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T 0226/07 06-07-2011
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Kraftfahrzeug mit Verstärkungen im Bereich der B-Säule
I. Der gegen das europäische Patent Nr. 0 897 853 eingelegte Einspruch führte zum Widerruf des Patents durch die am 30. Januar 2007 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung.
Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem Dokument
D2: DE-A-196 03 098
nicht neu sei. Als weiterer Stand der Technik wurde u.a. im Einspruchsverfahren das folgendes Dokument zitiert:
D10: JP-A-8-216923 und dessen Übersetzung ins Deutsche.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 3. Februar 2007 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 4. Juni 2007 eingereicht.
III. Am 6. Juli 2011 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 10 eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
Die - nach Rücknahme des Einspruchs durch die Einsprechende 01 - einzig verbliebene Beschwerdegegnerin (Einsprechende 02) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der Anspruch 1 in geänderter Fassung lautet wie folgt:
"Personenkraftfahrzeug mit B-Säulen, insbesondere Coupé- oder Cabriolet-Fahrzeug (1;101), mit den Insassenraum unterhalb einer Fensterbrüstung (16) begrenzenden seitlichen Karosseriewandungen (3), innerhalb deren vertikaler Erstreckung jeweils die B-Säulen (2) angeordnet sind, wobei diesen zur Aufnahme von seitlich auf das Fahrzeug (1;101) einwirkenden Kräften jeweils vertikal ausgerichtete Verstärkungsprofile (5) zugeordnet sind mit zumindest einem zwischen den B-Säulen im wesentlichen quer zum Fahrzeug verlaufenden Auslegerarm, wobei der Auslegerarm (6) in einem von dem unteren Ende (5a) des Verstärkungsprofils (5) beabstandeten Verbindungsbereich (15) mit diesem verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass sich jeweils quer von den Verstärkungsprofilen (5) in Richtung zur vertikalen Fahrzeuglängsmittelebene (7) ein Auslegerarm (6) erstreckt und die Auslegerarme (6) im Bereich der vertikalen Fahrzeuglängsmittelebene (7) durch eine Mittelfuge (9) voneinander beabstandet sind."
V. Zur Stützung ihres Vorbringens brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vor:
Der neu eingereichte Anspruch 1 bestehe im Wesentlichen aus der Kombination der Ansprüche 1 und 2 der Patentschrift, wobei das Merkmal "durch eine Mittelfuge" zusätzlich eingefügt worden sei. Die Offenbarung zu diesem Merkmal sei der Spalte 5, Zeilen 29 ff. der ursprünglichen Anmeldung EP-A-0 897 853 (D0) zu entnehmen. Damit seien die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ erfüllt.
Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit sei Dokument D2 der nächstliegende Stand der Technik. Ausgehend hiervon unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Merkmale, wonach der Verbindungsbereich zwischen Auslegerarm und Verstärkungsprofil vom unteren Ende des jeweiligen Verstärkungsprofils beabstandet sei und wonach die Auslegerarme im Bereich der vertikalen Fahrzeuglängsmittelebene durch eine Mittelfuge voreinander beabstandet seien.
Diese Unterschiede bewirkten insbesondere folgende Vorteile: Bei seitlichen Kollisionen mit relativ geringer Aufprallenergie werde die Karosserie nur einseitig verformt, was die Reparaturkosten reduziere. Bei einem stärkeren Aufprall werde die Mittelfuge durch Querverlagerung eines Auslegerarmes geschlossen. Dadurch kämen die Auslegerarme in Kontakt, was die Fahrgastzelle vor weiteren Deformationen schone. Dabei könne die gegenüberliegende Fahrzeugseite durch ihre eigene Verformung an der Energievernichtung teilnehmen.
Dem Dokument D2 sei kein Hinweis zu entnehmen, der den Fachmann veranlassen würde, das Versteifungsprofil 11 zweizuteilen und eine Mittelfuge vorzusehen.
Ziehe der Fachmann das Dokument D10 in Betracht, so finde er dort lediglich den Hinweis, ein Deformationselement im Bereich der vertikalen Fahrzeuglängsmittelebene zwischen den beiden Auslegerarmen vorzusehen. Die Bauteilabfolge in Fahrzeugquerrichtung (B-Säule - Auslegerarm -Stoßdämpfer - Auslegerarm) sehe keine Mittelfuge vor. Auch die in D10 beschriebene Wirkweise im Falle eines Seitenaufpralls unterscheide sich von der mit der Erfindung beabsichtigten Wirkweise: In D10 wirke die B-Säule selbst als Deformationselement und die bei einem Seitenaufprall eingeleiteten Kräfte würden dann über den starren Auslegerarm 9 auf den auf Höhe des Fahrzeug-Mitteltunnels angeordneten Stoßdämpfer 11 weitergeleitet, wobei von dort aus eine weitere Kraftweiterleitung über den zweiten Auslegerarm 9 auf die B-Säule der anderen Fahrzeugseite erfolge. Damit liege eine Reihenschaltung von Dämpfungs- und Deformationselementen vor.
Mit der erfindungsgemäßen Mittelfuge zwischen beiden Auslegerarmen sei hingegen beabsichtigt, dass im Falle eines Seitenaufpralls zuerst keine Energie auf die andere Fahrzeugseite übertragen werden solle. Die "Mittelfuge" sei dabei als "Spalt" aufzufassen, also als freier Raum zwischen den beiden Auslegerarmen, so dass bis zu einem gewissen Kraftsprung keine Übertragung der Energie auf die andere Fahrzeugseite erfolge. Dieser erfindungsgemäße Gedanke, dass keine Kraftweiterleitung erfolgen solle, sei in D10 nicht offenbart.
VI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:
Die mit Brief vom 1. Juni 2011 und per Fax am 3. Juni 2001 als Hauptantrag eingereichte, geänderte Fassung des Anspruchs 1 (die bis auf die Hinzufügung eines Kommas nach "Cabriolet-Fahrzeug" mit der geltenden Fassung identisch ist) sei verspätet eingereicht und sollte deshalb nicht in das Verfahren zugelassen werden. Die Einwände, die mit diesem neuen Antrag überwunden werden sollten, seien bereits im Einspruchsverfahren und mit der Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung vom Juli 2009 der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden. Darüber hinaus sei das gegenüber der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 neu hinzugefügte Merkmal "durch eine Mittelfuge beabstandet" überraschend aus der Beschreibung entnommen worden. Aus Zeitmangel habe dieses Merkmal, das nie Gegenstand des Verfahrens war, nicht recherchiert werden können. Es stelle sich daher die Frage einer Vertagung der Verhandlung, falls dieser Antrag zugelassen werden sollte.
Der geänderte Anspruch 1 verstoße gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (3) EPÜ. Nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung seien jeder B-Säule "Verstärkungsprofile zugeordnet", d.h. zumindest zwei Verstärkungsprofile pro B-Säule. Der geänderte Anspruch 1 ("B-Säulen , wobei diesen Verstärkungsprofile zugeordnet sind") stelle zusätzlich ein Personenkraftfahrzeug mit nur einem Verstärkungsprofil pro B-Säule unter Schutz. Dadurch sei der Anspruch 1 in der Weise geändert worden, dass sein Schutzbereich erweitert worden ist.
Der Wortlaut des Merkmals des Anspruchs 1 "durch eine Mittelfuge beabstandet" sei in der ursprünglich eingereichten Anmeldung EP-A-0 897 853 (D0) nicht so wiederzufinden. In den Zeilen 31-32, Spalte 5 von D0 werde lediglich erwähnt, dass die Auslegerarme durch eine Mittelfuge getrennt seien. Daraus gehe nicht zwingend hervor, dass die Fuge einen Abstand zwischen den Auslegerarmen bilde, denn dieser Wortlaut lasse sowohl eine offene wie eine geschlossene Fuge zu. Das Merkmal verstoße somit gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ. Zudem sei es auch unklar, wenn nicht präzisiert werde, ob die Fuge offen oder geschlossen sei.
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei durch die Zusammenschau der Dokumente D2 und D10 nahegelegt.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulassung der geänderten Ansprüche in das Verfahren
Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, trifft es zu, dass das gegenüber der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 neu hinzugefügte Merkmal "durch eine Mittelfuge" aus der Beschreibung der Patentschrift entnommen wurde. Aus dem einleitenden Teil der Beschreibung der Patentschrift (vgl. insbesondere Spalte 2, Zeilen 26-43) entnimmt jedoch der Fachmann, dass die Verwendung einer Mittelfuge einen wichtigen Aspekt des in der Patentschrift offenbarten Erfindungsgedankens in Verbindung mit der dort erwähnten Aufgabe darstellt (Spalte 1, Zeilen 40-50: die Reparaturkosten zu reduzieren). Zusätzlich kann festgestellt werden, dass dieses Merkmal Gegenstand des abhängigen Anspruchs 3 der Prioritätsunterlagen (vgl. Anlage A3) ist. Angesichts der Tatsache, dass die Frage der Priorität im Einspruchsverfahren ausführlich erörtert wurde (vgl. Seite 7 der Beschwerbegründung), musste der Beschwerdegegnerin die Bedeutung dieses Merkmals seit dem Einspruchsverfahren bekannt sein. Zudem schränkt das hinzugefügte Merkmal den Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 des vorangehenden Hilfsantrags 4 in Richtung des offenbarten Erfindungsgedankens zunehmend ein (vgl. T 1685/07).
Die Kammer hat somit unter den vorliegenden Umständen dieses Falls keine Veranlassung gesehen, in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13 (1) VOBK diesen Antrag nicht in das Verfahren zuzulassen. Auch sieht die Kammer die Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer Vertagung der mündlichen Verhandlung gemäß Artikels 13 (3) VOBK vorliegend nicht für gegeben, da der nunmehr eingeschränkte Gegenstand keiner besonderer Vorbereitung für die mündliche Verhandlung bedurfte.
3. Zulässigkeit der Änderungen
3.1 Die Grundlage für das Merkmal des Anspruchs 1 "durch eine Mittelfuge beabstandet" ist in dem Absatz [0007] der ursprünglichen Anmeldung D0 zu finden. Hier wird eindeutig erklärt, dass der Abstand der Auslegerarme wenige Zentimeter beträgt und durch eine Trennfuge im Bereich der Fahrzeuglängsmittelebene, d.h. eine Mittelfuge, gebildet wird. Diese Aussage ist insbesondere in Verbindung mit der Figur 3 von D0 (vgl. Mittelfuge 9) eine klare Lehre für den Fachmann.
Der Anspruch 1 erfüllt somit die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ und er ist auch klar im Sinne des Artikels 84 EPÜ 1973.
3.2 Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin verstößt der geänderte Anspruch 1 nicht gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (3) EPÜ. Zwar wird gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 in seiner erteilten Fassung der B-Säule eine Mehrzahl von Verstärkungsprofilen zugeordnet, im kennzeichnenden Teil dieses Anspruchs wird jedoch auf ein bestimmtes Verstärkungsprofil abgestellt (vgl. Ausdruck "unteren Ende des Verstärkungsprofils"). Damit ist das Verstärkungsprofil der B-Säule gemeint, das mit dem Auslegerarm verbunden ist. Der Fachmann erkennt, dass es erfindungsgemäß auch entsprechend dem erteilten Anspruch 1 nur auf dieses Verstärkungsprofil der Säule ankam, da aus der Beschreibung und den Figuren 1 bis 7 des Patents für ihn unverkennbar hervorgeht, dass ein Personenkraftfahrzeug mit einem Verstärkungsprofil pro Säule in den Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1 fiel und dass entsprechend dem insgesamt zu lesenden Wortlaut ein solches Fahrzeug vom Schutzbereich des Patents nicht ausgeschlossen war. Da der geltende Anspruch 1, wie auch der Anspruch 1 in der erteilten Fassung, eine Ausführungsform mit einem Verstärkungsprofil pro B-Säule unter Schutz stellt, ist der Anspruch 1 nicht in der Weise geändert worden, dass sein Schutzbereich erweitert wurde.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Für die Kammer stellt das Dokument D2 den nächstliegenden Stand der Technik dar. D2 zeigt nämlich ein Coupé- oder Cabriolet-Fahrzeug (vgl. Figur 1), dessen B-Säulen 5 innerhalb der vertikalen Erstreckung von seitlichen Karosseriewandungen angeordnet sind, die den Insassenraum unterhalb einer Fensterbrüstung begrenzen. Den B-Säulen 5 sind zur Aufnahme von seitlich auf das Fahrzeug einwirkenden Kräften jeweils vertikal ausgerichtete Verstärkungsprofile 8,9 zugeordnet. Zwischen den B-Säulen 5 verläuft quer zum Fahrzeug zumindest ein Auslegerarm 11 (vgl. insbesondere Figur 2).
4.2 Strittig zwischen den Parteien war die Frage, ob das Merkmal (i) (Beabstandung des Verbindungsbereichs zwischen Auslegerarm und Verstärkungsprofil vom unteren Ende des Verstärkungsprofils) aus D2 bekannt ist. Als Beleg dafür, dass das Merkmal (i) in D2 nicht offenbart sei, verwies die Beschwerdeführerin auf Spalte 5, Zeilen 8 ff. von D2, wonach der Auslegerarm 11 sich von einem Verbindungsknoten 14 aus erstreckt, der sich im Übergang zwischen B-Säule 5 und Längsschweller 4 befindet. Ausschlaggebend in Hinblick auf die obige Frage ist jedoch nicht die Lage des Verbindungsknotens relativ zum Längsschweller 4, sondern zum unteren Ende des Verstärkungsprofils. Die Figuren 1 bis 5 von D2 zeigen verschiedene Ausführungsformen des Verbindungsbereichs 14 zwischen Auslegerarm 11 und Verstärkungsprofil. Das in der Figur 5 gezeigte, aus den Rohrabschnitten 8 und 9 gebildete Profil kann zweifelsohne als "vertikal ausgerichtetes Verstärkungsprofil" im Sinne des Anspruchs 1 betrachtet werden, denn es entspricht der im Anspruch 1 und im Patent angegebenen Definition (gemäß Spalte 4, Zeilen 28-29: "im wesentlichen vertikal verlaufendes"). Sowohl in der Figur 2 wie auch in den Figuren 4 und 5 von D2 befindet sich der Verbindungsbereich 14 bzw. 14b oberhalb des unteren Endes 8 des Verstärkungsprofils, denn der Anschlussstutzen des Auslegerarmes 11 liegt auf einer Höhe oberhalb des besagten unteren Endes 8 (vgl. insbesondere Spalte 5, Zeilen 3-8 und Zeilen 28-32 von D2). Der mit dem Gebiet der Karosseriestruktur vertraute Fachmann erkennt hier, dass eine Verlegung des Verbindungsbereichs oberhalb des besagten Endes 8 die Biegefestigkeit erhöht.
Selbst unter der Annahme, dass das Verstärkungsprofil lediglich aus dem Rohrabschnitt 9 besteht, ist der Auslegerarm 11 in einem von dem unteren Ende (vgl. die in den Figuren 2, 4 und 5 von D2 dargestellte Schweißstelle) des Verstärkungsprofils 9 beabstandeten Verbindungsbereich 14b mit diesem verbunden.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist somit das Merkmal (i) aus D2 bekannt.
4.3 Als einziger Unterscheid des beanspruchten Gegenstands zum Gegenstand von D2 verbleibt somit das Merkmal, dass die Auslegerarme im Bereich der vertikalen Fahrzeuglängsmittelebene durch eine Mittelfuge voneinander beabstandet sind.
4.4 Durch diesen Abstand wird erreicht, dass bei seitlichen Kollisionen mit relativ geringer Aufprallenergie die Karosserie zuerst einseitig verformt wird, was die Reparaturkosten reduziert. Bei einem stärkeren Aufprall wird die Mittelfuge durch Querverlagerung eines Auslegerarms geschlossen und die gegenüberliegende Fahrzeugseite kann auch an der Verformung teilnehmen (vgl. Patentschrift Absätze [0009] und [0010]).
4.5 Die technische Aufgabe, die sich von diesem unterscheidenden Merkmal herleiten lässt, kann daher wie folgt lauten: den Seitenaufplallschutz in einem gattungsgemäßen Personenfahrzeug in Hinblick auf die Energieabsorption durch Deformation und unter Berücksichtigung der Reparaturkosten zu verbessern (vgl. Patentschrift Absätze [0003] und [0004]).
4.6 Zur Lösung dieser Aufgabe wird der Fachmann den bekannten Stand der Technik zu Hilfe nehmen und diesen in Hinblick auf die oben genannte Aufgabe untersuchen. Dabei wird er das Dokument D10 in Betracht ziehen, das zur Verbesserung des Seitenaufprallschutzes eines Personkraftfahrzeugs einen speziellen Aufbau der Struktur der B-Säulen vorschlägt. Zur Aufnahme von seitlich auf das Fahrzeug einwirkenden Kräften wird jeder B-Säule jeweils ein vertikal ausgerichtetes Verstärkungsprofil 10 zugeordnet (Figur 3 und Übersetzung von D10, Absatz (0015)), wobei sich jeweils quer von den Verstärkungsprofilen 10 in Richtung zur vertikalen Fahrzeuglängsmittelebene ein Auslegerarm 9 erstreckt (vgl. Figuren 1-3). Die Auslegerarme 9 sind im Bereich der vertikalen Fahrzeuglängsmittelebene durch eine Mittelfuge voreinander beabstandet (vgl. Figur 5). In der Mittelfuge ist zwischen den Enden der zwei Auslegerarme 9 ein Energieabsorber 11 vorgesehen (vgl. Figuren 3 bis 5 und Anspruch 1 der deutschen Übersetzung von D10).
4.7 Nach Auffassung der Kammer stellt die Implementierung der aus D10 bekannten Lehre in dem aus D2 bekannten Personenkraftfahrzeug zum Zwecke der Verbesserung des Seitenaufprallschutzes eine naheliegende Maßnahme dar. Das Ergebnis dieser naheliegenden Kombination entspricht dem im Anspruch 1 definierten Personenkraftfahrzeug. Dabei ist anzumerken, dass bereits das Dokument D2 grundsätzlich das Problem der Energieabsorption anspricht, indem es vorschlägt, einen Energieabsorber 15 in den Auslegerarm 11 einzubinden (Spalte 6, Zeilen 10-17 in Verbindung mit Figur 5). Die in D10 offenbarte Lehre kann sich somit auch als naheliegende Alternative zur Implementierung dieses Energieabsorbers verstehen. Der Fachmann gelangt auch auf diese Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1, ohne erfinderisch tätig zu werden.
4.8 Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass die erfindungsgemäße Mittelfuge als "Spalt", d.h. als freier Raum zwischen den beiden Auslegerarmen, aufzufassen sei, so dass im Falle eines relativ leichten Seitenaufpralls keine Energie auf die andere Fahrzeugseite übertragen werde und erst bei einem gewissen Kraftsprung eine Übertragung der Energie auf die andere Fahrzeugseite erfolge.
Dieses Argument hat die Kammer nicht überzeugt. Zuerst kann festgestellt werden, dass die Anordnung eines Absorptionselements in der Mittelfuge vom Anspruchswortlaut nicht ausgeschlossen ist, denn die Angabe einer Mittelfuge zwischen den Enden der Auslegerarme führt nicht zwingend zu dem Schluss, dass in der Mittelfuge ein Freiraum vorhanden sein muss. Außerdem sieht die in der Patentschrift beschriebene, einzige Ausführungsform der Erfindung vor (vgl. Figuren 1 bis 7), dass die jeweiligen Enden der Auslegerarme in einem Kanal 12 eines Strukturprofils 11 gehalten und mit diesem verschweißt werden (vgl. Absatz [0021] der Patentschrift in Verbindung mit Figur 3). Somit erfolgt auch bei einem leichten Seitenaufprall eine Kraftübertragung auf die andere Fahrzeugseite über das Strukturprofil 11.
Des Weiteren absorbiert auch der in D10 gezeigte Energieabsorber 11 bis zu einem gewissen Kraftniveau die Energie im Falle eines Seitenaufpralls (Absatz (0011) der deutschen Übersetzung von D10), so dass die Ausführung gemäß D10 die Energieübertragung auf die gegenüberliegende Fahrzeugseite ebenfalls auffängt.
4.9 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht patentfähig ist, weil er die in Artikel 52 (1) EPÜ geforderte erfinderische Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ 1973 nicht aufweist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.