D 0005/86 (Vorausetzung einer Disziplinarmassnahme) 29-02-1988
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1. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme setzt voraus, daß eine Verletzung beruflicher Regeln zur Überzeugung des Disziplinarorgans festgestellt werden kann. Für diese Feststellung ist zwar keine absolute Gewißheit erforderlich, jedoch ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, der nach der Lebenserfahrung der Gewißheit gleichkommt. Eine Disziplinarmaßnahme kann nicht verhängt werden, wenn gegen die Feststellung, daß eine berufliche Regel verletzt ist, vernünftige Zweifel geltend gemacht werden können.
2. Von einer Zurückverweisung gemäss Art. 12 der ergänzenden Verfahrensordnung für die Disziplinarkammer kann abgesehen werden, wenn im konkreten Fall infolge des inzwischen eingetretenen Zeitablaufs eine Aufklärung des wahren Sachverhalts nicht mehr zu erwarten ist.
3. Von der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme kann abgesehen werden, wenn zur Überzeugung der Kammer der Zweck des speziellen Disziplinarverfahrens erfüllt ist.
Verhängung einer Disziplinarmassnahme/Voraussetzungen hierfür
Verletzung beruflicher Regeln/Überzeugung hiervon
Verletzung beruflicher Regeln/hoher Wahrscheinlichkeit
Verletzung beruflicher Regeln/Bestehen vernünftiger Zweifel
Wahrheitspflicht, Mitwirkungspflicht
Missachtung eines Disziplinarorgans
Zurückverweisung (nein)
Disziplinarmaßnahme (nein)
I. Im Jahre 1981 erschienen in den amerikanischen Fachzeitschriften ... und ... Anzeigen mit folgendem Text: "European Patents, Patents in West Germany and all Eastern and Western European Countries, Trade Marks and Designs, telephone inquiries invited (telephone in English any morning, U.S. time) or write or telex".
Angegeben waren Name und Adresse des Beschwerdeführers. Wegen dieser Anzeigen wurde der Beschwerdeführer von einem anderen deutschen Patentanwalt beim Disziplinarrat angezeigt.
II. Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 23. November 1981 zur Stellungnahme aufgefordert und teilte am 31. Januar 1982 mit, daß er von dem Vorgang (= Erscheinen der Anzeigen) in Abwesenheit im August des vergangenen Jahres aufgrund eines Anrufs aus Luxemburg erfahren habe. Ihm sei nicht bekannt, wer die genannten Anzeigen veranlaßt habe.
III. Eine Anfrage des Disziplinarrats bei den Herausgebern von ..., wer die Anzeige veranlaßt habe, wurde unter Hinweis auf die Vertraulichkeit abschlägig beschieden.
IV. Durch Entscheidung vom 23. Juli 1982 sprach der Disziplinarrat dem Beschwerdeführer einen Verweis aus, weil es sich bei den Anzeigen eindeutig um eine Werbung handele, die gegen die Richtlinien der Berufsausübung verstoße. Das Verhalten des Beschwerdeführers verstoße auch gegen Artikel 18 VDV, wonach ein zugelassener Vertreter dem Disziplinarorgan Auskunft zu geben habe.
V. Gegen den Verweis legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein.
VI. Am 22. Februar 1983 richtete der Beschwerdeführer an den Vorsitzenden der Disziplinarkammer folgendes Schreiben: "Unter Berufung auf die Wahrheitspflicht wird versichert, daß ich
1. Im Sommer des Jahres 1981 zum ersten Male von der Anzeige in der Februarausgabe 1981 der ... durch einen Anruf aus Luxemburg erfuhr.
2. Im Herbst 1981 nach Kenntnisnahme des Wortlauts der Anzeige bei den Kollegen B. Y. in Washington, das ... anrief und anfragte, wer der Inserent sei, jedoch keine Auskunft erhielt.
3. Im Sommer 1982 ein Hinweis auf den bzw. die Inserenten erhielt, denselben aber nicht nachgehen konnte." Gleichzeitig ermächtigte er das Europäische Patentamt gegenüber dem Board of Governors des ..., alle Auskünfte über die Entstehung der Anzeigen einzuholen.
VII. Durch Entscheidung vom 24. Februar 1983 hob die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten die Entscheidung des Disziplinarrats auf und überwies die Angelegenheit an den Disziplinarausschuß des Europäischen Patentamts. Wegen des Inhalts dieser Entscheidung mit dem Aktenzeichen D 8/82 wird auf deren Veröffentlichung im Amtsblatt 1983 Seite 378 f. verwiesen.
VIII. Am 11. Februar 1983 gab der amerikanische Patentanwalt R. W. vor einem öffentlichen Notar (Notary Public) eine beschworene und unterschriebene Erklärung ab. Diese hatte unter anderem folgenden Inhalt:
"Please be advised that I composed, placed and paid for the advertisement in question. The advertisement was discontinued immediately upon Mr. M.'s urgent request by telephone. ... Mr. M. and his familiy have become my valued friends."
In einem Schreiben vom 11. Juli 1983 erklärte Herr W.: "To my recollection, the advertisement in the ... and in the ... were all requested by me on a single day for all insertions of the advertisement.
As explained in more detail in my previous letter, this was simply the insertion of the business card of an old friend in a professional journal directed only to lawyers. I understand the advertisements had no effect whatever and therefore Mr. M. was unaware of their presence until the third one had appeared. In response to his urgent request that I cancel the advertisements, I simply took no further action as all had then appeared."
IX. In einem Telex vom 13. Dezember 1984 teilte Herr W. dem Berichterstatter der Vorinstanz mit:
"My present recollection is that all three ... advertisements were paid at the same time (probably in late 1980) and that I received notice to discontinue sometime about March of 1981. Mr. M. telephoned me with considerable urgency due to his concern with local rules".
Mit Schreiben vom 4. Januar 1985 übersandte Herr W. einen Scheck vom 22. Dezember 1980 über 130,20 $, der an die Zeitschrift ... "for advertising (3)" gerichtet war.
X. Der Beschwerdeführer legte ein Telex des Herrn W. vom 14. Januar 1986 vor, in dem es heißt:
"You are entirely correct that my December 1984 letter should have mentioned that you requested that stop in 1982 (not 1981). Sorry for the error which apparently occured clerically and which I did not notice due to the amount of time which has elapsed since."
XI. Am 3. Juli 1986 erließ der Disziplinarausschuß des Europäischen Patentamts eine Entscheidung, mit der gegen den Beschwerdeführer eine Geldbuße in Höhe von 12.000 DM verhängt wurde, weil er gegen die Wahrheitspflicht gemäß Artikel 1 (1) Satz 2 VDV verstoßen habe. Zur Begründung der Entscheidung ist ausgeführt, daß die Vorinstanz davon überzeugt sei, daß der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Frage, wann er von der Person des Inserenten Kenntnis erhielt, seit dem 31. Januar 1982 gegenüber allen drei europäischen Disziplinarorganen bewußt falsche und irreführende Erklärungen abgegeben habe, weil er nach der Überzeugung der Vorinstanz bereits im Frühjahr 1981 gewußt habe, daß Herr W. die Inserate in den beiden Fachzeitschriften aufgegeben habe. Diese Überzeugung habe die Vorinstanz aus den Erklärungen des Beschwerdeführers selbst sowie denen des Herrn W. gewonnen.
XII. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers. ...
1. Die Beschwerde ist zulässig; sie entspricht Artikel 22 (1) der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV) vom 21. Oktober 1977 (ABl. EPA 1978, 91) sowie Artikel 6 der ergänzenden Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vom 9. April 1980 (ABl. EPA 1980, 188).
2. Der Disziplinarausschuß des Europäischen Patentamtes hat gegen den Beschwerdeführer die in Artikel 4 (1) VDV vor gesehene Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße in Höhe von 12 000 DM verhängt, weil der Beschwerdeführer berufliche Regeln verletzt habe. Die Verletzung beruflicher Regeln erblickt die Vorinstanz in einem Verstoß gegen Artikel 1 (1) Satz 2 VDV. Danach darf ein zugelassener Vertreter nicht bewußt falsche oder irreführende Erklärungen abgeben.
3. Andere Vorwürfe, die in einem früheren Stadium des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer erhoben worden waren, sind nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Sie sind jedoch bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße als erschwerende Umstände in Betracht gezogen. Die Kammer hat daher zu prüfen, ob der Verstoß gegen die Wahrheitspflicht, wie ihn die Vorinstanz in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, die Verhängung einer Geldbuße rechtfertigt.
4. Für die Vorinstanz steht zu ihrer Überzeugung fest, daß der Beschwerdeführer bewußt falsche und irreführende Erklärungen abgegeben hat, weil er bereits im Frühjahr 1981 und nicht wie er behauptet, erst im Sommer 1982 gewußt habe, daß der Herr W. die Inserate in den beiden amerikanischen Fachzeitschriften aufgegeben habe.
6. Die Kammer verkennt nicht, daß die Auffassung der Vorinstanz zutreffen könnte. Die von der Vorinstanz vorgenommene Bewertung der Tatsachen ist in sich logisch und hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich. Das genügt für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme indessen nicht. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme setzt vielmehr voraus, daß eine Verletzung beruflicher Regeln zur Überzeugung des Disziplinarorgans festgestellt werden kann. Für diese Feststellung ist zwar keine absolute Gewißheit erforderlich, jedoch ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, der nach der Lebenserfahrung der Gewißheit gleichkommt. Eine solche Gewißheit fehlt, wenn gegen die Feststellung, daß eine berufliche Regel verletzt ist, vernünftige Zweifel geltend gemacht werden können.
7. An dieser Gewissheit fehlt es in der angefochtenen Entscheidung. Das folgt aus der Überlegung, daß aufgrund der gleichen Fakten auch eine andere Schlußfolgerung möglich ist, nach der der Beschwerdeführer nicht im März 1981 gewußt hat, daß Herr W. die Inserate aufgegeben hatte. Aus der Erklärung vom 11. Februar 1983 ergibt sich, daß der Beschwerdeführer Herrn W. angerufen hat, der Zeitpunkt dieses Anrufs jedoch nicht. In seinem Schreiben vom 11. Juli 1983 führt Herr W. aus, daß die Anzeigen keinen Erfolg gehabt hätten und daher der Beschwerdeführer von ihrer Existenz erst erfahren habe, als die dritte erschienen sei. Da die dritte Anzeige erst im Mai/Juni-Heft 1981 der Zeitschrift ... erschienen ist, könnte der Anruf des Beschwerdeführers nicht bereits im März 1981 erfolgt sein. Damit würde die Erklärung des Herrn W. im gleichen Schreiben übereinstimmen, daß er auf die dringende Bitte des Beschwerdeführers, die Anzeigen zu stoppen, einfach nichts mehr veranlaßt habe, weil die Anzeigen bereits alle erschienen waren. Legt man diese Erklärungen zugrunde, so kann der Beschwerdeführer Herrn W. allenfalls im Sommer 1981, nicht jedoch bereits im März 1981 angerufen haben.
Mit dieser Feststellung aufgrund des Schreibens vom 11. Juli 1983 steht die Angabe im Schreiben des Herrn W. vom 13. Dezember 1984, daß das Telefongespräch etwa im März 1981 stattgefunden habe, in Widerspruch. Jedoch hat Herr W. diese Erklärung in seinem Schreiben vom 14. Januar 1986 als einen Irrtum aufgrund eines Schreibversehens bezeichnet, der auf den inzwischen eingetretenen beträchtlichen Zeitablauf zurückzuführen sei. Die Vorinstanz möchte der Berichtigung des Herrn W. keinen Glauben schenken, weil der Beschwerdeführer und Herr W. freundschaftlich verbunden gewesen seien und daher Herr W. dem Beschwerdeführer mit der Berichtigung wohl einen Freundesdienst habe erweisen wollen. Andererseits ist die Berichtigung der Zeitangabe März 1981 unschwer mit dem früheren Schreiben vom 11. Juli 1983 jedenfalls insoweit in Einklang zu bringen, als die Zeitangabe März 1981 für das Telefongespräch unrichtig ist. Daher besteht die nicht zu entfernte Möglichkeit, daß der Beschwerdeführer Herrn W. nicht - wie die Vorinstanz annimmt - im März 1981 angerufen hat, sondern später.
8. Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts kann somit die Kammer feststellen, daß es für den Zeitpunkt des Telefongesprächs zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn W. mehrere Zeitpunkte gibt, die gleichermaßen ernsthaft in Betracht kommen, nämlich März 1981 (wie die Vorinstanz annimmt), Sommer 1981 (= nach Erscheinen der letzten Anzeige) oder im Laufe des Jahres 1982 (wie der Beschwerdeführer behauptet). Ein Nachweis für einen dieser Zeitpunkte ist bisher nicht erbracht. Der von der Vorinstanz zugrundegelegte Zeitpunkt von März 1981 ist zwar möglich, jedoch durch keine überzeugenden Argumente so nachgewiesen, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die anderen, ebenso möglichen Zeitpunkte ausgeschlossen sind. Daher kann eine Disziplinarmaßnahme aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht verhängt werden. Daraus folgt, daß die Kammer die Entscheidung der Vorinstanz, mit der diese eine Geldbuße gegen den Beschwerdeführer verhängt hat, aufheben muß.
9. Die Kammer hat sodann die Frage geprüft, ob nach Aufhebung der angefochtenen Entscheidung das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen werden sollte. Nach Artikel 12 der ergänzenden Verfahrensordnung für die Disziplinarkammer kommt eine Zurückverweisung in Betracht, wenn das Verfahren vor dem Disziplinarorgan, dessen Entscheidung angefochten wird, einen wesentlichen Mangel aufweist, es sei denn, daß besondere Gründe gegen die Zurückverweisung sprechen. Die Kammer ist nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß besondere Gründe gegen die Zurückverweisung sprechen.
Das Verfahren vor den Disziplinarorganen ist nunmehr seit über 6 Jahren anhängig. Der einzige Zeuge, von dessen Vernehmung eine Aufklärung des wahren Sachverhalts erwartet werden könnte, der Zeuge W., hat in den vergangenen Jahren bereits mehrere schriftliche Erklärungen über die Umstände abgegeben, die im Zusammenhang mit den Inseraten stehen, ohne daß durch diese Erklärungen eine eindeutige Klärung des Sachverhalts erreicht worden wäre. Der Zeuge selbst weist in seiner letzten Erklärung vom 14. Januar 1986 auf den beträchtlichen Zeitraum hin, der inzwischen abgelaufen ist und der ihn nach seiner Auffassung bereits zu einer falschen Angabe über den Zeitpunkt des Telefongesprächs mit dem Beschwerdeführer geführt habe. Die Kammer ist daher zu der Überzeugung gekommen, daß eine persönliche Vernehmung des Zeugen W. keine weitere Aufklärung des bisher nicht eindeutigen Sachverhalts bringen würde. Aus diesem Grunde sieht die Kammer von einer Zurückverweisung des Verfahrens an die Vorinstanz ab.
10. Die Kammer hat auch die Frage geprüft, ob die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme gegen den Beschwerdeführer in Betracht kommt, weil dieser es im Verfahren vor dem Disziplinarrat in sehr starkem Maße an einer Mitwirkungspflicht hat fehlen lassen. Die Kammer hat in ihrer Entscheidung vom 24. Februar 1983 (ABl. EPA 1983, 378 unter Nr. 7) darauf hingewiesen, daß dem Disziplinarausschuß die Bewertung vorbehalten ist, ob das Verhalten des Beschwerdeführers als Mißachtung des Disziplinarrats und damit als eine Verletzung beruflicher Regeln anzusehen und zu ahnden sei. Der Disziplinarausschuß hat unter Nr. 5 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, daß eine Maßregelung wegen Verletzung der Auskunftspflicht gemäß Artikel 18 VDV nicht in Betracht komme, weil Artikel 18 VDV von Artikel 1 (1) VDV konsumiert werde.
Die Kammer läßt dahingestellt, ob diese Rechtsansicht zu treffend ist, weil die Kammer von einer Zurückverweisung an die Vorinstanz zur Klärung der Frage absieht, ob ein Verstoß des Beschwerdeführers gegen Artikel 18 VDV vorliegt. Der Beschwerdeführer hat nämlich durch seinen Vertreter mit Schreiben vom 31. August 1984 an den Disziplinarausschuß erklärt, daß er die Rechtslage im Disziplinarverfahren und seine Pflichten nicht richtig eingeschätzt habe, wenn er darauf hingewiesen habe, ein Vorwurf könne gegen ihn nur erhoben werden, wenn Disziplinarausschuß und Disziplinarkammer gegen ihn den vollen Schuldbeweis geführt hätten. Damit habe er seine Mitwirkungspflicht verkannt und er bedauere das. Er möchte jedoch betonen, daß er lediglich die Rechtslage falsch eingeschätzt habe und keineswegs die Absicht verfolgt habe, die Tätigkeit des Disziplinarausschusses und der Beschwerdekammer zu erschweren.
Die Erklärung hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdeverfahren noch einmal ausdrücklich wiederholt. Angesichts dieser Erklärung erachtet es die Kammer nicht mehr für erforderlich, daß das Verhalten des Beschwerdeführers mit einer disziplinarischen Maßnahme geahndet wird, weil die Kammer sich durch diese Erklärung in ihrer Hoffnung bestärkt sieht, daß der Beschwerdeführer in Zukunft seine Auskunftspflicht gegenüber den Disziplinarorganen nicht mehr verletzt. Die Kammer möchte aber zum Ausdruck bringen, daß sie ohne die erwähnte Erklärung des Beschwerdeführers die Verhängung eines Verweises gegen den Beschwerdeführer für angemessen erachtet hätte. Davon sieht die Kammer nur deshalb ab, weil sie der Auffassung ist, daß der Zweck des Disziplinarverfahrens aufgrund der wiederholten Entschuldigung des Beschwerdeführers erfüllt ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
11. Nach allem kommt somit die Verhängung einer der in Artikel 4 VDV vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen nicht in Betracht. Da eine Zurückverweisung des Verfahrens ebenfalls ausscheidet, macht die Kammer von ihrer Befugnis gemäß Artikel 22 (3) VDV in Verbindung mit Artikel 111 (1) EPÜ und Artikel 7 (2) Buchstabe a VDV Gebrauch und ordnet die Einstellung des Verfahrens an.
Die Kammer macht von der ihr in Artikel 27 (2) Satz 3 VDV eingeräumten Möglichkeit, bei Einstellung des Verfahrens die notwendigen Kosten des zugelassenen Vertreters ganz oder teilweise dem Institut aufzuerlegen, keinen Gebrauch, da die Kammer aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers im Disziplinarverfahren keinen Anlaß für eine solche Kostenentscheidung sieht. Der Beschwerdeführer hat auch keine solche Kostenentscheidung beantragt und hat in seiner Beschwerdebegründung selbst eingeräumt, daß sein Verhalten im Disziplinarverfahren "nicht immer glücklich war".
Die Kammer ist im Gegenteil der Auffassung, daß es in diesem Falle angemessen wäre, dem Beschwerdeführer einen wesentlichen Teil der Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da er durch sein unkooperatives Verhalten die Arbeit der Disziplinarorgane nachhaltig behindert und damit zu einer vermeidbaren Verschleppung des Verfahrens beigetragen hat. An einer solchen Kostenentscheidung sieht sich die Kammer jedoch durch den Artikel 27 (2) VDV gehindert, der eine Kostenauferlegung für den zugelassenen Vertreter nur vorsieht, wenn das Verfahren nicht eingestellt wird.