7.7.2 Wesentlicher Mangel
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern stellt die Verletzung von Art. 19 (2) EPÜ über die Zusammensetzung der Einspruchsabteilung einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der normalerweise zu einer Zurückverweisung der Sache zur erneuten Prüfung an eine richtig zu besetzende Einspruchsabteilung und zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr führt (s. z.B. T 251/88, T 939/91, T 382/92, T 476/95, T 838/02, T 1349/10, T 135/12, T 2536/16).
In einigen Entscheidungen wurde es den Parteien anheimgestellt, etwaige Gründe mitzuteilen, die eventuell gegen eine Zurückverweisung an die Erstinstanz sprechen könnten, so in T 251/88 und T 838/02. In beiden Fällen wurde das Patent von der Einspruchsabteilung widerrufen. In T 825/08 ist die Kammer dieser Vorgehensweise gefolgt und wies darauf hin, dass bei Vorliegen stichhaltiger Gründe und mit dem Einverständnis beider Parteien gegebenenfalls gemäß Art. 11 VOBK 2007 eine Zurückverweisung an die Erstinstanz nicht zwingend erforderlich ist. Gemäß T 1700/10 sollten Verstöße gegen Art. 19 (2) EPÜ zumindest dann unabhängig vom Standpunkt der Beteiligten eine Zurückverweisung zur Folge haben, wenn Dritte vom Ausgang des mangelhaften erstinstanzlichen Verfahrens betroffen sind, wie im dort vorliegenden Fall, in dem das Patent im Einspruchsverfahren aufrechterhalten wurde (s. auch T 1349/10). In solchen Fällen ist auch die Öffentlichkeit von der Entscheidung betroffen (T 234/11).
In T 2175/16 befand die Kammer, dass eine Änderung in der Zusammensetzung der Einspruchsabteilung zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Erlass der schriftlichen Entscheidung einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellte, der es rechtfertigte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Sache an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.