J 0007/81 (Bareinzahlung bei einer Bank) 21-12-1982
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1. Die Bareinzahlung von Gebühren am Schalter einer Bank ist keine Barzahlung im Sinne des Artikels 5(1)(e) GebO, sondern eine Einzahlung auf ein Bankkonto des Amts gemaess Artikel 5(1)(a) GebO. Daher gilt nach Artikel 8(1)(a) als Tag des Eingangs der Zahlung der Tag, an dem der eingezahlte Betrag auf einem Bankkonto des Amts gutgeschrieben wird.
2. Bei Einzahlung eines Bargeldbetrages bei einer Bank auf ein Bankkonto des Amts kann davon ausgegangen werden, dass die Zahlung fristgerecht erfolgt, wenn die Einzahlung gemaess Artikel 8(3) Unterabsatz 1 GebO "spaetestens zehn Tage vor Ablauf der genannten Frist" vorgenommen wird.
3. Eine abgelaufene Frist kann nicht mehr verlaengert werden, wenn der Verlaengerungsantrag beim EPA nach Fristablauf eingeht.
I. Die zur Verhandlung stehende (unveröffentlichte) europäische Patentanmeldung wurde am 28. November 1980 eingereicht.
Am 2. März 1981 wurde ein vom Anmelder eingezahlter Betrag in Höhe von 5 290 FF, in dem 4 500 FF an Anmelde-und Recherchengebühren enthalten waren, auf dem Konto des EPA gutgeschrieben. Es steht fest, daß dieser Betrag vom Anmelder bereits am 29. Dezember 1980 am Schalter der Banque Nationale de Paris (B.N.P.), Zweigstelle Auxerre (Yonne) mit der Angabe "für das Konto des EPA" in bar eingezahlt worden war. Die Zweigstelle "France/Etranger" dieses Bankinstituts in Paris war jedoch der Ansicht, daß ihr erst am 2. März 1981 die Angaben vorgelegen hätten, die notwendig waren, um den Betrag dem EPA gutschreiben zu können. In der Zwischenzeit war dem Anmelder am 28. Januar 1981 vom Amt mitgeteilt worden, daß die Gebühren nicht innerhalb der in Artikel 78(2) EPÜ vorgesehenen Frist von einem Monat eingegangen seien, daß aber die Zahlung noch innerhalb einer Nachfrist unter Entrichtung einer Zuschlagsgebühr vorgenommen werden könne. In dem folgenden Briefwechsel mit dem Amt verwies der Anmelder auf seine Einzahlung bei der B.N.P. und behauptete, er brauche keine Zuschlagsgebühr zu entrichten. Er erhielt daraufhin die Antwort, daß als Zahlungstag nur der 2. März 1981 berücksichtigt werden könne und somit die Zahlung verspätet erfolgt sei. Die Antwort des Anmelders vom 3. April 1981 wurde als Antrag auf eine Entscheidung des EPA nach Regel 69(2) EPÜ angesehen.
II. In ihrer Entscheidung vom 13. April 1981 vertrat die Eingangsstelle die Auffassung, daß nach Artikel 78(2) EPÜ die betreffenden Gebühren "innerhalb eines Monats nach Einreichung der Anmeldung" hätten entrichtet werden müssen; im vorliegenden Fall sei diese Frist am 29. Dezember 1980 abgelaufen, da der 28. Dezember 1980 auf einen Sonntag gefallen sei und somit Regel 85(1) hier Anwendung finde. In der Entscheidung wurde ferner festgestellt, daß innerhalb der in Regel 85a EPÜ vorgesehenen Nachfrist von zwei Monaten keine Zuschlagsgebühr gezahlt worden sei, und die Auffassung vertreten, daß die Zahlungsanweisung am 29. Dezember 1980, also am Tag des Fristablaufs und nicht spätestens 10 Tage vorher, erteilt worden sei, so daß Artikel 8(3) GebO nicht geltend gemacht werden könne. Damit gelte die Patentanmeldung nach Artikel 90(3) EPÜ als zurückgenommen.
III. Der Anmelder legte gegen diese Entscheidung am 10. Juni 1981 Beschwerde ein, die er am 10. August 1981 begründete. Er zahlte ferner am 11. Juli 1981 bei der B.N.P. in Auxerre den Betrag der Beschwerdegebühr ein, der allerdings erst am 31. Juli 1981 auf einem Konto des Amts gutgeschrieben wurde.
IV. Zur Begründung seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, daß er bei Einreichung seiner Patentanmeldung nur sehr unzureichend über die Gebührenregelung und die Gebührenhöhe unterrichtet und der Ansicht gewesen sei, daß der Tag, an dem er in der Bank die Barzahlung vornehme, auch als Zahlungstag berücksichtigt werde. Er bezeichnete die Regel 8(3) GebO ferner als völlig unlogisch, da sie seines Erachtens letztlich dazu führe, die für die Zahlung der Gebühren festgesetzten Fristen um 10 Tage zu verkürzen.
V. Im Hinblick auf eine mögliche rückwirkende Änderung der Gebührenordnung, insbesondere des Artikels 8, wurde die Entscheidung über die Beschwerde ausgesetzt. Als eine solche Änderung nicht mehr zu erwarten war, wurde der Beschwerdeführer am 21. April 1982 entsprechend unterrichtet und aufgefordert, innerhalb von drei Monaten Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 23. Juli 1982 mit, daß er seine Beschwerde mit der früheren Begründung aufrechterhalte, sich jedoch vorbehalte, diese später noch eingehender darzulegen. Zu diesem Zweck wurde ihm eine Frist bis zum 1. Dezember 1982 eingeräumt, bei deren Ablauf der Kammer keine neue Begründung vorlag. Der Beschwerdeführer beantragte in einem am 4. Dezember 1982 eingegangenen Schreiben eine neue Frist zur Vorlage seiner Begründung.
1. Die Entscheidung vom 13. April 1981 wurde dem Empfänger durch einen am selben Tag zur Post gegebenen eingeschriebenen Brief zugestellt. Nach Regel 78(3) EPÜ gilt die Entscheidung als am zehnten Tag nach der Abgabe zur Post, also am 23. April 1981, zugestellt, so daß die Frist für die Einlegung der Beschwerde und die Entrichtung der entsprechenden Gebühr erst am 23. Juni 1981 ablief. Obwohl die Beschwerdegebühr erst am 31. Juni 1981, also nach Fristablauf, gutgeschrieben wurde, muß sie als rechtzeitig entrichtet angesehen werden, da der Beschwerdeführer die Zahlung am 11. Juni 1981, also entsprechend Artikel 8(3) a) GebO "spätestens zehn Tage vor Ablauf der Frist" bei einem Bankinstitut vorgenommen hat.
Diese Bestimmung soll verhindern, daß ein Beteiligter, der alle im Zusammenhang mit Gebührenzahlungen an das EPA gebotene Sorgfalt beachtet hat, einen schwerwiegenden Rechtsverlust erleidet. Die Beschwerde entspricht daher den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ. Sie ist somit zulässig.
2. Der Antrag auf eine zweite Fristverlängerung für die Begründung der Beschwerde ist der Kammer erst nach Ablauf der ersten Frist zugegangen, so daß ihm nicht stattgegeben werden kann. Ferner hat sich der Beschwerdeführer entsprechend dem Erfordernis des Artikels 113(1) EPÜ zu allen ihm entgegengehaltenen Argumenten äußern können; er bezieht sich in seinem letzten Antrag auch auf keine neuen Sachverhalte.
3. Die Eingangsstelle hat in ihrer Entscheidung festgestellt, daß die Gebührenzahlung nach Ablauf der geltenden Fristen vorgenommen worden sei. In Artikel 8(1) a) GebO heißt es denn auch, daß bei Einzahlung auf ein Bankkonto des Amts die Zahlung beim Amt als an dem Tag bewirkt gilt, an dem der eingezahlte Betrag auf einem Bankkonto des Amts gutgeschrieben wird. Da diese Gutschrift am 2. März 1981 erfolgte, liegt auf der Hand, daß die Zahlung erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist bewirkt worden ist, die nach Artikel 78(2) und Regel 85(1) am 29. Dezember 1980 ablief.
4. Als Tag der streitigen Zahlung gilt nicht das Datum, das auf der sog. "Einzahlungsquittung" angegeben ist, die die Bank dem Einzahler ausgehändigt hat (29. Dezember 1980). sondern der Tag der Gutschrift des eingezahlten Betrags auf dem Konto des EPA, also der 2. März 1981. Dieser Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus Artikel 8 GebO und läßt keinerlei Unsicherheit in der Auslegung zu. Eine Barzahlung, wie sie in Artikel 5(1)e) GebO vorgesehen ist, muß nämlich den in Artikel 6(3) GebO vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen, d.h. sie muß im wesentlichen unmittelbar an das Amt geleistet werden, und zwar in DM an seinem Sitz in München oder in Gulden an die Zweigstelle Den Haag (die anderen in Artikel 6(3) GebO erwähnten Dienststellen sind noch nicht errichtet worden). Eine Bareinzahlung bei einer Bank in der Landeswährung des Ortes, an dem die Zahlung vorgenommen wird, ist hingegen als Einzahlung auf ein Bankkonto des Amts zu werten, die demnach erst zum Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto als bewirkt gilt.
5. Auch hat die Eingangsstelle im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer die Anwendung des Artikels 8(3)a) GebO zu Recht verweigert, da die Zahlungsanweisung - hier die Bareinzahlung bei der B.N.P. in Auxerre - erst am 29. Dezember 1980, dem Tag des Ablaufs der streitigen Frist, erfolgt ist und nicht spätestens 10 Tage vorher, wie in Artikel 8(3) gefordert. Die Behauptung des Beschwerdeführers, Artikel 8 führe in der Praxis dazu, daß die Zahlungsfrist um 10 Tage verkürzt wird, ist unbegründet. Wenn nämlich die Zahlung fristgerecht erfolgt bzw. gutgeschrieben wird, kommt diese Bestimmung nicht zur Anwendung. Wird die Zahlung hingegen verspätet vorgenommen bzw. gutgeschrieben, ermöglicht diese Bestimmung ausnahmsweise zugunsten des Schuldners, daß die Zahlungsanweisung der Zahlung gleichgesetzt wird, sofern die Anweisung spätestens 10 Tage vor Fristablauf erfolgt ist.
6. Die Entscheidung der Eingangsstelle ist daher begründet und muß bestätigt werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Eingangsstelle vom 13. April 1981 wird zurückgewiesen.