T 1116/16 09-03-2021
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Füllstandsmessgerät und Verfahren zu dessen Einsetzen in einen Behälter
Änderungen - zulässig (ja)
Spät eingereichte Dokumente - zugelassen (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1445588 in geänderter Fassung gemäß dem Hilfsantrag aufrechtzuerhalten. Die Einspruchsabteilung war insbesondere der Meinung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
II. Folgende Dokumente wurden im Beschwerdeverfahren zitiert:
E1: DE 196 28 551 (A1)
E2: DE 100 23 692 (A1)
E3: Baumbach, F. et al., "Hygienic pipe couplings", EHEDG - Doc. 16, September 1997
E4: Hauser, G. et al., "Gestaltungskriterien für hygienegerechte Maschinen, Apparate und Komponenten", EHEDG-Guidelines, Doc. 8, April 2004
E5: DE 10 2009 028 663 (A1)
E6: DE 43 36 494 (A1)
E7: Chmiel H., "Bioprozesstechnik", Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, 2011, Kapitel 8 "Sterilisation und Sterildesign", J. Hinrichs, H. Buck, G. Hauser, Seiten 237-262
E8: "Vega zeigt Drucksensoren und Schalter für die Lebensmittelbranche", Internetausdruck 7. November 2019, abgerufen am 8. April 2020
E9: "Noch nie war die Radartechnologie so interessant", Auszug aus Zeitschrift "messtec drives Automation", Wiley, März 2020
E10: "Recherche nach Begriff "Antennenkegel" über den gesamten Dokumenteninhalt Ergebnis: 8 Treffer"
E11: EP 1 336 224 (B1)
III. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte mit der Beschwerdebegründung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen,
und hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, sollte dem Antrag nicht bereits im schriftlichen Verfahren stattgegeben werden.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte mit der Beschwerdeerwiderung,
- die Beschwerde zurückzuweisen,
- hilfsweise das Patent gemäß Hilfsantrag, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten,
- weiter hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, falls diesen Anträgen nicht im schriftlichen Verfahren entsprochen werden könne.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2007 vom 25. November 2019 vertrat die Kammer insbesondere die vorläufige Meinung,
- dass die Beschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren das Dokument E6 hätte einreichen können, um die vermeintliche Anregung, ein Schauglas durch ein Druckmessgerät zu ersetzen, zu belegen,
- dass das Merkmal, wonach der Raum zur Aufnahme der Dichtung durch eine Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder des Antennenkegels ausgebildet wird, durch den zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt werde,
- dass die Streichung des Absatzes [0035] keine unzulässige Änderung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ darstelle, und
- dass die Streichung des Absatzes [0035] nötig geworden sei, weil der unabhängige Anspruch 1 in Reaktion auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 (a) EPÜ 1973 durch die Aufnahme weiterer Merkmale weiter eingeschränkt wurde und daher die Streichung des Absatzes [0035] auch durch diesen Einspruchsgrund veranlasst sei.
VI. In einem Schreiben vom 28. November 2019 hat die Beschwerdeführerin zum Ausdruck gebracht, dass sie erhebliche Verständnisprobleme habe, die in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2007 geäußerte vorläufige Meinung der Kammer nachzuvollziehen. Grund hierfür sei eine inhaltliche Widersprüchlichkeit sowie das Zugrundelegen von offensichtlich falschen Tatsachen. Sie beantragte daher, eine korrigierte Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2007 zu erlassen.
VII. In einer Mitteilung vom 24. Januar 2020 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin mit, dass es sich bei der in der Mitteilung der Kammer vom 25. November 2019 zum Ausdruck gebrachten Meinung lediglich um eine vorläufige Einschätzung handele, die die Kammer nicht binde und dass die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern eine Korrektur der Mitteilung, wie von der Beschwerdeführerin beantragt, nicht vorsehe.
VIII. In einem Schreiben vom 8. April 2020 ging die Beschwerdeführerin auf die vorläufige Meinung der Kammer ein und erläuterte, warum sie eine andere Auffassung vertrete. Zudem beantragte sie, dass Punkte, mit denen die Kammer sich bislang nicht auseinandergesetzt habe, in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zu erörtern seien.
IX. In einem Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 8. April 2020 nahm diese Stellung zur vorläufigen Einschätzung der Kammer und vorangegangenen Korrespondenz. Sie vertrat weiterhin die Auffassung, dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 patentfähig sei und der Schutzbereich des Streitpatents nicht erweitert werde.
X. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer vom 23. April 2020 teilte die Kammer den Beteiligten mit, dass aufgrund der Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19) die auf den 8. Mai 2020 anberaumte mündliche Verhandlung nicht stattfinden könne. Der Termin für die mündliche Verhandlung wurde daher auf den 9. März 2021 verlegt.
XI. Eine mündliche Verhandlung fand am 9. März 2021 statt. Im Laufe der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin die Dokumente E10 und E11 ein.
In der mündlichen Verhandlung ließ die Kammer die verspätet eingereichten Dokumente E6 bis E11 nicht in das Beschwerdeverfahren zu. Es wurden insbesondere die Fragen der unzulässigen Änderung und der erfinderischen Tätigkeit erörtert.
Die Schlussanträge der Beteiligten lauten wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde und hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Streitpatents in geändertem Umfang auf Grundlage des Hilfsantrags, umfassend Patentansprüche 1 bis 5 wie eingereicht mit Schriftsatz vom 29. November 2016, Beschreibungsseiten 1 bis 12 wie eingereicht mit Schriftsatz vom 29. November 2016 sowie als Zeichnungen Blätter 1/4 bis 4/4 der Patentschrift.
Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
XII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"Anordnung aus einem Radarfüllstandsmessgerät und einem Behälter, wobei das Radarfüllstandmessgerät zum Einsetzen in den Behälter (2), dessen Füllstand mit einem Füllmedium zu messen ist, geeignet ist, und wobei der Behälter (2) zur Aufnahme des Radarfüllstandsmessgerätes (1) einen Flansch mit einer von einer Behälteraußenseite (2b) zur Behälterinnenseite (2a) führende Durchgangsöffnung (4) aufweist, wobei
- die Durchgangsöffnung (4) des Behälters (2) zur Behälterinnenseite (2a) hin durch eine in die Durchgangsöffnung (4) hineinragende Öffnungswandung (18) eine Verjüngung aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
- das Radarfüllstandsmessgerät (1) im Übergangsbereich der Durchgangsöffnung (4) zur Behälterinnenseite (2a) hin zum Ausbilden eines Abstandsbereichs (14) schmaler als die Durchgangsöffnung (4) ausgebildet ist,
- das Radarfüllstandsmessgerät (1) umfangseitig zumindest teilweise einen Mitnehmer (13) aufweist, der so ausgebildet ist, dass er eine Dichtung (10) abdichtend und diese verformend in Richtung der Behälterinnenseite (2a) gegen die in die Durchgangsöffnung (4) hineinragende Öffnungswandung (18) und in den Abstandsbereich (14) hineindrücken kann,
- das Radarfüllstandsmessgerät (1) einen Antennenkegel (16) sowie einen Antennenkegelansatz (17) aufweist, und
- der zumindest eine Mitnehmer (13), eine davor befindliche Umfangswandung des Antennenkegelansatzes (17) oder des Antennenkegels (16) sowie eine innenseitige Wandung der Durchgangsöffnung (4) und eines in diese hineinragenden Wandungsabschnitts der in die Durchgangsöffnung (4) hineinragenden Öffnungswandung (18) einen Raum zur Aufnahme der Dichtung (10) ausbilden."
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulassung des verspätet eingereichten Dokuments E6 (Artikel 12 (4) VOBK 2007)
2.1 Das Dokument E6 wurde von der Beschwerdeführerin erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht und soll belegen, dass der relevante Fachmann auch über Kenntnisse zu Sichtscheiben verfüge. Das Fachwissen sei somit nicht auf das Einsetzen eines Radarfüllstandsmessgeräts beschränkt (vgl. Beschwerdebegründung, entsprechender Abschnitt auf den Seiten 1 und 2). Laut angefochtener Entscheidung fehle dem Fachmann eine Anregung, die Einheit aus Bundstutzen und Schauglas in E2 durch das Druckmessgerät gemäß E1 zu ersetzen. Um die technische Nähe zu belegen, würde das Dokument E6 eingeführt (vgl. Schreiben vom 30. Januar 2017, Ziffer I). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer führte die Beschwerdeführerin aus, dass erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die technische Nähe eines Schauglases und eines Füllstandsmessgeräts bestritten worden sei. Daher habe die Beschwerdeführerin das Dokument E6 nicht früher einreichen können. Dokument E6 sei lediglich ein Beleg für das allgemeine Fachwissen und für Argumente, die bestritten wurden, und sei nicht zusammen mit einem neuen Angriff eingeführt worden.
2.2 Die Beschwerdegegnerin beantragte, das Dokument E6 als verspätet nicht zuzulassen. E6 zeige zwar eine Hornantenne 1 mit einer Scheibe 5 zur Trennung des Behälterinnenraums gegenüber der Umwelt. E6 befasse sich aber weder mit Dichtungen noch mit hygienischen Anwendungen und sei daher für das Verfahren nicht relevant (vgl. Beschwerdeerwiderung, Ziffer II). Das Dokument E6 zeige ein Füllstandsmessgerät, bei dem die Abdichtung am Glasfenster erfolge. Das Messgerät zeige keinen Antennenkegel. Somit habe das Dokument keine Relevanz für diesen Fall (Schreiben vom 19. September 2017, Ziffer I). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdegegnerin, dass der vorliegende Anspruch 1 bereits mit Schreiben vom 8. Juli 2014 und damit lange vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht worden sei und somit die Beschwerdeführerin genug Zeit vor der erstinstanzlichen Verhandlung gehabt habe, um dieses Dokument zu finden und einzureichen. Dass der Fachmann das Dokument E2 in Betracht ziehen würde, wurde schon damals bestritten. Zudem sei Dokument E6 eine Patentanmeldung und kein Fachbuch und könne daher kein Fachwissen belegen.
2.3 Die Kammer ist der Meinung, dass die Beschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren das Dokument E6 hätte einreichen können, um die technische Nähe eines Schauglases und eines Füllstandsmessgeräts sowie die vermeintliche Anregung, ein Schauglas durch ein Druckmessgerät zu ersetzen, zu belegen. Der vorliegende Anspruch 1 war als Anspruch 3 bereits mit der Einspruchserwiderung eingereicht worden und die Beschwerdegegnerin hat schon in der Einspruchserwiderung ausgeführt, dass der Fachmann ausgehend von Dokument E1 die Dokumente E2 und E3 nicht in Betracht ziehen würde (vgl. Einspruchserwiderung, Seite 8, letzter Absatz). Die Beschwerdeführerin hätte daher schon vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung Veranlassung gehabt, das Dokument E6 einzureichen. Die Kammer lässt daher in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 das Dokument E6 nicht in das Beschwerdeverfahren zu.
3. Zulassung der verspätet eingereichten Dokumente E7 bis E11 (Artikel 13 (1) VOBK 2007)
3.1 Die Beschwerdeführerin führte in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer aus, dass Dokument E7 ein Fachbuch sei. Durch dieses Fachbuch solle belegt werden, dass der zuständige Fachmann ein Maschinenbauingenieur mit Fachkenntnissen für Hygieneanforderungen und kein reiner Elektroingenieur sei. Dieses Dokument sei in Reaktion auf die Meinung der Beschwerdegegnerin eingereicht worden, die in ihrem Schreiben vom 29. November 2016 auf Seite 4 erstmals bestritten habe, dass der zuständige Fachmann nicht nur Kenntnisse eines Elektroingenieurs habe.
Die Dokumente E8 und E9 hätten erst mit Schreiben vom 8. April 2020 eingereicht werden können, weil sie nicht früher verfügbar gewesen seien. Sie zeigten jedoch ein lange bekanntes Prinzip des Hygiene-Adapters, in den verschiedene Geräte eingeschraubt werden könnten.
Das Dokument E10 sei ein Ausdruck eines bekannten Recherche-Programms, der zeige, dass die Begriffe "Antennenkegel" und "Antennenkegelansatz" Kunstbegriffe seien und nur in wenigen Dokumenten genannt würden. Somit wisse der Fachmann nicht, was mit diesen Begriffen gemeint sei. Diese Argumentation sei bereits früher vorgebracht worden, Dokument E10 sei lediglich ein Nachweis für die vorgebrachten Argumente.
Dokument E11 solle als Beleg dafür dienen, was ein Antennenkegel sei. In der Argumentation der Beschwerdegegnerin werde dem Antennenkegel eine Bedeutung zugemessen, die er nicht habe. Was in der Figur 8 des Dokuments E11 gezeigt werde, könne die Beschwerdeführerin auch an einem Flipchart skizzieren, um ihre Argumentation zu illustrieren. Nichts anderes werde durch die Einreichung des Dokuments E11 und Erläuterungen zu dessen Figur 8 erreicht.
3.2 Die Beschwerdegegnerin war in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer der Meinung, dass Dokument E7 erst im Jahre 2011 veröffentlicht worden sei und somit kein Fachwissen zum Prioritätszeitpunkt belegen könne. Dokumente, die ein Fachwissen belegen könnten, also Fachbücher, die 2002 oder früher veröffentlicht worden wären, hätten früher eingereicht werden müssen. Wichtig sei aber, durch nachveröffentlichte Dokumente kein Fachwissen in den Fachmann hineinzuinterpretieren, das die Lösung nahelege. Der zuständige Fachmann sei ein Maschinenbauingenieur und kein Hygienefachmann.
Die Dokumente E8 und E9 seien mehr als 10 Jahre nach dem Prioritätsdatum veröffentlicht worden und es sei sehr fraglich, welches Wissen sie am Prioritätsdatum zeigen könnten. Auf jeden Fall hätten diese Dokumente früher eingereicht werden können, spätestens nach der Einspruchserwiderung.
Das angebliche Rechercheergebnis des Dokuments E10 hätte die Beschwerdeführerin auch früher bringen können. Die Vollständigkeit der Recherche könne die Beschwerdegegnerin nicht überprüfen. Daher sei das Dokument E10 als verspätet zurückzuweisen.
Das Dokument E11 sei ein verspätet eingereichtes Dokument, das im Rahmen der erfinderischen Tätigkeit schon früher hätte eingereicht werden müssen. Es sei nicht ersichtlich, warum E11 nicht im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren eingereicht worden sei, als das Radarfüllstandsmessgerät mit dem Antennenkegel in den Anordnungsanspruch aufgenommen wurde.
3.3 Im vorliegenden Fall wurde die Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem 1. Januar 2020, also vor dem Inkrafttreten der revidierten Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020, ABl. EPA 2019, A63), eingereicht. Deshalb ist gemäß Artikel 25 (3) VOBK 2020 nicht Artikel 13 (2) VOBK 2020, sondern stattdessen weiterhin Artikel 13 der vor dem Inkrafttreten geltenden Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern anzuwenden.
Nach Artikel 13 (1) VOBK 2007 steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden unter anderem der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Es ist das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen. Die Kammer kann aus den Vorträgen der Beteiligten keine Änderung des Beschwerdeverfahrens erkennen, die die Einreichung der Dokumente E7 bis E11 zu so späten Verfahrensstadien rechtfertigen könnte. Was ein Fachmann kann und wer er ist, ist im Rahmen der erfinderischen Tätigkeit immer zu beurteilen und im Zweifel so früh wie möglich nachzuweisen. Daher hätten alle verfügbaren Dokumente bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingereicht werden können und sollen. Das Argument, dass Dokumente für einen Beteiligten erst spät im Verfahren verfügbar waren und deshalb nicht früher eingereicht werden konnten, stützt sich nicht auf eine Änderung im Beschwerdeverfahren und ist somit kein Kriterium für eine späte Zulassung in das Verfahren.
3.4 In Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2007 lässt die Kammer daher die Dokumente E7 bis E11 nicht in das Beschwerdeverfahren zu.
4. Streichung des Absatzes [0035] (Artikel 123 (2) EPÜ und Regel 57a EPÜ 1973)
4.1 Die Beschwerdeführerin führte in ihrem Schriftsatz vom 8. April 2020 unter Punkt III aus: "Zunächst wird darauf hinwiesen, dass die Kammer das Vorbringen der Beschwerdeführerin unter Pkt. 8.1 falsch wiedergegeben hat. Der diesseitige Einwand bestand nicht darin, dass es einen offenkundigen Widerspruch zwischen dem beanspruchten Gegenstand und dem Abs. [0035] gebe, sondern, dass es einen offenkundigen Widerspruch zwischen der Auslegung des Anspruchs 1 und der Offenbarung durch Abs. [0035] gibt, insbesondere im Hinblick auf die entgegengehaltenen Dokumente El und E2.
- Dieser Unterschied ist insofern von Bedeutung, da es im erstgenannten Fall durchaus eine Berechtigung zur Streichung von Absatz [0035] hätte geben können, im anderen Fall nicht.
In den nachfolgenden Absätzen a) und b) werden die Äußerungen der Kammer aufgegriffen und diskutiert. Anschließend wird versucht, die vorgetragenen Punkte in der Beschwerdebegründung vom 01.08.2016 sowie der Eingabe vom 30.01.2017 nochmals deutlicher herauszuarbeiten.
a) fehlende Diskussion zur Auslegung der Patentansprüche
Die Kammer führt unter Punkt 8.3 aus, dass Abs. [0035] 'eine optionale Erweiterung des Erfindungsgedankens'" beschreibe und dass das Streichen dieser Option nicht dazu führe, 'dass ein Gegenstand offenbart wird, den der Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig aus der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldeunterlagen entnehmen könnte'. Die Streichung von Abs. [0035] sei deshalb keine unzulässige Änderung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ.
Die Ausführungen der Kammer berücksichtigen dabei jedoch in keiner Weise die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Ausführungen.
Der Kern des diesseitigen Einwands betrifft weniger die Frage der Offenbarung, sondern vorrangig die sich durch die Streichung dieses Absatzes ergebende, gegenüber der ursprünglichen Fassung geänderte Auslegung einzelner Merkmale des Anspruchs 1, insbesondere hinsichtlich des Dokuments El. Auf den Seiten 7 und 8 der Beschwerdebegründung vom 01.08.2016 sowie den Seiten 4 und 5 der Eingabe vom 30.01.2017 sollte das eigentlich eindeutig und unmittelbar zum Ausdruck gebracht worden sein.
Letztlich geht es hinsichtlich der Auslegung um folgende zentrale Frage:
Kommt es bei der Umsetzung des Streitgegenstandes hinsichtlich der Bereitstellung einer Ausnehmung für die Dichtung zwingend auf den speziellen Antennenkegel bzw. den Antennenkegelansatz an, d.h. gib es eine (funktionale) Wechselwirkung zwischen Dichtung und Antennenkegel bzw. Antennenkegelansatz, oder sind mit diesen Begriffen lediglich die für die Dichtungsaufnahme vorgesehenen Gehäuseteile eines Radarfüllstandsmessgeräts bezeichnet, die im Falle eines anderen Messgeräts auch durch dort anders bezeichnete, aber hinsichtlich der 'Dichtungsaufnahmefunktion' gleichwirkende Gehäuseteile ersetzt werden könnten?
Bei der Beantwortung dieser Frage kommt dem Abs. [0035] eine elementare Bedeutung zu. Nach Auffassung der Kammer soll der Antennenkegel bzw. der Antennenkegelansatz - entgegen der Offenbarung von Abs. [0035] - nunmehr kein allgemeines Gehäuseteil sein, welches bei einem Radarfüllstandsmessgerät typischerweise so bezeichnet wird, sondern nur ein Antennenkegel bzw. ein Antennenkegelansatz, und kein anderes Gehäuseteil eines in einen Behälter oder in eine Wandung einzusetzenden Geräts, wäre dazu geeignet, den Raum für die Aufnahme der Dichtung bereitzustellen.
- Damit hätte sich die Auslegung dieser Merkmale gegenüber der ursprünglichen Offenbarung grundlegend geändert.
Irritierend und in der Sache auch nicht nachvollziehbar ist deshalb, dass die Kammer zu einer vorläufigen Meinung kommt,
- ohne das Wort 'Auslegung' überhaupt zu erwähnen, obwohl sich der diesseitige Einwand fundamental auf diesen Begriff bezieht,
- ohne das diesseitige Vorbringen bzgl. der geänderten Auslegung der Ansprüche auch nur im Ansatz gewürdigt zu haben,
- ohne auf die vorgebrachte Rechtsprechung T 113/86 auch nur ansatzweise einzugehen, wonach Änderungen nicht zuzulassen sind, wenn auch nur im Geringsten zu befürchten ist, dass die Patentschrift vor den Änderungen anders ausgelegt werden könnte als danach.
Die Beschwerdeführerin weist an dieser Stelle darauf hin, dass sie unter diesen Umständen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör gefährdet sieht.
b) Streichung durch einen Einspruchsgrund veranlasst? - Regel 80 EPÜ
Die Kammer führt unter Punkt 8.3 aus, dass sie vorläufig der Meinung ist, die Streichung von Abs. [0035] sei in Reaktion auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 (a) EPÜ veranlasst und sogar 'nötig geworden', weil der unabhängige Anspruch 1 angeblich durch die Aufnahme weiterer Merkmale weiter eingeschränkt wurde.
Die Überlegungen der Kammer sind anhand der Ausführungen in der in Rede stehenden Mitteilung für die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar.
Tatsache ist, dass die Änderung des Anspruchs 1 lediglich darin bestand, dass aus dem 'Füllstandsmessgerät' eine 'Anordnung aus einem Radarfüllstandsmessgerät und einem Behälter' wurde und dass mithilfe der aufgenommenen Merkmale 'Antennenkegel' und 'Antennenkegelansatz' der Raum zur Aufnahme der Dichtung näher spezifiziert wurde. Lediglich für die Streichung eines Teilaspekts von Abs. [0035], nämlich für den Begriff 'Verfahrensweise', ließe sich eine Veranlassung aufgrund des Widerrufs des Verfahrensanspruchs (erteilter Anspruch 1 und 2) darstellen.
- Insofern ist die Kammer aufzufordern, darzulegen, worin sie einen Zusammenhang zwischen diesen Änderungen und dem in Rede stehenden Abs. [0035] sieht, so dass dessen Streichung sogar 'nötig geworden' sein soll.
Plakativ dargestellt entsteht durch die Streichung von Abs. [0035] folgende Situation:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Das Oval stellt vorliegend die ursprüngliche Offenbarung gemäß Streitpatentschrift dar. 1, 2 und 3 sind dabei gemäß Abs. [0035] jeweils verschiedene 'Geräte, die in einen Behälter oder in eine Wandung einzusetzen sind'. Dabei könnte beispielhaft '1' für ein (Radar-)Füllstandsmessgerät gemäß Anspruch 1 stehen, '2' für ein Druckmessgerät gemäß Dokument El und '3' für ein Schauglas gemäß Dokument E2.
Durch die Offenbarung aus Abs. [0035] lehrt die Streitpatentschrift im Prinzip Folgendes:
Trotz der konkreten Beanspruchung eines Füllstandsmessgeräts kommt es auf seine spezifische Ausgestaltung, durch die es als Füllstandsmessgerät als solches gekennzeichnet ist, nicht an. Die Begriffe 'Antennenkegel' und 'Antennenkegelansatz' dienen also nur der Benennung der konkreten Position des Raumes zur Aufnahme der Dichtung im Falle eines Radarfüllstandsmessgeräts. Vielmehr geht es um die Bauweise insgesamt, durch die der Raum zur Aufnahme der Dichtung ausgebildet werden soll. Das ist die Lehre, die dem Fachmann mit der Formulierung 'die Bauweise ist auf andere Geräte übertragbar' an die Hand gegeben wird.
Durch die Streichung von Abs. [0035] verschwindet nun das Oval, das die Übertragbarkeit der Bauweise auf andere Geräte, die in einen Behälter oder in eine Wandung einzusetzen sind, und damit sind die einzelnen Geräte 1, 2 und 3 nun losgelöst und unabhängig voneinander. Das führt dann zu den bisherigen Ausführungen der Patentinhaberin, der Einspruchsabteilung und der Kammer, die allesamt davon ausgehen, dass es auf die konkrete Ausgestaltung des Radarfüllstandsmessgeräts mit dem Antennenkegel und Antennenkegelansatz ankommt und dass die ursprüngliche Übertragbarkeit der beschriebenen Bauweise auf andere Geräte Stand jetzt einer erfinderischen Tätigkeit bedarf.
Diese Sichtweise und damit die Auslegung des Anspruchs 1 steht somit im völligen Widerspruch zu der ursprünglichen Offenbarung. Oder anders ausgedrückt: der Offenbarungsgehalt der Streitpatentschrift hat sich durch die Streichung geändert.
Auch im Hinblick auf Art. 69 (1) EPÜ, wonach u.a. die Beschreibung zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen ist, kann nicht durch Streichung von Beschreibungsteilen Einfluss auf die Auslegung von Anspruch 1 genommen werden, mit dem Ziel, sich gegenüber einem Stand der Technik abgrenzen zu wollen, der ansonsten die erfinderische Tätigkeit zumindest zweifelhaft erscheinen lässt.
In diesem Sinne ist auch die zitierte Entscheidung T 113/86 zu verstehen, nämlich, dass durch Streichungen die Patentschrift vor den Änderungen nicht anders ausgelegt werden darf als danach. Hierbei darf nach der genannten Entscheidung - die im Übrigen in später ergangenen Entscheidungen mehrfach zitiert wurde - nicht der 'geringste Zweifel bestehen'. In diesem Zusammenhang ist auch auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, 'dass bei der Prüfung der Zulässigkeit von Änderungen nach Art. 123 (2) und 123 (3) EPÜ ein sehr strenger Maßstab anzuwenden ist'.
Dass die Kammer in ihrer vorläufigen Meinung auf diesen Umstand mit keinem Wort eingeht, obwohl es von der Beschwerdeführerin von Anfang an, d.h. mit der Beschwerdebegründung, ins Verfahren eingeführt und seitdem mehrfach thematisiert wurde, und auch keinerlei Prüfung bzw. Abwägung unter dem zitierten 'sehr strengen Maßstab' ersichtlich ist, ist wie erwähnt irritierend und in keiner Weise nachvollziehbar.
- Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn die Streichung von Abs. [0035] als zulässig erachtet wird, dennoch die ursprüngliche Offenbarung - in Form der Offenlegungsschrift - mit dem besagten Abs. [0035] im Raum steht und dieser bei der Beurteilung des infrage kommenden Standes der Technik grundsätzlich zu berücksichtigen ist."
(Hervorhebungen im Original)
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nahm die Beschwerdeführerin zunächst Bezug auf ihre entsprechenden Ausführungen in ihrem letzten Schriftsatz vom 8. April 2020. Sie führte aus, dass sie ihren Einwand gemäß Artikel 123 (2) EPÜ aufrechterhalte und es ihr in diesem Zusammenhang insbesondere auf die geänderte Auslegung der Merkmale des Anspruchs 1 ankomme, welche sich durch die Streichung des Absatzes [0035] ergebe. Eine Änderung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ sei nicht nur im Falle der Erweiterung des Gegenstands des Patents gegeben, sondern auch, wenn der Patentinhalt geändert würde. Dies sei aber der Fall, wenn sich wie hier durch eine Streichung eines Beschreibungsabsatzes die Auslegung der Patentansprüche ändere. Die Beschwerdeführerin verwies in diesem Zusammenhang auf die ihrer Ansicht nach einschlägige Entscheidung T 113/86, Ziffer 2.2 der Begründung, wonach Änderungen durch den Patentinhaber nicht zulässig seien, sofern auch nur geringste Zweifel bestünden, dass das unveränderte Patent anders ausgelegt werden könnte als das Patent mit den Änderungen. Diese Ausführungen seien im Lichte des Artikels 123 (2) EPÜ zu verstehen. Die Frage der unzulässigen Änderung im Sinne von Artikel 123 (2) EPÜ sei von Amts wegen zu prüfen, was die Einspruchsabteilung in der ersten Instanz als schweres Versäumnis jedoch unterlassen habe. Geprüft worden sei nur Artikel 123 (3) EPÜ. Es könne daher der Einsprechenden nicht vorgeworfen werden, dass sie eine Verletzung von Artikel 123 (2) EPÜ damals nicht gerügt habe, zumal sich diese Problematik erst in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Mit dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf Artikel 123 (3) EPÜ in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung habe sie lediglich aufzeigen wollen, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung, welche die nunmehrige Beanspruchung eines Radarfüllstandmessgeräts betont habe, falsch gewesen sei und dass durch die Streichung des Absatzes [0035] eine Prüfung des Artikels 56 EPÜ 1973 unter diesem Gesichtspunkt verhindert worden sei; dies habe die Beschwerdeführerin seinerzeit auch so gesagt und den Widerspruch deutlich gemacht zwischen einerseits der Aussage in Absatz [0035], dass das Dichtkonzept auf andere Geräte und nicht nur auf Füllstandsmessgeräte übertragbar sei, und andererseits dem Umstand, dass das nunmehr beanspruchte Radarfüllstandsmessgerät plötzlich erfinderisch gegenüber dem Schauglas aus dem Stand der Technik sei. Diesen Widerspruch erläuterte die Beschwerdeführerin ausführlich anhand der Skizze in ihrem Schriftsatz vom 8. April 2020, Seite 4.
Hinsichtlich der Frage der Auslegung der Patentansprüche verwies die Beschwerdeführerin außerdem auf Artikel 69 EPÜ, demzufolge die Beschreibung bei der Auslegung der Ansprüche nicht gänzlich außen vor gelassen werden könne, auch wenn die Vorschrift den Schutzbereich der Ansprüche betreffe. Sie betonte, dass es bei der Auslegung der Ansprüche keinen Unterschied machen dürfe, ob es um den Schutzbereich der Ansprüche gehe oder um die Frage der erfinderischen Tätigkeit. Vorliegend sage Absatz [0035] letztendlich aus, dass das Dichtkonzept auf andere Geräte übertragbar sei. Der Offenbarungsgehalt der Beschreibung sage also viel mehr aus, als mit den Ansprüchen beansprucht werde. Die Einspruchsabteilung habe argumentiert, als ob es eine Übertragbarkeit nicht gebe. Der Beschwerdeführerin gehe es um die Frage, ob Absatz [0035] für die Frage herangezogen werden könne, ob es auf die speziellen Merkmale eines Radarfüllstandmessgeräts ankomme. Die Beschwerdeführerin formulierte daher die Frage an die Kammer, ob es einen Unterschied für die Auslegung der Patentansprüche mache, dass Absatz [0035] gestrichen wurde.
In Bezug auf Regel 57a EPÜ 1973 führte die Beschwerdeführerin aus, dass nur der Verfahrensanspruch aus den Ansprüchen gestrichen worden sei; hieraus folge, dass in Absatz [0035] wenn überhaupt, dann nur die Streichung des Verweises auf die "Verfahrensweise" zu streichen gewesen wäre, nicht aber der Verweis auf die "Bauweise", weil insofern keine Änderung vorgenommen worden sei.
4.2 Die Beschwerdegegnerin teilte in ihrem Schriftsatz vom 19. September 2017, Abschnitt V, die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht: "Die Beschwerdeführerin führt weiter aus, dass die Einschränkung des Anspruchs 1 auf eine Anordnung mit Antennenkegel sich in Widerspruch mit der ursprünglichen Beschreibung befände und einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ darstelle, so dass diese Streichung unzulässig sei. Eine Wiedereinführung wäre auch bedenklich, insbesondere als sie für die Beurteilung der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 relevant sein könnte.
Diese Problematik wurde schon ausführlich in unserem Schriftsatz vom 29. November 2016 angesprochen. Zwar erwähnt die ursprüngliche Beschreibung des Streitpatents, dass das erfindungsgemäße Dichtungskonzept für weitere Gegenstände verwendet werden kann. Dies kann aber keinen Einfluss auf das Zugrundliegen einer erfinderischen Tätigkeit bei der besonderen Ausführungsform des Anspruchs 1 haben, da es sich um eine besonders vorteilhafte Ausführungsform handelt. Wo andere Ausführungsformen nur den Vorteil einer besonders guten Abdichtung haben, weist die Ausführungsform des Anspruchs 1 des Streitpatents mit dem Antennenkegel und dem Antennenkegelansatz den zusätzlichen Vorteil auf, dass die Anordnung besonders kompakt ist.
Außerdem spricht entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nichts gegen die Zulassung der Streichung oder der Wiedereinführung des Absatzes [0035]. Zunächst wurde die Streichung des Absatzes [0035] parallel zur Einschränkung des Anspruchs 1 durchgeführt. Aber sogar wenn man der Ansicht ist, dass diese Streichung nicht durch einen Einspruchsgrund nach Artikel 80 EPÜ veranlasst war, können Änderungen ohne weiteres vorgenommen werden, wenn sie von der Einspruchsabteilung als sachdienlich angesehen werden (siehe zum Beispiel die Entscheidung T 132/92). Ob eine Wiedereinführung des Absatzes [0035] möglich ist oder nicht, hängt nochmals davon ab, ob die Beschwerdekammer sie als sachdienlich oder erforderlich ansehen wird. Da die Patentinhaberin selbst keine Beschwerde eingelegt hat, ist das Patent grundsätzlich nur in der Fassung zu verteidigen, die die Einspruchsabteilung ihrer Zwischenentscheidung zugrunde gelegt hat (siehe die Entscheidung G 9/93)."
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer merkte die Beschwerdegegnerin an, dass eine Verletzung von Artikel 123 (2) EPÜ bereits im Einspruchsverfahren hätte gerügt werden können, dies aber von der Einsprechenden erst im Beschwerdeverfahren erfolgt sei. Ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ liege nicht vor, durch die Streichung des Absatzes [0035] sei eine Einschränkung einhergegangen. Absatz [0035], dessen konkrete Verortung in der Beschreibung am Ende der Figurenbeschreibung zu berücksichtigen sei, habe zum Ausdruck gebracht, dass die zuvor beschriebene Vorrichtung für Radarfüllstandsmessgeräte auch auf andere Füllstandsmessgeräte zu lesen sei. Da aber die Ansprüche in Richtung eines speziellen Radarfüllstandmessgeräts geändert worden seien, habe auch Absatz [0035] nicht mehr gepasst und daher gestrichen werden müssen. Die von der Einsprechenden zitierte Entscheidung sei nicht einschlägig, da sie sich mit einem anderen Problem befasse, nämlich der Änderung von Ansprüchen, welche hochkritisch sei.
Da der vorliegende Anspruch 1 eindeutig sei, bedürfe es nach Ansicht der Patentinhaberin seiner Auslegung anhand der Beschreibung nicht.
Hinsichtlich Regel 57a EPÜ 1973 führte die Beschwerdegegnerin aus, dass deren Voraussetzungen erfüllt seien, da die Patentansprüche eingeschränkt worden seien, um dem Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit zu begegnen. Gemäß Regel 27 (1) c) EPÜ 1973 habe daher die Beschreibung angepasst werden müssen, um die Erfindung so darzustellen, wie sie in den Patentansprüchen gekennzeichnet sei. Dies sei ein Vorgang, der gang und gäbe sei.
4.3 Die Kammer stellt fest, dass sie in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2007 die voraussichtlich zu erörternden Punkte angegeben und eine vorläufige, nicht bindende Meinung abgegeben hat, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. In inter-partes-Verfahren ist es, anders als von der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 8. April 2020 gefordert, in erster Line nicht Aufgabe der Kammer eigene Argumente darzulegen, sondern das Vorbringen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen und zu beurteilen.
Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht, dass die Ansprüche durch die Beschreibung auszulegen seien. Maßgebend für die Ansprüche sind Artikel 84 EPÜ 1973, der ihren Gegenstand regelt, und Artikel 69 EPÜ, in dem es um ihre Funktion geht. Nach Artikel 84 EPÜ 1973 geben die Ansprüche die Erfindung an, für die Schutz begehrt wird. Nach Artikel 69 EPÜ bestimmen die Ansprüche durch eben diese Definition der Erfindung den Schutzbereich des Patents. Artikel 69 EPÜ sieht ferner vor, dass die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Ansprüche heranzuziehen seien. Hier stellt sich nun die Frage, ob die Ansprüche, wie in Artikel 69 EPÜ vorgesehen, nur dann anhand der Beschreibung und der Zeichnungen ausgelegt werden können, wenn es um die Ermittlung des Schutzbereichs geht, oder aber auch bei der Prüfung der Patentierbarkeitsvoraussetzungen und des Klarheitsgebots.
Sind die Patentansprüche so deutlich und eindeutig abgefasst, dass der Fachmann sie problemlos verstehen kann, so besteht keine Veranlassung, die Beschreibung zur Interpretation der Patentansprüche heranzuziehen. Bei einer Diskrepanz zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung ist der eindeutige Anspruchswortlaut so auszulegen, wie ihn der Fachmann ohne Zuhilfenahme der Beschreibung verstehen würde. Somit sind bei einer Diskrepanz zwischen deutlich definierten Patentansprüchen und der Beschreibung solche Teile der Beschreibung, die in den Patentansprüchen keinen Niederschlag finden, grundsätzlich in der Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, Juli 2019, II.A.6.3.1).
Im vorliegenden Anspruch ist deutlich definiert, wie der Raum zur Aufnahme der Dichtung zwischen Antennenkegelansatz oder Antennenkegel und einer innenseitigen Wandung der Durchgangsöffnung ausgebildet wird. Die Beschwerdeführerin hat nicht ausgeführt, dass der Anspruch so unklar sei, dass er einer Auslegung bedürfe. Die Beschwerdeführerin geht jedoch davon aus, dass ein Anspruch generell auszulegen sei. Dieser Auffassung kann sich die Kammer nicht anschließen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein deutlich abgefasster Anspruchswortlaut so auszulegen, wie ihn der Fachmann ohne Zuhilfenahme der Beschreibung versteht. Daher hält es die Kammer in diesem Fall nicht für erforderlich, den Anspruch durch die Beschreibung auszulegen.
Gemäß Regel 27 (1) (c) EPÜ 1973 ist die Erfindung, wie sie in den Patentansprüchen gekennzeichnet ist, so darzustellen, dass danach die technische Aufgabe und deren Lösung verstanden werden können. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beschreibung daher an die Ansprüche anzupassen, wenn diese vom Patentinhaber geändert wurden. Verweise auf Ausführungsformen, die durch die geänderten Ansprüche nicht mehr abgedeckt würden, sind zu streichen (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9 Auflage, Juli 2019, II.A.5.3). Der vorliegende Anspruch 1 wurde, um einem Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ 1973 zu entgegnen, auf ein Ausführungsbeispiel, das aus einer Anordnung aus einem Radarfüllstandsmessgerät und einem Behälter besteht, eingeschränkt. Absatz [0035] enthielt noch den Hinweis, dass die Verfahrensweise bzw. die Bauweise auch auf andere Geräte übertragbar seien, die in einen Behälter oder eine Wandung einzusetzen seien. Da Anspruch 1 jedoch andere Geräte nicht mehr umfasst, ist die Streichung des Absatzes nach Ansicht der Kammer gemäß Regel 27 (1) (c) EPÜ 1973 richtig und erforderlich. Die Streichung des Absatzes [0035] ist daher, wie die Änderung des Anspruchs 1, durch einen Einspruchsgrund veranlasst und erfüllt daher die Erfordernisse der Regel 57a EPÜ 1973.
Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung T 113/86 nicht relevant ist, da sie ausweislich Ziffer 2.2 der Entscheidungsgründe nur solche Änderungen betrifft, die nicht durch einen Einspruchsgrund veranlasst sind.
4.4 Die Kammer stellt daher fest, dass kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vorliegt und dass die Streichung von Absatz [0035] im Einklang mit der Regel 57a EPÜ 1973 steht. Es besteht kein Grund, Anspruch 1 anhand der Beschreibung auszulegen. Die Streichung von Absatz [0035] hat somit keinen Einfluss auf die Auslegung des Anspruchs 1.
5. Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
5.1 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (vgl. Schreiben vom 8. April 2020, Abschnitt IV, 5)) unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch zwei Gruppen von Merkmalen, wobei die Gruppe der Unterscheidungsmerkmale I,
- dass es sich um ein Radarfüllstandsmessgerät handele,
- dass das Radarfüllstandsmessgerät einen Antennenkegel sowie einen Antennenkegelansatz aufweise, und
- dass der Raum zur Aufnahme der Dichtung teilweise durch eine Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder des Antennenkegels ausgebildet werde,
von der Gruppe der Unterscheidungsmerkmale II,
- dass der Raum zur Aufnahme der Dichtung vor einem Mitnehmer und der in die Durchgangsöffnung hineinragenden Öffnungswandung weiter durch eine vor dem Mitnehmer befindliche Umfangswandung sowie eine innenseitige Wandung der Durchgangsöffnung ausgebildet werde,
zu trennen sei.
Die Unterscheidungsmerkmale I bewirkten eine an sich dichte Verbindung zwischen einem Radarfüllstandsmessgerät und einer Behälterinnenseite, nachdem das Radarfüllstandsmessgerät in den Behälter eingeführt wurde, so dass ein Eindringen von Anteilen des Füllmediums in den Abstandsbereich verhindert werde.
Die Unterscheidungsmerkmale II bewirkten die Herstellung einer dichten Verbindung unter Einhaltung von Hygienerichtlinien.
Bezüglich der Unterscheidungsmerkmale I ergebe sich ausgehend von Dokument E1 die erste objektive technische Aufgabe, das aus E1 bekannte Adaptersystem von dem dort gezeigten Druckmessgerät auf ein Radarfüllstandsmessgerät zu übertragen, so dass das Radarfüllstandsmessgerät analog zu El in einen Behälter, Adapter oder Flansch dichtend eingeführt werden könne.
Bezüglich der Unterscheidungsmerkmale II ergebe sich ausgehend von Dokument E1 die zweite objektive technische Aufgabe, einen Einsatz der dichten Verbindung in einer hygienischen Anwendung zu ermöglichen.
Die erste Aufgabe würde der Ingenieur, der für die Realisierung des Messgeräts zuständig ist, dadurch lösen, dass er die in El bei einem Druckmessgerät gezeigte Lösung auf ein Radarfüllstandsmessgerät in naheliegender Weise übertrage.
Bezüglich der zweiten Aufgabe schließe sich die Beschwerdeführerin der Kammer an, die hierzu der vorläufigen Auffassung sei, dass sich die Lösung der Aufgabe in naheliegender Weise aus der Lehre der E2 ergebe.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer führte die Beschwerdeführerin aus, dass es sich bei den Begriffen "Antennenkegel" und "Antennenkegelansatz" um Kunstbegriffe handele, bei denen der Fachmann nicht wisse, was damit gemeint sei und welche Bedeutung und Funktion damit verknüpft seien. Auch das Streitpatent liefere dafür keine Erklärung. Es werde lediglich angegeben, dass der Antennenkegel aus Teflon hergestellt werden könne und für Radarstrahlen durchlässig sei. Wie aus der Figur 1 des Patents ersichtlich sei, befinde sich oben ein Empfangselement und darunter ein Kegel oder auch Horn, das die Strahlung streue. Der Antennenkegel fokussiere und bündele die Strahlung auf den Tankinhalt. Wichtig sei eine durchgehende Behälterwand auch im Bereich des Messgeräts, die durch einen Deckel der Hornantenne in Form eines Antennenkegels realisiert werde. Dieser Deckel sei dauerhaft dicht mit der Behälterwand verbunden und erlaube sowohl bei kalten Flüssigkeiten, wie etwa Milch, als auch bei heißer Reinigung zuverlässig einen keimfreien Bereich. Der Antennenkegel sei somit ein strahlendurchlässiger Deckel im vorderen Teil der Antenne, der zusammen mit dem Dichtelement in den Ausnehmungen der Außenwand funktionell zusammenwirke. Gleichwertige Dichtungselemente fänden sich in den Dokumenten E1 und E2. Das Gehäuseteil in E1 entspreche dem Antennenkegel im Streitpatent. Der Antennenkegel ersetze lediglich ein gleichwertiges Element wie ein Gehäuseteil in E1 oder E2. Der frontbündige Einbau erfolge gezwungenermaßen an dieser Stelle, auch wenn das Gerät ein Radarfüllstandsmessgerät sei. Bei anderen Geräten, die keinen Kegel hätten, müssten trotzdem Halteelemente für das Dichtelement vorgesehen werden, damit es gemäß dem Stand der Technik platziert werden könne. Auch wenn die Dichtung im beanspruchten Gegenstand von dem Antennenkegel umfasst werde, so beruhe das nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Es gehe im Streitpatent nicht darum, sklavisch an dem Antennenkegel festzuhalten, sondern das Dichtelement lediglich an dem Gehäuse zu befestigen. Der Antennenkegel sei nichts anderes als ein Deckel für das Messgerät und habe keine weitere Funktion, sodass sich auch keine Synergieeffekte ergäben. Dokument E2 zeige ein Schauglas, was auch nichts anderes sei als ein Deckel für ein Radarmessgerät. Es sei unbestrittenes Fachwissen, dass ein Druckmessgerät auch ein Füllstandsmessgerät sei, denn wenn in einem Behälter der Füllstand steige, erhöhe sich auch der Druck am Boden des Behälters. Für den Hygienefachmann sei es zwingend nötig, die Dichtung in den Spalt zu drücken, und nicht nur eine bevorzugte Ausführungsform, wie in Absatz [0024] des Streitpatents angegeben. Das Dichtkonzept, wie es in Dokument E2 offenbart sei, müsse daher zwingend angewandt werden. Aufgabe sei es, die hygienische Abdichtung auf ein anderes Gerät zu übertragen. Der Antennenkegel habe keine Funktion und es gehe lediglich darum, das in E1 offenbarte Gerät durch ein gleichwirkendes Gerät zu ersetzen. Die Streitpatentschrift selbst gebe in Absatz [0035] dem Fachmann einen Hinweis darauf, dass Radarfüllstandsmessgeräte durch andere Geräte ersetzt werden könnten. Ein naheliegendes gleichwirkendes Füllstandsmessgerät sei ein Radarfüllstandsmessgerät. Den Dichtring gemäß E2 um den Antennekegelansatz zu legen, sei eine äquivalente Ausführung zu einem Dichtring in einem anderen Gehäuseteil. Da der Antennenkegel keine spezielle Funktion habe, beruhe es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, das Dichtelement dort anzubringen.
Die Beschwerdeführerin zeigte sich in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erstaunt, dass Absatz [0035] nicht zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden könne und beantragte, dass in der Entscheidung die Auffassung festgestellt werden solle, wonach Ausführungen hinsichtlich der Erfindung in der Streitpatentschrift der Patentinhaberin nicht für die Frage des Naheliegens des Anspruchsgegenstands herangezogen werden könnten, sondern dass für die Frage der erfinderischen Tätigkeit nur der Stand der Technik relevant sei.
Die Beschwerdeführerin sah auch ausgehend von Dokument E2 den beanspruchten Gegenstand als naheliegend an. E2 offenbare ein Sichtfenster und damit auch ein Füllstandsmessgerät in Verbindung mit einem Menschen, der durch das Sichtfenster den Füllstand beobachten könne. Auch ohne einen entsprechenden Hinweis in Dokument E2 sei dies dem Fachmann klar. Ausgehend von E2 stelle sich dem Fachmann die Aufgabe, ein genaueres Füllstandsmessverfahren vorzuschlagen. Da dem Fachmann eine Reihe von in der Prozessmesstechnik gebräuchlichen Messgeräte bekannt seien, worunter auch Füllstandsmessgeräte fielen, stelle das Ersetzen der Einheit bestehend aus dem Bundstutzen 42 mit dem Schauglas 43 in E2 durch ein Füllstandsmessgerät eine naheliegende Maßnahme dar, insbesondere, da die dadurch erzielten Vorteile, wie beispielsweise das Erlangen von quantitativen Messergebnissen, bekannt seien. Die Auswahl eines Radarfüllstandsmessgeräts aus einer Reihe von Füllstandsmessgeräten stelle dann eine naheliegende Möglichkeit zur Füllstandsmessung dar, die der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, auswählen würde. Der Fachmann könne dann den Menschen hinter dem Schauglas durch eine Hornantenne ersetzen. Das Schauglas bilde dann, wie der Antennenkegel, den Deckel der Hornantenne, der in den Flansch des Behälters eingefügt sei. Sowohl Antennenkegel als auch Schauglas seien für Radarstrahlung transparent. Somit ergebe sich der beanspruchte Gegenstand durch die Kombination von Dokument E2 mit dem allgemeinen Fachwissen in naheliegender Weise. Die Merkmale des Anspruchs ließen es offen, ob es einen Metallrahmen gebe. Wichtig sei allein der für Radarstrahlen durchlässige Bereich, der auch mit Bundstutzen vorhanden sei. Aufgabe des Antennenkegels sei es, Radarstrahlen in den Tank zu lassen. Diese Funktion erfülle das Schauglas in gleicher Weise. Aus dem Anspruch lasse sich nicht ableiten, ob das Radarfüllstandsmessgerät eine Einheit bilde oder aus separaten Teilen bestehe. Somit erfülle das Schauglas die Funktion eines Antennenkegels. Zudem sei es für den Fachmann naheliegend, das Schauglas kegelförmig auszubilden, denn alle Formen seien möglich. Auf Nachfrage der Kammer präzisierte die Beschwerdeführerin, dass ausgehend von Dokument E2 sich dem Fachmann die Aufgabe stelle, das Hygienekonzept des Dokuments E2 auf andere Messgeräte oder andere Bauteile zu übertragen. Der Fachmann komme mit dieser Aufgabe in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand.
5.2 Die Beschwerdegegnerin war der Ansicht, dass der Fachmann keine Veranlassung habe, die Dichtung 6 gemäß E1 durch das Dichtkonzept gemäß E2 zu ersetzen. Selbst wenn der Fachmann diese Kombination in Erwägung ziehen würde, gelange er nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1. Weder E1 noch E2 offenbarten,
- dass es sich bei dem Messgerät um ein Radarfüllstandsmessgerät handele, das einen Antennenkegel sowie einen Antennenkegelansatz aufweise, und
- dass der Raum zur Aufnahme der Dichtung neben dem Mitnehmer und der in die Durchgangsöffnung hineinragenden Öffnungswandung weiter durch eine vor dem Mitnehmer befindliche Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder des Antennenkegels, sowie eine innenseitige Wandung der Durchgangsöffnung ausgebildet werde.
Damit könne rein formal eine Kombination der beiden Entgegenhaltungen nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 führen.
Ferner lägen weder E1 noch E2 dem Fachmann die Verwendung eines Radarfüllstandsmessgeräts dergestalt nahe, dass er den Raum zur Aufnahme der Dichtung neben dem Mitnehmer und der in die Durchgangsöffnung hineinragenden Öffnungswandung weiter durch eine vor dem Mitnehmer befindliche Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder des Antennenkegels, sowie eine innenseitige Wandung der Durchgangsöffnung ausbilden würde (vgl. Schreiben vom 8. April 2020, Abschnitt III).
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdegegnerin, dass gemäß der Figurenbeschreibung das Radarfüllstandsmessgerät der beanspruchten Erfindung den Vorteil aufweise, den vorderen Teil unter Verwendung von Komponenten des Radarfüllstandsmessgeräts optimal abzudichten. Dadurch werde eine dichte und kompakte Ausgestaltung erreicht. Ein zusätzlicher Rahmen sei nicht erforderlich. Die Reduktion des Dichtspalts sei dabei essentiell. Ausgehend von Dokument E1 habe der Fachmann keinen Anreiz, andere Dokumente heranzuziehen, um die Vorrichtung weiterzubilden, da E1 bereits nur minimale Toträume aufweise. "Antennenkegel" sei ein verständlicher Begriff, der eine klare Funktion habe. Dies sei aus der Beschreibung, den Absätzen [0023], [0028], [0032] und aus den Figuren des Streitpatents ersichtlich. Die von der Beschwerdeführerin formulierten Teilaufgaben seien künstlich. Der Antennenkegel sei kein Deckel. Die in Dokument E1 gezeigte Dichtung 6 sei unkritisch, da sie sich zwischen zwei metallischen Bauelementen befinde, die die gleichen Ausdehnungskoeffizienten hätten, wie in E1 angegeben (vgl. Spalte 7, Zeilen 36 bis 40). Zudem sei der Dichtspalt dort bereits minimal. Der Antennenkegel bestehe jedoch aus Teflon mit einem anderen Ausdehnungskoeffizienten, sodass es nicht naheliegen würde, das Dichtelement zwischen Teflon und Metall anzuordnen. Mit der Aufgabe, hohen hygienischen Anforderungen zu genügen, habe der Fachmann keine Motivation ein Radarfüllstandsmessgerät zu verwenden. Dokument E1 enthalte keinen Hinweis auf ein Füllstandsmessgerät und das Druckmessgerät könne nicht grundsätzlich als Füllstandsmessgerät betrachtet werden. Der Fachmann würde auch nicht das Dokument E2 in Betracht ziehen. Selbst wenn er das Dokument E2 berücksichtigen würde, bliebe noch das Unterscheidungsmerkmal "Antennenkegel" als integraler Bestandteil des Radarfüllstandsmessgeräts, in dem der Mitnehmer den Aufnahmeraum am Antennenkegel für das Dichtelement bilde. In E2 werde ein Schauglas in den Flansch eingebaut. Dabei befinde sich das Schauglas aber in einem Bundstutzen aus Metall, sodass hier der Dichtring auch im Übergangsbereich von Metall zu Metall angeordnet sei. Erfindungsgemäß werde der Antennenkegel jedoch direkt, ohne Metallrahmen, in den Flansch eingebaut. Das Sichtfenster aus Dokument E2 könne nicht als Antennenkegel betrachtet werden. Keines der Dokumente offenbare eine Füllstandsmessung. Keines der Dokumente, die vor dem Prioritätsdatum veröffentlicht wurden, lege es nahe, statt einem Druckmessgerät ein Radarfüllstandsmessgerät zu verwenden, bei dem das Dichtelement zwischen Metall und dem Antennenkegel aus Teflon angeordnet werde. Der Antennenkegel habe die Funktion, als Abtropfnase für Kondensat und als Linse für die Radarstrahlung zu dienen.
Die Beschwerdegegnerin war der Meinung, dass Dokument E2 nicht offenbare, was durch das Schauglas erfasst werde und verwies dabei auf Absatz [0038]. Dokument E2 offenbare lediglich ein Schauglas und einen Bundstutzen. Durch das Schauglas könne mittels Augenschein der Füllstand nicht gemessen werden. Die Argumentation der Beschwerdeführer beruhe alleine auf dem vermeintlichen Fachwissen. Aber selbst wenn der Fachmann es als naheliegend ansehen würde, vor das Schauglas des Dokuments E2 ein Radarfüllstandsmessgerät mit Hornantenne zu schrauben, wäre er noch nicht beim beanspruchten Gegenstand. Er müsse zusätzlich noch einen Antennenkegel vorsehen, an dem ein Aufnahmeraum für die Dichtung angeordnet wäre. Dabei müsste er technische Probleme bezüglich Befestigung und Ausrichtung überwinden, denn der Bundstutzen sei aus Metall. Das Schauglas sei nicht kegelförmig und könne daher die für einen Antennekegel gegebenen Vorteile nicht aufweisen. Der Antennenkegel sei direkt in dem Flansch befestigt, was die in Absatz [0028], letzter Satz, der Patentschrift beschriebenen Vorteile habe und zu einer zentrierten Befestigung führe. Dies sei bei einem vor das Sichtfenster geflanschten Messgerät nicht der Fall.
Ausgehend von E2 hätte der Fachmann die abstrakte Aufgabe, die Lehre auf andere Geräte zu übertragen, und er hätte keinerlei Veranlassung, ein Radarfüllstandsmessgerät mit Antennenkegel statt dem Schauglas vorzusehen. Die Merkmale des Radarfüllstandsmessgeräts könnten für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht unberücksichtigt gelassen werden, da der Anspruch sie als erfindungsgemäß definiere. Der Fachmann müsste also eine ganze Reihe von Schritten durchführen, die alle naheliegend sein müssten: Er müsste ein Radarfüllstandsmessgerät vorsehen, eine Befestigung für das Radarfüllstandsmessgerät konzipieren, mögliche Reflexionen des Bundstutzens vermeiden, geeignetes Material auswählen, das Störeinflüsse vermeidet, das Messgerät hinter dem Schauglas ausrichten, und viele mehr. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher auch ausgehend von Dokument E2 nicht naheliegend.
5.3 Die Kammer hat, wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, die erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E1 als nächstliegendem Stand der Technik untersucht.
Dokument E1 offenbart eine Anordnung aus einem Messgerät und einem Behälter, wobei das Messgerät zum Einsetzen in den Behälter geeignet ist, und wobei der Behälter zur Aufnahme des Messgeräts 2, 3 einen Flansch 7 mit einer von einer Behälteraußenseite zur Behälterinnenseite führenden Durchgangsöffnung aufweist, wobei
- die Durchgangsöffnung des Behälters zur Behälterinnenseite hin durch eine in die Durchgangsöffnung hineinragende Öffnungswandung eine Verjüngung aufweist (vgl. Figur 1, im Bereich 2g),
- das Messgerät im Übergangsbereich der Durchgangsöffnung zur Behälterinnenseite hin zum Ausbilden eines Abstandsbereichs (vgl. Figur 1, bei 6; Spalte 7, Zeilen 29-40) schmaler als die Durchgangsöffnung ausgebildet ist,
- das Messgerät umfangseitig zumindest teilweise einen Mitnehmer (Teil der Dichtungsschräge 2g) aufweist, der so ausgebildet ist, dass er eine Dichtung 6 abdichtend und diese verformend in Richtung der Behälterinnenseite gegen die in die Durchgangsöffnung hineinragende Öffnungswandung und in den Abstandsbereich hineindrücken kann (vgl. Spalte 7, Zeilen 44 und 45; da der Totraum im Bereich der Dichtung 6 minimal ist, wird der Dichtungsring 6 durch die Dichtschräge 2g in den Spalt an der Behälterseite gedrückt),
- der zumindest eine Mitnehmer und ein Wandungsabschnitt der in die Durchgangsöffnung hineinragenden Öffnungswandung (gegenüber der Dichtschräge 2g) einen Raum zur Aufnahme der Dichtung 6 ausbilden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von der Offenbarung des Dokuments E1 dadurch, dass es sich bei dem Messgerät um ein Radarfüllstandsmessgerät handelt, das einen Antennenkegel sowie einen Antennenkegelansatz aufweist, und dass der Raum zur Aufnahme der Dichtung neben dem Mitnehmer und der in die Durchgangsöffnung hineinragenden Öffnungswandung weiter durch eine vor dem Mitnehmer befindliche Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder des Antennenkegels, sowie eine innenseitige Wandung der Durchgangsöffnung ausgebildet wird.
Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass sich die Unterscheidungsmerkmale in zwei Gruppen aufteilen lassen, von denen die Unterscheidungsmerkmale I das Radarfüllstandsmessgerät mit seinen Merkmalen betrifft und die Unterscheidungsmerkmale II die Art, wie das Dichtelement hygienisch sicher zwischen Flansch und Außenfläche des Messgeräts angeordnet wird. Die Unterscheidungsmerkmale I bewirken eine an sich dichte Verbindung zwischen einem Radarfüllstandsmessgerät und einer Behälterinnenseite, nachdem das Radarfüllstandsmessgerät in den Behälter eingeführt wurde, so dass ein Eindringen von Anteilen des Füllmediums in den Abstandsbereich verhindert wird. Die Unterscheidungsmerkmale II bewirken die Herstellung einer dichten Verbindung unter Einhaltung von Hygienerichtlinien.
Die Kammer ist der Auffassung, dass die von der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 8. April 2020 formulierte "erste objektive technische Aufgabe", das aus Dokument E1 bekannte Adaptersystem von dem dort gezeigten Druckmessgerät auf ein Radarfüllstandsmessgerät zu übertragen, auf einer rückschauenden Betrachtungsweise beruht. Dokument E1 gibt keinerlei Hinweise, dass anstelle des Druckmessgeräts ein Radarfüllstandsmessgerät verwendet werden könnte. Auch ist für einen Fachmann ein Radarfüllstandsmessgerät kein allgemein bekanntes Äquivalent für ein Druckmessgerät, sodass es eine naheliegende Aufgabe wäre, ein Druckmessgerät durch ein Radarfüllstandsmessgerät zu ersetzen. Ein Druckmessgerät mag zwar unter gewissen Umständen in Zusammenhang mit einem Behälter als Füllstandsmessgerät fungieren, dies wird aber in Dokument E1 nicht angeregt.
Die Kammer teilt jedoch die in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer geäußerte Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die Teilaufgabe darin gesehen werden kann, die hygienische Abdichtung auf ein anderes Gerät zu übertragen.
Bei dieser Aufgabe wird der Ingenieur, der für die Entwicklung des Messgeräts zuständig ist, auch einen Fachmann für Hygienevorschriften zu Rate ziehen. Der zuständige Fachmann hat daher sowohl Kenntnisse über Geräte, als auch Kenntnisse über Hygienevorschriften und wie sie eingehalten werden können.
Zur Lösung dieser Teilaufgabe erhält der Fachmann aus Dokument E1 keinen Anreiz, das Druckmessgerät durch ein Radarfüllstandsmessgerät zu ersetzen. Auch das Dokument E2 regt nicht an, das Druckmessgerät aus Dokument E1 durch ein Radarfüllstandsmessgerät zu ersetzen. Dokument E1 gibt keinen Hinweis, dass das Druckmessgerät zur Bestimmung des Füllstands verwendet werden könnte, so dass es nicht naheliegend ist, ein Füllstandsmessgerät, und speziell ein Radarfüllstandsmessgerät, anstelle des Druckmessgeräts einzusetzen. Auch ist für einen Fachmann ein Radarfüllstandsmessgerät kein allgemein bekanntes Äquivalent für ein Druckmessgerät, das er in naheliegender Weise anstelle des Druckmessgeräts verwenden würde. Absatz [0035] der Beschreibung des vorliegenden Patents, wonach die Bauweise auch auf andere Geräte übertragbar ist, kann nicht als Hinweis dienen, dass der Fachmann die in Dokument E1 offenbarte Lehre in naheliegender Weise auf ein Radarfüllstandsmessgerät übertragen würde. Ein Hinweis, der für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit relevant sein soll, müsste dem Stand der Technik entnommen werden und nicht der Anmeldung oder dem Patent. Die Verwendung von Informationen aus dem Patent zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit muss zwangsläufig zu einer rückschauenden Betrachtungsweise führen. Selbst wenn ein Radarfüllstandsmessgerät gegenüber dem Behälter ähnlich wie das Druckmessgerät in E1 gegenüber dem Flansch abdichtend eingebaut würde, wird die erfindungsgemäße Lösung immer noch nicht nahegelegt. Auch das vermeintliche Fehlen einer speziellen Funktion des Antennenkegels könnte erst dann als Argument zum Tragen kommen, wenn die Verwendung eines Radarfüllstandsmessgeräts mit Antennenkegel als naheliegend erachtet werden könnte, was nach Auffassung der Kammer aber hier nicht der Fall ist. Die Kammer teilt daher die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass ausgehend von Dokument E1 weder durch die Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen, noch mit der Lehre des Dokuments E2 es nahegelegt wird, ein Radarfüllstandsmessgerät zu verwenden und zudem den Raum zur Aufnahme der Dichtung neben dem Mitnehmer und der in die Durchgangsöffnung hineinragenden Öffnungswandung durch eine vor dem Mitnehmer befindliche Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder des Antennenkegels, sowie eine innenseitige Wandung der Durchgangsöffnung auszubilden. Derartige Überlegungen sind alleine dem vorliegenden Patent zu entnehmen. Argumente, die sich darauf stützen, dass es für den Fachmann naheliegend sei, das Druckmessgerät durch ein Radarfüllstandsmessgerät mit einem Antennenkegel sowie einem Antennenkegelansatz zu ersetzen und den Raum zur Aufnahme der Dichtung an der Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder Antennenkegels vorzusehen, beruhen daher auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Die Unterscheidungsmerkmale II sind somit nicht mehr entscheidungsrelevant.
5.4 Die Kammer kommt daher aufgrund der Unterscheidungsmerkmale I zum Schluss, dass ausgehend von Dokument E1 der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5.5 Die Kammer hat auch, entsprechend dem zweiten Einwand fehlender erfinderischen Tätigkeit durch die Beschwerdeführerin, die erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E2 untersucht. Nach Ansicht der Kammer offenbart Dokument E2 in den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 3 und 4 eine Anordnung aus einem Bundstutzen 42 mit Schauglas 43 und einem Behälter, wobei das Schauglas mit Bundstutzen zum Einsetzen in den Behälter, geeignet ist, und wobei der Behälter zur Aufnahme des Schauglases mit Bundstutzen einen Flansch mit einer von einer Behälteraußenseite zur Behälterinnenseite führende Durchgangsöffnung 47 aufweist, wobei
- die Durchgangsöffnung 47 des Behälters zur Behälterinnenseite hin durch eine in die Durchgangsöffnung hineinragende Öffnungswandung (vgl. Spalte 7, Zeilen 58 bis 61, schräge Fläche am Ende des Aufnahmefensters 47) eine Verjüngung aufweist, wobei
- das Schauglas mit Bundstutzen im Übergangsbereich der Durchgangsöffnung 47 zur Behälterinnenseite hin zum Ausbilden eines Abstandsbereichs schmaler als die Durchgangsöffnung ausgebildet ist,
- das Schauglas mit Bundstutzen umfangseitig zumindest teilweise einen Mitnehmer aufweist, der so ausgebildet ist, dass er eine Dichtung 45 abdichtend und diese verformend in Richtung der Behälterinnenseite gegen die in die Durchgangsöffnung hineinragende Öffnungswandung und in den Abstandsbereich (Dichtfuge 51) hineindrücken kann, und
- der zumindest eine Mitnehmer, eine davor befindliche Umfangswandung des Bundstutzens sowie eine innenseitige Wandung der Durchgangsöffnung 47 und eines in diese hineinragenden Wandungsabschnitts der in die Durchgangsöffnung hineinragenden Öffnungswandung einen Raum 50 zur Aufnahme der Dichtung 45 ausbilden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von der Offenbarung des Dokuments E2 durch folgende Merkmale:
Der Bundstutzen mit Schauglas ist durch ein Radarfüllstandsmessgerät ersetzt, wobei das Radarfüllstandsmessgerät einen Antennenkegel sowie einen Antennenkegelansatz aufweist und der Raum für die Aufnahme der Dichtung unter anderem von der Umfangswandung des Antennenkegelansatzes oder des Antennenkegels gebildet wird.
Diese Unterscheidungsmerkmale haben die Wirkung, ein Radarfüllstandsmessgerät mit Antennenkegel und Antennenkegelansatz hygienisch einwandfrei in der Durchgangsöffnung des Behälters zu verwenden.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin erlaubt das Schauglas in Dokument E2 einem Menschen bereits den Füllstand durch Augenschein zu messen. Die Kammer schließt sich jedoch der Auffassung der Beschwerdegegnerin an, dass allein durch ein Schauglas mittels Augenschein ein Füllstand nicht gemessen werden kann. Allenfalls kann der Füllstand auf diese Weise geschätzt werden. Somit ist ein Füllstandsmessen in Dokument E2 nicht offenbart. Bei der Formulierung der zu lösenden objektiven technischen Aufgabe wäre daher die Angabe eines Füllstandsmessgeräts einer rückschauenden Betrachtungsweise geschuldet.
Ausgehend von Dokument E2 löst daher die beanspruchte Erfindung die objektive technische Aufgabe, das Hygienekonzept des Dokuments E2 auf andere Bauteile zu übertragen.
Die Kammer teilt die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht, das Schauglas 43 in E2, Fig. 3, sei ohne Weiteres gegen ein Messgerät austauschbar, so dass das Dichtkonzept in E2 in naheliegender Weise auf ein Messgerät übernommen werden könne.
Die Kammer teilt auch nicht die in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebrachte Auffassung der Beschwerdeführerin, dass der Fachmann in naheliegender Weise ein Radarfüllstandsmessgerät vor das Schauglas schraube, so dass das Schauglas, wie der Antennenkegel, den Deckel der Hornantenne bilde.
Die Kammer hält es, ausgehend von Dokument E2 mit der oben formulierten Aufgabe, für den Fachmann nicht für naheliegend, das offenbarte Verbindungs- und Hygienekonzept auf ein Radarfüllstandsmessgerät zu übertragen. Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass ausgehend von Dokument E2 viele Schritte erforderlich wären, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen. Der Fachmann müsste auf die Idee kommen, statt den Behälter durch das Schauglas in Augenschein zu nehmen, den Füllstand messen zu wollen, er müsste ein Radarfüllstandsmessgerät auswählen, er müsste das Schauglas durch einen Antennenkegel ersetzen, und den Aufnahmeraum für die Dichtung nicht zwischen Bundstutzen und Flansch, sondern direkt zwischen den Antennenkegel und Flansch vorsehen. Es mag zwar grundsätzlich naheliegend sein, den Füllstand in einem Behälter messen zu wollen und dafür ein Füllstandsmessgerät vorzusehen. Die Kammer hält es jedoch nicht für naheliegend, ein Radarfüllstandsmessgerät mit Antennenkegel vorzusehen und das Schauglas und zumindest teilweise auch den Bundstutzen durch einen Antennenkegel zu ersetzen. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass jedenfalls in Zusammenschau aller erforderlichen Schritte der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von Dokument E2 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5.6 Die Kammer kommt somit zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
6. Die Kammer stellt somit fest, dass die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwände der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung nicht entgegenstehen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.