilflanken anhaftet, schränkt er deren Beweglichkeit ein.
Vor allem aber werden die Profile - unabhängig von der Art des verwendeten Schaums - beim Ausschäumen aufgrund des Expansionsdrucks nach außen gedrückt, so gegeneinander verspannt und in diesem Zustand fixiert. Zudem ist beim Ausschäumen damit zu rechnen, dass Schaum zumindest teilweise auch in Freiräume zwischen den Profilen vordringt, die für deren Beweglichkeit erforderlich sind.
Selbst wenn es daher möglich ist und der Fachmann es in Erwägung gezogen hätte, die Härte des verwendeten Schaums so einzustellen, dass eine möglichst große elastische Restbeweglichkeit der Profile gegenüber der Rückstellkraft des Schaums verbleibt, würden die Profile nach dem Ausschäumen nicht mehr über das in E3 angestrebte freie "Spiel" verfügen.
Der Fachmann hätte daher eine solche Maßnahme, die das erfindungsgemäße Ziel des nächstliegenden Standes der Technik beeinträchtigt oder gefährdet, nicht in Betracht gezogen.
Daher hätte der Fachmann die Isolierung des Türblatts nicht durch Ausschäumen des Türblatthohlraums gebildet, auch wenn diese Technik eine grundsätzlich fachbekannte und in den vorgetragenen Entgegenhaltungen offenbarte Möglichkeit zur Herstellung eines isolierten Türblatts war.
2.1.8 Folglich beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ausgehend von dem Ausführungsbeispiel von Figur 2 der E3 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.2 Während der mündlichen Verhandlung nahm die Beschwerdeführerin 2 alle weiteren Einwände gegen den Hilfsantrag 1 zurück.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1-12 des Hilfsantrags 1, eingereicht
während der mündlichen Verhandlung vor der
Beschwerdekammer am 7. März 2023,
- Spalten 1-18 der Beschreibung, eingereicht während
der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer
am 7. März 2023,
- Figuren 1-5 der Patentschrift.